grafik: ms. unter verwendung eines fotos von hairygael (wiki commons)
trailer für die serie
mehr wird noch nicht verraten, denn die serie ist gerade in produktion und startet erst am übernächsten samstag: “die autonomen”, in computer & kommunikation, jeden adventssamstag, 16.30 uhr.
hier ein wenig spektakulärer outtake:
anja jazeschann vor dem sprechen der dritten episode
die letzten wochen beschäftigte mich u. a. eine → vierteilige minihörspielreihe für die jazzredaktion im SWR hörfunk. sie kam so zustande, dass die redakteurin julia neupert eine vor einigen jahren in WDR 3 “tonart” gesendete horrorserie von mir gehört (und damals sogar als moderatorin begleitet) hat und sich das, was ich da für die klassische musik durchexerzierte, für den jazz vorstellen konnte. in “tonart” hieß die reihe “der tote ton“. es sprach julia hummer:
WDR 3/tonart – “der tote ton”, anfang von episode 2: blutiges f-moll
für den jazz dachten julia und ich uns “swingin’ horror” als titel aus. grafisch begleitet wird die am 2. januar 2015, von 20.00 bis 24.00 uhr im rahmen einer gefährlichen jazznacht ausgestrahlte reihe von, wie könnte es anders sein, hans-jörg brehm.
ohne zuviel zu verraten, hier ein kleiner blick hinter die produktionskulissen. die vier storys haben eine zentrale stimme, die uns durch das geräusch-feuerwerk ruhig hindurch führt. diese stimme stammt von der schauspielerin und kabarettistin tanja haller. hier ein outtake aus unserer aufnahme im studio des deutschlandfunks in einer einsamen nacht:
tanja haller beim anlegen des haupttexts, episode 2: die sprechende basstrommel
das zweite akustische standbein der horrorgeschichten sind laiensprechern, die ich an einem tag im SWR in baden-baden aufnahm, fast alle sind redaktionsmitglieder in SWR 2. das ist julia im studio, wie sie für episode 3 den soft-jazz haucht:
julia neupert haucht den skat-gesang für episode 3: my favorite things
gestandene redakteure mussten so tun, als stemmten sie klaviere und grunzten wie ein flügel grunzt:
laiensprecher im SWR-studio. der gequälte flügel von episode 1: die qualen des flügels
die kinder von SWR-kollegen spielen die bösen zwillinge in der basstrommel. bei dieser aufnahme war gebannte stille im studio; ich saß mit den kindern (6 und 10) an den mikrofonen; toll, wie sie sprachen:
zwei kinder sprechen die zwillinge in der basstrommel von episode 2
in der mischung aber stellte sich heraus, dass es gar nicht gefährlich klang, sondern sehr lieb und nett. ich habe einen ganzen tag lang herumprobiert, vor allem mit veränderten tonhöhen der kinderstimmen gespielt, um sie für die horrorgeschichten dämonisch klingen zu lassen. zum beispiel mischte ich die originalaufnahme mit sich selbst, aber eine oktave tiefer gestimmt. da war der kinder-effekt weg, es klang wie der teufel persönlich, männlich, erwachsen, mit kindmäßigem oberton. das ging also auch nicht.
am nächsten morgen hatte ich eine idee. griff ich zu melodyne, einer software, mit der ich getrennt tonhöhe und formanten (das ist das tonhöhen-unabhängige merkmal, das eine stimme jung oder älter erscheinen lässt) verstimmen konnte. ich stimmte die kinder ein wenig höher, die formanten aber viel höher. dabei entstanden artefakte, die ich hätte ausbügeln können. ich ließ sie aber stehen. es klang so:
die kinderstimmen, höher und mit artefakten
das sind kinder, definitiv, und irgendetwas stimmt nicht mit ihnen. das macht diese bearbeitung deutlich. bei diesen stimmen gruselt es schon ein bisschen. jetzt ging ich auf die suche nach einem sound effekt, der das unterstreicht.
komposition der dramatischen kinderstimmen-musik
als die stimmen standen, ging alles sehr schnell. ich griff zum software-synthesizer absynth und spielte auf dem midi-keyboard, mit massivem einsatz des controlers (also des rädchen links) diesen sound:
mit dem keyboard gespielter effekt
der an die geschlossene psychiatrie erinnernde raumeffekt nennt sich “aetherizer” und ist eine spezialität von absynth. absynth wurde von dem bei paris lebenden amerikaner brian clevinger programmiert. nun legte ich die kinder auf eine andere spur in cubase, dem kompositionsprogramm, spielte den sound effekt quasi synchron dazu. das kam dabei heraus:
ausschnitt: die kinder in der schlussmischung (episode 2)
“swingin’ horror”, episode 2, produktionsausschnitt aus der gesamtmontage
julia fotografierte am ende der audio-aufnahmen in baden-baden einen teil des teams. hier der schnappschuss, als alles im kasten war. von links nach rechts: dominik herzog (azubi; er spielt unter anderem tonk, den typen mit der basstrommel in episode 2), michael ostafel (redakteur SWR 2 unterhaltung; er spricht z. b. den jazzflügel in episode 1), reinhard ermen (leitet SWR 2 sinfonie, oper und chor), ich, dann eberhard stett (referenz SWR 2 programmleitung) und rudjard hasel (toningenieur; rudjard spricht in den stücken nichts, denn er bediente das pult):
das schlussteam der aufnahmen im SWR. foto: julia neupert
graf de dion mit seinem heizer im “de dion” dampfwagen – erster in rouen
wir (die redaktion und ich) litten diesmal unter der dünnen, tagesaktuellen nachrichtenlage. die kriege israel/gaza und ostukraine wollten wir nicht aufgreifen; die themen waren überall in anderen medien zu hören. das dramolett soll sich aber, wie die ganze sendung wdr 5/politikum, möglichst stark an den politischen ereignissen des sendetags orientieren. also, was tun?
wir überlegten zusammen, und tamara, meine redakteurin. meinte, das thema “krieg gegen die erde” werde im moment stark diskutiert, nicht zuletzt wegen eines mit “öko-apartheit” titulierten essays der umweltaktivistin vandana shiva. frau shiva schreibt in ihrem ökologisch korrekten aufsatz immer wieder von einer erde, gegen die die menschen krieg führten. als würden sie nicht krieg gegen sich selbst führen! ich baute daraus den text für ein minihörspiel, das bei einem autowettbewerb 1894 startet und dann über die verwendeten fossilen brennstoffe (das dampfauto verbrannte kohle, die eigentlichen sieger des wettbewerbs verbrannten benzin) bei der erde landet.
damit war die aktualität doppelt hergestellt. gestern vor 120 jahren fand das weltweit erste autorennen, zwischen paris und rouen; eigentlich noch kein autorennen im späteren sinn, eher eine zuverlässigkeitsfahrt. der → englische wikipediaartikel dazu ist gut.
ela paul (mit erdball) und hüseyn cirpici (als erde, im wasser)
der dreiminüter lief heute, und meine schauspieler waren – wie schon in einem → früheren stück – ela paul und hüseyin cirpici. im foto oben sind die beiden bei der arbeit an dem stück zu sehen: hüseyin spielt neben der männlichen hauptrolle, dem naiven, umweltbewussten hans, auch die erde. dazu hält er die unterlippe im wasser. im hintergrund hält ela den ball, der einige geräusche der erde unterstreicht. ela spricht die nüchtern-klute weibliche hauptrolle der leni.
hier das stück zum nachhören. die heute gesendete version ist etwa eine minute kürzer.
dramolett “die erde spricht” vom 23. juli 2014
#wen es interessiert – einige details aus der produktion:
für perfekte aufnahmen aller stimmen sorgte die wdr-technikern astrid großmann. sie hatte uns neben den monomikrofonen für die reinen sprachaufnahmen ein stereomikrofon im studio 15 eingerichtet und saß am pult.
so klingt hüseyn cirpici, wenn er mit dem mund in der wasserschüssel die erde spricht. erster versuch:
outtake: die erde spricht (mundgeräusche)
ich nahm, wie immer, die aufnahmen mit in mein büro/studio schnitt und mischte. als nach einigen stunden alles praktisch fertig war, dachte ich: da wäre jetzt zur abrundung eine musik ganz gut. ich habe die musik für eine story meistens im ohr, so auch in diesem fall. warf also cubase an, legte eine spur mit einem stark synthetischen, flächigen sound an (er kam von native instruments’ massive). diese spur hört sich so an:
flächige musik
als ich die musik unter hans’ besorgte monologe legte, funktionierte das bestens. es gab aber einige stellen besonderer dramatik, und für die legte ich eine weitere musikspur an, diesmal mit streichern. sie treten in der schlussmischung stark in den hintergrund, führen aber subtil die melodie. in diesem fall spielte ich im stil richard wagners eine kadenz in f-moll, die sich in halbstönen (von dis über d nach cis) nach unten bewegt. diese streicher klingen solo so:
streicher in f-moll
meine lieblingsstelle in der produktion enthält diese musik. sie klingt ohne musik so:
hans solo; er sorgt sich um die erde.
und so hört sie sich in der schlussmischung an. ich habe den akkordwechsel auf den halbsatz “wenn sie tief aus dem boden ihre kohle sprengen” gelegt; da wird es einem ganz anders vor rührung:
hans sorgt sich um die erde. dramatische musikmischung
musik findet sich an mehreren stellen, auch noch eine etwas dynamischere musik; außerdem vogelzwitschern, um die außenatmosphäre, in der sich das autorennen abspielt, zu unterstreichen. diese atmo ist kaum zu hören, aber sie erdet die schauspieler quasi im “draußen”; denn in der puren studioaufnahme klingen sie so, dass sie überall sein könnten.
ach so: von einem 120 jahre vergangenen auto-happening gibt es natürlich keine tonaufnahmen. deswegen entschied ich mich im studio, dass wir zu dritt (ela, hüseyin und ich) am stereomikrofon die autos, die motoren, die hupen, den wasserdampf mit mundgeräuschen spielen. wir hockten uns dazu auf den boden. es hört sich völlig unprofessionell an, funktoniert aber im kontext der gesamtmischung bestens. hier ein outtake von dieser session:
dramolett outtake: autosounds à la 1884 (mundgeräusche)
wahlzettel der 1949er wahl in aachen – der ersten in der gerade gegründeten bundesrepublik
die wdr5-politikum-redaktion bat mich für den mittwoch um ein tagesaktuelles minihörspiel (“dramolett”) zu den inflationär vielen wahlen dieser tage und speziell dieser woche. beim brainstormen mit tamara aus der redaktion am telefon kam mir ein verwirrter wahlwilliger vor der wahlkabine in den sinn, der ruft: “ich möchte detmold wählen”. warum, weiß ich nicht. weißes rauschen. weil ich mir kein ernstes stück zum thema wahlen in deutschland und in der welt vorstellen konnte, bat ich um die freiheit, eine mischung aus kabarett, klamauk und satire herstellen zu dürfen.
deckblatt des produktionsmanuskripts
der text war innerhalb von zwei stunden fertig, aber ich merkte, dass er so nicht funktioniert, weil es stark auf die sprecher ankommt, wie sie damit umgehen und wie frei sie improvisieren können. in diesem von unserem tontechniker michael verhoeven aufgenommen foto sind sie links von mir zu sehen: volker lippmann und celina engelbrecht:
volker lippmann, celina engelbrecht und ich im studio 22 des wdr
der erste durchgang, den wir aufnahmen, war mäßig skurril und lustig, was nicht an den schauspielern lag, sondern an meinem text. der zweite durchgang, bei dem ich mehr kindisch-sein bat, war schon einigermaßen rund. dann bat ich die schauspieler, ihre texte wegzulegen und die szene frei zu improvisieren.
outtake aus dem ersten, frei improvisierten durchgang
wir machten das zweimal, und dann hatte ich genug material, zu mischen. ich nahm die datei auf stick in meim büro/studio, und die fertige mischung ist hier:
das war ein vergüngen, aufzunehmen und zu mischen: zwei junge leute sitzen auf einer schweizer bergspitze und unterhalten sich über die tagespolitik. da spricht der herr zu ihnen, sie mögen doch nicht so naiv sein. das eigentliche, so gott, stecke in den wolken: waffen und kapitel werden jenseits aller demokratischen entscheidungsprozesse über unsere köpfen hinweg verschoben; wir haben darauf keinerlei einfluss und arbeiten uns stattdessen an der tagespolitik ab. der dreiminüter lief heute, 29. januar 2014, in wdr 5/politikum. gott (eckhard leue) spricht zu death metal-musik von morbid angel, leni und hans sind ela paul und hüseyin cirpici. (foto oben)
hier das stück zum nachhören. hoffe, es geht niemandem zu schnell. ach so: die sendung verlangt fürs dramolett immer einen möglichst tagesaktuellen aufhänger. heute gab’s mehrere, u. a. veröffentlichte die deutsche bank zahlen, und die eu-kommission sagte was zur bankenregulierung.
paar produktionstechnische details, wenn’s jemanden interessiert: wir nahmen im wdr-studio 64 gott getrennt von leni und hans auf. das hatte den einfachen grund, dass eckhard leue seinen text zur musik, die er im kopfhörer hörte, skandieren musste; das erforderte besondere konzentration. als wir damit fertig waren, nach etwa 20 minuten, setzten sich ela und hüseyin einander gegenüber ins studio, jeder vor ein monomikrofon. ich saß mit im studio, also nicht im regieraum, um für die dialoge des pärchens die einwürfe gotts zu mimen. nach einem halben durchgang bat ich hüseyin, seine rolle von ernst und sicher auf naiv und unsicher zu ändern. ab da hatte hans die helle und leicht hysterische stimme, die in dem stück zu hören ist.
ich nahm die aufnahmen – drei für die drei rollen – als wav-dateien auf usb-stick in mein büro/studio. dort schnitt ich die takes, legte hans und leni leicht rechts/links, gab gott eine saftige kompression, damit er sich gegen die musik durchsetzen konnte, filterte ein wenig, unterlegte eine sehr dezente alpen-atmo und, etwas jahreszeitenfremd, aber als klischee erlaubt, zwei drei mal ganz im hintergrund kuhglocken. als special effect kam am schluss noch ein hall auf gott’s seid “furchtbar” und mehret euch. dann wurde das stück gedithert und gerendert, zum wdr-server in etwa 20 sekunden überspielt und einige stunden später gesendet.
aufwand: nicht kalkulierbar war die ideenfindung. die idee war irgendwann, als ich über etwas ganz anderes nachdachte, in meinem kopf. ein längeres gespräch mit der schauspielerin tanja haller paar tage zuvor spielte sicherlich auch eine rolle. die szene selbst schrieb ich in etwa einer stunde. die redaktion merkte noch einige kleinere änderungen an, die alle sinn machten. dann suchte ich mit dem sprecherdisponenten im wdr-hörfunk die sprecher aus. die sprecheraufnahme selbst dauerte eine stunde, schnitt und mischung etwa drei stunden. kleinarbeit, wie gema-meldung, schlussmanuskript, nochmal eine stunde.