BRD 1969 | mini-goebbels

quelle verlag fürth 1969

den bundesdeutschen mainstream der 1960er jahre kann man gut mit dem warenhaus quelle zusammenbringen. „die quelle“ und der „quellekatalog“ spiegelten das denken der bevölkerung, übrigens auch das in der DDR.

1969 brachte der quelle-verlag in lizenz (stauffacher pubishing, zürich) ein dickes, einbändiges lexikon heraus, das sich „das neue lexikon“ nannte. anders als die „68er“ mit ihren angriffen gegen ihre NS-geprägten eltern kochte dieses lexikon das „dritte reich“ auf kleiner flamme. hitler wird nur eine textspalte eingeräumt, goebbels gerade mal vier zeilen. als deckmäntelchen tauchen hier, eines lexikons völlig unwürdig, zwei, drei wertungen auf: im goebbels-eintrag wird er „skrupellos“ genannt; im hitler-artikel steht, er „entging am 20. 7. 1944 einem Attentat weitblickender Deutscher“.

besonders krass ist der zusammenhanglose und ziemlich frei erdichtete schlusssatz im hitler-artikel, er (hitler) habe sich „vom dtsch. Volk verraten“ gefühlt. das kommt einer reinwaschung der NS-nahen quelle-kundInnen gleich. quasi: selbst hitler sagte, das ganze volk sei im widerstand gegen ihn gewesen.

der artikel über auschwitz ist fünf zeilen lang und spricht von einem „ende des zweiten weltkriegs entdeckten“ konzentrationslager. quasi aus dem nichts entdeckt, und niemand im reich wusste davon.

das großversandhaus traute sich auch 8 jahre nach dem ersten auschwitz-prozess in der bundesrepublik nicht, mit den alt-nazis zu brechen. diese waren wichtige kunden.