peter | grünberg

peter grünberg 2010. foto: ms/dpa

ich hab ihn, glaube ich, zweimal getroffen, zuletzt im dezember 2010. peter grünberg war einer unserer vier masterminds im deutschlandfunk. nobelpreisträger für physik. ihm ist zu verdanken, dass unsere festplatten nicht mehr bei gigabytes herumdpmpeln, sondern paar hundert mal mehr speichern.

auf der ➡ webseite ist der bescheidene mann ganz unten zu hören. ich habe damals das foto von ihm gemacht. er war schon ziemlich krank, aber guter dinge. jetzt ist peter grünberg gestorben.

5 pop sunday | mitschnitte

ich habe ungefähr 20 cassetten mit pop sunday-mitschnitten, meist, wie auch bei diesen fünf, mit sendungen, die ich produziert habe. hier abgebildet thomas meineckes “Politische Sendung” (thomas war damals der unpolitischste von uns allen ;-), “13 pessimistische Gedichte” – die erste veröffentlichung von helmut kraußer (er war damals 16), “Urwaldprotokolle” von ulrich klenner (heute hörspielredakteur im BR), “Ein Zweikampf” von thomas brasch, und “Paris” von thomas palzer vom oktober 1983.

fünf mitschnitte von pop sunday-sendungen, späte 1970er, frühe 1980er jahre

„russenschwein“ im | allgäu

ich musste dieser tage an ein interview mit helene hofmann zurückdenken, das ich 2013 in steinbach (manitoba, kanada) aufnahm.

helene hofmann, 2013

frau hofmann beschreibt ihren weg von russland über deutschland nach kanada. in russland wurde sie als „deutsche“ beschimpft, im allgäu nannten mitschüler ihre tochter „russenschwein“. erst in kanada, in der mennonitischen gemeinde steinbach, respektierte man sie und ihre familie als die, die sie sind. hoch erwünschte personen.

royden loewen, 2013

im rahmen meiner sendung, die primär von gelungener kanadischer immigrationspolitik handelte, traf ich u. a. royden loewen, geschichtsprofessor an der universität von winnipeg. und ich sprach mit dem weit und breit erfolgreichsten immobilienhändler in steinbach, viktor schaefer. alle drei interviews sind auf meiner (nicht mehr technisch auf dem aktuellen stand) webseite ungeschnitten nachzuhören. das feature lief im deuschlandfunk und wurde vom BR coproduziert. übrigens schon damals, als im DLF das sparen noch nicht so hoch auf der agenda stand, krass unterfinanziert. ich bekam für die reise 300 € zuschuss vom sender. sie kostete natürlich ein vielfaches davon. flug, mietwagen, übernachtungen… wäre ich auf diesen deal nicht eingegangen, hätte die sendung eben nicht stattgefunden.

mein inzwischen verstorbener redakteur hermann theißen setzte mir wider meinen willen einen regisseur vor. so klang das endprodukt verhältnismäßig brav, aber akzeptabel. hier also die webseite, die ich damals dafür anfertigte:

phonograph und | euphonia

the times, 21. januar 1888, s. 5

in diesem artikel von vor 130 jahren beschreibt die times eine neue erfindung des thomas alva edison, seinen neuen phonographen. der alte war für edison nur eine schnapsidee gewesen, lässt der artikel anklingen, jetzt wird es ernst. sein erster phonograph wurde genau 10 jahre zuvor vorgestellt und basierte auf rotierenden zylinderfolien, währen die neue maschine wachszylinder nutzte, von denen noch viele in archiven wie dem DRA erhalten sind. auch im WDR fand ich vor 10 jahren an der sprichwörtlich tiefsten stelle des ton-archivs edisonwalzen für den phonograph II herumliegen. es stand damals die frage im raum, ob man die walzen ans DRA zum digitalisieren schicken sollte. sie waren weitgehend unbeschriftet.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f0/Euphonia.London.Journal.1870.png

fabers euphonia

in dem artikel der times wird konkurrenz genannt, allen voran ein “faber”. der war gar nicht leicht zu recherchieren, denn in den wikipedien fehlen artikel über ihn. es handelt sich um den in freiburg geborenen joseph faber, der am polytechnikum in wien mathematik studierte und 1840 die sprechmaschine → euphonia vorstellte. das heimorgelgroße gerät mit 16 tasten und blasebalg war ein flop. auch in den USA kam er damit nicht an. ein hinweis, dass die zeit noch nicht reif war. faber nahm sich 1850 das leben, nachdem er angeblich seine euphonia zerstört hatte.

in den wikipedia-artikel über den→ phonographen habe ich jetzt faber reingeschrieben. um einen eigenen artikel über ihn zu starten, brauche ich noch mehr biographische informationen und eine zweite quelle. [edit: die infos fand ich, zwar nicht reichlich, aber genügend. jetzt gibt es einen → artikel über faber in der wikipedia.]

die jahre zwischen 1877 und 1888 waren für edison und den rest der welt spannend, weil er zwei viel wesentlichere dinge erfand und gnadenlos vermarktete: die glühbirne und das elektrokraftwerk. er wusste, ohne elektrizität keine glühlampen, und weil er sich bis zuletzt seine karten nicht aus der hand nehmen ließ, baute er gleich beides. die tonreproduktion war nur ein netter zugewinn.

mobile | nachsitzen

jour fixe für feste und freie mitarbeiter des WDR

der WDR steckt, wie viele sender, in einer tiefen umstrukturierung. früher gab es (nicht nur im WDR, ich kenne das auch aus dem SWR, BR und anderen öffentlich-rechtlichen anstalten) in kleinen häppchen so genannte programmstrukturreformen, durch die im wesentlichen das programm musikreicher und wortärmer wurde. gegen diese reformen gab es mehr oder weniger starke proteste von festen und freien mitarbeitern, unter anderem weil der schwund an wort zu einem schwund an inhalt und beschäftigung führte. wenn bestimmte sendungen vor einigen jahren 6, heute aber nur noch 2 beiträge senden, ist das das ergebnis mehrerer strukturreformen, die manche freie kollegen an den rand der privatinsolvenz führten.

jetzt führt die leitung des WDR den/das so genannte newsroom ein, quasi als symbol für eine zentrale umstrukturierung, und stellt ganz oben den claim hin: „mobile first“. dies war das zentrale thema des heutigen jour fixe, zu dem die hörfunkdirektion des WDR feste und freie mitarbeiter in den kleinen sendesaal am wallraffplatz einlud.

im eigentlichen scheint es bei diesem zukünftigen newsroom darum zu gehen, prozesse innerhalb der redaktionen zu bündeln; diktion heute: „um doppelte arbeit zu vermeiden“. für die redaktionen heißt das: weniger eigenkompetenz. bestimmte kernentscheidungen, die dann für alle sendungen und wellen verbindlich sind, werden ab 2018 aus diesem newsroom kommen, also nicht mehr aus den redaktionen, erst recht nicht von den autoren, die auf bestimmte themen stoßen und sie anbieten wollen. einige redakteure fragten auf dem jour fixe in eigener sache an, ob sie denn im newsroom vorkämen? WDR-hörfunkdirektorin → valerie weber antwortete, die bisherigen organisationsstukturen (aktuelle kultur, zeitfunk/politik, sport etc.) dürften sich nicht 1:1 im newsroom wiederspiegeln, also habe sie, weber, gedanklich einen „joker“ eingeführt, einen platzhalter für redaktionen, an die man vielleicht gar nicht gedacht hatte, die aber plötzlich newsroom-relevant werden könnten. etwa die verkehrsredaktion, die unter umständen näher an manchem aktuellen geschehen in NRW sei als andere.

warum sich die organisationsstrukturen nicht 1:1 in diesem neuen modell abbilden sollen, hängt nicht nur mit einem sehr alten, vielleicht veralteten system zusammen, sondern, so kam es mir bei der veranstaltung vor, weil der sender gegen zwei windmühlen kämpft:

  • den verlust junger hörer (von zuschauern des 3. programms ganz zu schweigen) und
  • angriffe durch die für die rundfunkstaatsverträge verantwortlichen ministerpräsidenten.

weber begann ihre einleitende rede mit der rhetorischen frage, was wäre, wenn man dem WDR seine unterhaltungwellen wegnähme, wie es von der politik jüngst gefordert wurde? die unterhaltungwellen, nämlich 1live, WDR 2 und WDR 4, seien schließlich die reichweitenstärksten wellen in NRW. mit 70% musik.

um die jungen hörer zu gewinnen, setzt der WDR auf seine an den newsroom angedockte „steuerungsgruppe digitaler wandel“. es sollen dort, so war auf dem jour fixe zu hören, „neue digitale produkte“ entstehen. eines ist schon entstanden, nämlich eine whatsApp-gruppe (offenbar war das mit mobile first gemeint). 1live habe den 1live bot eingeführt – aber woher, so die hörfunkdirektorin, die redakteure nehmen, die den bot redaktionell betreuen? audible mache angeblich erfolgreiche podcasts „mit leuten, die wir aufgebaut haben“. warum, so weber, kam der WDR nicht selbst auf diese idee? das newsroom soll es nun schaffen, pro-aktiv zu werden und nicht nur zu re-agieren. von kurzen wegen zwischen den „leuchttürmen“ des WDR war mehrfach zu hören. das war auch wörtlich gemeint, räumlich.

mobile first ist ein medienpolitisch verständlicher claim. radio first wäre, da junge leute kaum mehr radio hören, veraltet, würde sich aber auf den kern-ausspielweg des hörfunks beziehen. wir zahlen die rundfunkgebühren ja auch für eine komplette netzabdeckung mit UKW und DAB+. richtig modern wäre content first. oder wegen weniger trump, und wie es eigentlich schon immer hieß: content is king.

ich musste nach einer stunde gehen. die an sich für einen dialog gedachte veranstaltung (weber: „Ihr freien mitarbeiter, sagt was, das ist Eure veranstaltung!“) war bis dahin jedenfalls eine, in der die freien nicht vorkamen. was auch hätten sie zu einem newsroom zu sagen…

wikicon | leipzig

persönliche mitschrift von zwei vorträgen

 

dieser quasi-live-bericht im → deutschlandfunk handelt (im gespräch mit meinem kollegen manfred kloiber) von der arbeit des wikipedia-schiedsgerichts (aufarbeitung des falls “magister”), vom autorenschwund, der diskussionskultur auf der konferenz, problemen und freuden mit wikidata, den stolpersteinlisten, frauenthemen und einigem mehr. was aus zeitgründen nicht mehr zur sprache kam, war die 360°-fotografie: es steht hoch auf der agenda der wikipedia-programmierer, die rundumfotografie einzubinden.

diese initiative bezieht sich auf fehlende biografische artikel über frauen in der wikipedia.

roger ekirch’s biphasic | sleep

 

roger ekirch. foto: virginia tech

 

 

[two-fifths-first]tonight (central european time german 8.10 pm) national public radio → deutschlandfunk will air my interview with the discoverer of the »first and second sleep«, a common sleep pattern before the industrial revolution. → roger ekirch, history professor at virginia tech, became well known in the community of sleep scientists when in 2001 he published his findings in the American Historical Review under the title “Sleep We Have Lost: Pre-Industrial Slumber in the British Isles”, followed by the book “At Day’s Close: Night in Times Past”.

basically all he did was explore hundreds of documents, ranging back from medieaval days to the 19th century, which contained the long forgotten term “first sleep”. thomas wehr, a washington DC based neuroscientist, proved ekirch’s purely historic findings, when he conducted an experiment where the participants developed a segmented sleep pattern after a couple of weeks without electric lighting. the reason for me conducting the interview are ekrichs most recent findings (first sleep in russian texts) and his talk at the royal society of medicine in london.

there are people who think his theory of the biphasic sleep are too good to be true and ask questions about whether the climate or distance from the equator contributed to different sleep patterns. ekirch indicated most recently that the segmented sleep was more or less independent from regional influences.

[/two-fifths-first]
[three-fifths]heute abend in der deutschlandfunk-sendung → aus kultur und sozialwissenschaften läuft mein beitrag über den entdecker des „ersten und zweiten schlafs“. → roger ekirch 67jähriger geschichtsprofessor an der technischen universität von virginia, fand vor etwa 20 jahren heraus, dass die meisten menschen vor der industriellen revolution nach dem abendessen zu bett gingen und einschliefen, dann um mitternacht wach wurden, eine weile wach blieben und schließlich in den zweiten schlaf übertraten, der bis zum morgen dauerte. anlass für das aktuelle interview mit ihm war, dass ekirch jüngst in weiteren sprachen das längst vergessene wort des “ersten schlafs” fand und gerade vor der royal socienty of medicine in london darüber referierte. wenn das stück gesendet ist, wird es nachhörbar sein, auch hier.

es gibt wissenschaftler, die ekirchs verdächtig einfache these infrage stellen und zum beispiel die vermutung aufstellten, das schlafverhalten hinge weniger mit dem elektrischen licht als mit der ferne zum äquator zusammen. roger ekirch fand aber auch in zentralafrika und finnland, wo heute das durchschlafen üblich ist oder zumindest als erstrebenswert gilt, historische texte, die vom ersten und zweiten schlaf erzählen. außerdem belegte vor längerem der amerikanische psychiater thomas wehr in einem experiment ekirchs erkenntnisse. er ließ probanten vier wochen lang schlafen, wann und wie sie wollten, entzog ihnen aber das elektrische licht. mehr dazu heute abend um 20.10 uhr.[/three-fifths]

amazing voice | repairs

[two-fifths-first]iZotope’s RX6 does amazing things to recorded audio, especially voices. there are three versions of the recently released software. here i demonstrate the middle one, called standard edition.[/two-fifths-first]
[three-fifths]iZotopes RX6 ist ein erstaunliches neues software-werkzeug zum reparieren von aufnahmen, vor allem von sprachaufnahmen. von den kürzlich erschienenen drei versionen stelle ich die features der mittleren (“standard”) vor.[/three-fifths]

the presets for voice control

[two-fifths-first]let’s for a start check the list. there’s an audio example in german below.[/two-fifths-first]
[three-fifths]sehen wir uns zunächst die liste der möglichkeiten an.

  • breath control senkt die lautstärker von atmern zwischen den worten/sätzen heraus.
  • de-bleed rechnet die dezenten rückkopplungen weg, die wir bekommen, wenn wir über kopfhörer aufnehmen. der sound des kopfhörers, besonders wenn er nicht ganz dicht am ohr sitzt und man sehr laut abhört, “blutet” in den raum und wird dann übers mikro mit aufgenommen.
  • de-click rechnet das klicken heraus, das bei musikaufnahmen entsteht, wenn die band nach einem klick spielt.
  • de-clip versucht, übersteuertes audiomaterial erträglich anhörbar zu machen. normalerweise klingen digitale übersteuerungen schrecklich.
  • de-crackle holt das für schallplatten typische knistern heraus.
  • de-ess ist ein de-esser. davon gibt es viele am markt (und kostenlos). de-ess senkt die scharfen s- und sch-laute in der lautstärke ab.
  • de-hum bezieht sich vor allem auf elektrogitarren, die gern ihr brummen mit in die aufnahmen übertragen.
  • de-plose senkt die plopps ab, wenn wir trotz plopp-schutz mit unseren explosiv-vokalen p und t die mikromembran überreizen.
  • de-reverb versucht, hallig oder mit viel raum aufgenommene o-töne trocken zu legen. siehe das beispiel unten.
  • interpolate ersetzt unregelmäßig auftretende klicks, die unter stimmen liegen, durch benachbarte sounds.
  • mouth de-click nimmt die schmatzgeräusche bei zu trockenem mund beim sprechen weg.
  • spectral denoise ist ein anspruchsvolles werkzeug, um aufnahmen zu ent-rauschen.
  • spectral repair ersetzt kurze störgeräusche wie sich bei der aufnahme öffnende türen durch benachbartes material.
  • voice de-noise ist ein enthaucher. das tool nimmt der stimme den rauchig-kratzigen ausklang.

[/three-fifths]

RX 6 de-reverb

[two-fifths-first]the screenshot above shows you the de-reverb at work. i use it as a plug-in (1), but you may launch RX 6 as a standalone application as well. (2) is the original audio, and (3) the processing window. orange: the dynamic reduction of certain frequencies after a brief learning phase.[/two-fifths-first]
[three-fifths]im screenshot oben ist die arbeit des moduls zu sehen, das versucht, den hall herauszurechnen. (1) zeigt, dass ich RX6 als plug-in geladen habe. es funktioniert aber auch standalone. (2) ist der originalsound, eine reportage in einem großen, halligen raum. (3) zeigt, wie de-reverb arbeitet. nach einem lernvorgang zieht es dynamisch (also icht an jeder stelle gleich) bestimmte frequenzanteile ab (orange farbe).[/three-fifths]

 

iZotope RX 6 standard, de-reverb test (german)

 

[two-fifths-first]the next test is about de-plopping, here named “de-plosive” (german)[/two-fifths-first]
[three-fifths]im nächsten take entferne ich mit “de-plosive” zwei mikroplopps im wort “armaTurenBrett”. ich lasse das werkzeug nicht lokal auf diese stelle zureifen, sondern sie selbst finden. [/three-fifths]

 

de-plosive test (german)

 

[two-fifths-first]i think the next feature is only available in RX6 advanced. it’s called voice denoise. it extracts (up to a certain degree) unwanted background noise. after processing the audio in (first) adaptive and then learned mode, i finalize the audio with NEUTRON in the small version (elements) which works as an adaptive realtime selective equalizer. (audio in german)[/two-fifths-first]
[three-fifths]jetzt geht es an ein feature, das, glaube ich, nur in der RX6 advanced ausgabe drin ist, auch in der demo-version: voice denoise. es dient dazu, hintergrundgeräusche wegzunehmen, um die vorderen stimmen präsenter zu machen. am schluss dieses tests setzte ich NEUTRON elements ein, um die stimme noch präsenter zu machen.[/three-fifths]

 

voice-denoise (german)

getting audio ready for | broadcast

tieline’s reportIT app

[two-fifths-first]

i did an interview the other day for national public radio here in cologne, germany, with a scientist 400 km away, in hamburg. like other high quality radio stations we more and more move from telephone acoustics to better means of audio quality.

so i asked → microbiologist cornelia gessner if she could install a radio compatible app (reportIT enterprise) on her smartphone, so that we could do the interview via that app. the app is based on a tieline codec for live compression. the audio quality live is good*, and i recorded that stream last night locally when i interviewed conny. we encountered some glitches during streaming. but the locally stored wav on conny’s phone was perfect – not as good as if i had visted hamburg with my marvellous sennheiser stereo mike, but a really good quality.

[/two-fifths-first]
[three-fifths]

ich habe gestern abend ein interview für den deutschlandfunk mit einer wissenschaftlerin 400 km weit weg in hamburg geführt. weil der DLF wie auch die BBC radio 4 und andere hochwertige sender nicht mehr so gern telefon-o-ton senden, bat ich → cornelia geßner (so heißt die mikrobiologin), sich eine app auf ihrem smartphone zu installieren, mit der sie in guter tonqualität über den schaltraum zu mir ins studio kommt – ohne zum beispiel in den NDR gehen zu müssen, wo ad hoc eh kein studio frei gewesen wäre.

ich schnitt das interview lokal mit, wobei ich mal wieder die streaming-qualitäten von reportIT testen konnte. es ging über weite strecken gut, aber es gab auch paar herbe aussetzer*. natürlich war die datei auf connys phone lokal als wav gespeichert und wanderte via ftp-transfer zum DLF, wo ich sie mir vorgenommen habe.

[/three-fifths]

RX6 de-click

[two-fifths-first]

in the audio examples below you first hear two examples of the compressed audio versus the uncompressed wav in conny’s phone. then you hear some postproduction, first using iZotope’s RX6 de-clicker (without modification; worked brilliantly) and finally doing some intelligent EQing with iZotope’s neutron. it has a preset called “female dialogue” – wonderful.

the differences are certainly barely audible for non professionals. but for us radio pros the do make a bit difference.

[/two-fifths-first]

[three-fifths]in dem audiobeispiel unten beginne ich mit zwei beispielen der live (also mit codec) übertragenen vs. die als wav lokal abgespeicherten dateien. dann wende ich, weil sich clicks, vermutlich von einem ring an connys finger, durch das ganze interview ziehen, den de-clicker von iZotope’s RX6 an. funktionierte sofort, keinerlei finetuning nötig. schließlich wärmte ich connys stimme noch etwas mit neutron, ebenfalls von iZotope, an. neutron besteht aus einem sagen wir mal intelligenten equalizer, der hier mit einem preset “female dialogue” schon gut funktionierte, aber mit der lernfunktion noch besser.

die unterschiede sind für laien kaum zu hören, aber für uns rundfunkprofis ganz erheblich. enjoy.

[/three-fifths]

iZotope’s neutron elements

tieline codec, RX6 de-click und neutron EQ (deutsch)

tieline codec, RX6 de-click and neutron EQ (english)

 

cornelia gessner in her laboratory in new zealand. photo: gemmell lab


*typical tieline codec glitch, although we had good wifi connection

 

lernen beim | entrauschen

RX6 spectral denoising lernt dazu.

ich habe mir nach einigem überlegen und antesten iZotope → RX6 in der standardversion gekauft, weil es einen qualitätssprung gegenüber allem darstellt, was es vorher gab. RX6 dient der restauration von audiomaterial, typischerweise verkratzten schallplatten. wofür wir rundfunkjournalisten es brauchen können, ist unter anderem das an zauberei grenzende wegrechnen von hallfahnen und von hintergrundgeräuschen, etwa wenn wir interviews auf messen oder kongressen machen. (für “dialogue isolate” muss man allerdings tiefer in die tasche greifen, RX6 advance)

hier zeige ich anhand eines o-tons aus dem deutschen rundfunkarchiv von 1932, wie ihn der in RX6 enthaltene spectral denoiser säubert. wenn – wie im screenshot oben – “learn” aktiviert ist, hört sich die software außerdem den ganzen o-ton an, und je mehr sie hört, desto besser passt sie adaptiv (also nicht pauschal über die ganze strecke hinweg, sondern individuell, fortschreitend) das entrauschen an.


beispiel von spectral denoising anhand einer reichstagsrede 1932

diesen originalton bereite ich fürs SWR2-archivradio auf. wir werden ihn aber mit all seinem rauschen streamen, denn das archivradio präsentiert originaltöne in originallänge und ohne weitere manipulation. aber für diesen test kam mir der 85jährige take gerade recht.

unten ein screenshot mit den für uns rundfunkleute hervorgehobenen features. ich bekomme dafür keinen cent, ich habe das programm gekauft, und ich lobe es so, wie ich → gestern adobe premiere verdammt habe.

konvergenz | kostet

wenn adidas seine schuhsohlen mit 3D-druckern printet und die dafür verwendeten CAD-daten später beim verkauf online stellt, damit der kunde sich über den konfigurator seinen individualschuh zusammenstellt, heißt das konvergenz. diverse expertenschichten des betriebs konvergieren, fügen sich hier zusammen zu einem, und der kunde freut sich über das verkaufserlebnis eines individualisierten schuhs, während man ihn an die marke bindet wie nie zuvor.

dieser prozess ist in der fertigungsindustrie nicht selbstverständlich. der schuhmacher hat ja zunächst nicht viel mit dem CSS-programmierer gemein.

bei diesen in der größeren industrie weitgehend abgeschlossenen konvergenzprozessen fällt auf, dass sich die hierarchien innerhalb der firmen verschoben und wieder zurückverschoben. in zeiten, als die “mulitmedialität” ein buzzword war, waren die online-experten die kings. die anderen abteilungen, typischerweise die fertigung und der vertrieb, beknieten die onliner, doch bitte dies und das für sie zu tun, weil man merkte, das gesicht des ladens wird von außen durchs internet wahrgenommen, nicht mehr durch flugblätter, prospekte und fernsehwerbung.

die journalistischen medien kämpfen seit langem mit der multimedialität, die sie heute gern  “trimedialität” nennen, wobei TRI bei print bedeutet print + bild + film, beim rundfunk ton + bild + film – oder so ähnlich. “konvergenz” ist schicker, meint aber dasselbe.

die new york times hat vor einigen jahren videos eingeführt, die anfangs bisschen hemdsärmlig produziert waren, seit langem aber professionell aussehen, sogar (correct me if i’m wrong) colour matching zu nutzen, also die stimmige farbgebung von film zu film. gefühlt zwei jahre ist es her, dass die NYT erstmals virtual reality-filme anbot. die redakteureInnen, die die tollen artikel schreiben und dafür ausgebildet und eingestellt wurden, können das gar nicht. also heuerte man firmen an, die das können. das stellte sich als preiswerter heraus als die in-house-produktion. eine konvergenz hat die times dennoch nicht geschafft. sie ist im prinzip eine zeitung aus papier mit viel text und einigen bildern gewesen, und jetzt ist sie eine internetseite/app mit etwas anderem text, vielen vielen bildern und noch mehr kommentaren von lesern. die abrufe der videos spielen sich im marginalen bereich ab. konvergenz misslungen.

im moment setzt die new york times auf das magazinhafte und hat dann glücklicherweise profifotografen, die, man glaubt es kaum, gut texten können. siehe zum beispiel ivor pricketts bild/text-strecke über die tragik des zurückeroberten mosuls. statt die videos als videos auf die hauptseite zu stellen, promotet man artikel, die mit reichem anders-medialen content angefüttert sind, wie hier: → wasserkraftwerk am columbia river. fotos/filme von chang w. lee, text von jemandem anderen, kirk johnson.

wenn sich eine zeitung im internet präsentiert, ist das ähnlich, wie wenn sich ein fernsehprogramm im internet präsentiert. man muss das medium dafür nicht neu erfinden: das was im TV in realtime läuft, sieht im internet genauso aus, es ist nur on demand abrufbar. die fernsehsendung im internet hat ähnlich dürre textbeigaben wie der gute alte videotext. im prinzip ist fernsehen so wenig konvergent wie print – da muss nichts groß konvergieren, man muss es nur transferieren. in den führungsetagen der sender heißt das auch: “mehrere ausspielwege bedienen”.

beim hörfunk, der ins internet geht, ist die lage qualitativ anders, weil webseiten zwar töne abspielen können; aber im prinzip sind webseiten eben seiten, also dinge zum angucken, und radio ist etwas, wo man eigentlich nichts angucken muss. das ist ja das tolle und ewig merkwürdige am rundfunk, dass man beim morgens zähneputzen oder in die arbeit fahren nichts spezielles angucken muss, wenn aus dem radio oder radioplayer die informationen am morgen oder die mäßigen witze von 1live schallen.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5a/Girl_listening_to_the_radio_%E2%80%93_ca._1938_-_FDR-library_27-0755M.jpg

mädchen guckt radio. quelle: wiki commons

weil aber immer mehr leute googeln, hat sich das hörverhalten geändert. viele leute suchen nach einem thema und finden dann hörfunkbeiträge auf webseiten, ohne das programm je gehört zu haben, ja ohne von dem sender jemals gehört zu haben. das fing ganz zart an: wenn jemand vor 20 jahren nach “ausländer” googelte, stieß er ziemlich sicher auf das ZDF, weil das ZDF eine der ersten öffentlich-rechtlichen webseiten überhaupt hatte und man dann einen hinweis auf eine “ausländer”-sendung fand und das manuskript per post anfordern konnte. die webseite war fast 20 jahre nicht viel mehr als ein begleittext zum programm. bald wird kaum jemand mehr das ZDF angucken, immer mehr nutzen die mediathek – diesen zweiten ausspielweg.

wenn heute jemand nach brexit googelt, beginnt hinter den kulissen ein konkurrenzkampf, wer seinen brexit-content bei google nach oben schieben kann. wer hier gar nicht dabei ist, weil er zwar tolle radiobeiträge über den brexit macht, aber keine schillernde webseite dazu generiert, die viel “traffic” zieht, gilt als digital abgehängt. die aktuelle suche nach brexit präsentiert ganz groß zwei fernsehredaktionen und eine zeitung:

webseite von google bei suche nach brexit

interessant daran ist übrigens die konvergenz der tagesschau: “vor 40 minuten” wurde gar keine tagesschau ausgestrahlt, aber die online-redaktion hat offenbar einen artikel dazu geschrieben. wenn wir darauf klicken, freut sich der NDR über den klick, vor allem aber freut sich google.

direkt darunter auf der suchseite von google setzt sich das hickhack fort. warum steht wohl zeit.de ganz oben, und warum kommen unter den ersten 10 keine öffentlich-rechtlichen rundfunkanstalten vor, die wikipedia und web.de aber schon?

weitere brexit-konkurrenz auf google

die “währung”, die dahinter steckt, ist die der aufmerksamkeit. wenn die aufmerksamkeit nicht mehr über die UKW-skala erfolgt, sondern verstärkt über google, ist das die währung, und daher kommt der konvergenzdruck – auch beim öffentlich-rechtlichen rundfunk.

dabei steht nirgends im rundfunkstaatsvertrag geschrieben, dass sich der rundfunk im www platzieren muss. er könnte das auch unterlassen, würde dann aber schnell allenfalls zum geheimtipp werden, zum geheimtipp auf UKW, und wenn UKW abgeschaltet wird, zum noch geheimeren tipp auf DAB+. denn die musik spielt nicht mehr lange über antenne, sondern im internet.

bei adidas rechnet sich die konvergenz, bei spiegel online und zeit.de wegen page impressions und werbeeinnahmen natürlich auch. beim öffentlich-rechtlichen rundfunk aber muss draufgezahlt werden.

was im moment in allen häusern passiert, ist eine bewegung des programms ins internet, wobei die online-redaktionen gestärkt werden, wie früher bei adidas – eigentlich eine verdrehung der tatsachen. die journalisten erzeugen den content, die online-kollegInnen stellen den content gut aus. den content gäbe es auch ohne internet.

die konvergenz erzeugt druck und tut weh. es knirscht, und spähne fliegen. denn die kernkompetenz des radiojournalisten, rundfunkmoderators  und -redakteurs ist das radiohandwerk, nicht das anfertigen von markengerechten fotos und videos. die fernsehleute können traditionell gut filme drehen und schneiden, aber nicht gut texten; die hörfunkleute sind gute texter, aber die meisten haben keine ahnung davon, wieviel video-footage man braucht, um einen fünfminüter hinzukriegen – sehr viel! texten für twitter funktioniert anders als teaser-texte, pressetexte oder online-texte zu schreiben. man kann sich jetzt auf den standpunkt stellen, die früher “sekretärinnen” genannten heutigen “produktionsassistenten” müssten sich halt in alle stufen der produktion einbringen – aber sollen sie den redakteuren ihre kernarbeit abnehmen, gut zu recherchieren und zu texten?

wären sie adidas oder IBM, wäre das gut durchfinanziert – und erledigt. aber im öffentlich-rechtlichen bereich muss alles “kostenneutral” durchgeführt werden; die sender bekommen ja keinen cent mehr an rundfunkgebühren. jetzt müssen sie ein artfremdes medium bedienen, mit viel verschließ intern. denn kostenneutral heißt eben, dass die redaktionen das erleben, was in die arbeitsstatistiken nicht eingeht, nämlich eine arbeitsverdichtung wie nie zuvor. es ist eine ganz grundsätzliche gesellschaftliche frage, ob man jemandem eine menge zusatzarbeit innerhalb seiner regulären arbeitszeit aufhalsen darf, nur weil er/sie es “irgendwie” kann – oder können muss. und das jeden tag. und dann der frust: die online-kollegen haben das ganze material umgestellt, falsch beschriftet usw. verschleiß, zumindest in der konvergenzphase.

typische dachmarkenstruktur. grafik: gnom/credibilty wikicommons

in den konvergenzgremien schwirrt das wort “marke” umher, immer häufiger hört man auch “dachmarke” – beides begriffe aus einem bereich, der dem neutral berichtenden gewerbe des journalismus geradezu artfremd ist, eben der werbung. werbung blendet bekanntlich, sie kann auch betriebsblind machen. ich kann mich gut erinnern, wie in einzelnen öffentlich-rechtlichen rundfunkanstalten die konkurrenz zwischen einzelnen wellen-“marken” (XX1 bis XX5) unheimlich viel raum einnahm, also die abgrenzung der submarken untereinander, der klassischen musik vom gesprochenen wort vom schlager vom hiphop vom sport von den nachrichten. das führte zu großem verschleiß bei redakteuren wie freien mitarbeitern, die jahrlang, während diese ansage galt, “wellengerecht” beiträge einkaufen und sie wellengerecht darbieten mussten. dann kamen die phasen, als man auf einmal, und am besten ab sofort, die dachmarke stärken sollte usw. was für ein verschleiß! mich fragte kürzlich jemand, ob der deutschlandfunk jetzt eine vierte welle hat, nämlich DLF24? gute frage.

es kann gut sein, dass es in 5 jahren twitter nicht mehr gibt, dass dann keiner mehr auf webseiten geht, sondern alles in apps auf smartphones abläuft. das wäre dann konvergenz pur. es kann gut sein, dass es in 10 jahren statt 50 öffentlich-rechtlichen rundfunkwellen in deutschland nur noch 15 gibt, weil es in zeiten der konvergenz irrelevant ist, ob ich BR 4 Klassik in bayern oder in niedeersachsen höre, und den DLF in berlin oder toronto. das wäre eine konvergente entwicklung des föderalen rundfunksystems. ob man’s haben will, sei dahingestellt, es wird alles betriebsintern teuer und muss alles kostenneutral abgewickelt werden. im moment bahnt sich die wellenkonvergenz bereits an: es gibt features und hörspiele, die ARD-weit gesendet werden und sich als submarken präsentieren. in den nachtprogrammen finden zusammenschaltungen statt. vor allem aber, und das merken inzwischen auch die hörer, werden in allen wellen, vom deutschlandfunk abgesehen, rundfunkbeiträge so stark reduziert, dass oft stundenlang fast nur musik zu hören ist, auch wenn die sendung noch das label des “kulturmagazins” trägt. wellen, die fast nur noch aus musik bestehen, kann man abschaffen. über spotify kann ich mir meine musikauswahl selbst zusammenstellen (lassen).

so, und jetzt konfiguriere ich mir bei adidas.com den nächsten super konvergenten superstar.

reichstagssitzung 23.2. | 1932

kurt schumacher im reichstag 1932

dieser kurze ausschnitt aus schumachers rede vom 23. februar 1932 fand gegen ende eines turbulenten tags im berliner reichstag statt. die turbulenz kam durch eine rede des nationalsozialisten joseph goebbels zustande, der die SPD die partei der deserteure nannte. gemeint war die verweigerungshandlung der sozialdemokraten gegen kriegsende.

Wenn wir irgend etwas beim Nationalsozialismus anerkennen, dann ist es die Tatsache, daß ihm zum erstenmal in der deutschen Politik die restlose Mobilisierung der menschlichen Dummheit gelungen ist.

zwei sätze später nennt er übrigens drei NSDAP-mitglieder, die ihm unterstellt hätten, sich im 1. weltkrieg selbst verwundet zu haben, “untermenschen” – ein begriff, den die nazis später bekanntlich für alles nicht-“arische” verwendeten.

anhaltende unruhe im | reichstag

stenografieprotokoll reichstag 18. oktober 1931

ich höre (fürs → archivradio) original-o-töne aus der fünften wahlperiode des deutschen reichstags. (ganz unten ist ein ausschnitt abspielbar!) dank der digitalisierung von stenografieunterlagen sind alle sitzungen online nachlesbar. der obige ausschnitt aus einer sitzung vom sonntag, den 18. oktober 1931, zeigt, dass die stimmung im parlament der auf den straßen ähnelt. auf den straßen nahmen damals die schlägereien zwischen rechten und linken gruppen zu, wobei sich besonders die SA wegen ihrer brutalität hervorhob. der oben angesprochene → rudolf breitscheid war ein scharfzüngiger redner und abgeordneter der SPD, der hier angeblich einen NSDAP-abgeordneten ein “schwein” genannt hatte. nachdem ich breitscheid lange und in zahlreichen reichstagsreden gehört hatte, möchte ich das bezweifeln. kurz zuvor hatte er einen abgeordneten “lügner” genannt – das ist verbrieft.

alfred breitscheid (r.) mit dem SPD-politiker otto braun. foto: bundesarchiv

der abgeordnete → alfred rosenberg, mit dem er sich hier angelegt hatte, war einer der führenden rassenideologen des hitlerfaschismus. von ihm stammen bücher mit titeln wie Die Spur des Juden im Wandel der Zeiten (1919), Das Verbrechen der Freimaurerei. Judentum, Jesuitismus, Deutsches Christentum (1921), Börse und Marxismus oder der Herr und der Knecht (1922). rosenberg machte unter hitler eine steile karriere und wurde nach dem krieg hingerichtet.

alfred rosenberg (2. von links) als judenvernichtungs”experte”1939. foto: bundesarchiv

in den wikipedia-artikel über breitscheid schrieb ich zwei typische statements vom februar 1932 hinein, von denen das erste besonders bemerkenswert ist, weil es klar die nahe zukunft beschreibt. breitscheid floh nach der machtübernahme der nationalsozialisten ins ausland, wurde aber in frankreich festgenommen und kam dann im KZ buchenwald um. ein ausnahmepolitiker.

In den letzten Jahren der Weimarer Republik wurde er als prominenter, außenpolitisch verantwortlicher Sozialdemokrat zum Schmähobjekt für die rechtsradikale Presse. Er sah mit Klarheit die Folgen einer Hitlerdiktatur voraus:

„Wir haben die Frage auszuwerfen: was würde der Sieg des Hitlertums bei der Reichspräsidentenwahl bedeuten? Die erste Antwort — ich glaube, Sie sind darin mit mir einverstanden — heißt Sturz der Weimarer Verfassung. Gewiß, ich gebe zu, daß der Boden der Demokratie jetzt eingeengt ist durch das System der Notverordnungen, das herbeizuführen wir wahrhaftig nicht den Anlaß gegeben haben. Aber das Terrain ist noch da, das Terrain der Verfassung besteht, dieses Terrain, dieser Boden kann wieder bereinigt werden, die Stacheldrähte der Notverordnungen können beseitigt werden. Kommt das Hitlertum zur Herrschaft, dann ist das Fundament beseitigt, auf dem wir das Haus unserer Zukunft und das Haus unserer Kinder aufbauen können.“[3]

In derselben Rede grenzt sich Breitscheid von den Kommunisten ab:

„Sie beantragen, daß alle privaten Schuldverpflichtungen an das kapitalistische Ausland annulliert werden. Die Kapitalisten, Großbanken und Großunternehmer, werden bereit sein, Ihnen eine Dankadresse zu überreichen. Sie stellen sich schützend vor die kapitalistischen Schuldner, die leichtsinnig, leichtfertig Geld aufgenommen haben, das sie nicht zurückzahlen möchten. Die Kommunistische Partei kommt und streicht mit einem Federstrich die Schulden der Kapitalisten. Ich muß schon sagen: eine größere Selbstaufopferung haben wir auch bei der Kommunistischen Partei noch nicht erlebt.“[4]


rudolf breitscheid über hitler und goebbels 1932

der obige aussschnitt aus der parlamentssitzung vom 24. februar 1932 wurde auf schallplatte mitgeschnitten und liegt heute digitalisiert beim → deutschen rundfunkarchiv. er ist in gewisser weise untypisch für damalige verhältnisse, weil immer, wenn die nationalsozialisten im parlament (und nicht ausgeschlossen oder unter protest ausgetreten) waren, große unruhe herrschte. breitscheid legt in dem ausschnitt seinen finger in eine wunde: hitler, so sagt er, verabscheue die parlamentarische demokratie. warum, so breitscheid, hält goebbels dann laufend reden im parlament?

hitler war damals noch österreichischer staatsbürger, also weit davon entfernt, als abgeordneter in den reichstag gewählt zu werden. goebbels dagegen war ordentlicher abgeordneter. am ende des ausschnitts bemerkt breitscheid, dass goebbels in seiner rede vpor kurzem im sportpalast hitler bereits als reichspräsidenten bezeichnet hat.

drohnenflug live im | DLF

facebook-seite zur sendung

heute drehte sich die sendung “marktplatz” um den boom der drohnen am himmel. → hier nachzuhören. das foto oben hat jan-martin altgeld von der DLF-onlineredaktion aufgenommen. ich war in der ersten halben stunde südöstlich vom funkhaus auf einer öffentlichen wiese und startete von dort. dies ist der unbearbeitete film dieses flugs:

live in der sendung “marktplatz” heutemorgen

das video zeigt den flug live während der sendung. der ton aber ist nicht der sendungston, sondern der lokale mitschnitt meines smartphones. weil es in den controller eingespannt ist, hört man das surren des ventilators des controllers in meiner hand. unten das video, das jan-martin aus eigenem und meinem drohnenmaterial zusammengefügt hat:

facebook-post vom deutschlandfunk

uli baronowskys | THRILL

THRILL screenshot

THRILL ist ein außergewöhnliches softwareinstrument. man erzeugt damit vorwiegend dunkle klangflächen, die sich interaktiv dramatisch ändern lassen, indem man im XY-feld hin und her fährt. ich habe die software mitte juli 2017 für WDR3/tonArt rezensiert und dazu uli baronowsky in seinem studio in köln besucht.


THRILL rezension in WDR3 “tonArt”

sender = empfänger | frühe 1920er

radiobasteln für die schweiz

die frühen radiozeitschriften handelten noch nicht oder kaum von dem, was wir seit mitte der 1920er jahre unter radio verstehen. selbst beim start des rundfunks 1923 war mit radio noch häufig der eigene sender gemeint. die US-regierung unternahm ab 1922 vorstöße, die zahllosen einpersonen-sender zu sanktionieren, um dem kommerziellen rundfunk breitflächig auf dem engen frequenzband der mittelwelle platz zu machen. auch im deutschen reich und der schweiz schossen radiobastler ab ca. 1920 aus dem boden. nur so ist die große menge von funkzeitschriften zu verstehen, die gleichermaßen sender und empfänger des „drahtlosen rundfunks“ bediente.

die zeitschriften unterschieden sich in ihrer technischen tiefe. die meisten zeigten schaltkreise zum eigenbau von radioanlagen, einige beschäftigten sich mit rundfunkpolitik und rechtsfragen. blitzeinschläge in sende- und empfangsantennen waren ein großes thema. funkzeitschriften forderten ihre leser auf, von der auswirkung von gewittern zu berichten. streits mit vermietern endeten in gerichsverfahren, weil diese nach blitzeinschlägen im haus das antennenkabel kappten und dazu in die wohnung des mieters eindrangen. in leserbriefen waren tipps zu lesen, in welchem winkel man antennen zum wetter stellen sollte, um die empfangsqualität bei unwettern zu verbessern.