typische registrierungsvorgaben in einer single-kontaktbörse
vorgestern lief in der ARD die BR-produktion “partnerbörsen und ihre geschäfte” von katharina adami und josef streule. wem die dunklen geschäfte des online-handels nicht eh schon geläufig waren, hat hier sicherlich gelernt, wie unseriöse portale falsche tatsachen vorspiegeln, probeabos in bezahlfallen umwandeln usw. → romance scam. für mich war neu, dass selbst der platzhirsch in der branche, nämlich parship, düstere methoden anwendet. für mich war auch neu, dass offenbar dutzende kleinerer briefkastenfirmen in ihren AGB ganz offen zugeben, unter scheinaccounts mit den zahlenden kunden zu kommunizieren; die frauen, mit denen kunde x chattet oder emails austauscht, sind dann nicht die netten 25jährigen russinnen, sondern für die partnervermittlung arbeitetende angestellte. dass diese hinterhältigkeit passiert, ist klar, typisch anonymes internet eben; aber dass es in den AGB steht, befördert das thema in eine juristisch zweischneidige position, wie die sendung ebenfalls schilderte. hier ein typisches beispiel dafür, wörtlich:
Das Unternehmen weist ausdrücklich darauf hin, dass im Chat durch das Unternehmen beschäftigte Controller/Controllerrinnen eingesetzt werden und tätig sind, die unter mehreren Identitäten am Chat teilnehmen, insbesondere Dialoge mit anderen Teilnehmern führen. Diese sind nicht ausdrücklich als Controller/Controllerin gekennzeichnet oder wahrnehmbar, sondern über Scheinaccounts/-profile im Chat tätig.
diese verbraucherfreundlichen themen hätte man in maximal 10 minuten auf einen punkt bringen können. stattdessen quälten die autoren den zuschauer eine stunde lang durch klischeehafte einzelschicksale, reisten von hinz nach kunz und sogar völlig absehbar sinnlos nach russland, kündigten dauernd an: “an dem fall bleiben wir dran” – aber nichts kam am ende heraus außer dem oben genannten und leicht auf etliche andere internetbranchen übertragbare.
zweiteilige dokumentation über die roten brigaden auf ARTE
ganz anders, nämlich über 2 stunden von vorn bis hinten informativ und spannend: die zweiteilige doku von mosco boucault über die brigate rosse der 1970er jahre in italien. ihr pendant war die rote armee fraktion in deutschland. baucault erzählt die geschichte von vier (oder fünf?) hauptprotagnosten der roten brigaden über interviews. neben dieser hauptebene sehen wir fernsehmitschnitte aus der entführung des italienischen premierministers aldo moro. die dritte ebene beschreibt die anfangs ambivalente, später ablehende haltung der kommunistischen partei italiens und der gewerkschaften zu den roten brigaden.
die interviews mit den brigadisten sind gold wert. sie alle beschreiben mit einer eloquenten nüchternheit ihre jugend, ihre radikalisierung in den fließbandwerken von turin und mailand, und bis ins detail die politischen gewaltaktionen, die in der entführung und hinrichtung aldo moros gipfelten. die männer sind teilweise noch in haft, wenn auch im freien vollzug, und zeigen keinen hauch von sentimentalität. wir erfahren, warum sie industriebossen in die beine schossen, warum sie moro und keinen anderen christdemokratischen spitzenpolitiker entführten (moros strecke mit dem auto war für eine entführung praktisch), warum sie gezielt die leibwächter umbrachten (weil sie meinten, es müssten militärische spezialkräfte sein, mit denen man sich im krieg befände) und wie sie einen blumenhändler, der normalerweise im schussfeld gewesen wäre, fernhielten (indem sie zuhause seine reifen zerstachen).
die dokumentation ist noch bis freitag abend auf arte.tv nachsehbar.