Archiv für den Monat: September 2023
starry | night
schnellladen | spätsommer 2023


die preise fürs elektrische laden von e-autos sind in den letzten monaten tendenziell gestiegen. innerorts sind 60 cent für die kilowattstunde (kWh) üblich geworden, während es zuvor 45 cent waren. der preis von 60 cent für die kWh an einer langsam ladenden säule sind angesichts der aktuellen strompreisstruktur nicht nachvollziehbar; man kann sie getrost unverschämt nennen. siehe zum beispiel strompreise und elektroautos.
anders sieht es auf langstrecken aus. da gingen die preise nach unten. beim vor allem an autobahnraststätten vertretenen platzhirschen ionity fiel der preis von 89 auf 69 cent für die schnell ladende kWh. ähnlich bei tesla. teslas ladesäulen wurden erst vor kurzem auch für nicht-tesla-autos freigeschaltet. die ladeparks sind üppiger mit ladeplätzen bestückt als die von ionity. dafür muss man zum laden an einem tesla „supercharger“ meist die autobahn verlassen.
beide anbieter haben aktuell ein abo im programm, für das man pro monat bei tesla 13 € und bei ionity 12 € zahlt. monatlich kündigbar. ich habe dazu eine rechnung aufgemacht, die zeigt, dass sich beide ladekarten bei einer langstrecke von 700 km mehr oder weniger lohnen.
gehen wir von einem e-auto mit 16 kWh verbrauch pro 100 km aus. bei 700 km fahrt würde so ein wagen 112 kWh verlieren. bei tesla schwanken die preise je nach tageszeit; aber im mittel kann man sagen, dass das laden bei tesla aufeiner 700 km fahrt 56 € kostet, bei ionity 77 €.
mit dem abo reduzieren sich diese kosten auf 44 respektive 54 €.
wenn wir die kosten für das abo hinzurechnen, kommen bei tesla 57 € und bei ionity 66 € heraus. für den, der während der laufzeit des abos nur noch einmal bei einer der beiden anbieter lädt, hat sich das abo locker amortisiert.
wir laden fast nur im öffentlichen raum, meist nicht auf oder an autobahnen, sondern in einer großstadt mit zahlreichen langsamen 22 kW wechselstromsäulen. am besten wäre ein ladeabo, das übergreifend funktioniert, also nicht auf einen anbieter beschränkt ist. solche abos gibt es, aber auch sie wurden in den letzten monaten teuer.
BRD 1969 | mini-goebbels
den bundesdeutschen mainstream der 1960er jahre kann man gut mit dem warenhaus quelle zusammenbringen. „die quelle“ und der „quellekatalog“ spiegelten das denken der bevölkerung, übrigens auch das in der DDR.
1969 brachte der quelle-verlag in lizenz (stauffacher pubishing, zürich) ein dickes, einbändiges lexikon heraus, das sich „das neue lexikon“ nannte. anders als die „68er“ mit ihren angriffen gegen ihre NS-geprägten eltern kochte dieses lexikon das „dritte reich“ auf kleiner flamme. hitler wird nur eine textspalte eingeräumt, goebbels gerade mal vier zeilen. als deckmäntelchen tauchen hier, eines lexikons völlig unwürdig, zwei, drei wertungen auf: im goebbels-eintrag wird er „skrupellos“ genannt; im hitler-artikel steht, er „entging am 20. 7. 1944 einem Attentat weitblickender Deutscher“.

besonders krass ist der zusammenhanglose und ziemlich frei erdichtete schlusssatz im hitler-artikel, er (hitler) habe sich „vom dtsch. Volk verraten“ gefühlt. das kommt einer reinwaschung der NS-nahen quelle-kundInnen gleich. quasi: selbst hitler sagte, das ganze volk sei im widerstand gegen ihn gewesen.
der artikel über auschwitz ist fünf zeilen lang und spricht von einem „ende des zweiten weltkriegs entdeckten“ konzentrationslager. quasi aus dem nichts entdeckt, und niemand im reich wusste davon.
das großversandhaus traute sich auch 8 jahre nach dem ersten auschwitz-prozess in der bundesrepublik nicht, mit den alt-nazis zu brechen. diese waren wichtige kunden.
carl-ludwig | reichert
anfang september 2023 starb → carl-ludwig reichert. er war eine halbe generation älter als ich. ihn habe ich das erste mal ca. 1975 erlebt, als er mit dem damaligen redaktionsleiter → walter schricker zur → pop sunday-sitzung ins studio nürnberg kam. carl-ludwig, damals um die 30, rauchte eine lange tonpfeife, hatte lange haare, eine dunklen taint mit leicht ins lila gehenden lippen und schaute spitzbübisch in die runde junger autoren.
ein paar jahre später, vielleicht 1978, ging ich auf eine seiner lesungen, irgendwo in der münchner türkenstraße, obere etage. ich war gerade nach münchen gezogen. wenn carl-ludwig las (oder den → club 16 im zündfunk moderierte), war er für mich oft nicht gut zu verstehen, wegen des sehr bayerischen tonfalls.
auftritten seiner band → sparifankal konnte ich nur schwer folgen, wegen der zutiefst bayerischen texte, die carl-ludwig mit seiner hohen singstimme zur gitarre ins mikro jammerte. rock-avantgarde, kompromisslos.
wir liefen uns oft über den weg, in der zündfunkredaktion des BR. und blieben auch, nachdem ich nach köln umzog, lose in kontakt. ein typischer 68er, nie eitel und immer sympathisch.