einsteins allgemeine relativitätstheorie | wird 100

… und dazu habe ich für forschung aktuell im deutschlandfunk eine trailer- und jingle-reihe entwickelt, die auf das themen-special hinweist. hier ein vorgeschmack:

 


trailer für “raum trifft zeit”-reihe im deutschlandfunk

technisch besteht der 35-sekünder aus acht spuren, wovon zwei mit großen hallfahnen versehen sind. das grundmotiv in f-moll/dur bildet der dreiklang einer jazzgitarre, zusammen mit einem vocoder. die vocoderstimme spricht die kernelement “raum” und “zeit”. die schauspieler (vier an der zahl) stammen aus dem sprecherensemble des deutschlandfunks, und garniert wird das stück mit originaltönen aus zwei interviews, die mein kollege frank grotelüschen zum thema geführt hat.

alima | die kreuzfahrtschiffschnulze

vermeer_Ohrringvermeer’s mädchen mit dem perlenohrring könnte alima sein…

im digitalen logbuch (deutschlandfunk → forschung aktuell → computer und kommunikation) sprechen wir in der regel. vor einer woche sang ich ausnahmsweise mal, nämlich diesen → rap über einen nerd– einen sich selbst überschätzenden jungen hacker mit gebrochener kindheit. und heute sang ich wieder. der song heute hieß “alima” und beruht auf einem wahren spam, nämlich diesem:

alima_songAusSpamoriginal-spam, vermeintlich von alima

ich fand diese leicht holprig aus irgend einer sprache automatisch ins deutsche übersetzte kontaktanfrage so reizend, dass ich einen reizenden schlager draus machte. ich packte textlich dazu gleich einen weiteren, nicht minder entzückenden spam in englischer sprache, auch er original. hier ist die webseite des deutschlandfunks → zu dem stück, und hier ist, für alle ewigkeit, der schlager selbst. ich stellte mir beim komponieren und singen vor, vor rentnern auf einem kreuzfahrtschiff zu singen:


digitales logbuch: alima

supreme | my love

mit meinem ewigen bass-ohrwurm von john coltrane:


supreme, my love. (c) ms 2015

supreme, my love
the sand out of your eyes
have you ever
[supreme]
wiped the sand out of your eyes?
[my love]
have you ever stayed in the sun
harvested strawberry fields
forever
never

tell me if | it rains or…

… if the spring is coming through!


tell me if it rains. (c) ms 2015

wo ist der tag
wenn der tag weggeht
wenn auf der wand steht
er geht nicht weg
die nacht bleibt
eine scheibe rollt
[und der flieder blüht
der flieder blüht]

den weg entlang runter
oben auf dem dach
geht ein licht an
eine kerze

der nerd-rap | deutschlandfunk

nerd_Archiboldiannerd am PC. original: Archiboldian (wiki commons), bearbeitet

im “digitalen logbuch” des deutschlandfunks singen und spielen wir normalerweise nicht. es handelt sich ganz wie kapitän kirk’s logbuch der enterprise um einen tagebucheintrag. ab und zu weichen wir von dem konzept ab, und das → heutige digitale logbuch ist ein beispiel dafür. ich singe einen rap.

 
digitales logbuch: der nerd-rap. DLF 2. mai 2015

der text entstand beim gehen. ich gehe gern im 80 bpm-takt, und die zeilen purzeln dann so vor sich hin. die erste zeile lautet “hey, ich bin ein nerd, N-E-R-Död”.

im büro angekommen, rief ich mein kompositionsprogramm auf,  legte einen drum-loop (halion sonic vst plug-in) mit 82 beats pro minute, 35 takte (2 minuten) lang an und rappte dazu. an einer stelle kommt der → hashtag (#) im text vor. das wort warf mich aus dem rhythmus, ich kam nur bis “hash”, dann taktende, dann taktanfang, dann erst sagte ich “tag”. stopp. frust. bis mir auffiel, die trennung von hash und tag macht ein wortspiel, wenn ich danach mit hell weitermache. tag-hell. das ist ja die zeit, wo unser nerd noch schläft. gefiel mir so gut, dass ich dachte, okay, und wie komme ich nun zum schluss?

ich ging dann zum essen, mit martin, und da fiel es mir ein, die geschichte mit der geburt, der taufe, der schweren menschwerdung und geschlechterrollenfindung unseres klischee-nerds.

hier der cubase-aufbau: ganz oben die rap-vocals, darunter sechs spuren mit den support-vocals (“flieg wie ein bird durch die nacht…” etc.) mit verschieden starkem hall und ein paar polyphonen stellen. ganz unten der loop.

digitales logbuch - nerd-rap - cubase-spurender nerd-rap im sequencing-programm: 7 stimmspuren, eine instrumentenspur

ein outtake gefällig? hier nur die vocals, also ganz ohne drums.


der nerd-rap, ausschnitt; nur text und gesang

Die Lyrics:

Hey, ich bin ein Nerd. N-ö-r-död
Hab das Gesicht voll Pickel.
Die NSA am Wickel,
das BKA mit nem Agent verseucht.
Meine Mühle ist sauber, clean, lean.
Die SSD bootet wie Sau, ich bin ein Nerd,
flieg wie ein Bird durch die Nacht.
Bin sehr spät auf der Matte,
im PC keine Platte, SDRAM ist Flash.
Moin moin, Hash! Tag-hell,
Die Schule schon aus, ich geh ausm Haus.
Kehr gleich wieder um.
War eh viel zu dunkel für Sport.
Hell ist mein Ort, der Code auf Schwarz.
Ich bin ein Nerd,
flieg wie ein Bird durch die Nacht.
 
Ich hab die Macht, Anonymous
ist mein Backbone, ich komm nicht aus Paderbone,
auch nicht aus Tennessee, aber am Chiemsea
hab ich schon mal gebadet als Kind,
das ich nie war, denn ich bin ein Nerd,
als Nerd geboren, von ner Kiffermama
auf nen kleinen Schemel in die Welt gesetzt,
oben, mit meinen kurzen Ärmchen kaum zu fassen,
Miss Pacman am Schirm, danke, Mama, mein Joystick.
Sie guckt Gene Hackman, so brutal.
Ich mach dir den Code zum Breakfast, Mama.
Wir leben im Valley, ich in der Alley, du bist meine Geiervalley.
 
Daten sind frei, ich schwebe verschlüsselt über den Schüsseln
der Häuser, Johannes der Täufer mein Name.
Schwul, transgender, Bird,
flieg wie ein Bird durch die Nacht.
 
Er ist ein Nerd, er fliegt wie ein Bird durch die Nacht.

hammond-queen | cherry wainer

CherryWainer_HR_beatBeatBeatcherry wainer in HR beat beat beat, ca. 1967

im november letzten jahres starb cherry wainer. ich kannte sie bis vorgestern nicht, als ich in einem kölner oxfam-laden für 50 cent diese platte von ihr kaufte:

musikImBlut_cherryWainermusik im blut von cherry wainer (1966)

dank einiger ganz guter nachrufe, insbesondere im londoner telegraph, gibt es jetzt einen → wikipedia-artikel über sie: leider ohne bild. hängt mit den strengen vorgaben für bildrechte in der wikipedia zusammen. zuletzt war cherry wainer in einer 2013 ausgestrahlten → show der BBC zu sehen.

rubber soul | is coming home to me

rubberSoulUndIchdie beatles-schallplatte rubber soul und ich

als ich 12 jahre alt war, lieh mir die frau meines cousins, friedel, diese damals frisch erschienene schallplatte. ich hatte am plattenspieler meiner eltern bisher nur don-kosaken und hindemith gehört. als ich die rubber soul (deren namen ich garantiert nicht aussprechen konnte; von den beatles wusste ich eh nicht) auflegte, dachte ich, ich höre nicht recht. viel weiß ich nicht mehr von den hörsessions der LP, ich weiß aber, dass ich das cover, vorn und hinten, so verinnerlicht habe, dass ich jeden knick im karton, jede mimik auf den fotos kannte. ich musste die leihgabe nach einiger zeit an friedel zurückgeben, was mir aus einem einfachen grund nicht schwer fiel: jemand anderes (oder wieder sie?) lieh mir revolver von den beatles, und damit musste ich mich ja auch erst mal beschäftigen. das weiße doppelalbum war dann die erste schallplatte, die ich mir selbst kaufte, von meinem taschengeld. ich habe sie noch.

und auch friedel hat die rubber soul noch. denn gestern überreichte mir christian, ihr sohn, dieses juwel. ich bin tief gerührt. rubber soul is coming home. danke, Ihr beiden, das war großartig!

fingernagelabrieb | rory gallagher

rory-gallagher-1982-by-harry-pottsrory gallagher 1982. foto: harry potts → wiki commons

über den irischen gitarristen und sänger, der heute 66 jahre alt wäre, las ich in der TIMES von 1973:

„Er ist einer der wenigen Gitarristen, den man nach Sekunden erkennt, so individuell ist sein Stil. Er sagt, das sei Zufall gewesen und habe mit seiner Stratocaster-Gitarre zu tun gehabt, einem geschundenen Gegenstand, den er seit fast 10 Jahren besitzt. Sie erzeugt einen Klang, der mit einer grimmigen Geschwindigkeit während eines Gallagher-Auftritts heult und ansteigt – ein Verschmelzen von Obertönen, die er durch das Halten des Plektrums in einem bestimmten Winkel zwischen Daumen und Finger erzeugt. Das führt zu einem chronischen Abrieb des Fingernagels: Ich hatte darüber nie nachgedacht, bis die Leute anfingen, darüber zu schreiben. Dann entwickelte ich den Stil weiter. Es ist ein Sound, den ich mit meinem Bottleneck nicht hinkriege.[1]

steht so jetzt auch in der → wikipedia, wie es sich für ein so feines zitat gehört.

unser tag | gelöscht

unserTagIstGelöscht

blöd gelaufen, unser tag wurde gelöscht.

an diesem beispiel sieht man, was für ein schwachsinn täglich dutzendfach auf die wikipedia einprasselt: “unser tag” ist irgend ein musiktitel irgendeiner schlagermieze, von deren neuem album, das in den schlagermiezencharts zwei tage auf platz 1 war. der artikel wurde nach einer woche gelöscht. es gibt natürlich einen ausführlichen artikel über helene fischer, die das singt, und auch einen über das album, und vier über vier titel des albums. “unser tag” war der versuch, einem weiteren schlager einen eigenen wikipediaartikel zu spenden.

tolle idee | was wurde draus? (DLF)

vor 10 jahren startete → forschung aktuell im deutschlandfunk die reihe “tolle idee – was wurde draus?” anlass dafür war die  frage: wir berichten laufend über aktuelle forschungsvorhaben und eben auch ideen, die sich manchmal toll anhören. dann lass uns doch ab und zu mal später nachfragen, was aus den größeren versprechungen eigentlich wurde? viele sind natürlich in der prototyp-phase hängen geblieben oder gänzlich in der versenkung verschwunden, andere führen ein gediegenes dasein oder haben sich richtig etabliert.

die reihe wurde vom redaktionsleiter uli blumenthal initiiert. im januar 2015 startet forschung aktuell mit einer neuen – der vierten – staffel, und hier ist der trailer dafür, den ich heute fertiggestellt habe:


tolle idee – was wurde draus? trailer für 13. januar 2015

der trailer basiert auf dem sounddesign von 2004, aber die texte sind natürlich andere. es macht ungemein spaß, mit schauspielern zu arbeiten. hier zum beispiel mit ralf spengler, den ich nach der “normalen” textaufnahme bat, sich selbst paar einzelne worte herauszufischen und so tief er konnte zu sprechen.


outtake 1: ralf spengler nah am mikro und sehr tief

kaum war ralf aus dem studio zurück zu den nachrichten verschwunden, kam christoph wittelsbürger und bot stimmen an, die ich von ihm noch nicht kannte. er erzählte mir, er hätte ganz früher häufig comics vertont.


outtake 2: christoph wittelsbürger mit comic-stimmen

in dem trailer hört man das natürlich nicht deutlich, es soll ja ein feuerwerk der klänge und stimmen sein. allerdings, wenn ich mir den 2004er trailer anhöre, muss ich selbstkritisch sagen: zu komplex gemischt damals. immerhin setzt sich die hauptsprecherin gut durch:


tolle idee – was wurde draus? trailer vom april 2004

man kann sich fragen, ob man nach 10 jahren nicht das sounddesign, also die musik neu machen soll? das ist ein balanceakt. ich plädiere dafür, wenn die musik nicht völlig überholt ist, alles besser dabei belassen. denn es ist der wiedererkennungseffekt bei musik nicht zu unterschätzen. es gibt kollegen in der redaktion, die den trailer sogar singen, obwohl da gar nicht gesungen wird. die melodie gräbt sich ins gedächtnis ein. etwa 10 jahre lang lief in forschung aktuell ein jingle, der mit einem sägenden geräusch begann. dagegen gab es anfangs, so ca. 1998, kritische hörerpost. das sägegeräusch wurde aber zum markenzeichen. erst nach 10 jahren haben wir das sounddesign komplett ausgetauscht. siehe → hier.

ein beispiel, wie man mit sounddesign nicht umgehen sollte, ist das WDR zeitzeichen. das wurde jahrzehnte lang mit einem sehr markanten morse-design eingeleitet, bis beim ausbau von WDR 5 zum vollprogramm alles “aufgefrischt” wurde. der damals völlig neue jingle für die reihe hatte mit dem alten nichts mehr zu tun und war zudem so belanglos ins WDR 5-gefüge hineinkomponiert, dass er zahlreiche revisionen durchlief und heute noch belanglos klingt. in der werbeindustrie nennt man das “zerstörung einer marke”.

übrigens fand ich jetzt beim bauen des 2015er “tolle idee”-trailers zwar die bausteine des alten jingles von 2004 auf einer backup-DVD (siehe foto), nicht aber fand ich die bausteine der musikkomposition. die musik hieß irgendwie anders, ich weiß nicht mehr, wie, und ich müsste lange suchen, um das cubase-projekt dafür zu finden. was ich heraushöre: ich war damals im absynth-rausch – absynth ist ein software-synthesizer, den ich heute noch gern einsetze. das musikalische kernthema ist in c-Dur, denn wir wollen ja eine “tolle idee” feiern, und den rhythmus treibt ein arpeggio an. das arpeggio klingt heute noch sehr okay.

kompletteE_auf381backup-DVD von 2004. über eine katalogsoftware schnell zu finden. die 381 eben ;-)

zündfunk radiotop | faktor 5 rätsel

zündfunkRadiotopJuli1997_zuspielCDzündfunk “radiotop” zuspiel-CD 14. juli 1997

mitte der 1990er habe ich im zündfunk “radiotop” das faktor 5-rätsel eingeführt. es baute auf einer damals neuen technologie auf, nämlich eine audio-datei zeitlich zu verändern, ohne die tonhöhe zu verändern. der hauptzweck war natürlich, ein musikstück oder einen rundfunkbeitrag einen ticken kürzer oder länger zu machen, ohne dass es auffiel.

das war für mich uninteressant, denn ich hatte alle zeit der welt zum senden. ich wollte die grenze dieser neuen technik ausloten und experimentierte eine weile lang damit herum, wie stark man ein bekanntes rockmusikstück zeitlich stauchen muss, bis es nicht mehr eindeutig zu erkennen ist, und kam auf den faktor 5. angenommen, das stück ist im original 5 minuten, habe ich es auf eine minute komprimiert, ohne die tonhöhe zu ändern. bei einer stauchung um den faktor 3 wäre es kein rätsel gewesen, denn man hätte das stück sofort erkannt. ich habe das damals mit vielen bekannten titeln ausprobiert. creedence clearwater revival’s 1970er hit “stop the rain” hörte sich, mit den damaligen technischen möglichkeiten auf ein fünftel der originallänge komprimiert, in der sendung vom 14. juli 1997 so an:


rätsel “faktor 5”: welcher song ist das, wenn man ihn fünfmal langsamer abspielen würde?

ich war der erste im BR, der seine zuspielungen für die sendungen nicht auf band mit ins sendestudio im 7. stock brachte, sondern ich brannte mir selbst auf einem 3000 DM teuren brenner meine CD und hatte damit alles selber in der hand. oben abgebildet die hülle der zuspiel-CD für diese sendung: das rätsel ist take 21, die auflösung, die ich zwei wochen später sendete, take 22 auf dieser CD.

windows-PCs waren damals untauglich für komplexe soundaufgaben, vor allem wegen ihrer unsauberen taktung. mein mac, ein centris 650, hatte eine eigene 2000 DM teure soundkarte von digidesign, mir der man in stundenlanger (warte)arbeit einen einigermaßen akzeptablen faktor 5 hinbekam. zum strecken hatte ich damals keine zeit. ich hätte mir gern mal angehört, was von dem original übrig ist, wenn man es nach der kompression wieder expandiert. heute ist das selbstverständlich kein thema mehr. hier habe ich das obige stück mal mit mittlerer qualitätseinstellung vierfach gestreckt. es ist also noch ein klein wenig schneller als das original, aber es hört sich ganz gut an. hier nur der refrain:


creedence clearwater revival, viermal zurückverlängert

das faktor 5-rätsel war bei den hörern beliebt und lief etwa zwei jahre. ich bekam so um die 30 richtige zuschriften pro rätsel. zu gewinnen war, glaube ich, ein stapel schrottiger schallplatten, die man uns radio-DJs ungefragt zugeschickt hatte. wir erstickten damals im plattenschrott.

hier gibt’s nochwas zum zündfunk.


so hört sich die sache heute an. ein beispiel mit janis joplin

punk 1958 | rumble von den ray men

rumble_cadenceRecords1958

in der BBC sah ich die doku “the joy of the guitar riff” und darin eine hommage auf “rumble” von link wray & his (w)ray men. das instrumental war 1958 bahnbrechend, weil rotzig, böse, laut, monoton, mit verzerrten gitarren und einem halb-shawnee-indianer als leader of ceremony, eben link wray. ich kannte den song vorher nur aus filmen und konnte ihn, weil er so modern war, nicht einordnen.

mein alter kollege carl-ludwig reichert mailte mir nach lesen dieses eintrags:

ich hab ihn mal kennen gelernt und gefragt, warum er den leder-rocker gibt. die antwort
war: weil es zu bestimmten zeiten wichtig ist, wieder zu den anfängen zurück zu kommen.
jede neue generation braucht das.

 

rumble ist rein instrumental und wurde trotzdem, wahrscheinlich weil er so rotzig und der titel so aufrüherisch war, von einigen US-radiosendern verboten. stieg aber in den US-charts auf platz 16 hoch und machte die prä-punks schlagartig weltberühmt.

jetzt gibt es dazu diesen wikipedia-artikel: rumble, das instrumental.

linkWray_1958link wray, ca. 1958. foto: unbekannt. via → library of congress

swingin’ horror | minihörspielreihe für SWR 2 jazz

horror-vignetten_hans-jörg brehm

die letzten wochen beschäftigte mich u. a. eine → vierteilige minihörspielreihe für die jazzredaktion im SWR hörfunk. sie kam so zustande, dass die redakteurin julia neupert eine vor einigen jahren in WDR 3 “tonart” gesendete horrorserie von mir gehört (und damals sogar als moderatorin begleitet) hat und sich das, was ich da für die klassische musik durchexerzierte, für den jazz vorstellen konnte. in “tonart” hieß die reihe “der tote ton“. es sprach julia hummer:


WDR 3/tonart – “der tote ton”, anfang von episode 2: blutiges f-moll

für den jazz dachten julia und ich uns “swingin’ horror” als titel aus. grafisch begleitet wird die am 2. januar 2015, von 20.00 bis 24.00 uhr im rahmen einer gefährlichen jazznacht ausgestrahlte reihe von, wie könnte es anders sein, hans-jörg brehm.

ohne zuviel zu verraten, hier ein kleiner blick hinter die produktionskulissen. die vier storys haben eine zentrale stimme, die uns durch das geräusch-feuerwerk ruhig hindurch führt. diese stimme stammt von der schauspielerin und kabarettistin tanja haller. hier ein outtake aus unserer aufnahme im studio des deutschlandfunks in einer einsamen nacht:


tanja haller beim anlegen des haupttexts, episode 2: die sprechende basstrommel

das zweite akustische standbein der horrorgeschichten sind laiensprechern, die ich an einem tag im SWR in baden-baden aufnahm, fast alle sind redaktionsmitglieder in SWR 2. das ist julia im studio, wie sie für episode 3 den soft-jazz haucht:


julia neupert haucht den skat-gesang für episode 3: my favorite things

gestandene redakteure mussten so tun, als stemmten sie klaviere und grunzten wie ein flügel grunzt:


laiensprecher im SWR-studio. der gequälte flügel von episode 1: die qualen des flügels

die kinder von SWR-kollegen spielen die bösen zwillinge in der basstrommel. bei dieser aufnahme war gebannte stille im studio; ich saß mit den kindern (6 und 10) an den mikrofonen; toll, wie sie sprachen:


zwei kinder sprechen die zwillinge in der basstrommel von episode 2

in der mischung aber stellte sich heraus, dass es gar nicht gefährlich klang, sondern sehr lieb und nett. ich habe einen ganzen tag lang herumprobiert, vor allem mit veränderten tonhöhen der kinderstimmen gespielt, um sie für die horrorgeschichten dämonisch klingen zu lassen. zum beispiel mischte ich die originalaufnahme mit sich selbst, aber eine oktave tiefer gestimmt. da war der kinder-effekt weg, es klang wie der teufel persönlich, männlich, erwachsen, mit kindmäßigem oberton. das ging also auch nicht.

am nächsten morgen hatte ich eine idee. griff ich zu melodyne, einer software, mit der ich getrennt tonhöhe und formanten (das ist das tonhöhen-unabhängige merkmal, das eine stimme jung oder älter erscheinen lässt) verstimmen konnte. ich stimmte die kinder ein wenig höher, die formanten aber viel höher. dabei entstanden artefakte, die ich hätte ausbügeln können. ich ließ sie aber stehen. es klang so:


die kinderstimmen, höher und mit artefakten

das sind kinder, definitiv, und irgendetwas stimmt nicht mit ihnen. das macht diese bearbeitung deutlich. bei diesen stimmen gruselt es schon ein bisschen. jetzt ging ich auf die suche nach einem sound effekt, der das unterstreicht.

swinging-horror_absynthkomposition der dramatischen kinderstimmen-musik

als die stimmen standen, ging alles sehr schnell. ich griff zum software-synthesizer absynth und spielte auf dem midi-keyboard, mit massivem einsatz des controlers (also des rädchen links) diesen sound:


mit dem keyboard gespielter effekt

der an die geschlossene psychiatrie erinnernde raumeffekt nennt sich “aetherizer” und ist eine spezialität von absynth. absynth wurde von dem bei paris lebenden amerikaner brian clevinger programmiert. nun legte ich die kinder auf eine andere spur in cubase, dem kompositionsprogramm, spielte den sound effekt quasi synchron dazu. das kam dabei heraus:


ausschnitt: die kinder in der schlussmischung (episode 2)

swinging-horror_wavelab“swingin’ horror”, episode 2, produktionsausschnitt aus der gesamtmontage

julia fotografierte am ende der audio-aufnahmen in baden-baden einen teil des teams. hier der schnappschuss, als alles im kasten war. von links nach rechts: dominik herzog (azubi; er spielt unter anderem tonk, den typen mit der basstrommel in episode 2), michael ostafel (redakteur SWR 2 unterhaltung; er spricht z. b. den jazzflügel in episode 1), reinhard ermen (leitet SWR 2 sinfonie, oper und chor), ich, dann eberhard stett (referenz SWR 2 programmleitung) und rudjard hasel (toningenieur; rudjard spricht in den stücken nichts, denn er bediente das pult):

das schlussteam der aufnahmen im SWR. foto: julia neupert

grooven und falten | deutschlandfunk

Kryptanium-IIII-Winter-Editionkryptanium IIII, winter edition. virtuelles streichinstrument von alonzo of nezborlan

gestern lief im deutschlandfunk, wissenschaft im brennpunkt mein 27-minuten-feature über moderne digitale musikproduktion: → grooven und falten. hier ist eine um 30% längere fassung zu hören, die dem thema vielleicht noch mehr gerecht wird. es gibt nun mal themen, die im rundfunk nach 2 minuten, andere erst nach 2 stunden abgehandelt sind. diese sendung passte gut in den halbstunden-slot von forschung aktuell, aber die 10 minuten längere fassung bringt vielleicht noch den ein oder anderen mehrwert:


“grooven und falten”, 40-minuten version, deutschlandfunk, 16. 11 2014

es geht zunächst um apps zum musikmachen:

maximilian-schönherr-mit-musiksoftware-auf-tablet-computerinteraktives musizieren mit dem tablet-computer. foto: regina arentz

dann aber geht’s ins eingemachte: um neue digitale instrumente, physikalisches modellieren von klängen (und patente, die das verhindern), um die verfeinerte abbildung bekannter instrumente (wie trommeln), den durchbruch des faltungshalls (als hall in realen räumen), um einen paradigmenwechseln bei der 3D-filmproduktion (der sound wird zunehmend story teller), die stagnation bei midi und vor allem um die eins, also den taktanfang. dass das herausfinden der eins aus fertigen kompositionen alles andere als trivial ist, lernte ich erst durch meine gespräche in berlin (native instruments), hamburg (steinberg) und münchen (celemony) kennen. die bahnbrechende neuerung in sachen “eins” kommt aus münchen:

der musiker betritt das studio und sagt, er will heute mal ohne klick (metronom) einspielen, der klick behindere ihn, er hat so ein gefühl von einem tempo im kopf, aber er will sich nicht auf 110 oder 90 oder 133,5 beats per minute (BPM) festlegen. der toningenieur sagt: bist du von allen geistern verlassen? wie sollen wir da später drum-loops draufsetzen?

dieser dialog wird in kürze nicht mehr so ablaufen, weil der musiker durchaus ohne klick einspielen und man das tempo sehr sicher aus dieser aufnahme herausrechnen kann. die nachfolgenden spuren, auch die loops passen sich der dynamischen tempospur an. für laien mag das sehr speziell wirken, es ist aber sehr grundsätzlich. denn die digitale musikproduktion setzt seit den drum machines der 1980er jahre komplett auf einen starren rhythmus. jetzt fällt das diktat des klicks.

im wikipedia-artikel über den → takt ist eine schöne grafik, die diese rasterung des zeitpfeils darstellt:

Metrum-takt-rhythmusdas zeitkontinuum und der takt. grafik: october 26 2009 (ja, so nennt er sich)

von paganini-sülze | zu polnischer avantgarde

Yuka-und-Ayaka-Yamamoto---Raderbergkonzertyuka und ayaka yamamoto im deutschlandfunk gestern (sorry, miserables handyfoto)

gestern spielten im kammermusiksaal des deutschlandfunks die beiden schwestern ayaka und yuka yamamoto an zwei riesenflügeln diverses leichtgängiges (schubert & co.) aus dem 18. und 19. jahrhundert. ich denke mir, es ist ganz schwer, ein stück traditionell für zwei klaviere zu komponieren, ohne dass es herumsülzt. etwas sülzige erste halbzeit also, wenn auch perfekt gespielt von den beiden mädels. → hier ihre bildreiche webseite.

in der zweiten halbzeit dominierte ein bartók, schon allein deswegen eine große schau, weil zwei orchesterdrummer den pianistinnen teilweise die schau stohlen.

für mich (und martin) war aber das eigentliche highlight die bearbeitung des 1820 veröffentlichten capriccios #24 von → niccolò paganini. hier ist es, in einer älteren aufnahme; kann man getrost nach paar sekunden stoppen, weil sich alles wiederholt. es kommt auf das leitthema an.


paganinis capriccio #24. jasha heifetz, violine

irgendwie scheint es das thema für die komponisten des frühen 20. jahrhunderts in sich gehabt zu haben. 1934 schrieb sergej rachmaninow eine “rhapsodie” über diese melodie, in der wikipedia schön ausführlich → hier nachzulesen. und hier in der 1934er-aufnahme mit rachmaninow am klavier nachzuhören. hört sich schon spannender an, wird nach hinten hin aber immer romantischer. schätze, rachmaninow wollte innerlich heimkehren, als ihm die luft ausging.

der ein halbes jahrhundert jüngere pole witold lutosławski kämpfte gegen die romantiker (auch den romantiker in sich selbst) an und arbeitete sich in seiner bearbeitung des paganini-themas weniger an paganini als an dem russen rachmaninow ab: so scheißromantisch wollte er nicht sein. wir fanden das (im zweiten weltkrieg komponierte) stück gestern, als die beiden schwestern es in köln vor vollem saal in ihre beiden pianos hämmerten, spannend. von witold hatten wir vorhier nie was gehört. der mitschnitt wird im DLF am 24.11.2014 um 21.05 uhr gesendet.

noch attraktiver aber ist eine polnische aufnahme von 1994, wo das stück etwas anders aufgeführt wurde, nämlich mit nur einem flügel; die melodie des anderen flügels übernimmt das orchester.


lutosławskis anti-rachmaninow, für klavier und orchester. polnische aufnahme, 1994

mike oldfield mit tränen | BBC fernsehen

tubular-bells-cover-und-noten

bbc 4 sendete dieser tage ein portrait von mike oldfield: → Tubular Bells: The Mike Oldfield Story. [von deutschland aus leider nicht ansehbar, es sei denn man nutzt VPN.] mike oldfield war 16, als er die musik für seine mit 19 veröffentlichte platte “tubular bells” schrieb. [im wikipedia-artikel steht, dass er da 20 war, im film ist aber von 19 die rede.]

man muss dazu wissen, dass die frühen 1970er jahre die zweite aufbruchphase der rockmusik waren; die zweite deswegen, weil man sich anders als zuvor dinge traute, die weit über die komposition und exposition eines songs hinausgingen. die letzten beatles-platten sind prachtbeispiele dafür. die neuerscheinungen waren damals übersichtlich, und mike oldfields verbogenes metallrohr fiel in jeder hinsicht auf. wer das musikmotiv kennt, wird die zeit spüren, aus der es kommt. die schallplatte widersprach drei damals gängigen grundsätzen: sie enthielt ein einziges stück (statt 10), niemand sang, und es spielte kein schlagzeug. dass sie trotzdem veröffentlicht wurde, war mehreren leuten zu verdanken, die dem oft weinenden, depressiven jungen mike hilfe anboten und ihn mit richard “virgin” branson bekannt machten.

der film zeigt prima, dass branson keine ahnung von musik hatte, aber wusste, wie er geld machen konnte: durch gründung eines neuen plattenlabels, eben virgin records. auch wenn er mike oldfields stück für völlig daneben hielt, presste er es als erstes virgin record release.

an der dokumentation ist auch interessant, wie lange es dauerte, bis sich dieses sperrige werk herumsprach. es war schließlich so in aller köpfe, dass es dem regisseur von Der Exorzist (1973) ganz natürlich schien, tubular bells als leitmotiv zu benutzen.

mike oldfield selbst durchlitt in seiner jugend zwei traumata, von denen er sich praktisch nie erholte, ein wenig aber immerhin durch urschreitherapie: den verlust seiner mutter und ein LSD-horrortrip. im nachgang erzählt er in dem film, dass tubular bells dieses lebensgefühl konzentriert darstellte und er später nie etwas so tiefes hat komponieren können.

als ich diesen beitrag auf facebook postete, kam unter anderem die reaktion meines freundes und kollegen christoph w., der die platte damals auch toll fand, jedoch “ummagumma” noch toller. an dieser reaktion sieht man, dass die szene der experimentellen neuen rockmusik damals klein war. denn natürlich kannte jeder, der tubular bells im regal stehen hatte, auch pink floyds damals sensationelle scheibe ummagumma mit einem nicht weniger aufregenden cover:

ummagumma---pink-floyd-covernoch so ein kaliber damals: ummagumma

man könnte jetzt im kollektiven gedächtnis der in den 1950er geborenen weitergehen, dann käme man schnell auf tarkus… auch hier: ein cover, das damals schwerst beeindruckte.

n.b.: der partiturausschnitt oben stammt aus der wikipedia. ein benutzer namens boris fernbacher hat sie erstellt. als ich nachgucken wollte, was er sonst noch macht, stieß ich auf die meldung, dass er aus mehreren gründen gesperrt wurde. nachzulesen → hier.

maschine | ??

was ist denn die maschine, von der im → letzten eintrag die rede war? die ist eigentlich immer gut zu fotografieren, sogar hier bei tageslicht, wenn die bunten tasten blass wirken. wenn ich musik mache, ist das keyboard die absolute #1. aber den rhythmus spiele ich häufig mit #3 ein, eben native instruments’ maschine. das gerät ist vom hersteller nicht für leute wie mich ausgerichtet. ich muss sie laufend reduzieren, ihr alle melodien, basslinien etc. nehmen. nur seltenst nehme ich ein preset mit seiner melodik einfach so her, wie im song zuvor.

maschinenspracheimmer gut im bild: die maschine. foto: m.s./dpa

bleibt natürlich die frage, was ist #2?

maschine mit gesang | lady where

lady-where“old lady with cigarette”. southern philippines 2011. foto: catedral01 (CC)

vier gesangsspuren, aufgenommen mit dem neuen USB-mikro, native instruments’ maschine (eine einzige spur mit rhythmus und bisschen musik), zahlreiche handgemachte remix-effekte in wavelab, das war’s. my little lady where, weil mir nichts besseres einfiel. es ging um die technik.


zwei gesangsspuren, eine maschine, paar effekte: “my little lady where”

mittelmembran-mikro | a cappella-test

AT-2020+audio-technica AT 2020+ USB-mikrofon*

das ist mein zweites USB-mittelmembran-mikrofon mit nierencharakteristik. das vorherige, ein samson meteor, war das erste auf dem markt, das über einen adapter ans iPad passte. weil ich es jetzt an eine talentierte junge sängerin verschenkt habe, probierte ich eine alternative, die doppelt so viel kostet (137 €), wesentlich schwerer ist, mir vom klang her ähnlich vorkommt, nicht ganz so windempfindlich ist, vor allem aber keine hörbare latenz beim abhören mit dem kopfhörer hat.

die a cappella-testaufnahme entstand so: mikro in einen freien PC-USB-port, kopfhörer ins mikro gesteckt, mikro aufs mitgelieferte kleinstativ geschraubt, auf den schreibtisch mitten im büro gestellt, aufnahme mit wavelab. das fenster meines büros war offen, es gibt jede menge hintergrundgeräusche, die mir egal waren, die man in den 20 sekunden eh nur mit fantasie hört.

kann also zum mikro bisher nur sagen: problemlose handhabe, schönes tonspektrum für die stimme. und an iOS und iPad passt’s eh.


a cappella-aufnahme mit obigem mikrofon. 5 spuren


*das foto übrigens mit der → unschärfefunktion der google kamera-app aufgenommen, also mit dem smartphone.