(c) werner herzog 2013
das ist ein bild aus dem neuen film von werner herzog, deutscher filmemacher in den USA: from one second to the next – texting while driving. der halbstünder ist eine dokumentation, die praktisch nur aus interviews besteht. der film dreht sich um vier unfälle mit schwerverletzten und toten, die nur deswegen passierten, weil der fahrer SMS-nachrichten las und tippte. AT&T hat den film gesponsert; vermutlich geht er deswegen besänftigend aus: im vierten dargestellten fall versöhnt sich der fahrer mit der tochter des manns, den er beim “texten” getötet hat.
im oben abgebildeten fall gibt es keine versöhnung. die fahrerin des unglücksfahrzeugs, eine junge frau, wollte nicht vor die kamera. sie schrieb eine SMS, als sie durch das dorf in vermont fuhr, einen briefkasten erwischte, an dem die frau im bild links gerade die post abholen wollte. sie hatte ihren hund dabei. beide wurden von dem wagen erfasst, durch die luft gewirbelt, dutzende meter am straßenrand entlanggeschleift. der hund war tot, die frau fiel ins koma und ist heute schwerstbehindert, mit etwa 1 million dollar krankenhaus- und therapiekosten, von denen die täterin 60.000 dollar zahlte. alle täter in dem film kommen mit kleinen strafen davon.
das problem mit dem film ist, dass er, wenn man den ersten (und am intimsten dargestellten, hervorragend gefilmten) fall gesehen hat, weiß, wie’s weitergeht. was er aber leistet, ist das gesamte spektrum an leid zu transportieren, das eine kleine nachricht wie “I love you.” auslösen kann. angeblich gibt es 100.000 unfälle in den USA pro jahr durch texting and driving, tendenz steigend.
“I love you.” war die letzte nachricht in einer ganzen reihe von SMSn, die ein junger mann beim autofahren an seine frau schickte (und ihre antworten las). dabei überholte er einen pferdewagen mit drei passagieren, alle amischer religion, touchierte den wagen, tötete alle drei, zwei davon kleine kinder. diesen mann mit seiner schuld portraitiert werner herzog als zweiten fall. hervorragend sind dabei die einstellungen mit dem polizisten, der den fall aufnahm (bild unten).
der film ist in kompletter länge auf youtube zu sehen: from one second to the next (werner herzog) 2013
das thema ist im grunde schon veraltet, denn das größere problem sind smartphones im auto, die nicht mehr so einfach nebenher bedient werden können, wie alte tastenhandys. zudem sind ihre orientierungssensoren inkompatibel mit den lateralbewegungen des autos bei der fahrt. man bringt beim smartphone-surfen im auto zwei achsen zusammen, die nicht zusammenpassen. die unfälle, nur weil jemand auf dem smartphone eine taste drücken oder den bildschirminhalt drehen will, dürften weit drastischer sein als die beim reinen SMS-texten.