bio sauerteig | zyklus

diese drei bilder sind von heutemorgen. ich habe gestern spätnachmittags den roggenteig in die erste stufe gesetzt, über nacht in der zweiten stufe gehen lassen, anschließend salzen, kneten, teigruhe, quellen lassen und abbacken. das obere foto zeigt den teig nach etwa 2 stunden aufgehen bei gut 30°C. dann, nach drei dampfstößen im ofen (10 minuten) ausschwaden. das untere bild ist der fertige 1 kg laib. sowohl das mehl (bio-champagnerroggen, eine alte, aber noch mitte 20. jh weit verbreitete roggenart), als auch der holzbackkasten stammen von → ketex.

Ketex - Der Hobbybrotbäcker -

ich wurde vor etwa drei jahren auf ketex, als es noch vom ehepaar kellner in paderborn geführt wurde, aufmerksam, weil ich eine unterlage suchte, auf der der teig beim kneten nicht stark klebt. roggen klebt anders als weizen, kamut, emmer, einfach enorm. das → blaue knet-tuch ist seitdem eins meiner brot-standard-werkzeuge. eigentlich braucht ein sauerteigbrot nur wenig “werkzeuge”.

ich backe normalerweise roggensauerteigbrote mit direkt im bio-supermarkt gemahlenem roggenkorn. der kostet um die 2 € das kilo. der champagnerroggen ist etwas besonderes und kostet etwa 3 € pro kilo brot, wobei ich natürlich bei 1 kg brot ein beträchtlicher teil wasser dabei ist. gefühlt würde ich sagen, meine brote kosten in der herstellung incl. ofen-energie und den paar gewürzen (kümmel, koriander) 2 € bzw. 3 €.

weil die roggen-sauerteigbrote typischerweise ab tag 3 prima schmecken und dann locker 2 wochen halten, ohne stumpf und trocken zu werden, dachte ich mal darüber nach, welche für einen mir vertrauten biomarkt in london zu backen. daraus ein geschäftsmodell zu machen, ginge, vorausgesetzt, mein ofen wäre groß genug. und die gewinnmarge ist gering. man kann selbst am biomarkt in england niemandem vermitteln, warum man einen laib für £ 7 verkauft.

fotodrohnenethik für | journalisten

der amerikanische fotojournalisten-verband NPPA hat sich über die verwendung von drohnen in diesem berufsfeld gedanken gemacht. neben selbstverständlichkeiten wie sicherheit und privatheit sind zwei punkte interessant:

  1. man sollte als nachrichtenmedium drohnenmaterial ablehnen, das nicht legal gewonnen wurde (oder die wirklichkeit verzerrt). ein youtube-star wie casey neistat nennt sich selbst journalist und fliegt seine drohnen überall – mitten über amsterdam, niedrig, durch die kölner kranhäuser und über den rhein usw. er hat eine sehr eigene foto/film-ästhetik entwickelt, das steht aber auf einem anderen blatt. ein weniger bekannter amerikanischer youtube-„creator“ namens kraig adams fliegt hemmungslos über paris und andere europäische städte. die reglementierungen für drohnenpiloten in deutschland (und sicher anderswo auch) sind nicht ideal und zu streng gefasst, behörden sind zu starr, um besondere fluggenehmigungen zu erteilen, selbst wenn man ordentlich und als fotojournalist anfragt. aber die ansage von neistat und anderen touristen, man fährt ins ausland und fliegt einfach drauf los, weil man die regeln nicht kennt, ist natürlich unterirdisch. casey neistat hat mit seinen 1,5 millionen abonnenten drohnenpiloten positiv beflügelt, aber auch schamlos in die irre geleitet.
  2. der zweite punkt hängt mit der nachbearbeitung zusammen. raymond, robert und ich hatten diese diskussion, als wir den abriss des immerather doms für die wikipedia dokumentierten: sollen wir unter das (stille) drohnenvideo atmo von unten oder gar musik legen? der drohnenethik von NPPA zufolge ist auch das beschleunigen und verlangsamen von drohenvideos problematisch, weil es eine dramatisierung erzeugen kann, die dem material seine neutralität nimmt.

 

es stellt sich eine zentale frage, die hier nicht angesprochen wird: worin unterscheidet sich drohnenvideografie grundsätzlich von fotografie auf dem boden? technisch auf jeden fall, wegen der gefahr des absturzes und der verletzung von menschen. sonst aber nicht. man könnte auch über eine ethik der 360°-fotografie und VR-journalismus nachdenken. oder über die verzerrung der so genannten wirklichkeit durch tele- oder makrofotografie…

sauerteig | timing

beim dreistufigen sauerteig ist die letzte stufe spannend. hier hab ich das gargut gestern abend relativ früh in den ofen geschoben – und der teig ging beim backen radikal auf.

roggen/weizen-doppelsauerteig, 1,5 kg

kamut | sauerteig

ich arbeite seit jahren mit roggen- und weizensauerteig. wir kaufen praktisch kein brot mehr zu. vor einem jahr kam → emmer hinzu, eine alte weizenart, und im frühsommer → kamut, auch khorasan genannt, der urweizen schlechthin. über ihn kann ich nur hymnen singen. er schmeckt angenehmst rund, sauer, nussig, eigentlich mit dem standardweizen nicht vergleichbar. auf keinen teig freue ich mich wie auf den kamut, denn er formt sich fast magisch leicht, geschmeidig, er klebt nicht, und beim falten vor dem backen zeigt er meinen händen, wie ihm das dehnen spaß macht; aber sagt mir auch genau, wann ich damit aufhören soll.

kamut in der teigruhe

dreimal sauer | teig

6 scheiben, drei mehlsorten. foto: ms/dpa

unten links emmer-vollkorn, oben weizen-vollkorn, rechts unten roggen-vollkorn. alle brote schmecken unterschiedlich, das weizen z. b. passt mit seiner zurückhaltung gut zu einem nicht allzu heftigen käse oder marmelade. emmer (=zweikorn) hat immer eine anmutung von kuchen, ist aber als sauerteig auch ordentlich sauer, also ein universalbrot. das roggensauer ist ein klassiker, sehr charakterstark.

alle drei brotsorten brauchen ihre zeit, sich nach dem backen zu setzen. der weizen wird am ehesten trocken, schmeckt aber auch nach einer woche noch gut. roggen wächst nach zwei wochen über sich hinaus, auch wenn brot bei uns selten so lange hält. der emmerteig liegt (als alte weizensorte) dazwischen.

ich bin ein freund schnörkelloser brote, aber leiste mir gelegentlich die ein oder andere paranuss oder sonnenblumenkerne.

wenn ich nicht gerade unterwegs bin, “führe” ich die teige quasi alle zwei, drei tage. ein sauerteig verlangt nach drei “stufen”‘ wobei die erste meist über nacht stattfindet, die zweite dann den nächsten morgen und nachmittag über. in die dritte stufe führe ich den teig am frühen abend, gebacken wird dann gegen 23 uhr, ziemlich genau eine stunde (beim baguette kürzer, beim kastenbrot deutlich länger).

das ein- und das zwei | korn

emmer-sauerteigbrot. foto: ms/dpa

emmer ist eine alte, wie man heute sagen würde “nicht besonders performante” weizenart. der alte deutsche ausdruck dafür ist das zweikorn. mein emmer-sauerteig hat – das ist schon ein jahr her – zwei wochen gebraucht, bis er “trieb”, und weil ich ihn zuletzt mit → einkorn anfütterte, schien er vorgestern etwas verwirrt und stellte sich schlafen. den ganzen tag gestern versuchte ich ihn mit leichtem anfüttern, lauwarmem wasser, raumwärme aufzuwecken, aber auch heutemorgen waren seine fermentierungsbläschen sehr überschaubar.

also griff ich zur notlösung und mischte erstmals trockenhefe in den sauerteig. der ging natürlich ordentlich auf. das brot schmeckt trotzdem angenehm sauer, und gleichzeitig leicht süßlich, weil der emmer-weizen nunmal süßlich-nussig schmeckt. ein zauberhaftes mehl.

das brot von oben im anschnitt

zwei | laiber

dank DM-markt kommt das zweikorn (“emmer”) wieder in die haushalte, eine sehr alte form des weizens. hier zwei 500 g-brote, die 50/50 aus roggen- und emmer-sauerteig bestehen und sehr nussig schmecken. emmer-mehl kann man, wie weizenmehl, in ca. 10 tagen zu einem sehr aktiven sauerteig führen.

zweiLaiber

emmer- und roggen-sauerteigbrote. foto: ms/dpa

silkonrühr | ding

silikonRührDing

“rührbesen mit silikon für küchenmaschine” (foto: bosch)

warum es silikonrührbesen heißt, keine ahnung. ein prima werkzeug zum kneten von schwerem teig mit der küchenmaschine jedenfalls. anders als der bei schweren sauerteigen übliche knethaken kämmt sich dieses ding durch den teig und nimmt auch die ränder an der schüssel mit, die der viel kleinere und viel leichter zu reinigende haken ja gern ignoriert.

wenn man einen roggensauerteig nach dem kämmen auf die matte lege (englisch sehr schön: auf die bench, zur bench rest), zur streng verordneten, zugluftfreien teigruhe, sieht man beim (noch ein herrliches wort:) rundwirken die schabstruktur des silkionrührdings.

teigruheAufRot

das silikonrührknetding hinterlässt bei der teigruhe spuren. foto: ms

den teig strengt das kämmen vermutlich mehr an als das kneten mit der hand oder mit dem haken. meiner erfahrung nach braucht er bei dieser sehr intensiven durchmischung eine längere teigruhe, nur kurzes falten ohne viel druck, und er nimmt sich gern etwas mehr zeit für die daran anschließende letzte gärphase im gärkörbchen. überhaupt denke ich manchmal, der sauerteig ist sehr tolerant, man kann ihn gar nicht schlecht behandeln. aber das kneten und formen ist stress für ihn, und davon muss er sich erholen, um dann umso mehr aufzugehen, seine bläschen zu bilden, wie wir sie kennen und → lieben.

gekämmtesRoggensauerteigbrot

“gekämmtes” roggensauerteigbrot, vier stunden später. foto: ms

sauerteig | gedanken

dough

roggensauerteigling. foto: ms/dpa

unvollständige stoffsammlung:

  • sauerteig ist gnädig. er kann kaum verderben.
  • sauerteig will geführt werden. damit er richtig am leben bleibt und nicht zu sauer wird.
  • roggensauerteig wird schon beim ersten backen, wo alles schief geht, zu einem leckeren brot.
  • weizensauerteig schmeckt anfangs nach fast nichts.
  • sauerteige brauchen lang, bevor man sie bäckt. oft einen tag. man muss nicht die ganze zeit daneben stehen, aber man guckt gern zu. und wenden und anfüttern macht eh spaß.
  • beim backen gibt es zwei grundregeln: am anfang will der teig brutal heiß und sehr feucht sein. nach so 10 minuten braucht er die feuchte und extreme hitze nicht mehr.
  • ein 1 kg-roggensauerteigbrot ist in einer stunde gebacken.
  • sauerteig beruhrt auf einem “starter”, den man im kühlschrank aufbewahrt. den starter bekommt man von sauerteigbäcker oder man stellt ihn selber innerhalb von etwa einer woche her.
  • mit einem esslöffel starter-sauerteigbrei macht man durch “anfüttern” den teig größer. ich füttere gern abends an, lasse den teig dann schön warm auf der heizung stehen.
  • zum anfüttern gehört immer schön warmes wasser, optimal 50°C. etwa dieselbe menge wie das mehl.
  • am nächsten morgen nehme ich ein, zwei esslöffel von dem ordentlich blasenreich gewordenen teig weg und schütte sie in den starter. der kommt zurück in den kühlschrank.
  • der teig selbst kann in seiner nunmher 2. erreichten stufe auch paar stunden gehen.
  • weizensauerteig möchte in dieser phase gewendet und gefaltet werden, halbstündlich.
  • roggensauerteig ist anspruchslos.
  • am abend füttere ich den teig ein weiteres mal an. dabei kommen die brotgewürze und salz hinzu. für 1 kg roggenbrot 1-2 esslöffel brotgewürze, 1 esslöffel salz.
  • dinge, die man gern vergisst: a) nach der ersten stufe zwei esslöffel teig zum anstellgut in den kühlschrank. b) teigruhe nach stufe 2 nicht zu sehr hetzen. c) vorm einschieben einschlitzen. d) nach klimagarphase ausschwaden.
  • ronny, der pralinenexperte bei RCchocolat in schweden, sagte mir, dass sie das anstellgut des sauerteigs gern bei zimmertemperatur stehen lassen. im kühlschrank wird der fermentierungsprozess zwar extrem verlangsamt, aber der teig wird essigsaurer als wenn er draußen steht.
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