huffington post auf deutsch | bildzeitung

huffington-post-auf-deutschin zusammenarbeit mit …

die huffington post gibt’s auch auf deutsch. wer bei seinem browser cookies zulässt, wird die seite erstmal nur in deutsch sehen. das flipmenü oben links lässt auf andere “lokalisierungen” umschalten. der besitzer der huffington post ist AOL, eine ehemals wegweisende online-firma, die zur multidummklitsche verkam, weil sie vor arroganz warner bros. kaufte, kaum mehr laufen konnte und dann bis tief in die gosse abstieg.

so, und jetzt sehe ich mir die huffington post, dieses an sich für seine nicht dumme amerikanische journalistik bekannte internet-produkt auf deutsch an und denke: sehe ich recht? bild-zeitung mit blog-einlagen? ich will das gar nicht inhaltlich sezieren, weil’s mir schon bei den ersten “postings” hochkommt, also zähle ich nur die bilder durch: von den ziemlich genau 100 fotos auf der frontseite der deutschen huffington post zeigen jetzt in diesem augenblick 28 fotos schöne frauen oder halbnackte männer. dazu titel wie diese:

“frauen, die nacktfotos machen, sind keine schlampen.”

“schule zwingt mädchen diskrimierendes t-shirt auf, weil ihr rock zu kurz war.”

“alles für den tierschutz: playmate lässt sich nackt und in ketten ablichten.”

“viel nackte haut und ein baby – so war die woche in promiwood.”

“künstler stellt die geleakten nacktbilder von jennifer lawrence und co. aus.”

huffington-post---sex-und-wirtschaft

beeindruckende rubriken: sport, sex, luxusreisen. nichtmal wirtschaft können sie richtig schreiben.

kein wunder: focus steckt dahinter, bekannt als der spiegel für arme (wo der spiegel schon arm genug ist).

hitler tot | new york times 1945

nazichef adolf hitler brachte sich bekanntlich am 30. april 1945 in seinem bunker in berlin um, ließ seine leiche verbrennen. wenn man die ausgaben der zeitungen an und nach diesem tag liest, gibt es den punkt, wo die nachricht wie eine bombe landet, dann kommen tage der gerüchteküchen, und irgendwann später konsolidiert sich das bild, und die volle wahrheit kommt ans licht.

NYT-Timesmachine-3_Mai_1945vorbildlicher aufbau der new york times-webseite mit der neuen timesmachine (ausgabe vom 3. mai)

ich nutzte wie im screenshot oben die von der new york times-online-redaktion erst kürzlich eingerichtete timesmachine, wo man die zeitungen lesen, aber nicht darin suchen kann. einige inhalte sind frei verfügbar, für andere braucht man ein abonnement.

am 30. april 1945 titelt die zeitung: “russen ziehen gürtel um berlins herz enger; mailand und venedig gewonnen; mussolini getötet.”

1. mai: “russen setzen siegesflagge auf dem reichstag; 7. us-armee nimmt münchen ein, fährt richtung brenner; widerstand in italen gebrochen; tito gefolgsleute in triest.”

2.mai: “hitler tot in reichskanzlei, sagen nazis; nachfolger dönitz befiehlt, krieg geht weiter; berlin fast eingenommen.”

die nazis begannen in ihrer ohnmacht stümperhaft am mythos hitler zu bauen und ließen über karl dönitz über den reichssender hamburg verkünden, dass hitler “tapfer im kampf an seinem kommandoposten in der reichskanzlei gefallen” ist. himmler, der sich den alliierten gestellt hatte, sprach allerdings von einer hirnblutung, an der hitler gestorben sei. als dönitz am abend des 1. mai im rundfunk vom heldentod hitlers sprach, mischte sich eine stimme dazwischen und rief in die laufende sendung “das ist eine lüge!” als der admiral hitler einen der größten helden der geschichte nannte, sprach die geisterstimme: “der größte faschist!” die bbc schloss daraus, sich vorläufig der weniger heldenhaften hirnblutungs-theorie anzuschließen. im rundfunk lief dazu wagners götterdämmerung und bruckners 7. symphonie.

NYT-2_Mai_1945_Ghost-radio-voicenew york times, 2. mai 1945: geisterstimme im radio

3. mai: “berlin fällt an die russen, 70.000 ergeben sich; 1.000.000 geben in italien und österreich auf; hamburg gibt auf.”

die große meldung war die einnahme berlins. aber ebenfalls auf der titelseite (siehe screenshot vom ipad ganz oben) befindet sich ein artikel “goebbels and fuehrer died by own hands, aide says”. damit steht der suizid-vorwurf im raum. in den folgenden tagen nähert sich der 2. weltkrieg seinem ende, die nachrichten überstürzen sich, hitlers todesumstände spielen angesichts dessen keine große rolle mehr.

hitler harmlos | new york times januar 1933

die new york times hat den holprigen aufstieg adolf hitlers seit dessen haftentlassung (ausgabe vom 20. dezember 1924) kritisch beobachtet. ab september 1930 gibt es zahlreiche artikel über ihn. für die leser der times ist er also kein unbekannter, als die zeitung in ihrer ausgabe vom 31. januar 1933 anlässlich der machtergreifung berichtet:

Hitler-Machtergreifung-New-York-Times-1933new york times, titelseite der ausgabe vom 31. januar 1933

bemerkenswert ist der zweite absatz (“The composition…”), in dem steht, dass “die Zusammensetzung des Kabinetts Herrn Hitler wenig Spielraum lässt, jegliche diktatorische Ambitionen zu befriedigen”. bemerkenswert deswegen, weil hitler das kabinett und seine kanzlerschaft bekanntlich umgehend dazu nutzte, die republik abzuschaffen und die nazi-diktatur zu installieren. der autor des artikels, guido enderis, schien hoffnung zu haben, das schlimmste sei zu verhindern.

#recherche: ich habe heute wenig zeit dafür, aber der rechercheweg in zeiten eines so breit aufgestellten internets ist für alle, die das noch anders kennen, phänomenal. auf die schnelle geht das in dem fall so: ich suche nach guido enderis, stoße auf ein → geheimdokument als faksimile (pdf) innerhalb der US-diplomatie vom märz 1938, in dem von massiven einschüchterungen von journalisten und juden durch die nazis die rede ist, unter anderem wird hier guido enderis als opfer beschrieben.

geist-an-messersmith-1938

der us-konsul in berlin an den stellvertretenden us-außenminister 1938

zitat (aus dem dokument oben übersetzt):

“Ich weiß, dass Baron Rothschild mitten in der Nacht aus seinem Haus geschleppt wurde und sein Palast sofort in den Besitz der SS überging, im Hof Leuchtfeuer entzündet wurden, die Weinkeller geplündert, Feste und Trinkgelage abgehalten wurden. [Der Hearst-Journalist Pierre] Huss hat selbst gesehen, wie jüdsiche Frauen in Abendkleidern mit ihren Fingernägeln Poster [für Veranstaltungen mit Juden] von den Wänden kratzen mussten, woraus der Grad der Barbarei klar wird, der während der Übergriffe toleriert wurde.”

mein vater (geboren 1926, sohn eines antifaschisten) schrieb mir dazu gerade:

“Wir haben mal in der Handelsakademie [in Prag] ein Klavier oder einen Flügel anschaffen wollen oder sollen (Musikunterricht gab es ja nicht), und da hat der Direktor einem Lehrer (Mir ist plötzlich der Name des Lehrers eingefallen. Er hieß Matula und hat kaufmännisches Rechnungswesen unterrichtet. Ich erinnere mich, dass er ein sehr guter Lehrer war.) den Auftrag gegeben, zu einer bestimmten Adresse zu fahren einen Flügel zu besorgen. Der Lehrer, der in unserer Nähe gewohnt hat, hat mich gefragt, ob ich mitfahren wolle. Ich bin mitgefahren. Der Ort war mit der Straßenbahn zu erreichen. Da kamen wir in eine riesige Halle, vielleicht waren es auch mehrere Hallen nebeneinander, und da standen nicht nur Klaviere und Flügel, andere Sachen aus den Wohnungen der Juden. Die deutschen Käufer sind da rumgelaufen wie in einem Kaufhaus, ein Mann mit Judenstern hat die Aufträge entgegen genommen, und die Sachen wurden dann geliefert. Unsere Schule hat einen Flügel geliefert bekommen, den der Lehrer ausgesucht hat. Als der Flügel gebracht worden war, hat der Lehrer begeistert eine Stunde lang darauf gespielt. Bei der Lieferung war ich nicht dabei, aber danach beim Klavierspiel des Lehrers schon. Bei einem Bombenangriff auf Prag wurde das Haus, in dem der Lehrer gewohnt hat, zerstört. Alle Bewohner kamen dabei ums Leben. Mir fällt immer wieder mal was ein. Zum Beispiel durfte kein Jude nach 17 Uhr auf dem Wenzelsplatz sein.”

zurück zu dem brief oben: weil aus dieser tief besorgten diplomatenpost nicht klar hervorgeht, wen der us-konsul raymond h. geist hier anschreibt, nämlich einen mr. messersmith, google ich nach diesen beiden namen und stoße auf ein → weiteres dokument, diesmal vom april 1939, in dem es vor allem um die unterdrückung der juden geht. hier steht auch messersmiths vorname, nämlich george, also suche ich den → wikipediaartikel über george messersmith auf, den es tatsächlich schon gibt (übrigens seit 21.12.2010 18:44) und der wie meist bei historischen politischen themen, eine perfekte orientierung bietet. geschichtlich einordnen lässt sich das schreiben im kontext der judenvertreibung und judenvernichtungspolitik der nazis. es war damals, im frühjahr 1938, noch nicht ganz klar, ob die nazis eine koordinierte ausreise der juden unterstützten (wie sie zunächst vorgaben, schacht-plan) oder die totale vernichtung der europäischen juden im sinn hatten; bis zur wannseekonferenz, wo der holocaust entschieden wurde, vergingen noch 4 jahre. die dokumente im internet zu den vorgängen 1938 sind üppig. unter anderem bietet das vom bayerischen rundfunk betriebene internetportal “die quellen sprechen” ein von einem sprecher vorgelesenes transkript der → kabinettsitzung vom 12. november 1938, wo sich reichsminister göring zur “judenfrage” unmittelbar nach den pogromen äußert.

kurz noch zurück zum new york times-artikel: die londoner times schätzt den tag vorsichtiger ein. wörtlich übersetzt schreibt der korrespondent:

“Die Zusammensetzung des neuen Kabinetts […] bedeutet nicht, dass man die Vorgänge in Deutschland nicht mit Wachsamkeit und Vorsicht beobachten muss. Als letztes kann man eine Verbesserung der Französisch-Deutschen Beziehungen erwarten. Herr Hitler hat zu laut und zu oft darüber gesprochen. Jedoch ist bei aller Vorsicht, die die Situation gebietet, die Hoffnung vorhanden, dass sich ein Hitler an der Macht als weniger gefährlich herausstellt als ein Hitler frei von jeglicher Verantwortung.”

die times hat an dem tag 7 artikel über hitlers karrieresprung, unter anderem einen, der die börse daraufhin beobachtet (sinkende, später am tag wieder steigende kurse) und eine bildstrecke, wo paramilitärs im lechfeld deutschen drill üben. im artikel “Herr Hitler in Office” benutzt die times das wort Hitlerite, zu deutsch wäre das Hitlerit, also hitler-anhänger.

MEGO | trübe augen

MEGO_painted_by_MS.jpgMEGO ist ein aus dem englischen kommendes, mindestens 30 jahre altes akronym aus “my eyes glaze over”. deutsch etwa: mein blick schwebt drüber hinweg, wird gläsern, die augen trübe.

der term ist, wie ich der april 2014-ausgabe von wired.com entnehme (coal is mego), zwar noch gebräuchlich, muss aber vom autor des artikels, charles c. mann, erklärt werden.

coal_is_MEGO

während mann MEGO im kontext eines für den betrachter zu schwierigen texts sieht, verstehen andere MEGO als “so öde, dass man wegdriftet”. ein vortrag kann also leicht MEGO werden, besonders wenn er kurz vor dem lunch stattfindet.

journalistische leitfäden warnen vor MEGOs im text; sinngemäß: meide ausdrücke, die dem leser so viel respekt einflößen, dass bei ihm MEGO einsetzt.