mit facebook woanders | anmelden

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anmelden mit facebook – vorsicht, falle!

ein typischer fall von einloggen bei einer neuen app oder webseite: man möge sich mit einem neuen account anmelden (und damit seine email-adresse preisgeben) oder seine facebook-login-daten eintippen, also den benutzernamen bei facebook (in der regel der realname) und das facebook-passwort.

die betreiber aller dieser apps und webseiten behaupten, das passwort, das wir ihnen übermitteln, nicht zu speichern. das ist der reine hohn. selbst wenn dem so wäre, es ist jenseits aller schutzmaßnahmen für die privatsphäre, einer x-beliebigen firma, die man nicht kennt, sein facebook-profil zu schenken. denn genau das tut man damit.  die meisten menschen haben so viele private dinge über sich in facebook hinterlegt, dass die zuordnung eines neuen nutzers (wie bei der app oben) zu einer realen person schier gold wert ist.

also: in jedem dieser fälle die zweite option wählen, auch wenn sie umständlich ist. außerdem kann man versuchen, für die registrierung eine wegwerf-email-adresse zu verwenden. über die kann niemand irgendwelche rückschlüsse auf uns ziehen.

über wegwerf-email-adressen in kürze mehr.

einsteins allgemeine relativitätstheorie | wird 100

… und dazu habe ich für forschung aktuell im deutschlandfunk eine trailer- und jingle-reihe entwickelt, die auf das themen-special hinweist. hier ein vorgeschmack:

 


trailer für “raum trifft zeit”-reihe im deutschlandfunk

technisch besteht der 35-sekünder aus acht spuren, wovon zwei mit großen hallfahnen versehen sind. das grundmotiv in f-moll/dur bildet der dreiklang einer jazzgitarre, zusammen mit einem vocoder. die vocoderstimme spricht die kernelement “raum” und “zeit”. die schauspieler (vier an der zahl) stammen aus dem sprecherensemble des deutschlandfunks, und garniert wird das stück mit originaltönen aus zwei interviews, die mein kollege frank grotelüschen zum thema geführt hat.

dot brauer | transgender movement

dot-brauerdorothy “dot” brauer, transgender-beauftragte der universität von vermont, USA

↓ scroll further down for english…

 im februar las ich einen artikel in der new york times über die sex-neutralen toiletten an der universität von vermont. transgender-personen können sich in die uni-datenbank neuerdings mit einem vornamen ihrer wahl eintragen, der dann auch erhalten bleibt, solange die person das möchte. im deutschlandfunk, in der sendung corso, haben wir meinen report darüber deswegen → “sally darf joe heißen” genannt.

das interview mit dorothy brauer, die für diese umbrüche zuständig ist und die abteilung LGBTQA leitet (LGBT = lesbian gay bi trans), war sehr ausführlich, und in dem kurzen DLF-stück natürlich nur in bruchstücken zu hören. hier ist es in voller länger, unübersetzt, amerikanisch. meine zwischenfragen, von denen es wimmelte, habe ich herausgeschnitten. so spricht dorothy, die für alle “dot” heißt, alleine eine gute halbe stunde. sie spricht über das bedürfnis von immer mehr jungen menschen, nicht auf ein geschlecht festgelegt zu werden. sie erzählt von der maskulinen amerikanischen kultur, gegen die die transgender-bewegung antritt. sie meint, die vergewaltigungswelle an amerikanischen universitäten, von denen man in den letzten jahren las, hängt mit der althergebrachten cowboy-gesellschaft zusammen. dot glaubt nicht, dass man diese missstände allein mit gesetzgebung ändern kann. und sie spricht über software: warum es so schwierig war, das computersystem am campus so umzustellen, dass es nachhaltig die vornamen aus dem pass vergisst, falls gewünscht. nicht trivial, weil sich “joe” dann auch in den zwischenprüfungsdokumenten findet. sicher wird es bald studienabschlüsse geben, wo sich dann die studierenden selbst fragen müssen, ob sie den joe behalten wollen, wenn sie zum beispiel jurist(in) werden wollen.

∟english: in february i read an article in the new york times about the transgender movement at the university of vermont: gender neutral toilets (uhm: bathrooms) and a computer system which now accepts sally to enter a sex of her choice and choose a first name of her choice, joe for example. i interviewed dot brauer for german national public radio about this issue and other key topics related to transgender: american politics, culture,  masculinity, cowboy-nature, software issues and the LGBTQA [Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Questioning & Advocate] department on the campus dot brauer founded. here is the uncut interview, ca. 30 minutes.


dot brauer, interviewed by maximilian schönherr, february, 2015. (c)

see also this beautifully written article by tahmima anam in the new york times about urinating in bangladesh: impossible for women, easy – with an odd religious backdraw – for men.

mad max | fury road

madMax_furyRoad_ticket

ich wusste immerhin, → fury road ist nicht der erste, sondern der x-te mad max film. also ging ich mal mit thomas und claudia rein. OV mit 3D-zulage von 1 €. claudia war die expertin, weil sie schon den allerersten mm kannte. urteil: hat sich inhaltlich nichts geändert. thomas meinte im vorfeld: dem trailer nach könnten die bösen in dem film im subtext ISIS heißen. nachdem wir den film gesehen hatten: nö, nix ISIS. ich dachte allenfalls bei den spritgeilen, aus den bergen kommenden wadenbeißermotorradfahrern, es könnten taliban sein, natürlich nur im subsubtext.

tolle unterhaltung mit selbstverständlich sinnfreier aussage. zwei lieblingseinstellungen: als die girls das erste mal zu sehen sind, wie im traum, so makellos, neben dem archaischen kriegsgefährt. und wenig später, als der sturm aufkam, am rechten bildrand, eine wand, wie eine sturmflut aus sand.

probleme hat dieser fast komplett mit 3D-animationstechniken gedrehte film eigentlich nur noch mit einer sache: winzige personen (eben realschauspieler) auf größeren maschinen, aus der ferne. da passen die dimensionen, klar, die sind trivial zu machen, aber die ästhetik funktioniert nicht. sowas kam oft vor, meist in rasender fahrt. so wie der film fast immer in rage ist, und bestens geeignet für die 1 € 3D-zulage.

das klexikon und | der po

oder: warum die erste freie Enzyklopädie für Kinder so unfrei ist

von Maximilian Schönherr (c)

 Mai 2015

 

po-versteckt

am ende dann von administrativer hand gut versteckt, der po

Es gibt eine Enzyklopädie, die ein Vorzeigeprojekt des Internet ist, weil sie nichts kostet, von allen geschrieben wird und trotzdem ziemlich vernünftig dasteht: die Wikipedia.

Ende jedes Jahres fordert der Verein, der dahinter steckt, die Wikimedia, Spendengelder ein. Von den Millionen finanziert die Wikimedia dann die Anwälte bei Rechtsstreits über bestimmte Artikel, die Programmierer, die Rechenzentren für die Daten – und ab und zu neue Projekte – wie eine Enzyklopädie für Kinder um die 10 Jahre.

Dieses Projekt heißt Klexikon und ist gerade im Entstehen. Das Klexikon wird offiziell, sobald es, spätestens Ende dieses Jahres, 1000 Artikel umfasst.

Nach anfänglich hervorragender Stimmung zwischen den beiden Initiatoren und einer Handvoll von Erstautoren kam es zum Eklat.

Einer der – selbstverständlich unbezahlt schreibenden – Autoren war an einer Schule vorbeikommen, hatte die Kinder laut sich gegenseitig die Worte „Arsch“ und „Arschloch“ zurufen gehört und bei sich gedacht: Jetzt ist ein Klexikon-Artikel fällig, der dem Arsch Wiedergutmachung leistet. Und er schrieb ihn.

Der Kinder-Artikel über den Po erzählte völlig unanzüglich vom großen Muskel, der uns das lange Sitzen und den aufrechten Gang ermöglicht, und von der kleinen ringförmigen Öffnung in der Mitte, die der bequemen Ausscheidung zuvor elegant verwerteter Nahrung dient. Der Artikel über den Po gereichte dem Arsch zur Ehre. Er war kindgerecht, rund und gut, meinten andere.

Aber einem der Initiatoren des Kinderlexikons gefiel der Po gar nicht. Er warf dem Autor vor, ein Thema behandelt zu haben, das nicht auf der Wunschliste stand. Auf der Wunschliste stehen Dinge wie Dreißigjähriger Krieg und Füllfederhalter. Der Po-Autor war schon vorher unangenehm aufgefallen, weil er ungeplant Artikel über Dinge ins Klexikon gebracht hatte, die Kindern näher stehen als der Füllfederhalter oder der Flaschenzug: übers Mobbing zum Beispiel, über den Begriff Online und die App.

Der Mit-Initiator pochte auf die Regel: Nur die Wunschliste ist abzuarbeiten! Es könnte ja sonst jeder daherkommen und tun was er will. In der Wikipedia kann jeder daherkommen und über alles schreiben, so (und nur so) funktionierte die Wikipedia von Anfang an. Das Klexikon aber nicht. Der Po-/Online-/App-Autor pochte darauf, Themen selbst zu setzen, denn ein Freiwilligenprojekt könne doch nicht funktionieren, indem man Autoren zu Themen zwinge, wie Redakteure eines Verlags das gern tun.

Diese Hartnäckigkeit gefiel dem Po-Gegner, der das Klexikon mit gegründet hat, gar nicht. Er löschte strafend ein Bewegtbild aus dem Artikel, das den Po-Muskel Gluteus Maximus beim Gehen zeigte (natürlich von hinten, geschlechtsneutral). Begründung für die Löschung: könnte bei den Kindern Lustgefühle entwickeln. Stattdessen kamen nun plötzlich Ausdrücke in den Artikel, die so rustikal sind, dass kein Kind sie kennt und kennen wird, wie „auf 10 Buchstaben sitzen“ und „Podex“, selbstverständlich samt etymologisch korrekter lateinischer Herleitung.

Der Po-Autor stellte, leicht angesäuert, in der Diskussion die Grundsatzfrage, ob man im Kinderlexikon vielleicht erst mal „prüde“ und „Lust“ besprechen müsse, bevor der überaus kräftige, elegante Gluteus Maximus von einem, dem der Po per se nicht passt, entfernt würde. Und er fragte ketzerisch, ob die Kinderenzyklopädie für Kinder oder vielleicht doch eher für Lehrer gedacht sei? Das fasste der Po-Kritiker als persönliche Beleidigung auf. Und schwieg fürderhin.

Bei der nächsten Konferenz der beiden Initiatoren des Klexikons aber schwieg er nicht mehr, sondern brachte diesen Fall vor. Und dann wurde entschieden, dass derlei Aufmüpfigkeit nicht willkommen ist. Ohne weitere Rückfragen sperrte man den Po-Autor aus. Konto stillgelegt. Von oben nach unten durchgegriffen, wie bei einem Verlag. Das Gegenteil dessen, wodurch die Wikipedia groß und stark wurde.

Ach so, der Autor von App, Online, Lineal, Fingernagel, Herz, Tür, Mikrofon, Mobbing und Po – war ich. Schade, ich hätte Euch gern weiter geholfen. Aber nicht mit Füllfederhalter, sondern vielleicht mit Skateboard, Death Metal, voll fett, cool und geil.


revision nach kurzer rücksprache, ob die beiden initiatoren sich einen monat später vielleicht an die eigene nase fassen: tun sie nicht. frühere postings über die damals noch aktuelle entwicklung im klexikon finden sich hier und hier und hier.

nachkriegserziehung | mit haken

sollDasDieZeitungBringenberliner zeitung vom 4. juni 1945

dieser artikel aus der berliner zeitung vom 4. juni 1945 spricht bände über das, was war, und das, was kommen würde. er ist typisch, weil nur einer von zahllosen mit derselben grundhaltung in den tagen, monaten, jahrzehnten, die folgten.

eine leserin hatte der redaktion geschrieben, die KZ-berichte überstiegen all das, was sie sich hätte vorstellen können. alles sei “noch viel schlimmer gewesen, als es sich überhaupt sagen läßt.” zu welchem schluss kommt sie? erste signifikante aussage: sie verlangt von dem blatt, solche schilderungen nicht mehr abzudrucken, denn “man sollte unter alles, was gewesen ist, einen endgültigen strich machen. wir müssen ja alle von vorn anfangen.” wäre diese frau eine der wenigen nicht-mitläuferinnen des hitler-regimes gewesen, hätte sie natürlich nicht so argumentiert. ihr brief argumentiert mit dem trauma: ich bin durch die 180° kehrtwendung (krieg nicht gewonnen, sondern verloren; hitler nicht gott, sondern feige; 1000jähriges reich schon nach 12 jahren völlig kaputt) wie gelähmt, sodass ich nichts mehr davon hören will! typisch für die zeit. und doppelt prekär, weil die befreiungen der insassen von vernichtungslagern erst wenige wochen her waren.

wie reagiert also die zeitung auf den leserbrief? sie wirft der frau diese verdrängung vor und droht ihr mit noch mehr horrorgeschichten:

welche berichte könnten geeigneter sein, dem volk zu zeigen, von wem es sich regieren ließ, als all die berichte der ehemaligen politischen gefangenen?

die jungen nachkriegs-zeitungen in den westlichen besatzungszonen gingen wesentlich zärtlicher mit den faschisten um. die antifaschistische, sozialistische berliner zeitung vertritt die sozialistische leitlinie der umerziehung. der mensch, der für den sozialismus noch nicht reif ist, muss dafür reif gemacht werden. der satz oben sagt genau das: du wirst dir das elend ansehen müssen, ich zeige es dir, bis du geheilt bist.

vor allem aber ist bezeichnend, aus welcher perspektive die redaktion argumentiert: sie tut so, als habe sie damit selbst nichts zu tun gehabt, als spräche sie, einen monat nach kriegsende, aus dem weltall auf die berliner exnazis und mitläufer nieder:

wir sind der meinung, daß der deutschen bevölkerung immer wieder die wahrheit über ein system vor augen gehalten werden muß, das eine seiner stützen in der deutschen passivität fand.

hier sind wir, und dort ist die deutsche bevölkerung. zwei völlig verschiedene dinge.

das ist die haltung der späteren SED und DDR: faschisten (zurecht) verurteilen und dabei so tun, als seien keine unter ihnen selbst; den nationalsozialismus so von sich weisen, als hätten ihn alle anderen unterstützt, nur sie selbst nicht. daraus wurde sehr schnell das argument, auf dem boden der sowjetischen besatzungszone und 1949 gegründeten DDR gäbe es grundsätzlich keine faschisten, keine rassisten, keine antisemiten mehr. die waren auf verwunderliche weise direkt nach der teilung alle in den westen verschwunden. so die diktion.

damit lag die zeitung (und die spätere DDR) auf derselben linie wie die leserbriefautorin: sie verdrängte. sie schob alles auf den westen und meinte, selbst nichts aufarbeiten zu müssen. in diesem kleinen artikel steckt also auch das scheitern der DDR. und das aufkommen der neonazis nach der wiedervereinigung, vor allem im osten, wie wir wissen.

1946: nicht jammern | aufbauen!

offeneAntwortAufEinenLeserbrief_1946

für den wikipedia-artikel über den → leserbrief, in den ich vorhin einiges reinschrieb, suchte ich ein bild. ich dachte mir, gucken wir mal direkt nach kriegsende, und da fand ich auf dem internetportal der berliner staatsbibliothek die digitalisierte ausgabe der berliner zeitung vom 14. märz 1946. es gab da keine leserbrief-rubrik, aber leserbriefe, von denen es vermutlich nur so wimmelte, wurden zitiert und von der redaktion kommentiert.

der oben abgebildete artikel geht auf die zuschrift einer frau käthe f. ein, die nicht nur darüber klagt, dass die versorgungslage in berlin so schlecht sei, sondern auch die journalisten auffordert, gefälligst mehr dafür zu tun, damit sie nähgarn, holz und kohle bekäme.

BZ-redakteur “Th.” antwortet in scharfem sozialistischem ton: die “älteren fachleute”, die käthe f. gern als aufräumer und aufpasser hätte, seien “fachleute des kriegshandwerks und massenmords. wir haben genug von diesen fachleuten.” der autor rät der leserbriefschreiberin, sich politisch in einem frauenausschuss zu organisieren, dort fände sie dann auch nähstuben.

der wikipedia-artikel über den leserbrief hat jetzt diesen brief als bild, aber nur den anfang. hier ist er in gänze.

alima | die kreuzfahrtschiffschnulze

vermeer_Ohrringvermeer’s mädchen mit dem perlenohrring könnte alima sein…

im digitalen logbuch (deutschlandfunk → forschung aktuell → computer und kommunikation) sprechen wir in der regel. vor einer woche sang ich ausnahmsweise mal, nämlich diesen → rap über einen nerd– einen sich selbst überschätzenden jungen hacker mit gebrochener kindheit. und heute sang ich wieder. der song heute hieß “alima” und beruht auf einem wahren spam, nämlich diesem:

alima_songAusSpamoriginal-spam, vermeintlich von alima

ich fand diese leicht holprig aus irgend einer sprache automatisch ins deutsche übersetzte kontaktanfrage so reizend, dass ich einen reizenden schlager draus machte. ich packte textlich dazu gleich einen weiteren, nicht minder entzückenden spam in englischer sprache, auch er original. hier ist die webseite des deutschlandfunks → zu dem stück, und hier ist, für alle ewigkeit, der schlager selbst. ich stellte mir beim komponieren und singen vor, vor rentnern auf einem kreuzfahrtschiff zu singen:


digitales logbuch: alima

fliege auf | schnauzbart

fly_toothbrushfliege auf schnauzbart*

die oxford dictionaries feiern heute, vermutlich rein zufällig, das wort “fliege”. es ist kein wort, das im englischen angekommen ist, es geht hier vielmehr nur um das deutsche wort für deutschlernende briten. englisch und deutsch sind sich bei der verwendung der fliege weitgehend einig:

  • people were dying like flies (menschen starben wie die fliegen)
  • he couldn’t hurt a fly (er konnte keiner fliege was zuleide tun)

nur bei den zwei fliegen, die wir deutschen meist vergeblich mit der einen klappe (der fliegenklatsche) schlagen, folgt der brite uns nicht. er tötet lieber zwei vögel mit einem steinwurf:

  • he kills two birds with one stone.

das wörterbuch erinnert auch an das umgangssprachliche “die fliege machen”, englisch “let’s beat it”, hau’n wir ab. außerdem wird die alternative zur krawatte erwähnt (bow tie), und ein bart, der sich fliege nennt und im englischen shadow heißt.

diesem haarwuchs ging ich kurz nach, denn mir ist die fliege als barttyp nicht bekannt. unter der fliege versteht man laut wikipedia den → zweifinger-, chaplin- oder hitlerbart. der heißt im englischen aber gar nicht schatten, sondern zahnbürstenschnauzer: toothbrush moustache. der shadow beard ist etwas ganz anderes, nämlich meist two-day shadow oder, bei stärkerem bartwuchs, der 5 o’clock shadow genannt: ein schatten von einem bart, deutsch in etwa mit dreitagebart übersetzbar.

in der englischen wikipedia gibt es, mit referenz auf die 1980er jahre und george michael, den → designer stubble, also das wohlgeformte stoppelfeld.

oxford dictionaries irren also ausnahmsweise.


* fliege: → f. christian thompson; zweifingerbart: → yanka mushon zer-aviv. collage: ms. die fliege ist übrigens eine costa ricanische schwebefliege, benannt nach dem microsoft-gründer bill gates, lateinisch: → eristalis gatesi. microsofts paul allen sollte auch nicht leer ausgehen. nach ihm ist eine ähnliche schwebefliege benannt: eristalis alleni.

 

supreme | my love

mit meinem ewigen bass-ohrwurm von john coltrane:


supreme, my love. (c) ms 2015

supreme, my love
the sand out of your eyes
have you ever
[supreme]
wiped the sand out of your eyes?
[my love]
have you ever stayed in the sun
harvested strawberry fields
forever
never

tell me if | it rains or…

… if the spring is coming through!


tell me if it rains. (c) ms 2015

wo ist der tag
wenn der tag weggeht
wenn auf der wand steht
er geht nicht weg
die nacht bleibt
eine scheibe rollt
[und der flieder blüht
der flieder blüht]

den weg entlang runter
oben auf dem dach
geht ein licht an
eine kerze

der farbverlauf | ohne farbe

farbverlauf_bildbearbeitungcolour ramp / farbverlauf in einem bildbearbeitungsprogramm

farbverläufe (farbgradienten im fachjargon) gehören zu den standardwerkzeugen der bildbearbeitung. der hier oben ist sehr bunt und sehr komplex. rechts sieht man den übergang linear, und links bereits in einem ersten abstraktionsgrad, nämlich zirkulär. willheißen: was linear von rot über lila nach blau, grün, gelb und wieder rot geht, beschreibt ebenso gefärbte kreise.

es gab eine zeit, vielleicht vor so 20 jahren, da nahmen bestimmte effekte in der bildbearbeitung krass zu – man konnte sie nicht mehr sehen. unter anderem waren das schlagschatten und eben zu beliebig eingesetzte farbverläufe. aber nichts täuscht darüber hinweg, dass der farbverlauf in der natur zum standard gehört.

farbverlauf_himmelfarbverlauf des himmels von einem hellen in ein dunkles blau. foto: a. davey/wiki commons

der englische begriff für den farbverlauf ist ramp. ich spreche jetzt von verlauf oder ramp und zeige eine ganz andere, sehr sinnvolle anwendung dieser technik – nämlich in der 3D-animation. über das hier verwendete programm (autodesk maya) habe ich vor über 10 jahren mehrere bücher geschrieben. → hier sind sie zu sehen, und noch einiges mehr aus der zeit, als ich für die sendung mit der maus arbeitete und für die industrie 3D-animationen anfertigte.

hair_01simulation von haaren. verlauf der strähnenbreite

im bild oben ist das zu sehen, was in maya nHair heißt – ein modul zur simulation naturgetreuer haare. ich habe die standardeinstellungen verwendet und die haare auf einer ebenen grauen fläche gepflanzt. rechts sieht man einen verlauf, nämlich unter der rubrik “clamp width scale”. der verlauf regelt hier die dicke der strähnen zwischen ihrem beginn (dick) und ihrem ende (dünn). ich ändere nun den verlauf ab:

hair_02verlauf für die dicke mit minimum in der mitte

ich habe zweierlei gemacht: einen zusätzlichen punkt in den verlauf eingebracht, das markierte minimum in der mitte, welches dafür sorgt, dass die strähnen im mittelbereich sehr dünn werden, und das leicht erhöhte ende (rechts im verlauf), welches dafür sorgt, dass die haare oben nicht streng auf einen punkt zusammenlaufen, sondern wie getreidebüschel oben etwas breiter zu sehen sind. jetzt treibe ich das etwas weiter:

hair_03der verlauf erzeugt nun eine baumform.

die baumform der haarbüschel entsteht durch den verlauf, der zwar logisch mit den abgebildeten haaren verknüpft ist, aber gar nicht danach aussieht. links beginnt der verlauf relativ niedrig. das heißt: die haarbüschel starten da, wo sie aus der grauen fläche herauswachsen, ziemlich dünn. der verlauf geht von diesem niedrigen wert nun zu einem minimum. bei den haarbüscheln bedeutet das, sie werden von unten zur mitte hin dünner. dann kommt im verlauf ein steiler anstieg. der schlägt sich in den haarbüscheln in der verdickung in der mitte nieder. und dann flacht der verlauf langsam auf null ab – die haarbüschel werden ebenso sanft nach oben hin ganz schmal.

hair_04nach der haarbüscheldicke nun die haardicke

bisher hatten wir es mit der dicke der haarbüschel zu tun, nicht mit der dicke der haare selbst. natürlich kann man die haare beliebig dick oder dünn machen. aber auch hier ist es interessant, das eleganter zu gestalten. oben sehen wir die hair width scale, mit der wir bisher gespielt haben, und darunter, rot markiert, die hair width scale. standardmäßig ist hier eingestellt, dass die haare über fast ihre ganze länge konstant dick sind und an der spitze viel dünner werden. das zeigt uns der verlauf oben, das zeigen die haare.

hair_05haardicke unten gleich null

mit zwei klicks lasse ich die haare unten ganz verschwinden und blende sie in der mitte sanft ein. der verlauf zeigt das so: null von links bis zur mitte = haardicke null, also haare nicht zu sehen. es folgt ein steiler, aber nicht treppenartiger anstieg; das bedeutet, die haare werden von ihrer länge null langsam auf eine sichtbare länge hochgebracht, also sichtbar. und im verlauf nach rechts hin sinkt die kurve dezent ab. die haare werden zur spitze hin allmählich dünner. das sieht man übrigens aus der nähe. dass die haarbüschel oben zusammenlaufen, hat nicht mit hair width scale zu tun, sondern mit dem verlauf, der uns oben beschäftigt hat.

hair_06clump curl – verlauf für die drehung der haarbüschel in sich

sehr viele parameter in programmen wie maya, cinema 4D oder 3D studio max lassen sich mit verläufen elegant einstellen. vorletztes beispiel: die drehung der haarbüschel in sich, also die lockigkeit. der verlauf con “clamp curl” ist oben linear. das heißt, die haare gehen direkt nach oben. wenn wir diesen verlauf ändern, verdrillen sich die haarbüschel:

hair_07verdrillte haarbüschel

der verlauf startet jetzt links etwas über der mitte. das heißt, die haare sind unten ein wenig stärker in die eine richtung verdreht als ein bild weiter oben. dann steigt die kurve im verlauf ab und bleibt da unten. das bedeutet bei den haaren, dass sich die büschel ziemlich weit unten in die andere richtung verdrillen und dann bis oben so stark verdrillt bleiben.

hair_08explizite verlaufstextur für unregelmäßigen haarwuchs

in diesem letzten beispiel habe ich die verdrillten haare oben genommen und ihnen eine “baldness texture” verpasst, einen verlauf vom schwarz ins weiß. schwarz bedeutet im haarwuchsbild die rechte seite der grauen fläche, weiß bedeutet die linke seite. der verlauf sorgt dafür, dass überall da, wo er weiß zeigt, keine haare wachsen; da, wo er grau zeigt (in der mitte der grauen fläche) wachsen ein paar haare. ganz rechts wachsen die haare normal; das entspricht dem schwarz im farbverlauf – volle sättigung.

unterm strich: ein farbverlauf, ein ramp, ist ein starkes werkzeug für viele dinge. besonders anschaulich bei der eleganten modifizierung von parametern bei 3D-software. vielleicht mag sich der leser fragen, warum die haare so steil nach oben ragen? das liegt daran, dass sie auf der horizontalen fläche nicht wissen, wohin sie fallen sollen. ich könnte einen wind simulieren, aber einfacher ist es, die graue fläche zu drehen. ich tat das mit genau drei klicks. das hat mit dem verlauf nichts zu tun, deutet aber die stärke der haarsimulation an. es lässt sich viel realistischer machen, inbesondere mit viel viel mehr haaren und besserer ausleuchtung. aber das prinzip dürfte klar werden:

haarsimulation mit drei klicks

das lenkrad | erzählt uns was

für meine nächste größere sendung, ein wissenschaftsfeature für den deutschlandfunk über mensch-maschine-schnittstellen, habe ich fast 10 experten interviewt; ein interview toppt das nächste. allein schon meine frage, ob das internet im sinn der mensch-maschinen-interaktion eine maschine ist, sorgte für herrlichen diskussionsstoff. das ziel der mensch-maschinen-schnittstelle, sagte mir paul lukowicz vom deutschen forschungszentrum für künstliche intelligenz in kaiserslautern sei ein interface, eine schnittstelle, die gar nicht mehr da ist, der mensch quasi als teil der maschine. diese vorstellung gefiel anderen wiederum gar nicht.

Klaus_Benglerklaus bengler, TU-münchen

die sendung wird neben dem hart technischen einen stark philosophischen aspekt haben und mehrere zukunftsszenarien aufmachen. eins davon beschreibt der leiter des lehrstuhls für ergonomie an der technischen universität münchen, klaus bengler. ihn kenne ich schon länger, also sind die gespräche sehr entspannt, wie man bei dieser perle (eine von vielen), die in der sendung vorkommen wird, hört.


bengler: das lenkrad erzählt uns etwas.

der nerd-rap | deutschlandfunk

nerd_Archiboldiannerd am PC. original: Archiboldian (wiki commons), bearbeitet

im “digitalen logbuch” des deutschlandfunks singen und spielen wir normalerweise nicht. es handelt sich ganz wie kapitän kirk’s logbuch der enterprise um einen tagebucheintrag. ab und zu weichen wir von dem konzept ab, und das → heutige digitale logbuch ist ein beispiel dafür. ich singe einen rap.

 
digitales logbuch: der nerd-rap. DLF 2. mai 2015

der text entstand beim gehen. ich gehe gern im 80 bpm-takt, und die zeilen purzeln dann so vor sich hin. die erste zeile lautet “hey, ich bin ein nerd, N-E-R-Död”.

im büro angekommen, rief ich mein kompositionsprogramm auf,  legte einen drum-loop (halion sonic vst plug-in) mit 82 beats pro minute, 35 takte (2 minuten) lang an und rappte dazu. an einer stelle kommt der → hashtag (#) im text vor. das wort warf mich aus dem rhythmus, ich kam nur bis “hash”, dann taktende, dann taktanfang, dann erst sagte ich “tag”. stopp. frust. bis mir auffiel, die trennung von hash und tag macht ein wortspiel, wenn ich danach mit hell weitermache. tag-hell. das ist ja die zeit, wo unser nerd noch schläft. gefiel mir so gut, dass ich dachte, okay, und wie komme ich nun zum schluss?

ich ging dann zum essen, mit martin, und da fiel es mir ein, die geschichte mit der geburt, der taufe, der schweren menschwerdung und geschlechterrollenfindung unseres klischee-nerds.

hier der cubase-aufbau: ganz oben die rap-vocals, darunter sechs spuren mit den support-vocals (“flieg wie ein bird durch die nacht…” etc.) mit verschieden starkem hall und ein paar polyphonen stellen. ganz unten der loop.

digitales logbuch - nerd-rap - cubase-spurender nerd-rap im sequencing-programm: 7 stimmspuren, eine instrumentenspur

ein outtake gefällig? hier nur die vocals, also ganz ohne drums.


der nerd-rap, ausschnitt; nur text und gesang

Die Lyrics:

Hey, ich bin ein Nerd. N-ö-r-död
Hab das Gesicht voll Pickel.
Die NSA am Wickel,
das BKA mit nem Agent verseucht.
Meine Mühle ist sauber, clean, lean.
Die SSD bootet wie Sau, ich bin ein Nerd,
flieg wie ein Bird durch die Nacht.
Bin sehr spät auf der Matte,
im PC keine Platte, SDRAM ist Flash.
Moin moin, Hash! Tag-hell,
Die Schule schon aus, ich geh ausm Haus.
Kehr gleich wieder um.
War eh viel zu dunkel für Sport.
Hell ist mein Ort, der Code auf Schwarz.
Ich bin ein Nerd,
flieg wie ein Bird durch die Nacht.
 
Ich hab die Macht, Anonymous
ist mein Backbone, ich komm nicht aus Paderbone,
auch nicht aus Tennessee, aber am Chiemsea
hab ich schon mal gebadet als Kind,
das ich nie war, denn ich bin ein Nerd,
als Nerd geboren, von ner Kiffermama
auf nen kleinen Schemel in die Welt gesetzt,
oben, mit meinen kurzen Ärmchen kaum zu fassen,
Miss Pacman am Schirm, danke, Mama, mein Joystick.
Sie guckt Gene Hackman, so brutal.
Ich mach dir den Code zum Breakfast, Mama.
Wir leben im Valley, ich in der Alley, du bist meine Geiervalley.
 
Daten sind frei, ich schwebe verschlüsselt über den Schüsseln
der Häuser, Johannes der Täufer mein Name.
Schwul, transgender, Bird,
flieg wie ein Bird durch die Nacht.
 
Er ist ein Nerd, er fliegt wie ein Bird durch die Nacht.