infame japaner | roosevelt 1941

FDR_congress_pearlHarbor_1941franklin d. roosevelt ändert details in seiner adresse an den kongress 1941 nach pearl harbor

die franklin d. roosevelt-sammlung in den national archives upstate new york veröffentlichte jetzt handschriftliche änderungen zuvor diktierter reden des präsidenten. hier sehen wir → den entwurf einer rede vor dem kongress, unmittelbar nach dem überfall der japanischen streitkräfte von US-basen auf hawaii (pearl harbor). aus der formulierung des 7. dezember 1941, der als tag in die weltgeschichte eingehen werde, machte der präsident den tag der schande (“infamy”). aus “die vereinigten staaten von amerika wurden gleichzeitig von marine und luftwaffe angegriffen” wurde “plötzlich von marine und luftwaffe angegriffen”. “ohne vorwarnung” hatte er handschriftlich hinzugefügt, dann aber wieder durchgestrichen.

auf der webseite des archivs findet sich auch die rede, die roosevelt dann tatsächlich hielt. am tag zuvor schickte roosevelt eine depesche an den japanischen kaiser, in dem er ihn auf die 100jährige friedliche koexistenz beider staaten hinwies und seine sorge über japans expansion in indochina. auch das ein sorgfältig redigierter text, manche seiten von ihm abgesegnet, und zwar so:

okayFDR_1941“Ok FdR”

das FDR-archiv enthält auch zahlreiche fotos, die mit der zeit der präsidentschaft zu tun haben, aber nicht unbedingt roosevelt zeigen. hier zum beispiel das foto eines unbekannten fotografen. es zeigt drei menschen zur zeit der wirtschaftsdepression auf einem 30 meilen marsch zu verwandten in santa fe – vermutlich, weil sie ihre wohnung verloren hatten.

FDR_collection_walkingToSantaFe_1935 fußmarsch 30 meilen zu verwandten, 1935, FDR library, dokument 491275(20)

und hier ein undatiertes foto, ca. 1940: verlegen von stromleitungen im ländlichen tennessee:

FDR_collection_TVA_linesverlegen von TVA transmission lines, FDR library #53227(1673)

russlandfeldzug, angela! | kommentieren leser

angelaRussia_theGuardian

im heutigen guardian steht ein artikel über angela merkels harschen kommentaren gegen russland und putins ukraine-politik. den artikel zieren, nach längeren werbestrecken weit unten, fast 200 kommentare. die kann man selbstverständlich knicken. oder dann doch mal lesen, um zu sehen, ob sich was geändert hat am britisch-deutschen bierkneipenverhältnis. na ja, ich find’s eigentlich ganz lustig:

  • ich rate angela, zu warten, bis der winter vorbei ist, bevor sie russland angreift.
  • dummer kommentar. ich hoffe, du hast dich bereits als freiwilliger für die front gemeldet!
  • ich bin mir unsicher. der russische bär hat ja gerade ein riesen fressfest auf der krim und in der ost-ukraine.

zündfunk radiotop | faktor 5 rätsel

zündfunkRadiotopJuli1997_zuspielCDzündfunk “radiotop” zuspiel-CD 14. juli 1997

mitte der 1990er habe ich im zündfunk “radiotop” das faktor 5-rätsel eingeführt. es baute auf einer damals neuen technologie auf, nämlich eine audio-datei zeitlich zu verändern, ohne die tonhöhe zu verändern. der hauptzweck war natürlich, ein musikstück oder einen rundfunkbeitrag einen ticken kürzer oder länger zu machen, ohne dass es auffiel.

das war für mich uninteressant, denn ich hatte alle zeit der welt zum senden. ich wollte die grenze dieser neuen technik ausloten und experimentierte eine weile lang damit herum, wie stark man ein bekanntes rockmusikstück zeitlich stauchen muss, bis es nicht mehr eindeutig zu erkennen ist, und kam auf den faktor 5. angenommen, das stück ist im original 5 minuten, habe ich es auf eine minute komprimiert, ohne die tonhöhe zu ändern. bei einer stauchung um den faktor 3 wäre es kein rätsel gewesen, denn man hätte das stück sofort erkannt. ich habe das damals mit vielen bekannten titeln ausprobiert. creedence clearwater revival’s 1970er hit “stop the rain” hörte sich, mit den damaligen technischen möglichkeiten auf ein fünftel der originallänge komprimiert, in der sendung vom 14. juli 1997 so an:


rätsel “faktor 5”: welcher song ist das, wenn man ihn fünfmal langsamer abspielen würde?

ich war der erste im BR, der seine zuspielungen für die sendungen nicht auf band mit ins sendestudio im 7. stock brachte, sondern ich brannte mir selbst auf einem 3000 DM teuren brenner meine CD und hatte damit alles selber in der hand. oben abgebildet die hülle der zuspiel-CD für diese sendung: das rätsel ist take 21, die auflösung, die ich zwei wochen später sendete, take 22 auf dieser CD.

windows-PCs waren damals untauglich für komplexe soundaufgaben, vor allem wegen ihrer unsauberen taktung. mein mac, ein centris 650, hatte eine eigene 2000 DM teure soundkarte von digidesign, mir der man in stundenlanger (warte)arbeit einen einigermaßen akzeptablen faktor 5 hinbekam. zum strecken hatte ich damals keine zeit. ich hätte mir gern mal angehört, was von dem original übrig ist, wenn man es nach der kompression wieder expandiert. heute ist das selbstverständlich kein thema mehr. hier habe ich das obige stück mal mit mittlerer qualitätseinstellung vierfach gestreckt. es ist also noch ein klein wenig schneller als das original, aber es hört sich ganz gut an. hier nur der refrain:


creedence clearwater revival, viermal zurückverlängert

das faktor 5-rätsel war bei den hörern beliebt und lief etwa zwei jahre. ich bekam so um die 30 richtige zuschriften pro rätsel. zu gewinnen war, glaube ich, ein stapel schrottiger schallplatten, die man uns radio-DJs ungefragt zugeschickt hatte. wir erstickten damals im plattenschrott.

hier gibt’s nochwas zum zündfunk.


so hört sich die sache heute an. ein beispiel mit janis joplin

wikiwissen für | die kleinen

klexikonMitDreiArtikelnganz rührender anfang: die kinder-wikipedia hat heute drei artikel.

ich weiß, nichts im radio nervt mehr als liliputzigkeiten. dass das jetzt neben der wikipedia entstehende kinderlexikon klexikon heißt – na ja. es wurde von dem ehrenwerten journalistenkollegen michael schulte initiiert und ist gerade in einer rührenden startphase. siehe screenshot. neben den drei artikeln über helgoland, die app und den zahn (alles kooperationen von im moment drei bis vier freiwilligen) gibt es eine ganze reihe von artikeln in der warteschleife. sie sind noch nicht ganz fertig, um in die freiheit entlassen zu werden. aber wegen der transparenz des wikiversums kann man sie selbstverständlich frei einsehen und mitmachen. → hier entlang.

punk 1958 | rumble von den ray men

rumble_cadenceRecords1958

in der BBC sah ich die doku “the joy of the guitar riff” und darin eine hommage auf “rumble” von link wray & his (w)ray men. das instrumental war 1958 bahnbrechend, weil rotzig, böse, laut, monoton, mit verzerrten gitarren und einem halb-shawnee-indianer als leader of ceremony, eben link wray. ich kannte den song vorher nur aus filmen und konnte ihn, weil er so modern war, nicht einordnen.

mein alter kollege carl-ludwig reichert mailte mir nach lesen dieses eintrags:

ich hab ihn mal kennen gelernt und gefragt, warum er den leder-rocker gibt. die antwort
war: weil es zu bestimmten zeiten wichtig ist, wieder zu den anfängen zurück zu kommen.
jede neue generation braucht das.

 

rumble ist rein instrumental und wurde trotzdem, wahrscheinlich weil er so rotzig und der titel so aufrüherisch war, von einigen US-radiosendern verboten. stieg aber in den US-charts auf platz 16 hoch und machte die prä-punks schlagartig weltberühmt.

jetzt gibt es dazu diesen wikipedia-artikel: rumble, das instrumental.

linkWray_1958link wray, ca. 1958. foto: unbekannt. via → library of congress

“unsere wehrmacht” | wikipedia

ein anonymer autor hat heute den wikipedia-artikel über die bombardierung von rotterdam durch die nazis 1940 umgeschrieben, scheinbar harmlos: und zwar änderte er an unzähligen stellen das sachliche “der/die/das” in ein “unser”. beispiel: “die wehrmacht tat das und das” stand dann da: “unsere wehrmacht tat das und das.” in der wikipedia gibt es seit einigen jahren einen mechanismus, der es zwar nach wie vor jedem erlaubt, etwas zu editieren, aber bevor es für den rest der welt sichtbar wird, muss es jemand, der schon paar monate dabei ist, gesichtet wird. so auch in diesem fall. natürlich hat der sichtende kollege die änderungen nicht akzeptiert und zurückgesetzt.

hier der screenshot dieses vorgangs: links und rechts hervorgehoben die dinge, die sich ändern. das kann jeder selbst ausprobieren. einfach auf einen beliebigen artikel gehen, oben rechts “versionsgeschichte” anklicken und dann die punkte links nach belieben setzen und auf “vergleichen” klicken.

unsereWehrmacht-dieWehrmacht_wikipedia-spam

eleanor rigby | haus- und hofpsychologie im film

ER_02_A4jessica chastain und james mcAvoy in ned bensons “eleanor rigby”. foto: proKino filmverleih

ein film, der vielleicht gut für nordamerika ist, aber uns europäern nichts bringt, ist die schmonzette “das verschwinden der eleanor rigby” von ned benson. ursprünglich als trilogie ausgelegt, läuft jetzt nur teil 3 im deutschen kino. teil 1 und 2 (“him” und “her”) zeigten angeblich die unterschiedlichen perspektiven der beiden liebespartner auf die beziehung und ihr scheitern, teil 3, genannt “them”, zeigt nun beide perspektiven zusammen in gut 90 minuten. uns (thomas und mir) fiel keine “him” oder “her”-perspektive besonders auf.

das thema des sehr langsam (ähm, quälend langsam und redundant) erzählten films ist das trauma der eltern durch den tod ihres kinds. die eltern und ihre familien tabuisieren den verlust auf verschiedene weise, und am ende kommt heraus, dass es hilft, wenn man die dinge anspricht und seiner trauer freien lauf lässt, und dass jeder sein eigenes tempo beim trauern hat. geht’s noch trivialer?

wir fragten uns während des films und danach erst recht, kann’s das gewesen sein? ist das die message? uns kamen die zahllosen französischen und auch deutschen autorenfilme der 1960er und 70er jahre in den sinn, wo die menschen schwere psychische dramen durchleben, wo nie gelacht wird, wo (besonders bei den franzosen, ich denke vor allem an éric rohmer und jean eustache) wahnsinnig viel geredet und aneinander vorbei geredet wird. ned benson ist 1977 geboren, hat nur in den USA gelebt und weiß vielleicht nicht, dass sein thema, sein setting, viel viel intensiver immer wieder im europäischen film abgehandelt wurde, sonst könnte er nicht so ungeniert platitüden verbreiten. er garniert sein drehbuch mit einem kleinen versteckspiel, sodass der zuschauer erst in der mitte des films erfährt, was hier eigentlich los ist. wie ostereiersuchen für erwachsene, völlig daneben. nie was von nouvelle vague gehört? für die amerikanischen zuschauer fühlt sich dieser film bestimmt sehr europäisch an, “very deep”.

was man benson, weil’s sein erster langer film ist, nachsehen kann, ist die besessenheit von seiner hauptdarstellerin, jessica chastain. ich verstehe nicht, was in diesem film von der perspektive des mannes, gespielt von james mcEvoy, übrig bleibt, wenn jessica chastan nicht nur praktisch immer im bild, sondern meist in extremer nahaufnahme zu sehen ist. wenn ich mal platt zurückpsychologisieren darf: wer seine hauptdarstellerin so kritiklos verehrt, sollte sich eine andere hauptdarstellerin suchen.

achso, isabelle huppert kommt in dem film vor, schön klischeehaft als in new york gestrandete künstlerin, alkoholabhängig. und in eleanors kinderzimmer hängt ein poster eines französischen films, mit dem schriftzug: jetzt auch auf englisch. passt irgendwie.

benson_rigby_plakatfilmplakat zur schmonzette. proKino filmverleih

swingin’ horror | minihörspielreihe für SWR 2 jazz

horror-vignetten_hans-jörg brehm

die letzten wochen beschäftigte mich u. a. eine → vierteilige minihörspielreihe für die jazzredaktion im SWR hörfunk. sie kam so zustande, dass die redakteurin julia neupert eine vor einigen jahren in WDR 3 “tonart” gesendete horrorserie von mir gehört (und damals sogar als moderatorin begleitet) hat und sich das, was ich da für die klassische musik durchexerzierte, für den jazz vorstellen konnte. in “tonart” hieß die reihe “der tote ton“. es sprach julia hummer:


WDR 3/tonart – “der tote ton”, anfang von episode 2: blutiges f-moll

für den jazz dachten julia und ich uns “swingin’ horror” als titel aus. grafisch begleitet wird die am 2. januar 2015, von 20.00 bis 24.00 uhr im rahmen einer gefährlichen jazznacht ausgestrahlte reihe von, wie könnte es anders sein, hans-jörg brehm.

ohne zuviel zu verraten, hier ein kleiner blick hinter die produktionskulissen. die vier storys haben eine zentrale stimme, die uns durch das geräusch-feuerwerk ruhig hindurch führt. diese stimme stammt von der schauspielerin und kabarettistin tanja haller. hier ein outtake aus unserer aufnahme im studio des deutschlandfunks in einer einsamen nacht:


tanja haller beim anlegen des haupttexts, episode 2: die sprechende basstrommel

das zweite akustische standbein der horrorgeschichten sind laiensprechern, die ich an einem tag im SWR in baden-baden aufnahm, fast alle sind redaktionsmitglieder in SWR 2. das ist julia im studio, wie sie für episode 3 den soft-jazz haucht:


julia neupert haucht den skat-gesang für episode 3: my favorite things

gestandene redakteure mussten so tun, als stemmten sie klaviere und grunzten wie ein flügel grunzt:


laiensprecher im SWR-studio. der gequälte flügel von episode 1: die qualen des flügels

die kinder von SWR-kollegen spielen die bösen zwillinge in der basstrommel. bei dieser aufnahme war gebannte stille im studio; ich saß mit den kindern (6 und 10) an den mikrofonen; toll, wie sie sprachen:


zwei kinder sprechen die zwillinge in der basstrommel von episode 2

in der mischung aber stellte sich heraus, dass es gar nicht gefährlich klang, sondern sehr lieb und nett. ich habe einen ganzen tag lang herumprobiert, vor allem mit veränderten tonhöhen der kinderstimmen gespielt, um sie für die horrorgeschichten dämonisch klingen zu lassen. zum beispiel mischte ich die originalaufnahme mit sich selbst, aber eine oktave tiefer gestimmt. da war der kinder-effekt weg, es klang wie der teufel persönlich, männlich, erwachsen, mit kindmäßigem oberton. das ging also auch nicht.

am nächsten morgen hatte ich eine idee. griff ich zu melodyne, einer software, mit der ich getrennt tonhöhe und formanten (das ist das tonhöhen-unabhängige merkmal, das eine stimme jung oder älter erscheinen lässt) verstimmen konnte. ich stimmte die kinder ein wenig höher, die formanten aber viel höher. dabei entstanden artefakte, die ich hätte ausbügeln können. ich ließ sie aber stehen. es klang so:


die kinderstimmen, höher und mit artefakten

das sind kinder, definitiv, und irgendetwas stimmt nicht mit ihnen. das macht diese bearbeitung deutlich. bei diesen stimmen gruselt es schon ein bisschen. jetzt ging ich auf die suche nach einem sound effekt, der das unterstreicht.

swinging-horror_absynthkomposition der dramatischen kinderstimmen-musik

als die stimmen standen, ging alles sehr schnell. ich griff zum software-synthesizer absynth und spielte auf dem midi-keyboard, mit massivem einsatz des controlers (also des rädchen links) diesen sound:


mit dem keyboard gespielter effekt

der an die geschlossene psychiatrie erinnernde raumeffekt nennt sich “aetherizer” und ist eine spezialität von absynth. absynth wurde von dem bei paris lebenden amerikaner brian clevinger programmiert. nun legte ich die kinder auf eine andere spur in cubase, dem kompositionsprogramm, spielte den sound effekt quasi synchron dazu. das kam dabei heraus:


ausschnitt: die kinder in der schlussmischung (episode 2)

swinging-horror_wavelab“swingin’ horror”, episode 2, produktionsausschnitt aus der gesamtmontage

julia fotografierte am ende der audio-aufnahmen in baden-baden einen teil des teams. hier der schnappschuss, als alles im kasten war. von links nach rechts: dominik herzog (azubi; er spielt unter anderem tonk, den typen mit der basstrommel in episode 2), michael ostafel (redakteur SWR 2 unterhaltung; er spricht z. b. den jazzflügel in episode 1), reinhard ermen (leitet SWR 2 sinfonie, oper und chor), ich, dann eberhard stett (referenz SWR 2 programmleitung) und rudjard hasel (toningenieur; rudjard spricht in den stücken nichts, denn er bediente das pult):

das schlussteam der aufnahmen im SWR. foto: julia neupert

die radium girls | und ihre leuchtziffern (1930)

in der zeitschrift kosmos vom august 1930 steht bei “vermischtes” auf s. 294, dass das radioaktive element radium krank machen kann. der kurze artikel wirft ein licht darauf, wie harmlos man anfang der 1920er jahre noch mit radioaktivität umging, und wie das wissen sich ende der 1920er jahre verändert hat.

radium-ist-schädlichzeitschrift kosmos, august 1930: todesfälle durch radium im leuchtzifferfabriken

in einer firma, die leuchtziffern für uhren (damals vornehmlich taschenuhren und wecker) herstellte, bekam eine angestellte seltsame krankheitssymptome wie gaumenblutungen und starb wenig später. auch in der folgezeit wurden mehrere personen in der branche krank und verstarben. man fragte sich, warum, versuchte signifikanzen zu finden, exhumierte einige und fand übereinstimmungen: die knochen leuchteten im dunklen. langsam dämmerte es: die frauen hatten den pinsel, mit dem sie das radium auf die ziffernblätter malte, bei der arbeit laufend mit der zunge angespitzt. auch die zuerst genannte arbeiterin wurde viele jahre später ausgegraben, “und in der Tat zeigte es sich, daß alle untersuchten Leichenteile, so Knochen, Gehirn, Eingeweide usw. selbst noch nach so langer Zeit radioaktive Stoffe enthielten.”

radium gibt es in verschiedenen formen (isotopen). die gängigste, mit dem atomgewicht 226, hat eine (damals noch nicht messbare) halbwertszeit von 1600 jahren. das heißt, nach 1600 jahren leuchten die knochen nur noch halb so hell.

in den USA gab es leuchtziffernwerke in new jersey mit ähnlichen krankheitsbildern wie in dem deutschen beispiel. anfang der 1920er hat man in den USA radium als wundermittel gegen (!) krebs gegeben. das änderte sich mitte der 1920er, als ein zahnarzt den radium-kiefer vorstellte und der pathologe harrison martland eine streng wissenschaftliche studie dazu anfertigte:

Some Unrecognized Dangers in the Use and Handling of Radioactive Substances. In: Proceedings of the New York Pathological Society Band 25, 1925

die leuchtziffernmaler waren immer frauen, und sie bekamen später, als man bescheid wusste, den lovely → radium girls. so sahen sie aus:

USRadiumGirls-Argonnespäter “radium girls” genannte leuchtziffernmalerinnen in new jersey. ca. 1923. wiki commons