erst paar tage alt ist die webseite www.ciasavedlives.com. dahinter versteckt sich, anonym, “a group of former CIA officials”. die new york times weiß es genauer und spricht vor allem von einem in jüngster zeit sehr pressescheu gewordenen george tenet und seinem immer pressefreundlicheren nachfolger michael hayden. tenet war bis 2004 CIA-chef und gilt als eine schlüsselfigur bei der einführung von folter gegen vermeintliche al qaida-terroristen. hayden sagte in mehreren interviews letzte woche, dass er zu beginn seiner amtszeit damit beschäftigt war, mit den “fehlern der frühen CIA-aktionen aufzuräumen”. zum beispiel sagt er, der tod eines inhaftierten sei ein problem schlecht ausgebildeter CIA-kollegen unmittelbar nach dem 11. september 2011 gewesen.
aber er deckt tenet. bei den interviews, etwa bei der BBC oder CNN, neigt er dazu, einfache erklärungen zu geben (rektale vergewaltigung = medizinisch sinnvolle zwangsernährung; waterboarding = doch nur bei drei leuten; gefangene gegen die wand schubsen = waren weiche wände, die nur einen mords lärm machten) und von allem anderen nichts zu wissen. haydens hauptargument gegen den folter-report ist, dass der untersuchungsausschuss gar nicht in der lage war, die 6 millionen dokumente durchzukämmen; das kommittee um dianne feinstein habe sich deswegen mit einem vorurteil an die arbeit gemacht und selektiv 6000 seiten verfasst, die mit den republikanern, der ära bush und der CIA abrechnen wollten.
“Authorized & Legal”
… nennt sich der zweite reiter von ciasavedlives.com: wir haben uns bei der CIA immer abgesichert und damit voll legal gehandelt.
die webseite dieser heute (nicht mit dem rücken an der wand, aber bisschen) dumm dastehenden ex-CIA-leute sagt das aus, was man erwarten konnte: alles im folterreport ist falsch, die autoren habe sich die bösen rosinen herausgepickt, um gezielt die CIA zu diskreditieren. das dokument sei damit eine politische waffe und zutiefst unmoralisch.
was aber eigentlich dahinter steckt, ist, die schuld auf den damaligen präsidenten zu schieben, also g. w. bush. auf der seite und den verlinkten dokumenten (zum beispiel dieses, ohne angabe von autoren, ohne überschrift, genannt bush.pdf) spielt das eine zentrale rolle. hier ein memo, das bush am 7. februar 2002 unterschrieben hat und mit dem das ganze debakel begann:
es ging darum, den vermeintlichen terroristen ihren status als kriegsgegner zu entziehen, um sich aus artikel 4 der genfer konvention herauszuschleichen. denn man hatte inzwischen den ersten “hochrangigen” gefangenen gemacht und wollte gern mehr aus ihm herauspressen. das hätte die genfer konvention nicht zugelassen; zudem hätte man dann dem roten kreuz zugang zu dem gefangenen geben müssen, und das war höchst unerwünscht. man wollte mit abu zubaydah (deutsch: abu subaida) ja dinge machen, die dem roten kreuz unappetitlich aufgefallen wären. deswegen unterschrieb bush, man betrachte die verhafteten talibans als gesetzlose kämpfer und nicht kriegsgefangene, weil die USA sich mit al qaeda nicht in einem anständigen krieg befänden.
die geschichte von abu zubaydah ist in dem folter-report besonders grausig zu lesen. ich schreibe in kürze was darüber.
das bush.pdf zeichnet eine einzige rechtfertigung aller jetzt bekannt gewordenen verhör-vorgänge. alles sie von der CIA nach oben abgesichert worden, sowohl übers justizministerium, als auch über bushs nationale sicherheitsberaterin condoleezza rice und den generalstaatsanwalt john ashcroft. rice sprach sich zum beispiel laut einem gesprächsprotokoll vom januar 2003 klar dafür aus, “humane” verhörmethoden beim militär zu lassen, die CIA dagegen könne schön weiter waterboarden.
die argumentation geht sehr ins detail. zum beispiel ist den CIA-leuten jetzt wichtig, einen schon von obama freigegebenen, ehemals streng geheimen brief des generalstaatsanwalts an den chefanwalt der CIA john rizzo vom 1. august 2002 in gänze als faksimile wiederzugeben. das dokument (unten ein ausschnitt) liest sich, als gäbe der generalstaatsanwalt einen freibrief für alle 10 “erweiterten verhörtechniken”. wenn man genauer hinliest, schreibt ashcroft das aber unter dem vorbehalt, dass die von der CIA abgegebenen informationen stimmen. zu diesen informationen gehörte unter anderem, dass der gefangene abu zubaydah eine zentrale figur bei der terrorplanung von al qaida war und garantiert noch für die nationale sicherheit wichtige dinge ausplaudern kann, die man mit bisher angewandten methoden nicht aus ihm herausgebracht hätte. waterboarding, so das memo, sei die letzte stufe in diesem prozess und sollte, wie alle methoden, möglichst nur einmal angewendet werden – weil sich der effekt sonst abnutzt.
ashcroft an rizzo 2002: “du darfst” (wenn alles stimmt, was du mir gesagt hast)
und was macht ashcroft heute? gospel songs singen und komponieren, zum beispiel “let the eagle soar” (lass den adler aufsteigen). rice spielt gern klavier in kammermusikstücken. tenet arbeitet in einer öffentlichkeitsscheuen investmentbank namens allen & company in new york. das gaben weder er, noch die bank bekannt, aber es wurde, wie so vieles heute, geleakt.