bisschen drunter dieses stellengesuch (“wanted”):
und zwei seiten weiter, nämlich auf seite 3 von 4, dieses kochrezept:
bisschen drunter dieses stellengesuch (“wanted”):
und zwei seiten weiter, nämlich auf seite 3 von 4, dieses kochrezept:
im journalismus (mal von dem in bestimmten ländern üblichen abgesehen) gilt die trennung von werbung und inhalt als anstand. wenn ich in einer fachzeitschrift über audiotechnik die rezension eines mikrofons lese und auf derselben seite eine werbung des mikrofonherstellers prangt, ist das ein zeichen, dass es der zeitschrift ganz ganz schlecht geht und sie ihre hehren vorsätze, inhalt von werbung zu trennen, nicht mehr einhalten kann.
die süddeutsche zeitung, die ich heutemorgen im café quer durchblätterte, zeigt mir kurz danach online im meist genutzten browser namens firefox keinen inhalt, der mit werbung garniert ist, sondern eine werbung, in der sich paar zeilen redaktionellen inhalts einschleichen. außerdem zerbrach die werbung beim aufrufen der seite. in der sprache der online-redaktionen heißt das: browserkompatiblität nicht überprüft. note 5, setzen!
wenn man die seite nach redaktionell (grün), symbolfoto (lila) und werbung (blau) aufteilt, nimmt die werbung 50%, das symbolfoto 40% und der redaktionelle inhalt 10% ein.
es ist nicht das erste mal, dass gerade die (krass gewachsene) SZ online redaktion mist baut. zuletzt fiel mir die → inkompatibilität der typografie mit dem apple-browser safari und der iOS 11 public beta-version auf:
webseite der SZ am 22.3.2017 nachmittags
ein typisches beispiel, wie sich werbealgorithmen vergaloppieren, zumindest in bestimmten browsern, wie hier in firefox bei deaktiviertem adblocker. die top-meldung ist eigentlich ein anschlag auf einen wachmann in london/westminister. umrahmt und gestört wird der artikel aber von einer werbung von hyundai, die mit “change is good” und einem super angebot wirbt. jetzt kann man auf den blauen “mehr erfahren”-knopf klicken und kommt dann vielleicht über doubleclick zu hyundai, oder auf den kleinen, fast unsichtbaren knopf rechts darunter?
was anzeige und was redaktionelles bild ist, vermischt sich hier. man kann die schlagzeile so lesen: change is good, wenn vor einem roten doppeldeckerbus zwei polizisten sich nett unterhalten. daneben dann eine bizarr auffällig weiß auf schwarze leiste, die mit der top-meldung anfängt, dass der campus in oberschleißheim ausgebaut wird.
auf dieser seite führt praktisch jeder klick in eine falle. man sollte sie so sehen wie hier, als kunstwerk.
eine halbe stunden später wird die seite dann richtig zynisch:
ich kenne → thomas gottschalk flüchtig aus meinen BR-zeiten. zwei abteilungen, die sich respektvoll distanziert gegenüberstanden und gelegentlich im aufzug und in der kantine sahen: die leichte unterhaltungswelle B3 (→ gottschalk, → jauch, → egner…) und der politisch widerborstige B2 zündfunk (lindenmayer, → riederer, → kastan, kick, angerer, → bruckmaier, → kapfer…). auf B3 liefen die charts, gottschalk machte witze wie: “bei der geschlossenen schneedecke können Sie wenigstens nicht durchfallen”. wir im zündfunk stellten den punk und den metal vor, besuchten besetzte häuser und ließen jusos live gegen rechte socken antreten. 1980er jahre.
gottschalks fernsehkarriere ist zwiespältig. seine talkshows waren alle flops, weil er einfach keine interviews führen kann, oder anders ausgedrückt: weil er kein journalist ist, ganz im gegenteil zum beispiel zu einer ebenfalls zündfunk-kollegin → sandra maischberger. wetten dass dagegen war ideal für ihn, weil hier ein schön unpolitischer sunny boy den liebsten fernsehschwiegersohn für das etwas ältere samstagabendpublikum spielen konnte. genommen spielte er den nicht, er war und ist so.
wenn jemand finanziell so gut dasteht, wundert es mich, dass er in die unterste werbeschublade greift und sich vor ein möbelhaus spannen lässt, nur um noch paar euro zu verdienen. im goldjäckchen. sorry, thomas, schmieriger geht’s nicht.
divx 10 halst uns unangenehmes auf…
… wenn wir nicht nein sagen, genau genommen drei mal. das erste fenster will drei komponenten installieren (okay), aber auch ein icon auf dem desktop platzieren.
das ist unnötig. die meisten nutzen divx als plug-in, das sich sozusagen selbst aufruft. das zweite fenster möchte ein programm installieren, das angeblich die geschwindigkeit des PC verbessert. solch einen scheiß sollten man ohne nachzudenken ablehnen.
das dritte fenster möchte dann auf fotos etc. zugreifen, um sie zu “sharen”. geht’s noch? auf jeden fall auch ablehnen!
selbst nach abgeschlossener installation nervt divx weiter herum, möchte einem den newsletter schicken, was ins datenschutzdeutsch übersetzt heißt: wir hätten gern Deine email-adresse! und schließlich öffnet die installation ungefragt ein browserfenster mit weiterer werbung.
der divx-player ist seit beginn an ein nützliches ding, um videos abzuspielen und zu codieren. klar möchte die firma, die das produkt vertreibt (sie hat mehrfach gewechselt), was damit verdienen, indem sie “partner” in den installationsprozess einbindet. wir müssen diese partner aber nicht akzeptieren. schäbig ist, dass die installation uns dreimal opt-outs vorschreibt, das heißt, wir müssen explizit dreimal nein sagen.
wenn ich sowas sehe, kriege ich das heulen und zähneknirschen: die ganzen tage zerrte → java mit einer meldung auf meinem PC herum, ich möge ein update installieren. ich mag java-updates nicht, die erfahrung war → bisher nie angenehm, aber an java kommt man nach wie vor nicht herum, und wenn das schon so ist, dann muss man aktuell bleiben. die installation gestern verlief anders als bisher friedlich, ich wurde nicht aufgefordert, irgend ein plug-in oder sonstigen mist zu installieren. beim neustart des rechners aber hatte yahoo sich die startseite meines standardbrowsers unter den nagel gerissen (kann man über die einstellungen wieder abstellen) und war noch dazu so dreist, mir ein browser-add-on zu installieren. diese zusätzlichen wasauchimmers sind in der regel schwer zu entfernen.
oops, erst später gesehen: yahoo hat sich auch als standardsuchmaschine eingenistet. muss man ebenfalls über die einstellungen wieder händisch ändern.
ich werde das jetzt mal dem verbraucherschutz melden, weil java-vertreiber oracle hier jede transparenz vermissen lässt, und der übergriff nicht einmal ein opt-out erlaubt, geschweige ein opt-in – und damit gegen das gesetz gegen unlauteren wettbewerb verstößt.
blöd gelaufen, unser tag wurde gelöscht.
an diesem beispiel sieht man, was für ein schwachsinn täglich dutzendfach auf die wikipedia einprasselt: “unser tag” ist irgend ein musiktitel irgendeiner schlagermieze, von deren neuem album, das in den schlagermiezencharts zwei tage auf platz 1 war. der artikel wurde nach einer woche gelöscht. es gibt natürlich einen ausführlichen artikel über helene fischer, die das singt, und auch einen über das album, und vier über vier titel des albums. “unser tag” war der versuch, einem weiteren schlager einen eigenen wikipediaartikel zu spenden.
eine neue webseite namens trackography.org versucht, die datenströme darzustellen, die wir verursachen, wenn wir zum beispiel den tagesspiegel lesen. [ich lese ihn praktisch nie, aber das heißt nichts.] damit sich die webseite (der zeitung) einigermaßen rechnet, muss sie werbung platzieren. dazu wird das surf-verhalten der besucher analysiert. das geht mit “trackern” – einer komplexen maschinerie, die in gang gesetzt wird, nur wenn wir eben mal einen artikel auf einer webseite lesen.
in der grafik oben, die trackography.org ausspuckt, wenn wir deutschland als start festlegen, sehen wir viele rote linien (die der tracker; fast alle gehen irgendwie auch über die USA ganz links) und eine blaue linie: die zeigt an, wie wir von deutschland aus in die weite welt hinaussurfen, nämlich über einen “backbone” in den niederlanden. die tracker, die beim lesen des tagesspiegels im spiel sind, sind reich an der zahl. mich wundert, dass zwar adspirit und akamai dabei sind, aber nicht doubleclick. kann sein, dass das in den google-traffic eingerechnet wurde.
ausgesprochen bescheiden geht es beim NDR zu, um ein beispiel aus einer nicht-kommerziellen ecke zu wählen:
auch hier sehen wir wieder den kontakt zum backbone (blau), und nur ein tracker ist – über dieselbe landesgrenze – im spiel, nämlich comscore. bei anderen ARD-sendern ist es ähnlich oder mehr.
trackography wird von einem internationalen team mit adresse in berlin betrieben, das sich dem thema des privaten surfens verschrieben hat: tactical technology collective. man empfiehlt als plug-in für den browser den “privacy badger” der ehrenwerten electronic frontier foundation. der badger (dachs, vielleicht der dachs, der die bremskabel abnagt?) unterbindet große teile von trackern. wenn das surfen dadurch beeinträchtigt wird, etwa beim nutzen der seite trackography.org (die ja trackerwege aufspürt, also tracken muss), kann man den privacy badger so trainieren, dass er bei bestimmten seiten stillhält. es gibt in den einstellungen sogar schieberegler, wie wichtig einem bestimmte tracker sind, damit die seite überhaupt funktioniert.
die tracking-diagnose ist kostenlos, aber hat ihren preis: das browsen wird deutlich langsamer.
bekanntlich kämpfen die traditionellen print-unternehmen ums überleben. das führt in vielen fällen (wie → diesem bei der zeitschrift focus etwa) zu erschreckenden eingriffen in die inhalte, wie hier zum beispiel bei der kulturzeitschrift cicero:
falsch verstandenes webdesign bei cicero
als ich → amelies kolumne lesen wollte, tat sich also eine baustelle auf, die ich nicht erwartet hatte. die webseite (screenshot oben) ist umgeben von einem roten rand. es handelt sich dabei um eine voll gesättigte, rein rote farbe (code ff0000). diese farbe ist, wie auch das reine gelb oder grün, im webdesign tabu. sie tut dem auge weh.
oben links machen sich farb-inkonsistenzen bemerkbar: die farbe des cicero schriftzugs, des webseiten-rands und der sparkassen-werbung passen nicht zusammen. früher hätte man gesagt, sie beißen sich. unten in der testabo-werbung, sind zwei weitere rot-typen zu sehen. ich würde einem webdesigner, der das verantwortet sagen, gehe zurück auf los, ziehe keine 200 € ein.
der rechte rand der webseite zeigt zahlreiche in schneller folge wechselnde schwarzweißfotos. ich weiß nicht, was die mir sagen wollen, ich weiß nicht, ob sie redaktionell eingesetzt wurden oder teil der sparkassen-werbung sind. wenn man mit dem mauszeiger über diese leiste fährt (ohne zu klicken), verbreitert sie sich richtung bildmitte. um diese weitere störung beim betrachten der webseite zu umgehen, muss man mit der maus umwege machen, also zum beispiel von oben rechts vertikal nach unten, dann einen weiten bogen nach links und wieder hoch zum text fahren. webseiten, die dem besucher solche widerspenstigkeiten aufnötigen, gelten als schwer defizitär.
die bildmitte, die eigentlich für den inhalt frei sein sollte, ist mit einer langen kolonne untereinander positionierten werbungen bestückt, vorwiegend eigenwerbung.
interessanter nebeneffekt, der viele zeitungsauftritte online betrifft: werbung wird heutzutage negativ konnotiert, das inhaltsverzeichnis aber positiv. wie unterschiedet sich das eine vom anderen? hier jedenfalls unterscheidet es sich nicht: das inhaltsverzeichnis tarnt sich als eigenwerbung. das nennt man: der schuss geht nach hinten los.
im screenshot oben sieht man in der unteren bildmitte schmal das wort “Anzeige”. etwas nach unten gescrollt, sieht diese zwischen die eigenwerbung platzierte fremdwerbung so aus:
werbung im mittleren bildbereich, originalgröße, rechte maustaste: adspirit.de
wofür auch immer diese anzeige wirbt (ein buch, ein hörbuch, ein video, eine webseite?), die rechte maustaste verrät es nicht, sondern sie verrät: “Powered by AdSpirit.de Version 12.1”, und sie ist mit adobe flash programmiert, einer veralteten, auf iOS-geräten längst nicht mehr sichtbaren technologie für bewegtbild. adspirit ist eine in berlin beheimatete firma, die nichts böses macht, aber für alle lästig ist, weil sie nämlich gegen geld die auslieferung von werbung auf den seiten der kunden (hier: cicero) misst und verwaltet.
diese “messung und verwaltung” ist ein kapital der entfremdung. es erzeugt eine binnenwährung, die zum dem werbekunden (hier: weltkrieg wasauchimmer) vorrechnet: bei cicero kostet die werbung so und so viel. je mehr besucher hierher kommen, da oder dort klicken, so viele sekunden verweilen und dann wohin gehen, desto teurer. sollen verlag und adspirit das doch bitte hinter den kulissen verhandeln; ich als besucher der seite möchte all das nicht sehen.
adspirit gehört zur online-werbebranche (ich nenne sie gern “google-sklaven”), präsentiert sich aber auf seiner eigenen webseite mit einem etwas platteren als dem in der werbebranche üblichen blaba. der text klingt eher nach staubsaugervertreter von 1959, mit vokabluar von 2009 (also nicht uninteressant für eine kulturzeitschrift):
… ist ein AdServing-System, ein professioneller Adserver … flexibel … ermöglicht sehr effizientes AdManagement … speziell für die Bedürfnisse von Publishern & Verlagen, Onlinevermarktern & Networks sowie Advertisern & Agenturen konzipiert … Platzierung von Onlinewerbung. Kampagnen … einfach gebucht, automatisch ausgeliefert und vom System optimiert werden … alle modernen Werbemittelformate nutzen, völlig egal, ob es sich um Banner (GIF, JPG, Flash), HTML-Werbemittel (inklusive IFrames, Fremdscripts), Popup/Popunder, Layer, Video-Ads oder diverse Sonderwerbeformen handelt … Displayadvertising, Mobile, Video, SEM, Newsletter oder Affiliate – sämtliche Arten von Kampagnen …
wenig später, als hätte mein browser meine gedanken gelesen, sah ich anstelle der weltkriegs-werbung das:
flash abgestürzt, werbung nicht mehr zu sehen
die rechte maustaste (die ja leider auf iPads & co. nicht geht) ist ein privileg des PCs. bei den meisten browsern kann man über die rechte maustaste einzelne “elemente untersuchen” oder sich den “quelltext der seite” anzeigen lassen. letzterer ist erstaunlich lang für eine seite, die eigentlich nur ein paar zeilen feuilletontext featuren soll, nämlich die kolumne von amelie: 1336 zeilen! diese 1336 Zeilen quellcode enthalten die html-befehle für die seite, also was die seite zeigt und wie sie auf maus- und klicktätigkeiten des besuchers reagiert. vieles davon ist selbstreferenziell: so kommt allein der begriff des “rasens” aus amelies text 39 mal vor, meist in form von links. der werbepusher adspirit treibt sich querbeet im quellcode herum. und wenn ich die Anschläge zusammenrechne: von den insgesamt 70.000 zeichen im quellcode nimmt amelies eigentlicher text nur 2.100 zeichen ein. das sind 3%.
der quellcode der webseite enthält 30.000 zeichen. hier markiert der reine text von amelie (2.100 zeichen, 3%)
warum der quellcode abfragt, wohin der besucher geht, was er während des seitenbesuchs herunterlädt etc. ist auch interessant. angeblich dient das der statistik-krake von google, googleanalytics, zu untersuchen, ob der anwender bösartige dateien herunterlädt oder zum beispiel einem torrent-link (tauschbörse) folgt.
unterm strich: amelies text, wegen dem ich auf die seite kam, nimmt in dieser ansicht etwa 10% der webseite ein. selbst wenn man sich nicht weiter von den fehlfarben und dem flash-gezapple stören lässt, blockiert einem der untere balken (eigenwerbung für ein test-abo, rundes signet in rot) für immer die sicht; er verschwindet, fett und breit wie er ist, beim scrollen nach unten nicht.
heute lese ich nicht weiter, sorry cicero.
ps. wer sich das antun will, → hier ist der link zu der oben besprochenen webseite
auch darauf stieß ich gestern in der uni-bibliothek von köln. eine festschrift zu einer tagung des zeitungs-verlags über die bedeutung der reklame. hier das cover und eine werbung für die hygiene-ausstellung in dresden 1930 aus demselben heft.
festschrift, dreisprachig, zum reklamekongress 1929 in berlin. titelblatt
reklame für die hygiene-ausstellung in dresden im oktober 1930 im selben heft
zeit, die screenshots der fußballweltmeisterzeiten auszumisten. hier drei von bild.de. links: nach dem spiel gegen brasilien “und jetzt her mit holland! 7:0”. mitte: “da bist du ja endlich!” unmittelbar nach dem gewonnen endspiel (nicht gegen holland, sondern gegen argentinien). und die kollektive freude nutzt die bildzeitung aus, indem sie nebenbei “Ihren Standort in Erfahrung bringen […] möchte” (rechts). besoffen vor glück gibt man den dann schon mal fahrlässig frei.
heute wollte ich einem in der wikipedia angegebenen link zu einem artikel in der zeitschrift focus folgen, in dem es um die 68er-bewegung ging. auf meinem tablet-computer poppten unmittelbar, nachdem sich die seite öffnete, zwei fenster auf und legten sich quer über den text. weil rechts und links eh schon werbung platziert war, sah die webseite dann so aus:
webseite von focus.de beim aufruf eines artikels: 90% der fläche nimmt werbung ein.
von der ästhetik ganz abgesehen (hier konkurrieren unangenehm nahe beieinander liegende rottöne sowie uneinheitlich angeordnete und skalierte teilfenster), muss sich eine zeitschriftenredaktion die frage gefallen lassen, warum ihr der inhalt so unwichtig ist, dass nur das skelett davon übrig bleibt:
man bekommt die drüberliegenden fenster natürlich weg, aber beim unteren fenster, dem mit dem pfeil, muss man sich genau überlegen, wohin man klickt:
worauf sollte man am besten klicken, um dieses pop-up-fenster wieder loszuwerden?
werbung wegzuklicken bedeutet: man klickt. das bringt dem verlag “klicks”, und klicks sind die währung, mit der er der werbeindustrie belegt, wie begehrt seine seite ist.
bei dem oben abgebildeten fenster sehen wir drei farben. auf rotem untergrund steht weißer text mit wechselnder typografie, z. b. suggestiven großbuchstaben “KLICKEN SIE AUF”. die dritte farbe ist das facebook-blau. das fenster besitzt kein x oben rechts, um es zu schließen. die rote fläche ist hochgradig klicksensitiv, das heißt, wenn man nicht genau klickt, wird der link zu facebook bedient. die klickfläche dagegen, mit der man aus dem schlamassel wieder herauskommt, ist klein gehalten: man muss den äußerst unteren rand treffen: “Nein, ich möchte kein Facebook-Fan werden”. dabei war das gar keine frage, die sich stellte. die frage lautet: wollen Sie diesem fenster weiter folgen oder es schließen? stattdessen steht hier: wollen Sie auf facebook focus-freund werden oder wollen Sie gar kein facebook-fan werden?
das ist ungefähr so, als würde jemand mein haus verlassen wollen, aber statt ihm die tür zu öffnen, verwickle ich ihn in ein gespräch, was mit dem rausgehen gar nichts zu tun hat. geht’s noch plumper?
ästhetisch, werbetechnisch und verbraucherschutzmäßig ist so etwas ein debakel.
der heutige guardian weist auf den werbefilm eines dänischen reiseveranstalters hin, der mit der sinkenden geburtenrate des landes spielt. der deal geht so:
“do it for denmark”: das hotelzimmer, wo sie gezeugt wurde. aus dem werbefilm von spies rejser
der werbeclip zeigt eine blonde dänin, die mit ihrem freund das hotelzimmer in paris aufsucht, wo sie gezeugt wurde – also auf einer urlaubsreise (bild oben). damit nimmt die handlung ihren lauf. dazwischen ein paar statistiken, etwa die, dass dänen im urlaub ungefähr 50% mehr sex haben als zuhause und dass man die rate von 10% im urlaub gezeugten kindern noch steigern kann – indem man bei dem reiseveranstalter bucht.
ich erinnere mich an den rückflug von gran canaria vor einigen jahren. ich hatte da mit freunden und kindern familienurlaub gemacht. ich fragte den etwa 25jährigen, leicht restalkoholisierten mann neben mir im flugzeug, was er so unternommen hat. er antwortete:
– “na das, was man halt im urlaub so macht. f**ken.”
– “wen denn? deine freundin?”
– “hab keine freundin. mach canaria fliegst du zum herumf**ken und saufen, wozu sonst?
– “das heißt”, fragte ich, “du warst mit der ein oder anderen frau hier im flugzeug im bett?”
– “klar.”
– “mit welcher den zum beispiel?”
– “ach, daran kann ich mich nicht erinnern. und die sich bestimmt auch nicht. wir waren eine woche lang total besoffen.”
die startseite des kölner stadtanzeigers bot mir, quasi nebenbei, vorhin an, einen für mich vielleicht “auch interessanten” artikel zu lesen, nämlich über eine frau, die auf der A3 überfahren wurde. das ist makaber und das gegenteil des semantischen web, wo inhalte aufeinander abgestimmt sind, nicht nur mögliche schlagworte oder zeitstempel.
der kölner stadtanzeiger bietet mir am abend des 8. märz 2014 beim lesen der startseite an, doch noch diesen artikel anzuklicken.
und wenn wir schon dabei sind, uns das kleine pop-up-fenster unter die lupe zu nehmen: es bietet auf der komplett in deutscher sprache gehaltenen seite keinen “schließen”, sondern einen “close”-knopf an. und darunter steht dann noch “powered by plista”. amerikanische firma, die da auf der deutschen zeitung “powert”? nein, plista ist ein mittelständisches berliner unternehmen, das auf die schaltung von werbung auf webseiten spezialisiert ist – wie viele andere. ein angebot nennt sich “recommendation ad” – warum eigentlich nicht “empfehlungs-werbeanzeige”? der schwere unfall ist eine solche.
achso: plista möchte gern grafiken einblenden, die mein firefox-browser mit einem “ad-blocker” ausblendet. weil die werbenden diese technik gut kennen, warnen sie gern davor, diese art der unterlaufung einzusetzen. plista empfiehlt mir dummdreist, rosa unterlegt, ganz oben auf der seite, mit zwei satzzeichenfehlern und einem rechtschreibfehler: “Sie haben derzeit [ein plug-in, das werbung blockiert] aktivert, zur fehlerfreien Anzeige dieser Seite wird empfohlen dieses temporär zu deaktivieren.”
und nochwas: plistas kontaktadresse ist eine frau klette, die auf der homepage der firma nicht “empfangsdame” oder “anlaufperson für alle angelegenheiten” heißt, sondern “Front Office Manager”. wie wär’s am tag der frauen mit “managerin”?
öfter treten leute an mich heran und sagen: “kannst nicht über mich mal einen wikipediaartikel schreiben? ich zahle auch gern dafür.”
ich lehnte immer ab.
bezahltes schreiben für die wikipedia ist ein komplexes und weites feld. es wimmelt von artikeln, hinter denen offenbar firmen oder einzelinteressen stehen. sie verstoßen gegen ein grundprinzip der wikipedia, nämlich das des neutralen standpunkts. als ich diesen artikel las – er ist gerade neu in der wikipedia aufgetaucht -, dachte ich: reine werbung für den verlag dtv. wozu braucht die wikipedia einen eigenen artikel für ein buch, dessen bedeutung alles andere als besonders ist?
Erwartung: Der Marko-Effekt (im dänischen Original: Marco effekten) ist ein Thriller des dänischen Schriftstellers Jussi Adler-Olsen, der am 6. Dezember 2012 in Dänemark erschien. Am 13. September 2013 kam der Roman auch auf Deutsch heraus. Der Thriller ist das fünfte Buch rund um das Sonderdezernat Q mit Carl Mørck.
Handlung
Der fünfzehnjährige Marko lebt in einem Clan, dessen Anführer Zola heißt. Von diesem werden sie zur Kriminalität getrieben.* Eines Tages flieht Marko und findet in der Nähe von Zolas Wohnung eine Männerleiche. Das Sonderdezernat Q mit Karl Mørck, Assad, Rose und Gordon, der neu zum Team gestoßen ist, macht sich auf die Suche nach dem Mörder.
Weblinks
– Leseprobe auf der Webseite des dtv
Einzelnachweise
– Erwartung auf der Webseite des dtv. Abgerufen am 10. September 2013.
obwohl es diesen artikel erst wenige tage in der wikipedia gibt, liegt er bei der google-suche nach dem ausdruck “erwartung roman” bereits auf dem zweiten platz. (auf dem ersten platz ist ein ähnlich klingender roman von charles dickens.) der verlag dtv taucht erst an 82. stelle auf, und dort nicht einmal selbst, sondern in einer rezension eines bloggers.
die wikipedia hat interne regularien, auf die man sich, zum beispiel bei einem streit, berufen, die man aber auch nach ausreichender diskussion ändern kann. die regularien, nach denen artikel über einzelne bücher zulässig sind, haben einige schwachpunkte, der schwächste aber ist der hier:
“Das Werk repräsentiert eine wesentliche Etappe, eine neue Entwicklung oder einen besonderen Publikumserfolg im Gesamtwerk des Autors.”
dieses kriterium reicht aus, um über fast jedes buch einen wikipediaartikel zu schreiben.
mit anderen worten: hier schiebt sich eine industrie in ein seriös wirkendes medium und nutzt es als vehikel, aufmerksamkeit und den anschein von seriosität zu bekommen.
nachtrag: ich habe einen tag später den initiator des artikels kontaktiert und den artikel auf ein minimum skelettiert.
*der artikeltext macht sich selbst in einzelnen formulierungen zum handlanger des verlags. im text heißt es:
Der fünfzehnjährige Marko lebt in einem Clan, dessen Anführer Zola heißt. Von diesem werden sie zur Kriminalität getrieben.
der klappentext des verlags lautet:
Marco ist fünfzehn und hasst sein Leben in einem Clan, dessen Mitglieder von ihrem gewalttätigen und zynischen Anführer Zola in die Kriminalität gezwungen werden.