erstes großes online-projekt | 1996

erst war ich bei archive.org und sah mir die amerikanischen computer chronicles, episode 1404 aus dem jahr 1996 an, wie immer ein genuss: hier geht es um frühe suchmaschinen, lange vor google. interessant, dass es das wort “crawler” schon gab, aber noch nicht das wort “bot”, dafür stellte ein programmierer einen “agenten” vor, mit dem er das web durchsucht. gleich am anfang steht die frage im raum, was man mit einigen tausend suchergebnissen anfangen soll? der experte von altavista, der suchmaschine #1 damals, sagt: nur die ersten sind wichtig.

computer chronicles, episode 1404, 1996

gegen ende der halbstundensendung wird in einem meldungsblock ein buch vorgestellt: 24 hours in cyberspace. der erste weltweite und 24 stunden lange online-event. dazu schrieb ich dann gleich einen wikipediaartikel. hier der screenshot der webseite von damals. mehr dazu → hier.

24hoursInCyberspace_webseite_1997webseite von cyber24.com aus dem jahr 1997

von paganini-sülze | zu polnischer avantgarde

Yuka-und-Ayaka-Yamamoto---Raderbergkonzertyuka und ayaka yamamoto im deutschlandfunk gestern (sorry, miserables handyfoto)

gestern spielten im kammermusiksaal des deutschlandfunks die beiden schwestern ayaka und yuka yamamoto an zwei riesenflügeln diverses leichtgängiges (schubert & co.) aus dem 18. und 19. jahrhundert. ich denke mir, es ist ganz schwer, ein stück traditionell für zwei klaviere zu komponieren, ohne dass es herumsülzt. etwas sülzige erste halbzeit also, wenn auch perfekt gespielt von den beiden mädels. → hier ihre bildreiche webseite.

in der zweiten halbzeit dominierte ein bartók, schon allein deswegen eine große schau, weil zwei orchesterdrummer den pianistinnen teilweise die schau stohlen.

für mich (und martin) war aber das eigentliche highlight die bearbeitung des 1820 veröffentlichten capriccios #24 von → niccolò paganini. hier ist es, in einer älteren aufnahme; kann man getrost nach paar sekunden stoppen, weil sich alles wiederholt. es kommt auf das leitthema an.


paganinis capriccio #24. jasha heifetz, violine

irgendwie scheint es das thema für die komponisten des frühen 20. jahrhunderts in sich gehabt zu haben. 1934 schrieb sergej rachmaninow eine “rhapsodie” über diese melodie, in der wikipedia schön ausführlich → hier nachzulesen. und hier in der 1934er-aufnahme mit rachmaninow am klavier nachzuhören. hört sich schon spannender an, wird nach hinten hin aber immer romantischer. schätze, rachmaninow wollte innerlich heimkehren, als ihm die luft ausging.

der ein halbes jahrhundert jüngere pole witold lutosławski kämpfte gegen die romantiker (auch den romantiker in sich selbst) an und arbeitete sich in seiner bearbeitung des paganini-themas weniger an paganini als an dem russen rachmaninow ab: so scheißromantisch wollte er nicht sein. wir fanden das (im zweiten weltkrieg komponierte) stück gestern, als die beiden schwestern es in köln vor vollem saal in ihre beiden pianos hämmerten, spannend. von witold hatten wir vorhier nie was gehört. der mitschnitt wird im DLF am 24.11.2014 um 21.05 uhr gesendet.

noch attraktiver aber ist eine polnische aufnahme von 1994, wo das stück etwas anders aufgeführt wurde, nämlich mit nur einem flügel; die melodie des anderen flügels übernimmt das orchester.


lutosławskis anti-rachmaninow, für klavier und orchester. polnische aufnahme, 1994

mike oldfield mit tränen | BBC fernsehen

tubular-bells-cover-und-noten

bbc 4 sendete dieser tage ein portrait von mike oldfield: → Tubular Bells: The Mike Oldfield Story. [von deutschland aus leider nicht ansehbar, es sei denn man nutzt VPN.] mike oldfield war 16, als er die musik für seine mit 19 veröffentlichte platte “tubular bells” schrieb. [im wikipedia-artikel steht, dass er da 20 war, im film ist aber von 19 die rede.]

man muss dazu wissen, dass die frühen 1970er jahre die zweite aufbruchphase der rockmusik waren; die zweite deswegen, weil man sich anders als zuvor dinge traute, die weit über die komposition und exposition eines songs hinausgingen. die letzten beatles-platten sind prachtbeispiele dafür. die neuerscheinungen waren damals übersichtlich, und mike oldfields verbogenes metallrohr fiel in jeder hinsicht auf. wer das musikmotiv kennt, wird die zeit spüren, aus der es kommt. die schallplatte widersprach drei damals gängigen grundsätzen: sie enthielt ein einziges stück (statt 10), niemand sang, und es spielte kein schlagzeug. dass sie trotzdem veröffentlicht wurde, war mehreren leuten zu verdanken, die dem oft weinenden, depressiven jungen mike hilfe anboten und ihn mit richard “virgin” branson bekannt machten.

der film zeigt prima, dass branson keine ahnung von musik hatte, aber wusste, wie er geld machen konnte: durch gründung eines neuen plattenlabels, eben virgin records. auch wenn er mike oldfields stück für völlig daneben hielt, presste er es als erstes virgin record release.

an der dokumentation ist auch interessant, wie lange es dauerte, bis sich dieses sperrige werk herumsprach. es war schließlich so in aller köpfe, dass es dem regisseur von Der Exorzist (1973) ganz natürlich schien, tubular bells als leitmotiv zu benutzen.

mike oldfield selbst durchlitt in seiner jugend zwei traumata, von denen er sich praktisch nie erholte, ein wenig aber immerhin durch urschreitherapie: den verlust seiner mutter und ein LSD-horrortrip. im nachgang erzählt er in dem film, dass tubular bells dieses lebensgefühl konzentriert darstellte und er später nie etwas so tiefes hat komponieren können.

als ich diesen beitrag auf facebook postete, kam unter anderem die reaktion meines freundes und kollegen christoph w., der die platte damals auch toll fand, jedoch “ummagumma” noch toller. an dieser reaktion sieht man, dass die szene der experimentellen neuen rockmusik damals klein war. denn natürlich kannte jeder, der tubular bells im regal stehen hatte, auch pink floyds damals sensationelle scheibe ummagumma mit einem nicht weniger aufregenden cover:

ummagumma---pink-floyd-covernoch so ein kaliber damals: ummagumma

man könnte jetzt im kollektiven gedächtnis der in den 1950er geborenen weitergehen, dann käme man schnell auf tarkus… auch hier: ein cover, das damals schwerst beeindruckte.

n.b.: der partiturausschnitt oben stammt aus der wikipedia. ein benutzer namens boris fernbacher hat sie erstellt. als ich nachgucken wollte, was er sonst noch macht, stieß ich auf die meldung, dass er aus mehreren gründen gesperrt wurde. nachzulesen → hier.

yoghurt ist gut für die gesundheit | 1906

nettes fundstück von 1906 in der mdizinisch-hygienischen umschau vom sommer 1906. damals festigten sich gerüchte aus dem balkan und orient, dass da ein getränk die leute richtig gesund hält. die ersten analysen, bevor joghurt dann tatsächlich die welt zu erobern begann, waren 1906 offenbar abgeschlossen. wenn man so will, war es das jahr der joghurt-wende. so schrieb ich es gerade in den artikel über → joghurt in die wikipedia.

1906 berichtete die Medizin-hygienische Umschau über die „auffällige Langlebigkeit“ der Joghurt-Konsumenten und analysierte das Getränk so:

„Die genaue wissenschaftliche Untersuchung des Yoghurt ergab, daß er das Produkt eines besonderen Gärungserregers eist, den man mit der Bezeichnung bulgarische Maya belegt hat. Er bringt die Milch nicht nur zum Gerinnen, sondern entwickelt im Gegensatz zur sauren Milchgärung unserer Landstriche sehr wenig Milchsäure, bewirkt dabei vielmehr eine Spaltung und Auflösung der Milchbestandteile, wie sie durch unseren Magensaft bei der Verdauung erzeugt wird. Der durch die bulgarische Maya aus der Milch erzeugte Yoghurt ist also eine Sauermilch besonderer Art, welche für die Verdauung vorbereitet ist, deshalb selbst vom schwächsten menschlichen Magen gut ertragen wird und in außerordentlich großen Mengen, ohne Beschwerden zu erzeugen, gegessen werden kann. Da ein Liter davon nur etwa 2 g Milchsäure enthält, während unsere einheimische Sauermilch deren 6 bis 8 g aufweist, reizen auch größere Mengen von ihr den Darm absolut nicht und wirken in keiner Weise abführend, wodurch sonst die vollständige Ausnutzung dieses Nahrungsmittels in Frage gestellt würde. Ohne die geringste Beschwerde sieht man Bulgaren und Türken 2 bis 3 Liter dieser gestockten Milch, die eine jede Haushaltung für sich bereitet, im Tage verzehren.“[10]

putzige kinderarbeit | ägyptisches kolonialidyll 1906

kosmos 1906 -mein stiefelputzer“das ist mein stiefelputzer”. aus: kosmos 1/1906, s. 25

in kosmos “wandern und reisen, handweiser für naturfreunde” von 1906 las ich einen artikel über das schöne leben in ägypten. der autor, dr. m. wilh. meyer, preist das stressfreie leben in kairo und auf dem land. er geht so weit, den gestressten zentraleuropäern mit ihren “nervenanfällen” nahezulegen, hier auszuspannen.

soweit würde das ins hier und heute passen, urlaub in marsa alam usw.

bemerkenswert ist aber, wie der autor den artikel schreibt, welche sicht er einnimmt, welche worte er wählt, wenn er zum beispiel über die einheimischen kinder spricht: bengel, bürschchen, kerlchen. er verklärt die kinderarbeit (“es sind kleine, flinke kerlchen von sechs bis acht jahren”, die ihm die stiefel putzen) als freizeitspaß: “zum leben brauchen sie [das geld] nicht. verhungern kann hier überhaupt kein mensch. sie können sich den ganzen tag unter eine schöne palme legen. […] ein paar datteln fallen ihnen von selbst fast in den mund.” warum sie dann schuhe putzen? um sich später, ab 14 jahren, den “höchsten genuß” zu leisten, nämlich eine frau oder einen harem. meyer verklärt dies so, dass er an der liebe in deutschland kein gutes haar lässt:

“sind diese verhältnisse nicht tausendmal gesünder als die unsrigen, wo unsere jungen männer das, was man heute noch die liebe nennen wagt, in der ekelhaftesten weise auf der straße kennen lernen und in die ehe wie in eine altersversorgungsanstalt gehen?”

die sicht auf ägypten ist, so freundlich sie ist, die von oben herab. bei der beschreibung eines handgreiflichen streits zweier araber wirkt es putzig auf ihn, wie der polizist sie ohne ein wort zu sagen, voneinander trennt. wie ein slapstick. die meisten dinge, die man ihm “anzudrehen” versucht, sind nutzlos für ihn, und entsprechend wertet er sie auch. eine brillenschlange, die nicht zubeißen kann, auf dem spieß gebratene spatzen usw. auch über den tierschutz macht sich meyer gedanken. in neapel, schreibt er, sie die “gräßlichste tierschinderei an der tagesordnung”, während die ägyptische regierung sich um hunde “in besonders liebevoller weise bekümmert”, indem sie ab und an fleischstücke auslegt, “mit strychnin gewürzt. nachher werden die hunde aufgelesen und zum – heizen von maschinen in den abwässerungsanlagen benützt.”

ja, wer ist nun dieser dr. m. wilh. meyer, der sich in klammern “urania-meyer” nennt? vor allem war meyer (1853–1910) ein astronom, kein unbedeutender. urania-meyer war seine firma. und → das ist der wikipedia-artikel über max wilhelm meyer (nicht von mir; von mir ist nur das textbeispiel).

sorry | so geht wikipedia nicht

Hand_29sharing als generationenkonflikt? grafik: nevit, wiki commons 2007

nach dem schreiben des wikipedia-artikels über die deutsch/britische kunstgaleristin → Erica Brausen ging ich auf die suche nach einem foto von frau brausen und stieß unter anderem auf die webseite einer kuratorin in london. ich schrieb sie an, begann meine mail damit, von kunst verstehe ich wenig, aber von geschichte einiges, und fragte, ob sie den besitzer der fotos von erica brausen auf ihrer webseite mal fragen könnte, ob er eins in die wiki commons, also den medienpool der wikipedia einpflegen könne; die artikel über erica brausen in der englischen, französischen und jetzt auch deutschen wikipedia hätten dann ein bild – was bei einem biografischen artikel stets wünschenswert ist.

die antwort der kunstexpertin war unerwartet harsch. sie schrieb zunächst, dass sie mails, die mit einem satz “von kunst verstehe ich wenig” beginnen, löscht. ich könne als von glück reden, dass sie’s nicht tat. dann schrieb sie, der besitzer der fotos sei erzürnt über die falschen fakten in den drei wikipedia-artikeln. sie, die kuratorin, teile diese kritik, und solange sich daran nichts ändere, sei an ein foto für die wikipedia gar nicht zu denken.

ich musste schlucken und mich sortieren und schrieb ihr sachlich zweierlei zurück:

  • wenn an den artikeln fakten falsch sind, soll sie sie bitte ändern, die wikipedia sei ein kollaboratives projekt, und zeigte ihr den weg, wie das geht. [darauf antwortete sie, dafür hätte sie keine zeit.]
  • zweitens sagte ich ihr, wenn ich frage, ob jemand ein foto in die wikipedia einspeisen möchte, ist das kein privates bittstellertum, sondern ich will damit die überlegung anstoßen, etwas zu teilen, nämlich ein foto, das in privatbesitz ist, allen (und natürlich kostenlos) zugänglich zu machen.

dieses denken des sharings ist dieser generation anscheinend so fremd, dass sie denkt, wenn einer etwas anfragt, will er es geschenkt für sich einsacken. sorry, gill, so geht wikipedia nicht.

gender sign | für männchen und weiblein

gestern schrieb ich eine mail an das sprecherbüro im deutschlandfunk, weil ich für eine aufnahme zwei haussprecher benötigte, einen mann und eine frau. statt nun “sprecherin und sprecher” zu bestellen, wollte ich es etwas eleganter und kürzer schreiben und ging auf die suche nach den tastatursymbolen für männchen und weiblein.

zunächst stieß ich, wer hätte das gedacht, bei google auf den wikipedia-artikel über diese beiden zeichen, er nennt sich → gender-symbol. dort fand ich zwar, was ich suchte, nämlich wie ich die symbole auf der tastatur erzeuge, aber bei der gelegenheit wäre es ja nicht uninteressant zu wissen, woher die symbole eigentlich kommen. also hielt mich die recherche eine zeitlang auf, jetzt steht die “Herkunft” in dem artikel kurz und knapp drin. ich verrate sie hier nicht, ich sage nur 4. jahrhundert, und vor allem 1751.

jedenfalls lassen sich die zeichen als so genannter unicode mit einem quasi geheimbefehl in textverarbeitungsprogrammen herstellen. man nehme dazu

  • microsoft WORD
  • tippe die zahl 2642
  • drücke nun zwei tasten: ALT und dazu das C
  • schwupp verschwindet die 2642, und das ♂ erscheint
  • repeat procedure with 2641 (ladies first)

um die geheimwissenschaft noch weiter zu treiben: ALT und auf dem numerischen tastenfeld 11 führt zum selben resultat: ALT-11 produziert ♂, ALT-12 ♀, ALT-13 übrigens ♪. kann man ja auch immer wieder mal brauchen. das ganze geht auch auf dem mac; dort muss man aber erst die unicode-einstellung aktivieren. → hier bei der apfelwiki (die nichts mit der wikipedia zu tun hat) ist es zum beispiel beschrieben.

weiterführende “literatur”: → der rechtspfeil und co.

sünden der ordensbrüder | sakrale sexuelle ausbeutung

Illustrationsvorschlag: Priester und Kind

viele verfahren zum sexuellen missbrauch von schülern durch pädagogen finden zu spät statt. die täter sind oft schon tot, die strafprozesse enden, weil sich die “einrichtung” elegant herausstehlen möchte, häufig mit zahlungen an die opfer, ohne dass offiziell schuld eingestanden wurde. so auch jetzt in einem englischen prozess von 11 chronisch missbrauchten jungs in priesterseminaren des → comboni-ordens. ich habe in den wikipedia-artikel diesen düsteren teil der ordensgeschichte gerade hineingeschrieben. vorher war der artikel blütenweiß, als wäre nichts geschehen.

catherine deveny beschreibt in der → heutigen ausgabe des observer sehr ausführlich das scheitern fast aller damals in der einrichtung missbrauchten priesterschüler. selbstverständlich wurde keiner priester, keiner war in der lage, nach diesen demütigungen und grenzüberschreitungen in der kindheit ein berufliche oder privat solides leben zu führen.

vor allem aber beschreiben die kläger in dem artikel ungewöhnlich deutlich, wie der sexuelle praktiziert wurde. er setzte immer auf vertrauen und autorität. wenn ordensbruder john pinkman seinem schutzbefohlenen sagte, er soll die hose runterlassen, tat der das, weil er die autorität respektierte. was dann kam, wurde häufig mit religiösen motiven garniert/begründet. pinkman (leider 1984 jung verstorben) sagte seinem opfer, der herrgott lege wert auf saubere genitalien. bruder deomenico valmaggia (leider auch schon tot) kniete vor seinem opfer hin, blickte eindringlich mit seinen blauen augen hoch und betete beim masturbieren.

mark murray, einer der jetzt gering entschädigten schüler, war 14 jahre alt, als bruder romano nardo (heute schwer krank) sich ihm annäherte. der priester hatte eine charismatische ausstrahlung, erzählte von abenteuern in afrika, von jesus und dem dämon der sexualität. er bat mark eines abends, doch in sein bett zu kommen und zeigte ihm ein noch wundes, in die brust geschnittenes kreuz. durch den schmerz käme er jesus näher. der junge überlegte lange, ob er sich das nicht selbst antun solle, auch um nardo zu gefallen. nardo, der priester, erzählte dem 14jährgen murray, von der bedeutung des “atems des lebens”, und um diesen atem zu teilen, musste der junge ihn nun küssen. später spielte nardo jesus, der dem jungen die füße wusch. um die “reinheit” perfekt zu gestalten, musste murray die hose ausziehen. im nächsten schritt, vermutlich tage oder wochen später, drehte sich das ritual, und murray “reinigte” nun den priester.

leider kann ich aus rechtlichen gründen ein foto nicht zeigen, mit dem der artikel im observer aufmacht. es zeigt einige jungs in einer reihe, vor ihnen bruder pinkman, zwischen ihnen ein fußball. die grafik oben hat mit diesem fall nichts zu tun; ich sie schnell mal als symbolbild für dpa angefertigt, als vor einigen jahren die ersten kirchlichen missbrauchsfälle in deutschland öffentlich wurden.

murrays blog, der die sache in rollen brachte und jetzt quasi beendet ist, findet sich → hier.

bitcoins | [nun doch nicht] älter als bekannt

bitcoin-logoangeblich seit 2009. in der new york times aber schon 2006!

bitcoins wurden angeblich 2009 von einem unter pseudoym auftretenden menschen in die welt gesetzt. so steht es überall, so steht es auch in der → englischen und deutschen wikipedia. ich stieß jetzt in der new york times vom februar 2006 auf bitcoins, nämlich in dieser form:

KLA-Tencor Buys ADE for $488 Million
Winner of Bitcoin Auction, Tim Draper, Plans to Expand Currency’s Use … Winner of Bitcoin Auction, Tim Draper, Plans to Expand Currency’s …
February 24, 2006 – By DEALBOOK – Business Day
Enel Prepares Financing for Suez Bid
Venture Capital · Winner of Bitcoin Auction, Tim Draper, Plans to Expand Currency’s Use … Single Winner of All Bitcoins in U.S. Auction …
March 07, 2006 – By WRITER – Business Day

ich stellte jetzt in den wikipedien → die frage, ob wir die geschichte der bitcoins umschreiben müssen und was diese stets von einem tim draper genutzten bitcoins genau waren?


 

update, einen tag später: der fehler lag bei der new york times. ich bekam zwei mails, die beide nicht auf die frage eingingen, und zwar nicht vom archiv, an das ich meine frage geschickt hatte, sondern vom help-desk, wo ich u. a. aufgefordert wurde, mir doch bitte ein NYT-account zuzulegen (ich hab’ eins seit über 10 jahren). als ich darauf bestand, mir vom archiv aus zu antworten, kam innerhalb von wenigen minuten diese nachricht:

  • Thank you for writing to NYTimes.com. This is a known error and we are currently working on a solution to get it fixed. The reason you are seeing “Bitcoin” in these 2006 articles is that it is picking up links to other most emailed or recommended articles on those pages. I appreciate your patience while this is resolved. I apologize for the inconvenience.

also ein software-fehler, der quasi einen blind-text in die abstracts hineinwirft. wenn man den abstracts folgt, ist nämlich von bitcoin nicht mehr die rede.

grace lee boggs | liegt im sterben

Grace_Lee_Boggs_2012grace lee boggs vor zwei jahren. foto: kyle mcDonald, creative commons

die us-amerikanische bürgerrechtlerin und kommunistin → grace lee boggs liegt im sterben. sie hat zusammen mit ihrem mann bereits in den 1940er jahren klassenkampf betrieben. die beiden waren aktiv in der damals boomenden automobilindustrie von detroit und setzten sich für die gleichberechtigung von schwarzen und gegen die ausbeutung durch das industriekapital ein. seit 1992 organisierte grace lee boggs den → detroit summer, ein festival zur neuordnung der sozialstrukturen einer sterbenden stadt.

ich kenne grace lee boggs nur aus sendungen von democracynow.org. im wikipedia-artikel steht unten ein link mit einem sehr feinen interview mit grace lee boggs. der aktuelle beitrag über sie ist → hier zu finden.

übrigens (auch das schrieb ich gerade in den wikipedia-artikel rein) ist grace lee boggs die tochter eines chinesischen einwanderers, der am times square in manhattan ein restaurant unterhielt.

südpol | reich bewaldet

falschfarben_antarktissüdpol, bewaldet

der medienpool der wikipedia nennt sich wiki commons. dort ist heute, von den usern gewählt, eine orthogonale projektion einer nasa-satellitenaufnahme von 2006 zu sehen, die die antarktis zeigt. ich habe das wunderschöne bild hergenommen und mit falschfarben bestückt. es ist sozusagen ein remix des ursprünglichen bilds, und ich habe es der community, der ich es entnommen habe, → hier zurückgegeben.

warnig, schröder, putin | wulff

imagematthias warnig, stasi, dann dresdner bank, jetzt gasprom

weil ich gerade via die new york times im artikel über den ehemaligen stasi-funktionär matthias warnig tätig war, ging ich paar presseberichten über diesen wendeakrobaten nach und stieß im manager-magazin von 2005 auf diese, rückblickend schallende passage:

Kritik am neuen Job des Altkanzlers [Gerhard Schröder] kam unterdessen auch von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). “Schröder muss auf den Aufsichtsratsvorsitz verzichten, weil sonst der Eindruck aufkommt, hier handele es sich um eine Belohnung für seinen Einsatz für die Pipeline”, sagte Wulff in der “Bild”-Zeitung (Montagausgabe). Sollte Schröder den Job gleichwohl antreten, müsse er seine Tantiemen veröffentlichen.

schröder hat es bekanntlich mit seinen unmittelbar nach seiner wahlniederlage aus dem hut gezauberten putin-geschäften geschafft, sich völlig zu diskreditieren. wulff, der später vorübergehend bundespräsident wurde und heute noch jammert, dass man ihm seine vielen kleinen geschäftchen so nachtrug, lehnt sich hier schön weit aus dem fenster. oh, wie ich hannover mag.

listicles | container für alles

habe heute morgen, während ich stumpfsinnig klangbibliotheken in gigabyte-mengen updatete, nebenbei den wikipedia-artikel über → listicles umgearbeitet. er war vorher eine kleine baustelle. könnte man in die wikipedia eben mal einen screenshot reinsetzen, wäre der artikel viel schneller erklärt. aber die bildrechte werden in der wikipedia (genauer genommen: in den wiki commons) streng behandelt, und das weitgehend zurecht. hier ist jedenfalls ein typisches listicle-portal zu sehen, cracked.com:

cracked.com 29.-august-2014das listicle-portal cracked.com heute

die hinter diesen teasern steckenden artikel sind ausführlich. insofern trifft das klischee, ein listicle sei eine krude aufzählung ohne textuelles fleisch, nicht zu. zum beispiel ist der listicle über das einschlafen im unterricht (4 important skills that lazy people learn in high school) sehr ausführlich, zudem mit hochwertigen (und sicher teuren) bildern von getty images illustriert. unten ein kleiner ausschnitt aus dem listicle über “die 7 fakten über ferguson, die niemand erwähnt”:

cracked.com-29.-august-2014_furgersoncracked.com listicle, position #4

cody johnston, der autor des artikels über die machenschaften der polizei bei den unruhen im sommer 2014 kommentiert mit videos, die scheinbar mit dem ernsten inhalt nichts zu tun haben. zu jedem listicle-punkt setzt er ein video ein, wo menschen furzen.

ddr-geschichte | rechtsradikalismus ab 1983

manche wikipedia-artikel sind so rund und tief und gut, dass ich mich nur ungern einmische. aber als ich im NSU-untersuchungsausschuss-bericht des thüringischen landtags las, wunderte ich mich, dass das thema rechtsextremismus im wikipedia-artikel über die geschichte der DDR nicht vorkam. jetzt ist es drin, mal gucken, ob es bleibt, denn der artikel ist, sagen wir mal “empfindlich”. nicht wegen der kritik am rechtsradikalismus, sondern weil er (der artikel) eben so schön rund und tief und eigentlich fertig wirkt.

die DDR-führung hat vieles verpennt. schon im beginn der DDR lag das verhängnis: wir sind sozialisten, also kann es keine faschisten geben. daraus wurde wenig später (teilweise zurecht): die faschisten blühen im westen, bei uns hat der faschismus keinen platz. nach 35 jahren DDR dachten sich die mielkes und honeckers, in unserem sozialismus kann es keine faschos geben, und das was wir da sehen, ist eine zeiterscheinung, die vorübergeht, überwachen und verurteilen wir mal lieber die milden täter à la biermann mit den längeren haaren.

im hier nachzulesenden 2000 seiten dicken bericht des untersuchungsausschusses wird kein gutes haar am umgang der DDR mit ihren rechtsradikalen gelassen.

vienna symphonic library | top-orchesterklänge

vSL---PP---2004artikel in der studio-fachzeitschrift production partner, 2004

2004 flog ich nach wien, weil dort ein orchestrales großprojekt startete: die digitalisierung von orchestern, einzelinstrumenten, chören, orgeln und sogar räumen in bisher nie dagewesener qualität und variabilität. das endprodukt ist eine software-suite für PC und mac, die den computer in ein, ja, orchester verwandelt, das man über die MIDI-tastatur spielt. daraus entstand ein langer artikel im Production Partner (→ pdf mit dem artikel) und ein halbstundenfeature im deutschlandfunk: → der digitale konzertsaal.

der besuch war so inspirierend, dass ich ein oder zwei jahre später nochmal dahinflog und das team von musikern und toningenieuren dabei beobachtete, wie sie alte konzertsäle akustisch ausmaßen. sehr aufwändig, aber wie man heute sieht (und hört) einzigartig am PC einsetzbar. man kann die virtuellen instrumente an beliebige stelle im schubertsaal positionieren; wenn man sie dreht, klingen sie völlig anders usw. in der musikinformatik läuft dieses thema unter faltungshall oder convolution reverb. wieder eine wissenschaftssendung im deutschlandfunk: → digitale raumklangausbeute (2005).

jedenfalls habe ich jetzt einen artikel über die vienna symphonic library in die englische wikipedia gesetzt. → hier ist er.  in der → deutschen gibt es ihn schon länger. in der englischen gab es früher probleme damit, wie die löschhistorie zeigt, u. a. hier, 2008:

Delete as blatant hoax A photo on the article has a caption stating that it is Joel Kass conducting with the Vienna Symphonic Orchestra. A music sample states that it is from a recording by the London Philharmonic Orchestra. Another music sample states that it is from a recording from the New York Philharmonic. Yet there’s nothing on the internet that I can find about these orchestra performing any music composed or conducted by Joel Kass. I note that none of the photos depict anyone clearly. I also note that the music samples all exceed the 30 seconds limit of fair use and that there is a lack of info regarding where the recording is from. Article also makes many other outlandish claim about collaborating with the likes of Mariah Carey, Toni Braxton and Dr. Dre. I have the New Grove Dictionary of Music with me and there is no Joel Kass in there. If this article is legitimate, this guy should be in there. Closing admin, please delete all the related photos and music samples as well. —Bardin (talk) 04:33, 11 July 2008 (UTC)

aber das ist eine andere geschichte (die ich nicht kenne).

GEnie | online-service 1990

GEnie logologo von GEnie, ca. 1985. mit dank an bill louden

1990 kam GEnie nach deutschland, der online-dienst von general electric. ich habe damals (im september 1990) in der computersendung des zündfunks (BR) ein interview mit dem GEnie-vertreter in deutschland, horst teschke, geführt. 1990 war drei jahre vor dem start des world wide web, und damals machten sich dienste wie compuserve, america online (AOL) und eben auch GEnie harte konkurrenz in einem stark wachsenden markt. sie alle wurden durchs www bekanntlich weggewischt. das interview ist also historisch interessant. auch deswegen, weil bestimmte themen, die heute ganz normal sind, schon damals anklangen, etwa die zensur, der sex, die zugangskosten (flatrates).

ich habe das interview auf einer alten cassette gefunden, eine viertelstunde davon digitalisiert und wünsche viel spaß beim retro-hören:


Bit, byte, gebissen – das Computermagazin im Zündfunk vom 10.9.1990

achso: damit war auch ein wikipedia-artikel über GEnie fällig. → hier ist er.


einige tage später schrieb ich bill louden an, den gründer von GEnie. er lehrt seit langem am austin community college in texas und antwortete mir prompt, unter anderem mit zwei bildern, die ich hier wiedergebe. das eine oben, das andere, vom login-screen auf einem macintosh, hier unten:

Genie_login_macGEnie login-bildschirm auf einem apple macintosh computer, ca. 1990

björn akstinat | löschung eines wikipedia-artikels

dies ist eine gekürzte fassung des blogeintrags vom 8. august 2014.

laut → wikipedia-statistik schlagen täglich um die 300–400 neue artikel in der online-enzyklopädie auf. die meisten bleiben, viele aber sind so daneben, dass sie sofort gelöscht werden, andere laufen in eine “löschdiskussion” hinein. das ist ein instrument, um in allgemeiner, freier, öffentlich geführter debatte einem artikel sein vertrauen auszusprechen oder zu entziehen. meist ist diese diskussion nach einigen tagen erschöpft, nach sieben tagen schaut dann ein administrator drüber und schließt den vorgang mit einer löschung oder einem behalten des artikels ab.

löschungVonBjörnAkstinatfrisch  gelöscht: der wikipedia-artikel über björn akstinat

dieser artikel wurde erst vor einer woche angelegt und gestern vormittag nach einer → ziemlich kurzen löschdiskussion gelöscht. die diskussion war kurz, denn der fall war  für die diskutanten eindeutig: um den artikel zu schreiben, meldeten sich mehrere neu-autoren fast gleichzeitig in der wikipedia an, um über björn akstinat zu schreiben und links zu seinen publikationen und webseiten anderswo einzutragen. in der wikipedia werden laufend neue konten angelegt und verschwinden wieder oder bleiben. aber in diesem fall diente offenbar eine handvoll neuer accounts nur dem einen zweck, nämlich diese person zu befördern.

ich wurde darauf aufmerksam, weil ich im wikipedia-artikel über → das hörspiel aktiv bin, jede änderung dort sehe und dann eben auch sah, dass sich ein mir unbekannter “björn akstinat” in die fußnoten geschlichen hatte. (nicht er als autor des eintrags, sondern aus autor eines buchs)

alles sprach für die löschdiskussionsteilnehmer dafür, dass hier ein und dieselbe person unter verschiedenen pseudonymen schrieb. man nennt das im wiki-jargon “sockenpuppen“, angelehnt an das bild einer hand, die mit den fingern viele rollen spielt:

Als Sockenpuppe (engl. “sock puppet”, auch “Fake-Account” oder “Multiaccount”, deutsch “Mehrfachkonto'”) bezeichnet man im Netzjargon ein weiteres Benutzerkonto, das aus verschiedenen Gründen angelegt ist: Es kann zum Schutz der Privatsphäre dienen, den Zweck haben, Meinungen innerhalb einer Online-Community mit mehreren „Stimmen“ zu vertreten, oder zum Unterlaufen von Netiquette der Community genutzt werden.

soweit die definition in der wikipedia.

sockenpuppen-accounts sind nicht verboten, und es gibt zahlreiche ehrenwerte wikipedia-autoren, die aus gutem grund für mehrere themenfelder mehrere accounts betreiben. nur wenn die fingerpuppen dann alle dasselbe und nur das eine tun, dann wird es unappetitlich. man spricht von “single purpose accounts”, also benutzerkonten, die nur einem zweck dienen. → einzweck-konto.

die schnell eingerichteten wikipedia-accounts trugen pseudonyme wie KarinWich ChatBurns JuleKann Bela456 TinaTrins CordJa ZeroGustav Zurtu Kiopok456 Geisbart Lostjelly Kurzul Julo5634 Husdas FranziHeseree TessaReit KarinHeese Palmy3000 Coradi12 Magazin Kichererbse123 Alsacien123 Herrslund Gult.H Max1105 Bowencha VolkerSteinHamburg JanaLufd GerhildKuns. sie alle wurden inzwischen wegen missbrauchs der wikipedia für werbende zwecke und wegen diskussionsunwilligkeit gelöscht.

akstinat-im-artikel-über-das-hörspielim wikipedia-artikel über das hörspiel wurde der verweis auf akstinats buch gelöscht.

björn akstinat betreibt eine angebliche nichtregierungsbehörde namens “internationale medienhilfe”. heute ist auf der seite zum beispiel oben als laufschrift zu lesen:

“Die IMH vertritt die Interessen von deutschsprachigen Auslandsmedien und vermittelt unter anderem Werbekunden.”

es gibt seit 2006 einen wikipedia-artikel über die “internationale medienhilfe”, der jetzt im zuge der löschung von “björn akstinat” ins visier geriet und nun auch eine löschdiskussion am hals hat. er liest sich wie ein pseudo-neutral gehaltener werbe-flyer.

der wikipedia-artikel über björn akstinat stieg in der einen woche seines bestehens bei google ganz nach oben. inklusive der löschdiskussion:

googleSuche_nach_Akstinatgoogle-suche nach björn akstinat am 30. juli: noch ist der artikel ganz oben.

unterm strich zeigt dieser noch nicht ausgestandene fall zwei dinge: einerseits sieht man an ihm den druck auf die wikipedia durch menschen, die ihre wie auch immer gestrickten privatinteressen in die enzyklopädie bringen wollen. andererseits ist er ein anschauungsbeispiel dafür, wie eine person durch penetrante promotion in der wikipedia beschädigt wird. ein einmal gelöschter artikel hat schlechte chancen, in nächster zeit neu aufgelegt zu werden.

angenommen, hinter all den sockenpuppen steckt nicht björn akstinat und niemand, der mit ihm persönlich zu tun hat. dann ist es bizarr, warum er, der er sich auf seinen privaten webseiten mediengewandt gibt, nicht mit klaren worten eingemischt hat: “hört mal, ich bin der protagonist des artikels, was ist denn hier los?” die sache wäre dann vielleicht nicht anders ausgegangen, aber die diskussion wäre appetitlicher gewesen. man spricht von transparenz. die fehlte hier völlig.


nachtrag: björn akstinat wurde über eine websuche nach der löschdiskussion auf diesen blogeintrag aufmerksam und rief mich zwei tage später an. in dem telefonat gab er sein unverständnis über die hitzig geführte löschdiskussion zum ausdruck, bat mich um hilfe, worauf ich ihn über die oben genannten empfindlichkeiten aufklärte und ihm zu mehr transparenz riet.

in einem weiteren telefonat ging es um den löschantrag zum artikel über die internationale medienhilfe. herr akstinat meinte sinngemäß, man habe ihm abgeraten, sich selbst in die löschdiskussion einzubringen. ich riet ihm, das dennoch zu tun. transparenz wiegesagt.

herr akstinat hat sich auch eine woche später nicht eingebracht.


am 9. August 2014 um 15:43 löschte nach zweiwöchiger offener diskussion von etwa 10 interessierten ein administrator (das ist kein großer entscheider, sondern eher ein geplagter verwalter) den wikipedia-artikel über die internationale medienhilfe. angesichts von dutzenden artikeln, die täglich, meist wegen fehlender relvanz, gelöscht werden, ist das eigentlich nicht der rede wert. aber ich schreibe hier eine chronik der ereignisse zu ende, die mit dem ebenfalls gelöschten artikel über einen autor namens björn akstinat begann. siehe oben.

wikipedia - internationale medienhilfe - gelöschtein wikipedia-artikel wurde nach langer diskussion gelöscht.

das war ein langer leidensweg für alle beteiligten, auch herrn akstinat, der die IMH leitet. letzten endes konnte niemand darlegen, warum diese vermutlich kleine organisation einen eintrag in der größten enzyklopädie aller zeiten verdient hat. sie ist, wie sich im laufe der löschdiskussion herausstellte, von außen sehr undurchsichtig. zum beispiel ist unklar, warum die ehemalige österreichische außenministerin → benita ferrero-waldner auf der webseite der IMH und im nun gelöschten wikipedia-artikel als “schirmherrin der IMH” dasteht. ein skeptischer wikipedia-autor schrieb frau waldner an und bekam von ihr die antwort, sie wisse nichts von dieser funktion und bitte um die löschung ihres namens aus dem artikel über die IMH.

in dem screenshot oben sieht man, dass man beim versuch, den artikel neu zu schreiben, gewarnt wird, dass es ihn schon einmal gab und dass es wenig sinn macht, ihn einfach neu aufzusetzen, ohne die löschdiskussion nachhaltig zu entkräften. in der regel ist es schwer, einen gelöschten artikel neu einzubringen, und diese hürde ist auch wichtig.

ps. kurz nachdem ich das geschrieben hatte, wurde auch ein anderer artikel, der damit zusammenhängt, gelöscht. er nannte sich “medienhilfe”. medienhilfe wurde in dem nun nicht mehr sichtbaren artikel als gut eingeführter begriff genannt, danach aber führten links zu einem interview mit besagtem björn akstinat und zu einer schweizer organisation, die einfach nur medienhilfe heißt. gründe für die löschung waren zweierlei: erstens las sich der artikel wie eine werbung für diese beiden medienhilfen, zweitens ist der begriff nicht etabliert. wenn man jemanden fragt, was “medienhilfe” sein könnte, wird er nicht darauf kommen: “klar, die helfen medien im ausland, in deutschland/österreich/schweiz bekannt zu werden”.

Radio-Web 1928 | wie recheriert man sowas?

Die_Sendung_Nov1928_Titelblatt“Die Sendung / Rundfunkwoche” vom november 1928

in dieser letzte woche ersteigerte ich für 1 € diese rundfunkzeitschrift von 1928. sie wurde vom verlag hermann reckendorf, berlin, herausgegeben und war eine der ersten deutschen rundfunkzeitschriften überhaupt, vielleicht sogar die erste. hermann reckendorf geriet nicht nur als jude, sondern auch als verlagschef für progressive zeitschriften mit den nazis in konflikt. sie enteigneten ihn bereits 1933; im selben jahr, wahrscheinlicher aber 1936 nahm sich reckendorf das leben.

in dieser ausgabe, die eher zufällig zu mir (und dadurch jetzt in die wiki commons und dadurch in die wikipedia) kam, gibt es eine werbeanzeige der firma RADIO-WEB. erstaunlicher name! die firma bot alles ums neue medium radio herum an, von katalogen über lehrbücher bis zum kostenlosen aufladen des radio-akkus – denn das ans stromnetz angeschlossene rundfunkgerät kam erst in den 1930er jahren auf. hier die werbung:

Radio-Web_1928“Radio-Web” 65 jahre vor dem world wide web

was hatte es damit auf sich? in der anzeige ist die postadresse zu lesen: WEB-Haus, Berlin S42 [also Kreuzberg], Prinzessinnenstr. 16. bei der bildersuche nach dieser adresse findet man nur neue, nach dem krieg gebaute häuser, nichts deutet auf ein web-haus hin. die web-suche nach “radio-web” bringt auch nichts: vor allem kaufangebote für internetradios und tausendfach “web 2.0”. eine suche angesichts eines so prominenten worts (web) ist ähnlich kompliziert wie die nach einem stefan schmidt oder peter brook.

in solchen fällen lohnt sich die suche in den digitalen bibliotheken, zu allererst also bei google books. dort findet man unter der postadresse zwar kein “web-haus”, aber immerhin kein world wide web, sondern den ein oder anderen handwerklichen betrieb, zum beispiel einen, der pharmazeutische geräte herstellte. gibt man in google books wörtlich ein: “berlin radio-web”, so kommt zuerst ein fachbuch über alfred döblins (auch ein jude, der 1933 mit den nazis schwierigkeiten bekam und auswanderte) roman “berlin alexanderplatz“. die autorin, anke detken (heute → literaturprofessorin in göttingen) merkt an, dass einige namen von berliner lokalitäten in der französischen übersetzung des buchs weggelassen wurden, unter anderem die erwähnung des “web-hauses”:

berlin-alexanderplatz-radio-web-hausanke detken: döblins berlin alexander platz übersetzt. palaestra, band 299

in der online lesbaren “fischer klassik plus”-ausgabe von döblins roman findet sich genau diese stelle:

“Gegenüber am Häuschen von Radio Web – bis auf weiteres laden wir einen Akku gratis – steht ein blasses Fräulein …”

in anderen büchern über döblins alexanderplatz werden die derlei lokalitäten näher untersucht; dabei kommt heraus, dass radio-web eine gmbh war. an anderer stelle lese ich, dass es möglicherweise fachliteratur aus diesem radio-web-häuschen gab:

büscher-1938den “H. Büscher” kann ich nirgends finden. führt jetzt auch zu weit…

zurück zur zeitschrift. sie verstand, für die zeit ganz typisch, unter dem rundfunkhörer den radiobastler. menschen ohne technik-affinität konnten sich für den rundfunk 1928 noch nicht so richtig erwärmen.

die-sendung - november 1928 - seite-604“die sendung”, s. 604: schaltpläne für den radiobetrieb

 

gayglers & gleam | liberale IT-industrie

matt haber berichtete am wochenende in der new york times über den von weiten teilen der IT-industrie rund um san francisco unterstützten schwulen-aktionstag, genauer: den 44. pride day ende juni. in diesem langen artikel kommt mehrfach ganz selbstverständlich das kürzel LGBT vor; ich musste nachschlagen, um zu wissen, wofür es genau steht: für lesbisch, gay, bisexuell und transgender. ganz selbstverständlich fiel in dem artikel das wort gayglers – damit sind die LGBTs des IT-konzerns google gemeint. hier ein foto aus der bildstrecke des gaygler-fotografen sam kimbrel:

sam-kimbrel---google-gaygler-pride-day-2009gaygler beim LGBT pride day in san francisco 2009. foto: sam kimbrel

das kunstwort gaygler (ein hybrid aus gay=homosexuell und googler=mitarbeiter von google) hat im dezember 2006 deborah schoenemann in ihrem artikel “can google come out to play?” in die öffentlichkeit gebracht, ebenfalls in der new york times. zuvor wurde er weitgehend nur google-intern verwendet.

wenn man nun den kurzen englischen wikipediaartikel über gaygler liest, findet sich ein link zu einem verwandten wikipedia-artikel, nämlich zu GLEAM: gay and lesbian employees at microsoft. dieser begriff reicht in die 1980er jahre zurück und wurde 1989 ins betriebsmanifest von microsoft geschrieben, um ein zeichen zu setzen: man ist fortschrittlich und fördert ein diskriminierungsfreies umfeld für menschen “anderer” sexueller präferenzen. man sagt übrigens nicht “gleamers”, denn der begriff gleamer ist bereits anderweitig besetzt, nämlich als kosmetik, die bestimmte hautpartien glänzend (gleam=glanz) erscheinen lässt, etwa lipgloss.

merkels fingernägel | tagesthemen gestern

merkels-fingernägelscreenshot der tagesthemen vom 18. juli 2014

wie will man die kanzlerin noch filmen und fotografieren? alle varianten sind [pun intended] durchgekaut. doch gestern, tagesthemen: wenn man genau hinsah, haben sich die kollegen mit ihren telelinsen um die gefalteten hände von frau merkel gekümmert – wenn auch nur den bruchteil einer sekunde lang, dafür mit exzellenter HD-bildqualität, sogar auf dem tablet. unten der screenshot aus der sendung als closeup.

merkels-fingernägel_closeupkanzleramtsmaniküre im detail

das krankheitsbild mit solchen fingernägeln heißt onychophagie. merkel ist nicht die einzige spitzenpolitikerin, die unter onychophagie leidet. der letzte britische premier (man vergisst seinen namen besser) knabberte auch.