den kollegen markus günther kenne ich nicht, aber wenn er in bottrop geboren wurde und die augsburger allgemeine bisschen von oben angeschobene hat, ist das gar nicht übel. übel dagegen sein via facebook die runde drehender artikel in er frankfurter allgemeinen sonntagszeitung über den “götzen liebe“.
auf den punkt gebracht kritisiert er, mit uralter schützenhilfe von erich fromm und anderen, die überbewertung der großen liebe. die anbetung dieser vorstellung in form einer quasi-religion sei modernes götzentum mit großen negativen folgen für die psyche einzelner und für das zusammenleben der menschen.
das kann man so sagen. nur:
a) ist es trivial, denn es weiß eh jeder, dass die große liebe ein wunderschöner mythos ist, dass das große verliebtsein von langeweile, leid, trennung, einsamkeit, tod abgelöst wird. das ist so banal, dass ich mich’s fast scheue zu sagen. jeder pubertierende weiß, was speed dating, one night stand, patchworkfamilie, alleinerziehend, lebensabschnittspartner bedeuten. für wie blöd hält markus günther seine leser, wenn er ihnen da nachhilfe gibt?
b) bläst er diesen trivialen gedanken wohlfeil mit worten wie “heilserwartungen”, “seelische verwüstungen” auf und konstruiert gegensätze, wo’s keine gibt (zum “totalen krieg” und der “herrenrasse” etwa).
das nenne ich anbiederung an den zeitgeist. dem zeitgeist zuliebe mal eben die liebe demontieren, hollywood wegen seiner vielen liebesfilme abstrafen und paar mittelmäßige philosophen und sozialwissenschaftler bemühen, dazu einen priester und ein bisschen statistik (die meisten menschen suchen nach glück).
mich hat die resonanz des artikels in sozialen netzen gewundert. dann aber auch wieder nicht. abgehakt, vergessen. was war gleich nochmal so schlimm an der liebe?
mir fällt karl marx (das kapital) ein, weiß auch nicht warum; vermutlich weil er tatsächlich was über die liebe im räderwerk der produktions- und machtverhältnisse zu sagen hat:
“Luxustier und Haustier, das ist heute die Frau fast ausschließlich. Vom Manne ausgehalten, wenn sie nicht arbeitet, wird sie auch noch von ihm »gehalten«, wenn sie sich totschindet.”