shift escape | in chrome

FranklinTypeWritingMachine_Patent1891franklin typewriter, patentschrift vom januar 1891. die zwei ovalen weißen tasten L und N sind die hochstelltasten (shift keys)

shift ist eigentlich nur ein umschalter (hochstelltaste genannt, tolles deutsches wort!), den es schon bei schreibmaschinen gab; escape dagegen – die flucht, das entkommen – ist eine erfindung der IT, um aus einem loop herauszukommen, also zum beispiel aus einer programmierschleife, bei der der programmierer vergessen hatte, den ausstieg einzubauen.

ich stieß heute über einen artikel im englischen telegraph auf shift-escape. wenn man im zurzeit meist verbreiteten browser, nämlich google chrome, shift und esc drückt, bringt chrome ein kleines taskmanager-fenster auf den bildschirm, wo man die einzelnen in chrome laufenden prozesse, tabs, fenster betrachten und bei bedarf abschießen kann. im bild unten könnte ich das z. b. tun, wenn die facebook-seite hängt, ich aber nicht alle anderen tabs schließen will.

chromeTasksim chrome-browser öffnet die tastenkombination shift-esc einen taskmananger.

ein ship, das kein schiff ist | und die zeit, die saugt

oxforddictionaries---ship-1

in den oxforddictionaries finden sich immer mehr wörter aus der umgangssprache. ship zum beispiel wird häufig als abkürzung für relationship, also beziehung gebraucht, vor allem von serien- und filmfans. beispiel:

I’m still shipping for Edward/Hermione

zu deutsch: ich bin immer noch dafür, dass sich [in harry potter] edward und hermoine kriegen.

anderes wort, neu im dictionary der englischen sprache: time suck. bedeutet zeitverschwender, ist also ein substantiv. beispiel:

the Internet can be a colossal time suck.

die skin

weil ich mich gern mit ”themes” beschäftigte, neudeutsch für die grafische benutzerschnittstelle eines wordpress-blogs oder eines smartphone-bildschirms, fand ich in der wikipedia den etwas dürftigen und hölzern formulierten artikel über skin (computer), formulierte ihn etwas um und stolperte dabei über das erste wort: “Der Skin”. warum nicht “Die Skin”, wegen “der Haut” = weiblich? die meisten wörterbucheinträge gaben mir recht, also schrieb ich auch das um.

dieSkin“die skin” in der encyclopædica britannica

nur ein link trog: der bei der britannica. mehr will ich eigentlich gar nicht verraten. enjoy!

MEGO | trübe augen

MEGO_painted_by_MS.jpgMEGO ist ein aus dem englischen kommendes, mindestens 30 jahre altes akronym aus “my eyes glaze over”. deutsch etwa: mein blick schwebt drüber hinweg, wird gläsern, die augen trübe.

der term ist, wie ich der april 2014-ausgabe von wired.com entnehme (coal is mego), zwar noch gebräuchlich, muss aber vom autor des artikels, charles c. mann, erklärt werden.

coal_is_MEGO

während mann MEGO im kontext eines für den betrachter zu schwierigen texts sieht, verstehen andere MEGO als “so öde, dass man wegdriftet”. ein vortrag kann also leicht MEGO werden, besonders wenn er kurz vor dem lunch stattfindet.

journalistische leitfäden warnen vor MEGOs im text; sinngemäß: meide ausdrücke, die dem leser so viel respekt einflößen, dass bei ihm MEGO einsetzt.

stern-kolumne mit wackligem einstieg

über die empfehlung einer facebook-freundin kam ich zu der kolumne im STERN von Meike Winnemuth. in der sie weibliche körperteile beschreibt, die unter schönheitsdruck kommen. die side boobs gehören dazu ebenso wie die bingo wings. was kolumnisten brauchen (und ich spreche hier auch von mir selbst), ist ein schmackiger einstieg. winnemuth nutzt dafür ein, wie sie sagt, erst kürzlich entdecktes körperteil, nämlich ein bändchen an der seite des knies:

Neulich wurde von belgischen Chirurgen ein brandneues Körperteil namens Anterolaterales Ligament entdeckt, ein Band, das an der Außenseite des Knies für Stabilität sorgt. Das klingt doch auf Anhieb ziemlich nützlich für Fußballer, Teilnehmer bei “Let’s Dance” und andere tragende Säulen unserer Gesellschaft. Um so verblüffender ist es, dass dieses schlecht versteckte, weil immerhin außen liegende Bändchen in vier bis fünf Jahrtausenden Medizingeschichte völlig unbekannt geblieben ist, obwohl doch gefühlt jedes fünfte Männerknie schon mal nach einem obligatorischen Freizeitkicker-Kreuzbandriss aufgeschlitzt worden ist. (Meike Winnemuth im Stern vom 24. November 2013)

wer so etwas liest, wird am nächsten tag beim joggen an dieses bändchen denken, und im büro oder in der schule auch, wenn über fußball oder bergwandern gesprochen wird; er (oder sie) wird denken, wie blöd doch die wissenschaft ist, dass sie mit all ihren CTs und MRTs erst jetzt dieses band sieht!

PaulSegondPaul Segond

aber es ist grundsätzlich falsch. denn das anterolaterale bändchen wurde vor fast 150 jahren entdeckt und beschrieben, nämlich 1879 von Paul Ferdinand Segond, man wusste nur nicht genau, wozu das ligament nütze war, was es tat. das hat man nun herausgefunden. ein ganz normaler vorgang: von zahllosen körperteilen weiß man nicht, was sie genau tun, man denke nur an die kolumnen im gehirn oder den blinddarm. an der berichterstattung über dieses forschungsergebnis  sieht man das niveau der medien:

  • der fernsehsender N24: “Unfassbar, aber wahr: Beim Menschen ist ein neues Körperteil ausfindig gemacht worden.”
  • österreichischer rundfunk ORF: “Neuer Körperteil im Knie entdeckt.”
  • tageszeitung Der Standard: “Belgische Forscher berichten über neuen Körperteil im Knie.”
  • tageszeitung Die Welt: “Chirurgen entdecken ein neues Körperteil.”
  • tageszeitung The Mirror: “New knee ligament discovered.”
  • tagezeitung Daily Mail: “Scientist discover a new body part.”
  • International Business Times: “New ligament discovered in human knee.”

ganz anders dagegen Das Ärzteblatt (“Chirurgen beschreiben neues Band am Knie.”) oder Science Daily (“Surgeons describe new ligment in the human knee.”)

es kann sein, dass sich die fehleinschätzung über nachrichtenaggregatoren wie die von 8 millionen “gefällt mirs” gestreichelte facebook-seite IFLS verbreitet hat. für den kolumnisten keine entschuldigung. sie muss schon die quelle lesen. hier ist sie: Anatomy of the anterolateral ligament of the knee (in PubMed 2013). und dieser text nennt als allererstes im abstract das jahr 1879 und herrn segond, wie es sich gehört.

woran starb dr. paul segond wohl? an einem kreislaufkollaps nach einer niereninsuffizienz. (new york times vom 28. oktober 1912)

my dear, you’re so gauchely this morning!

bloß, was hat gauche im englischen zu suchen? oxford dictionaries hatten gestern gauche als wort des tages und definieren es so:

Pronunciation: /gəʊʃ/

adjective
unsophisticated and socially awkward:
a shy and gauche teenager

gauchely
adverb

gaucheness
noun

Origin:
mid 18th century: French, literally ‘left’

achso: linkisch.

wunderschön, einzigartig, unglaublich, revolutionär – big mouth strikes again

wer schlechte ware verkaufen will, muss sie schönfärben. zum beispiel mit dem inflationären gebrauch von diesen formulierungen:

wunderschöne Farben, unglaubliche Funktionen, wunderschönes Display, rasend schnelle Performance, großartige Batterielaufzeit, bedeutendstes Update, großartige Funktionen, unglaublich glänzend, einzigartige Muster, unglaubliche Leistung, großartige Batterieflaufzeit, rasend schnell, beliebteste Kamera, unglaubliche Gesprächszeit, revolutionärer App Store, unglaubliches Angebot, beliebteste Apps, beeindruckende Dokumente, bester Personal Computer der Welt, revolutionäres iPhone, definiert Zukunft neu

applesSuperSuperlative

so nachzulesen in einer von vier apple deutschland-pressemitteilungen von gestern. die superlative umfassen

  • 2x revolutionär
  • 2x wunderschön
  • 2x großartig
  • 2x rasend schnell
  • 2x beliebteste
  • 4x unglaublich
  • 3x sonstiges wie bester, beeindruckend

warum nur tut apple das, mit seiner an sich guten ware?

hyphens und dashes

leave_me_a_dash

ich weiß nicht mehr, wann ich diesen langen gedankenstrich in einem englischen text erstmals sah: den dash. in seiner unspaced version (ohne leerzeichen* rechts oder links von ihm, wie im beispiel oben) ist er schier großartig. gibt ihn im deutschen nicht. dafür haben wir die binde- und gedankenstriche, die englisch so wunderschön “hyphens” heißen. was es im deutschen meines wissens nach nicht gibt, ist eine völlige veränderung der bedeutung eines worts, wenn man es mit oder ohne hyphen schreibt. im englischen gibt es viele beispiele, eins ist redress und re-dress. (juritisch) entschädigen und sich neu einkleiden.

nichts ist besser für die hyphen- und dashologie als die wikipedia, hier besonders die englische (hier mit der hyphen-gesetzgebung). und oben, “leave me a message!”, von einem grafiker, der im wikipedia-universum um dashes bittet, und um die vermeidung von hyphens. vor allem die doppelten hyphens sind ihm – kelvin song – ein dorn im auge.

 

*falsches leerzeichen = plenk.

maxim & pith

die oxford dictionaries bieten heute als wort des tages maxim an, deutsch: die maxime. nicht weiter besonders. die definition von “maxim” enthält das wort pithy:

> maxim: a short, pithy statement expressing a general truth or rule of conduct

pithy kommt von pith, und das ist das mark in der pflanzenwelt. wobei pith offenbar nur von botanikern verwendet wird, andere sagen pulp, oder, beim tomatenmark, paste. die blauen zellenstrukturen im bild unten sind das pith in einer pflanze:

Botana_curus_X_dicot_stem_40×
..übrigens einer fiktiven, wie sie nur für den unterricht verwendet wird. in die wiki commons gesetzt von dem new yorker kelvin song und in den commons auch annotiert, also mit kommentaren versehen, wenn man mit dem mauszeiger drüber steift. siehe annotierte pflanze mit pith.

zurück zur maxime. für mich war neu, dass man einen markigen ausdruck direkt in pithy statement übersetzen kann. danke!

ha-ha

wenn jemand in einem englischen roman “ha ha ha” sagt, wird das normalerweise “huh huh huh” geschrieben, aber wie im deutschen, eben mit a, nicht mit u ausgesprochen. was also hat es mit dem wort des tages aus den oxford dictionaries auf sich: ha-ha, gesprochen ha-ha?

oxfordDictionaries_ha-ha

wem das nicht klar genug ist, möge die wikipedia befragen, die übers ha-ha einen guten artikel bereitstellt (mit dem ich nichts zu tun habe). so sieht er typischer weise aus, the ha-ha:

Royal_Crescent_Ha-haha-ha in bath, england. foto: chris gunns (wiki commons)

oder, vielleicht noch typischer, so:

Heaton_Hall_Ha-Haha-ha in einem schlosspark in manchester, england. foto von wikipedianer richerman.

derweil und indes

woher meine antipathie für bestimmte worte kommt, weiß ich nicht. “derweil” – gedruckt – mochte ich noch nie. es befindet sich in meinem empfinden auf gleicher ebene wie “indes”.

dabei könnte man beide wörter für schlank halten, neudeutsch lean. derweil = in der zwischenzeit; 7 : 19 anschläge. indes = unterdessen; 5:11.

der duden kategorisiert indes als “gehobene” sprache.

derweil kann ich entschuldigen, wenn es gesprochen wird: ich geh derweil schon mal nach oben ist okay. nur geschrieben nicht.

und indes ist vor allem bei den kollegen in süddeutschland so beliebt, dass sie nicht mehr wissen, was es heißt: Die USA gehen indes davon aus, dass… hat mit einer unterdessen-gleichzeitigkeit nichts zu tun. gemeint ist: Die USA gehen davon aus, dass… reicht doch.

mind-boggling

worte, die auf die liste der exzellenz gehören. mind-boggling.

to boggle bedeutet – allein schon vom klang her – stets etwas nachhaltig irritierendes: erschrecken, stutzen, zusammenschrecken. to boggle someone’s mind: den geist massiv durcheinanderbringen. this is mind-boggling!: das ist unglaublich, wahnsinnig, irrsinnig!

“normal kostet das.”

halle (saale):

hotel, online beworben mit WLAN, vorort beim frühstück die bedienung gefragt:

“kennen Sie den WLAN-code?”

sie, zögernd: “ja.”

ich: “aber Sie wollen ihn mir nicht sagen?”

sie, zögernd: “das kostet normal 1€.” und verschwand. kam zwei minuten später zurück und legte mir ein zettelchen mit dem code hin: “aber nicht weitersagen!”

 

abends um 23 uhr, unten in der lobby:

“könnte ich einen tee haben und aufs zimmer mitnehmen, in einer großen kanne?”

angestellte: “große kanne haben wir nicht.”

“aber beim frühstück gibt’s für die gäste doch große kannen!”

“die müssen Sie uns aber morgen früh wieder runterbringen!”

“okay. schwarzen tee bitte.”

dann reißt sie eine fertigpackung earl grey auf. “wir hätten gern einen normalen schwarzen tee, einen darjeeling z. b.”

sie öffnet missmutig eine darjeeling-tüte und sagt vorwurfsvoll: “normal kostet das.”