reich übern | teich

1981 → heirateten prince charles und lady diana. sie wollten gern im damals im bau befindlichen trump-tower wohnen, und nicht nur das: zwei stockwerke kaufen, um daraus ein 21-zimmer-objekt zu machen. alles falsch, wie die TIMES vom 4. august 1981 schreibt. donald trump selbst wollte sich um den deal kümmern, der offenbar nie zustande kam. interessant auch der letzte satz in diesem allerersten artikel der TIMES, in dem donald trump erwähnt wird: arbeiter schwarzer hautfarbe protestieren gegen die weiß dominierte arbeiterschaft an dieser und an anderer baustelle.

putzige kinderarbeit | ägyptisches kolonialidyll 1906

kosmos 1906 -mein stiefelputzer“das ist mein stiefelputzer”. aus: kosmos 1/1906, s. 25

in kosmos “wandern und reisen, handweiser für naturfreunde” von 1906 las ich einen artikel über das schöne leben in ägypten. der autor, dr. m. wilh. meyer, preist das stressfreie leben in kairo und auf dem land. er geht so weit, den gestressten zentraleuropäern mit ihren “nervenanfällen” nahezulegen, hier auszuspannen.

soweit würde das ins hier und heute passen, urlaub in marsa alam usw.

bemerkenswert ist aber, wie der autor den artikel schreibt, welche sicht er einnimmt, welche worte er wählt, wenn er zum beispiel über die einheimischen kinder spricht: bengel, bürschchen, kerlchen. er verklärt die kinderarbeit (“es sind kleine, flinke kerlchen von sechs bis acht jahren”, die ihm die stiefel putzen) als freizeitspaß: “zum leben brauchen sie [das geld] nicht. verhungern kann hier überhaupt kein mensch. sie können sich den ganzen tag unter eine schöne palme legen. […] ein paar datteln fallen ihnen von selbst fast in den mund.” warum sie dann schuhe putzen? um sich später, ab 14 jahren, den “höchsten genuß” zu leisten, nämlich eine frau oder einen harem. meyer verklärt dies so, dass er an der liebe in deutschland kein gutes haar lässt:

“sind diese verhältnisse nicht tausendmal gesünder als die unsrigen, wo unsere jungen männer das, was man heute noch die liebe nennen wagt, in der ekelhaftesten weise auf der straße kennen lernen und in die ehe wie in eine altersversorgungsanstalt gehen?”

die sicht auf ägypten ist, so freundlich sie ist, die von oben herab. bei der beschreibung eines handgreiflichen streits zweier araber wirkt es putzig auf ihn, wie der polizist sie ohne ein wort zu sagen, voneinander trennt. wie ein slapstick. die meisten dinge, die man ihm “anzudrehen” versucht, sind nutzlos für ihn, und entsprechend wertet er sie auch. eine brillenschlange, die nicht zubeißen kann, auf dem spieß gebratene spatzen usw. auch über den tierschutz macht sich meyer gedanken. in neapel, schreibt er, sie die “gräßlichste tierschinderei an der tagesordnung”, während die ägyptische regierung sich um hunde “in besonders liebevoller weise bekümmert”, indem sie ab und an fleischstücke auslegt, “mit strychnin gewürzt. nachher werden die hunde aufgelesen und zum – heizen von maschinen in den abwässerungsanlagen benützt.”

ja, wer ist nun dieser dr. m. wilh. meyer, der sich in klammern “urania-meyer” nennt? vor allem war meyer (1853–1910) ein astronom, kein unbedeutender. urania-meyer war seine firma. und → das ist der wikipedia-artikel über max wilhelm meyer (nicht von mir; von mir ist nur das textbeispiel).

die gier des kapitals (schon 1926)

ein damals progressiver, in vielerlei hinsicht aber reaktionärer (frauenfeindlicher, rassistischer etc.) kriminologe und strafrechtsexperte, schrieb 1926 in seinem buch “kriminalpsychologie – psychologie des täters” bemerkenswertes über den umgang mit geld und gütern. reaktionär, ja rassistisch ist er da, wo er zum beispiel im kapitel Volksrasse als Kriminalitätsfaktor die rumänen pauschal als ziemlich primitive verbrecher einstuft und die “bekannten Eigenschaften des rumänischen Volkscharakters” mit

Nichtstun und Faulheit, Feigheit, Hinterlist, Grausamkeit, Mangel an Sinn für Kapitalbesitz, Genußsucht, Prachtliebe, Nachahmung des Pariser Geschmacks.

benennt. Während

der Deutsche zum Berufsverbrecher im großen Stile keine geeigneten Fähigkeiten besitzt. Das deutsche Verbrechertum verrät immer eine gewisse Derbheit und Plumpheit. Italiener und Böhmen bleiben auch bei uns der Kriminialität ihrer Rasse treu und begehen in der Hauptsache Verbrechen und Vergehen gegen die Person, weniger gegen das Eigentum.

das heißt, sie stechen und morden, brechen aber nicht in wohnungen ein.

“Industrie und Handel zeitigen eine Unmenge sozialer und humaner Unsittlichkeiten, die kein Strafgesetz erreicht.”

 

ich wollte aber auf einen sehr eigenartigen satz hinaus, den ich auf den seiten 166f des buchs fand:

Im täglichen Verkehre der Menschen werden so viele Schädlichkeiten, Schlechtigkeiten, Niederträchtigkeiten, Bosheiten verübt, die unter kein Zivil- oder Strafgesetz fallen. Industrie und Handel zeitigen eine Unmenge sozialer und humaner Unsittlichkeiten, die kein Strafgesetz erreicht. Im Handel und Verkehr finden wir fortgesetzt Gesinnungen bestätigt, die der Absicht des Betrugs nicht fernliegen. Der Kaufmann ist der Spezialist der Unbedenklichkeiten. Man denke an Spekulation und Börsengeschäfte. Der wirtschaftlich Stärkere nutzt die ihm diensbtar gewordenen Kräfte des wirtschaftlich Schwächeren vielfach mit einer Rücksichtslosigkeit aus, welche den Stempel der Unsittlichkeit trägt.