reicher nackter sack am flügel: fifty shades of grey. (www.fiftyshades-film.de/universal)
ich lese praktisch keine feuilletons, wähle filme ziemlich linkshändig aus, indem ich gucke, wo/was OoU oder OmU läuft und schaue mir den trailer an, nichts weiter. und so ging ich gestern mit thomas in fifty shades of grey (regie: sam taylor johnson), nach einem roman der londoner autorin erica leonard, besser unter ihrem pseudonym e. l. james bekannt. ich wusste auch von dem roman nichts.
schon zu beginn, als die hauptdarstellerin über eine stufe ins büro des hauptdarstellers stolpert und hinfällt, war ich irritiert, denn ich hörte um mich herum einige dutzend menschen im kino lachen, mit sehr hellen stimmen. das lachen begleitete als kollektives kichern den ganzen film, und als ich mich mal umdrehte, stellte sich heraus, dass thomas und ich fast die einzigen männer im kino waren. all die frauen schienen das buch gelesen zu haben. später, als die S&M-szenen begannen und der hauptdarsteller seine geliebte auspeitscht, verließ eine frau den saal; ich dachte schon, sie wird sicher nicht die einzige sein. sie kam aber schnellstens wieder zurück (von der toilette)? bei den etwas derberen szenen verstummte das kichern der mädels im raum.
der film ist in fast jeder hinsicht erbärmlich und klischeedurchtränkt, prüde: die kamera zeigt sie und ihn (selbst beim klavierklimpern) häufig oben ohne, macht aber laufend halt, sobald es unter den bauchnabel geht. das drehbuch nennt (auch das ein klische, wie man es von amerikanischen vorabendserien kennt) durchaus deftige worte wie “anal fisting”. ganz schlimm die ununterbrochen herumsäuselnde musik (danny elfman). weitere klischees: die hauptfigur ist milliardär (laaangweilig), hoch gebildet (laaangweilig), fliegt helikopter und segelflugzeug (laaangweilig), fährt audi (laaangweilig), spielt klavier (laaangweilig), natürlich immer traurige lieder (laaangweilig), denn er ist natürlich mit ende 20 nicht einfach so so reich geworden, sondern er hatte schlimme dinge in der kindheit und jugend erlebt (laaangweilig), über die er natürlich lange nicht redet (laaangweilig). dass er der studentin nach ihrem abschluss einen sportwagen und ein macbook air schenkt, ist sowieso klar (laaangweilig). man sieht so viel audi und apple im film, dass sich sicher mehr als das catering und bühnenset bezahlt gemacht hat. das mädchen ist natürlich jungfrau (laaangweilig), und er ist kein sado-typ, sondern ein völlig unüberzeugend gespielter sado-spieler. der film kreist um das thema der sexuellen demütigung, die junge frau versteht das nicht, aber, und damit sind wir wieder beim alten frauenbild und bei amerika, das einen ausweg aus dieser brutalität braucht: sie liebt ihren milliardär so sehr, dass sie ihm helfen (→ helfersyndrom) will (laaangweilig). der film endet auf diese weise offen, meine güte: wozu braucht es da noch zwei teile? was schreibt frau leonard denn eine ganze trilogie lang in ihre bücher, und wie kam der riesige verkaufserfolg zustande?
angeblich, so las ich später, ist das buch eine selbstbefriedigungsvorlage für frauen. der film ist eine an love story (1970) erinnernde schmonzette, nur in der 2015-billigvariante mit hochglanzflügel und edelpeitschchen.
ich empfehle zur erdung der frei schwebenden hohlheit nach fifty shades einen S&M-klassiker, wie ihn amerika heute nicht mehr drehen würde: blue velvet von david lynch, 1986.