manspreading | die angst geht um

manspreading (rechts). grafik: m.s.

der betreiber der new yorker u-bahn, MTA, ist darum bemüht, frieden in seinen zügen und bussen zu stiften. dazu gehört eine seit paar tagen reichlich gehashtagte kampagne, die sich ausschließlich an männer richtet und diese bittet, im öffentlichen nahverkehr doch bitte ihre knie schön beisammen zu halten. die MTA hat vermutlich das wort manspreading erfunden. es bedeutet übersetzt mann-verbreitung, in diesem fall: männliche platzverbreiterung. der shitstorm, der dadurch ausgelöst wurde, war absehbar. “we got balls to protect”.

nackte soldatentatsachen | buchrezension

der für seine comics, seine historischen und erotischen bildbände bekannte kölner verlag taschen (gegründet und geleitet von benedikt taschen) hat seit gut 10 jahren eine eigene “sexy books”-redakteurin, nämlich dian hanson; hier der etwas dürftige artikel über sie in der englischen → wikipedia.

legShowMagazine1998leg show war das erfolgsmagazin von dian hanson, benedikt taschen begeisterter leser.

ich habe vor fünf jahren hansons big book of legs (und später das big butt book – siehe ganz unten) im wdr besprochen – nicht weil mich die frauenbeine interessierten, vielmehr interessierte mich der werdegang einer frau, die einmal model war, dann als sexjournalisten für hardcore-pornos schrieb, ein fast schon bankrottes bein-fetisch-magazin (leg show) wieder hochbrachte und die jetzt mehrere erfolgsbücher bei einem weltweit renommierten verlag veröffentlicht.

damals erzählte sie mir viel über die szene der beinefetischisten. beine-zeitschriften florierten in den usa bis in die 1960er jahre, ja, der inbegriff des pornohefts war mitte des letzten jahrhunderts das mit den frauenbein-fotos. es gab fotografen, allen voran der pionier der fetisch-fotografie elmer batters, die (so steht es ausführlich im großen beinebuch von dian hanson) genau wussten, wie sie für welchen strumpftyp welches licht setzen mussten. die beine durften ja nicht speckig wirken, nur weil die lichtreflexionen an den falschen stellen waren; die models verbrannten sich manchmal wegen des erhitzten kunststoffs fast die haut. es erinnert an die food-fotografie mit ihren bizarren tricks und techniken.

das interview mit dian hanson war spannend, weil ich mich vorher nie mit dem thema beschäftigt hatte und dann solche dinge herauskamen (aus meiner Rezension damals):

Mitte der 70er Jahre verschwanden die Beinmagazine fast völlig vom Markt. Dafür gab es nur einen Grund: eine Liberalisierung der Gesetze, was man von einem nackten Körper abbilden darf. „In dem Moment, als es legal wurde, die weiblichen Genitalien zu zeigen“, sagt Dian Hanson, „vergaßen die Kunden die Beine. Alle waren auf einmal verrückt nach Schamhaar.“

→ hier das ganze manuskript

daraus spricht hansons zunehmende beschäftigung mit der geschichte der (nackt)fotografie. sie hat da ihre etwas eigenen theorien: die befreiung der frauenbeine in den 1920er jahren mit tänzen wie den can-can stellt für sie eine befreiung der frauen dar. das ist sicherlich nur eine seite der medaille. genauso wie sie bei ihrem neuen buch, das ich gestern und heute in wdr und deutschlandfunk besprach, ihre sehr eigene sicht auf den zweiten weltkrieg äußert. ihr neues buch heißt nämlich my buddy. world war II laid bare und zeigt hunderte, wenn nicht tausend spärlich uniformierte bis splitternackte soldaten in friedlichsten szenerien, meist badend, duschend, schlafend, zusammen vom kriegsschiff in den pazifik hechtend, mit büchern auf latrinen sitzend. der krieg ist nicht zu sehen.

WWII_naked_soldiers_183eins von hunderten fotos aus einem “idyllischen” 2. weltkrieg. © michael stokes collection/taschen

ich empfand dieses ausblenden der grausamkeiten (es gibt in der sammlung von michael stokes, einem uniform-fetisch-fotografen, der die meisten fotos für diesen band gesammelt hat, durchaus brutale aufnahmen nackter leichen; die hat hanson aber nicht in den bildband aufgenommen) legitim und typisch taschen, aber sefa suvak, meine redakteurin in wdr 5 scala, war entsetzt über diese verdrängung: sonnige penisbilder in einem für vermutlich alle abgebildeten penisträger traumatisierenden krieg! michael stokes und dian hansons argumentieren, diese harmlosen, 70 jahre alten nacktfotos stammten aus einer zeit, als homophobie im militär noch nicht in der luft lag wie heute, die soldaten also unverklemmte a-sexuelle kumpelhaften beziehungen pflegen konnten. außerdem, so hanson, gab es solche massenhaften nacktfotos im zivilleben nie. der zweite weltkrieg war also nur ein fast zufälliger rahmen für diese einige hundert fotos.

hier ist mein beitrag, der gestern im wdr und heute in halb so langer fassung im deutschlandfunk (corso, kultur nach 3) lief:

 
rezension von “my buddy. ww II laid bare” im wdr

hier ist mein vier jahre älterer beitrag, der im juni 2010 in wdr/mosaik lief:


rezension von “The Big Butt Book” im wdr 2010

autos und frauenbeine 1929

in den 1920er jahren war die frau zentrales thema der autowerbung. zwar fuhr der herrenfahrer, aber verkaufen ließen sich die kisten besser mit frauenbeinen. in diesem beispiel bewarb sich die zeitung “Auto-Magazin” selbst mit sexy aussehenden bildstrecken. der fotograf, e. engel, ist heute unbekannt. titel des fotos: “die panne”

die-panne-_-1929

das “Auto-Magazin” gehört zu den zeitschriften, die sich im u. a. von der deutschen forschungsgemeinschaft finanzierten digitalisierungsprojekt der sächsischen landesbibliothek in dresden. viele zeitschriften digitalisiert verfügbar unter www.illustrierte-presse.de