der weg zum | rundfunk

diese 1922 in der US-satirezeitung judge veröffentlichte zeichnung machte die runde. nach heutigen standards ist sie, wie die meisten illustrationen der zeit, schwer verständlich. die damaligen leserInnen aber sahen genauer hin und erkannten die message. ich zitiere den erfinder lee de forest, der das bild eingerahmt in seinem büro hängen hatte:

Es zeigt eine kleine einsame Hütte, die in einem engen Tal im Mondschein steht. Vom nahegelegenen Baum führen kleine Antennendrähte zum Dach. Ein Licht scheint vom Fenster nach draußen, und in seinem Leuchten steht ein junger Mann ohne Hut, mit Kopfhörern auf den Ohren, deren Kabel ins offene Fenster führen. Er steht da mit offenem Mund, die Hände ausgestreckt in stummer Ekstase und Verwunderung blickt er hoch in den Sternenhimmel. In Tune with the Infinite ist der Titel des Bilds, und kein Künstler, der nicht selbst die Erregung gefühlt hatte, in einer ruhigen Nacht der ätherischen Musik eines entfernten Radiophons zu lauschen, hätte sich jemals so ein Bild ausdenken oder es so geschickt malen können.

de forest entwickelt wenige zeilen später in dem artikel die vision eines dichten radionetzes, das alle bürger erreicht. er vergleicht die entwicklung mit der des zeitungsdrucks. und er sagt, es dauert nicht mehr lange, bis es soweit ist. recht hatte er.

der rundfunk in den USA startete auf kleinem niveau im herbst 1921. in england mit dem sehr zögerlichen okay der post 1922, im deutschen reich 1923.

am 4. märz 1921 wurde der außerordentlich beliebte US-präsident warren g. harding vereidigt. seine antrittsrede war die erste, die über den rundfunk übertragen wurde. damals ausschließlich (und verpflichtend) von der navy. allein in philadelphia gab es damals einige tausend rundfunkempfänger. über eine antenne auf long island gelangte die rede quasi live auch nach europa.

fünf monate zuvor, im november 1920, hatte der sender in pittsburgh das wahlergebnis zwischen harding und cox verkündet. zwei jahre später hieß er KDKA. der englische wikipedia-artikel beschreibt die geschichte dieses ersten privatsenders der USA sehr ausführlich.

radio und telefonie. judge sept. 1922

am 1. april 1921 sendete kansas city ein “wirless telephone concert”, das eigentlich von new york aus geplant gewesen war. new york city musste wegen “statischer zustände in der luft” absagen. die quelle der sendung (to send wurde damals noch in anführungszeichen geschrieben) war eine schallplatte. die ausstrahlung erreichte etwa 75 hörer in einem radius von 60 meilen, also knapp 100 km.

mitte april 1921 gehörten amateursendungen zum alltag in urbanen zentren der USA. die philadelphia wireless school spielte typischerweise sechs schallplatten ab. der dulith news tribune in minnesota schreibt dazu am 17. april 1921:

Before the evening radio concert the performance starts with a few jokes and with a summary of the day’s news and the official weather report. Then the bank of audion tubes starts whirling the electrons around and cut loose via the antenna stop of the school, with the latest thin in jazz music and syncopation.

weil auch behörden das broadcasting nutzten, konnten funkamateure die polizei-kommunikation mithören. ein ehepaar in dallas übertrug im juni 1921 ab 19 uhr musikkonzerte, den wetterbericht und polizeimeldungen. zur gleichen zeit setzten sich quer über die USA “market reports” durch, also börsennachrichten.

am 6. november 1921, einem sonntag, sendete präsident harding eine friedensnachricht an alle welt, mit dem inhalt, dass der rundfunk nicht nur die völkerverständigung fördere, sondern auch wohlstand nach dem muster der USA in andere länder verbreiten könnte.