bayernwahl | 1924

am 4. und 6. april 1924 wählte bayern seinen landtag. es war eine sehr unruhige zeit, weil → hitlers putschversuch vielen noch in den knochen saß und der strafprozess gegen hitler erst drei tage zuvor zu ende ging. die katholisch ausgerichtete → salzburger chronik vom 20. april 1924 analysiert die → wahlergebnisse. im abgebildeten ausschnitt habe ich einige schlüsselbegriffe hervorgehoben. siehe unten. durch klick auf den artikel wird er übrigens größer:

salzburger chronik vom 20.4.1924

hitler, verurteilt und inhaftiert, gilt als von frauen begehrter und von vielen verehrter märtyrer. mit ihm und dem weltkriegsgeneral → ludendorff und dem münchner polizeipräsidenten → pöhner stellt sich der neue rechtsradikalismus als politisch stark wachsende kraft in bayern dar. → kahr war bis zum hitler-putsch ein beliebter politiker der → bayerischen volkspartei gewesen; weil er sich aber während des strafprozesses zum urlaub nach italien abgesetzt hatte (siehe hier), fielen er und seine partei bei der wahl durch. neben der extrem rechten erstarkte die extrem linke.

der artikel erwähnt einen → dr. traub, einen pfarrer, der von linksliberal zu “völkisch” rechts umschwenkte und am gescheierten militärputsch in berlin 1920 teilnahm – dem → kapp-putsch. der protestant traub riet den katholiken, sich von römisch-katholisch in deutsch-katholisch umzubenennen.

zetkin | fischer lenin 1925

the daily worker newspaper devoted page 2 of its march 5, 1925 edition to “the communist woman” – a woman who is not man’s mistress, but equal. the two outstanding examples depicted here are the german communists → clara zetkin and → ruth fischer. fischer was 40 years younger than zetkin. both women fought within the german communist party about the party’s political direction. fischer got the “oberhand” in 1924, but stalin did not appreciate her extreme radical left course. zetkin returned to the head of the german communist party a year later, together with ernst thälmann. both women were members of the german parliament, the → reichstag.

the daily worker, march 5, 1925, page 2

walter | loeb 1924

im april 1924 war → walter loeb 29 jahre alt. der junge mann hatte führende positionen im deutschen reich und speziell in thüringen inne. er war chef der süddeutschen transportversicherung und präsident der thüringischen staatsbank.

es grummelte im reich. zum beispiel hatten sachsen und thüringen 1923 eine landesregierung aus sozialdemokraten und kommunisten gebildet. ziel war eine kommunistische revolution nach sowjetischem muster im herbst 1923 und damit eine abschaffung der weimarer republik.

um diesen plan zu vereiteln, schickte die reichsregierung die reichswehr nach thüringen. die legitimation dafür kam durch das neue gesetz der → reichsexekution.

danach wechselte die landesregierung mehrfach, und die extrem rechte bekam aufwind. das lässt sich gut an walter loeb festmachen. der thüringische finanzminister → paul stolze musste sein amt verlassen, weil die “völkischen” im landtag ihm zum vorwurf machten, walter loeb zu decken.

was war “falsch” an loeb? nun: er war SPD-mitglied und jude – und bediente damit das faschistische vorurteil des → bolschewistischen juden, der das reich von innen aushöhlen und einer linken revolution zuführen wolle. die → frankfurter zeitung vom 14. april 1924 kritisiert diese einstellung, die später zum leitmotiv der nazis und als begründung für den holocaust wurde, in ihrem leitkommentar:

frankfurter zeitung vom 14.4.1924

walter loeb juckte das nicht. er ging nach frankfurt, wo er die wirtschaft beriet, SPD-stadtverordneter und vorstandsmitglied der sparkasse wurde. loeb hatte geld und einfluss und sah die politische lage nach der machtergreifung der nazis 1933 klar und deutlich. er wanderte 1933 nach amsterdam aus. nachdem hitler 1940 die niederlande angriff, flüchtete walter loeb nach london. dort lernte er lord vansittart kennen, der die these vertrat, hitler sei deutschland. loeb nahm diese generalverurteilung “des deutschen” an, wanderte damit an den rechten flügel der sozialdemokratie und wurde aus der → union deutscher sozialisten in großbritannien ausgeschlossen.

hitler-putsch | urteil

fast die komplette titelseite…

… ist dem urteilsspruch im “hitlerprozess” gewidmet. hitler führte im herbst 1923 in münchen einen → putsch gegen die bayerische regierung an und erklärte als ziel, in folge dessen auch die weimarer regierung zu stürzen und eine diktatur einzuführen – “um das deutsche volk zu retten”. er hatte dabei einige helfer und sympathisanten (wie den general ludendorff), vor allem aber paramilitärs in der stadt. der putsch schlug fehl. am 1. april 1924 verkündete das volksgericht in münchen das urteil.

hitler war damals eine im ganzen reich, vor allem in bayern bekannte politische größe, ein aufstrebender österreicher, der sich als deutscher fühlte. ludendorff dagegen gehörte einer älteren generation an. er wurde freigesprochen, hitler aber zu 5 jahren haft verurteilt, mit aussicht auf bewährung nach 6 monaten. unmittelbar vor dem urteil posierten die angeklagten vor dem gerichtsgebäude in der pappenheimstraße 14. ludendorff war der star des prozesses. er ließ es sich nicht nehmen, seine uniform zu tragen, mit pickelhaube.

pressefoto vor dem urteil am 1. april 1924*

tags darauf wurden die verurteilten in die justizvollzugsanstalt landsberg gebracht. die presse nahm davon kaum notiz.

haftantritt. (mettmanner zeitung)

das urteil dagegen wurde breit diskutiert. die linke kritisierte das urteil als einknicken vor dem rechten mob. die rechte hielt es für unverschämt, denn die verurteilten seien nationalhelden. auch die reaktion des auslands spielte eine rolle.


  • bundesarchiv, bild 102-00344A / Heinrich Hoffmann