ende der zeitschrift | anfang der zeitschrift

heutemorgen lief auf SWR 2 mein sondersendung darüber, → wo es mit der mediennutzung derzeit hingeht. ich hatte der redaktion “wissen” im SWR das thema anlässlich der morgen beginnenden buchmesse angeboten, also mit schwerpunkt auf die umwälzungen im print-bereich. glaube, die sendung ist ein guter vorbereiter zur buchmesse. was da mit den buchstaben passiert, ist schon schwindelerregend.

danielHöpfner_pressmatrixdaniel höpfner: “die verlage haben übersehen: nicht das gedruckte papier kostet geld, sondern der inhalt.” foto: m. s./dpa

meine startbedingungen für die recherche waren ideal, weil ich schon vorher, wenn auch nur über telefon, einige fachleute interviewte, die beim direkten treffen umso direkter sprachen. solche interviews sind highlights im journalistenalltag, und ich freue mich, ihre kerne in diese sendung habe packen zu können. nur der bei der new york times für die “timesmachine” zuständige mensch blieb dünn, weil er bei der fast halbstündigen gesprächsaufzeichnung praktisch nichts außer marketing-platitüden von sich gab. er ist in der sendung nur kurz zu hören. reichlich dagegen steffen meier vom börsenverein des deutschen buchhandels und programmierer bei readbox in dortmund. und, bild oben, daniel höpfner, mitgründer von pressmatrix in berlin. und die beiden schwestern neubauer, die das sister mag “für die digitale dame” herausgeben, ein zweimonatlich rein digital erscheinendes, ja, buch, denn mit 300 seiten kann man wohl kaum mehr von zeitschrift sprechen. aber schon in dieser argumentation merkt man: im digitalen fließt alles.

theresaUndAntoniaNeubauer_sisterMagtheresa und antonia neubauer, sister mag: “es gibt leider neben uns keine unabhängigen modezeitschriften.” foto: m. s./dpa

ein nicht unwichtiger aspekt der sendung ist das self publishing. ich habe dazu ein experiment gemacht und diesen blog in ein buch drucken lassen, einfach um zu sehen, ob es wirklich so locker geht, wie die self-publisher und book-on-demand-druckereien es versprechen. → es war nicht trivial.

uhr_buch_ausgepacktself publishing book on demand in miniauflage, frisch ausgepackt. foto: m. s./dpa

steffen meier sagt in der sendung:

“Die Marke wird im digitalen Überfluss immer wichtiger als Orientierungsmerkmal. Und hier wird es natürlich zu dem Punkt kommen, wenn Autoren selber publizieren, dass sie selber immer mehr zur Marke werden. Ich kaufe ja in der Regel immer den Bestseller-Autor XYZ und nicht ein Buch des Verlages soundso. Wie werden sich Verlagsmarken entwickeln? Das wird in den nächsten Jahren spannend sein.”

steffenMeier_buchmesse2014steffen meier, am podium der buchmesse, eine woche nach der sendung. foto: m. s.

hier ein ungeschnittener ausschnitt aus unserem interview:


steffen meier über die rolle des verlags beim e- und selfpublishing

viel spaß beim hören, und auf der buchmesse!

Radio-Web 1928 | wie recheriert man sowas?

Die_Sendung_Nov1928_Titelblatt“Die Sendung / Rundfunkwoche” vom november 1928

in dieser letzte woche ersteigerte ich für 1 € diese rundfunkzeitschrift von 1928. sie wurde vom verlag hermann reckendorf, berlin, herausgegeben und war eine der ersten deutschen rundfunkzeitschriften überhaupt, vielleicht sogar die erste. hermann reckendorf geriet nicht nur als jude, sondern auch als verlagschef für progressive zeitschriften mit den nazis in konflikt. sie enteigneten ihn bereits 1933; im selben jahr, wahrscheinlicher aber 1936 nahm sich reckendorf das leben.

in dieser ausgabe, die eher zufällig zu mir (und dadurch jetzt in die wiki commons und dadurch in die wikipedia) kam, gibt es eine werbeanzeige der firma RADIO-WEB. erstaunlicher name! die firma bot alles ums neue medium radio herum an, von katalogen über lehrbücher bis zum kostenlosen aufladen des radio-akkus – denn das ans stromnetz angeschlossene rundfunkgerät kam erst in den 1930er jahren auf. hier die werbung:

Radio-Web_1928“Radio-Web” 65 jahre vor dem world wide web

was hatte es damit auf sich? in der anzeige ist die postadresse zu lesen: WEB-Haus, Berlin S42 [also Kreuzberg], Prinzessinnenstr. 16. bei der bildersuche nach dieser adresse findet man nur neue, nach dem krieg gebaute häuser, nichts deutet auf ein web-haus hin. die web-suche nach “radio-web” bringt auch nichts: vor allem kaufangebote für internetradios und tausendfach “web 2.0”. eine suche angesichts eines so prominenten worts (web) ist ähnlich kompliziert wie die nach einem stefan schmidt oder peter brook.

in solchen fällen lohnt sich die suche in den digitalen bibliotheken, zu allererst also bei google books. dort findet man unter der postadresse zwar kein “web-haus”, aber immerhin kein world wide web, sondern den ein oder anderen handwerklichen betrieb, zum beispiel einen, der pharmazeutische geräte herstellte. gibt man in google books wörtlich ein: “berlin radio-web”, so kommt zuerst ein fachbuch über alfred döblins (auch ein jude, der 1933 mit den nazis schwierigkeiten bekam und auswanderte) roman “berlin alexanderplatz“. die autorin, anke detken (heute → literaturprofessorin in göttingen) merkt an, dass einige namen von berliner lokalitäten in der französischen übersetzung des buchs weggelassen wurden, unter anderem die erwähnung des “web-hauses”:

berlin-alexanderplatz-radio-web-hausanke detken: döblins berlin alexander platz übersetzt. palaestra, band 299

in der online lesbaren “fischer klassik plus”-ausgabe von döblins roman findet sich genau diese stelle:

“Gegenüber am Häuschen von Radio Web – bis auf weiteres laden wir einen Akku gratis – steht ein blasses Fräulein …”

in anderen büchern über döblins alexanderplatz werden die derlei lokalitäten näher untersucht; dabei kommt heraus, dass radio-web eine gmbh war. an anderer stelle lese ich, dass es möglicherweise fachliteratur aus diesem radio-web-häuschen gab:

büscher-1938den “H. Büscher” kann ich nirgends finden. führt jetzt auch zu weit…

zurück zur zeitschrift. sie verstand, für die zeit ganz typisch, unter dem rundfunkhörer den radiobastler. menschen ohne technik-affinität konnten sich für den rundfunk 1928 noch nicht so richtig erwärmen.

die-sendung - november 1928 - seite-604“die sendung”, s. 604: schaltpläne für den radiobetrieb