visualisierungsquatsch und | iOS9

apple hat mit seinem neuen iPhone/iPad-betriebssystem noch mehr funktionen in die geräte gepackt, sodass interface-fehler, die früher selten waren, heute in großen mengen auftreten, vermutlich bei jedem gerät irgendwie ähnlich, irgendwie anders.

ein beispiel ist, dass das markieren von text, etwa auf einer webseite, zu einem zufallsspiel zwischen lupen- und editwerkzeug wird; keine ahnung, warum mal das eine, mal das andere tool aktiv ist, wenn ich immer gleich in den text tippe und halte. ich konnte heute zum beispiel nichts auf einer wikipediaseite kopieren, weil sich dauernd die lupe unter meinen finger schob. als ich aber in den wikipediaartikel als editor eingriff, ging es – jedoch auch mit problemen, weil ich zum beispiel häufig einen einzelnen buchstaben in meinem text nicht auswählen und ausbessern konnte, weil OS 9 unbedingt das ganze wort markierte und davon nicht abließ.

die suche im gerät nach bestimmten apps liefert bizarre ergebnisse, das durchsuchen von mailpostfächern (wie hier nach “peter “) läuft endlos und liefert kein einziges ergebnis:

imagedie apple-mail-app hängt chronisch, blockiert das ganze gerät für locker mal eine minute. ab und zu beim löschen einer mail durch schieben nach links bleibt die animation einfach hängen, eingefroren, wie das ganze gerät:

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optisch eindrücklicher ist dieser von vielen leuten beobachtete bug, der mir heute über den weg lief, als ich jemandem, den ich nicht über facetime (also videotelefonie) erreichen konnte, von facetime heraus eine nachricht (imessage) schicken wollte. [beides übrigens apple-apps!] der schwerkraftsensor kapierte nicht, wo ihm der kopf stand:

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iOS 9 bug: soll ich hochkant tippen?

bleiben wir kurz bei apple: ein neues video auf youtube vergleicht die  akkuleistung des neuen iPhone (6S) mit dem der konkurrenz von samsung. dass der akku mit 1700 mAh für ein so mächtiges gerät mickrig ist, ist klar. aber die grafik, die der gute mann in seinem vergleich postet, ist ungerecht, denn sie zeigt die beiden balken nicht von 0 bis 100, sondern sozusagen nur die spitze des eisbergs. wenn also das iPhone eine sagen wir mal 20% schwächere leistung hat, sieht es hier aus, als sei die leistung 70% geringer:

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unfairer vergleich. grafik via youtube

schließlich noch ein ding von heute: eine app auf einem iOS-gerät möchte positiv bewertet werden. die standardabfrage in so einem fall ist nicht berauschend: jetzt bewerten, später bewerten, nicht bewerten. die beiden letzten optionen erlauben es dem anwender, den dialog mehr oder weniger nachhaltig zu verlassen. theorie: ein interface-designer muss, so die ansage schon seit den 1960er jahren, dem anwender jederzeit einen ausweg bieten. hier gibt es keinen:

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sackgassen-schaltfläche – schwer misslungenes UI

9 sender 1925 | und wer hört zu?

in der dissertation des studenten ernst klöcker an der universität erlangen im jahre 1926 über das funkwesen in deutschland und die wirtschaftliche bedeutung des rundfunks finde ich eine statistik über die zahl der offiziell registrierten, also gebühren-zahlenden rundfunkteilnehmer im jahr 1925.

rundfunkhörerstatistik_nach_klöcker_1926rundfunkteilnehmer, aufgeschlüsselt nach sendeanstalten, 1925. nach: klöcker 1926

ich wollte mir das grafisch ansehen, denn bekanntlich können wir menschen solchen tabellen nicht sofort besonders viel abgewinnen. also ging ich zu google docs, legte eine tabelle 11 mal 10 an und bat meine frau, mir die werte in der tabelle aus dem buch vorzulesen, während ich sie eintippte. stumpfsinnig, aber nach 5 minuten erledigt. man hat dann ein digitales schätzchen, nämlich eine vielseitig auswertbare tabelle. in etwas größerem rahmen mit natürlich anderen daten wäre das ein prima anwendungsfall für data mining, um aus großen datenmengen signifikanzen herauszulesen, die wir mit bloßem auge nicht sehen. jedenfalls…

… ist google docs etwas sperrig zu bedienen. wenn man sich aber erstmal eingelesen hat, kann man aus dieser zahlenmatrix mit wenigen mausklicks verschiedene visualisierungen erzeugen. ich legte für die wikipedia diese hier an:

Rundfunkteilnehmer_1925_nach_Sendern[bei klick wir die grafik größer.]

nach oben sind die registrierten hörer eingetragen, und zwar in verschiedenen farben, die den einzelnen sendern zugeordnet sind. nach rechts verläuft die zeit, von ende 1924 (da war der “unterhaltungsrundfunk”, wie er damals hieß, genau 1 jahr alt) bis september 1925. man sieht, dass berlin viele mehr hörer hatte als alle anderen; die hörerzahl stieg innerhalb des jahres von unter 200.000 auf über 300.000, flachte aber im sommer 1925 ab. die schwächere zunahme der hörerschaft ist auch bei allen anderen sendern zu verzeichnen, bei manchen, etwa frankfurt, hamburg oder königsberg in preussen, gingen die zahlen sogar leicht zurück. der autor des buchs hat seine zahlen vom reichspostministerium und kann nur mutmaßen, ob es an einer, wie er sich ausdrückt, “rundfunkmüdigkeit” liegt oder an schlechter empfangsqualität wegen zu schwacher sendeleistung. in der ersten euphorie meldeten sich viele interessierte an, merkten dann aber, dass der empfang nicht optimal war. münchens sender etwa hatte nur eine reichweite von 25 km, also etwa bis freising oder starnberg, und wurde 1926 durch einen 10 kilowatt-sender ersetzt, der viel weiter reichte und auch von älteren rundfunkgeräten empfangen werden konnte.

wegen der dominanz des berliner senders ist die grafik oben nicht gut zu gebrauchen, um die hörerzahlen der kleineren sender zu beurteilen. mit der tabelle in der rückhand kann man ohne aufwand beliebige parameter darstellen, zum beispiel nur die entwicklung der rundfunkteilnehmerzahl für münchen:

Rundfunkteilnehmer_1925_Münchenin der eingangsgrafik oben sind alle sender zu sehen, und wenn man genau hinsieht, schneiden sich einige kurven, was in der realität heißt: ein sender überholt einen anderen; leipzig überholt münchen, und, schwerer zu sehen, münster überholt stuttgart. wenn man die drei hörerärmsten sender auflistet, sieht man, wie stuttgart und münster sich umschlängeln:

Rundfunkteilnehmer_1925_nach_3_Sendernim summendiagramm können wir die gesamtzahl der rundfunkteilnehmer sehen (also etwa 800.000 im spätsommer 1925). wir sehen hier aber auch, dass berlin (der untere hellblaue bereich) fast so “dick” ist wie alle anderen zusammen. der sender berlin hatte mehr als ein drittel der hörer aller deutschen sender:

Rundfunkteilnehmer_1925_nach_Sendern_total