heim | schnitt 1991

tonschnitt auf band zu hause

dieses polaroid nahm ich mitten in der nacht auf, als ich alle interviews für eine zündfunk-sendung über das gerade zu ende gegangene trickfilmfestival in stuttgart geschnitten hatte. auf dem teppich liegen die bandreste. im hintergrund die studer-bandmaschine, mit der ich 1991 alles an schnitt für die anstehende live-sendung vorbereiten konnte. das gerät wurde anfang der 1960er jahre gebaut, und ich bekam es in gutem zustand von einem bekannten verkauft, der ein musikstudio betrieb und auf neuere maschinen umstieg. das studer-gerät war eine der ersten stereo-bandmaschinen und lief mit 38 cm/s.

der tonschnitt auf band war damals tontechnikerinnen vorbehalten. siehe dazu → diesen eintrag. ich habe viel und gern mit ihnen im bayerischen rundfunk zusammen gearbeitet. irgendwann fand sich aber eine telefunken-bandmaschine in den redaktionsräumen des zündfunks ein. auf diesem gerät lernte ich abends (wenn der zündfunk vorbei war und die maschine nicht mehr genutzt wurde) selbst zu schneiden. ich verbrachte die ein oder andere nacht in diesem zimmer, ergriff dann aber die gelegenheit, mir ein profigerät für zu hause anzuschaffen.

im fall der trickfilmsendung war es so, dass wir samstag nachmittag von 14-16 uhr sendeten und vorher, ich glaube ab 10 uhr, schnitt- und produktionszeit im studio 4 des BR hatten. mit den geschnittenen interviews auf einer spule, die einzelnen takes mit gelbband getrennt, kam ich nach kurzem schlaf in den sender. das datum auf dem polariod war ein samstag. also, wie meist im aktuellen journalistenleben, kurz vor knapp alles fertig.

zündfunk ohne | computer (1995)

zündfunk redaktion — noch ohne PCs

ich fand in einer fotokiste diese beiden fotos. das erste, vermutlich 1995 mit selbstauslöser gemacht, zeigt einen von gefühlt fünf räumen der zündfunkredaktion. wir residierten im zweiten oder dritten stock des 1928 entstandenen riemerschmidbaus, also nicht im hochhaus. am selben flur befand sich die B3-redaktion, wo günter jauch und thomas gottschalk ein und aus gingen und wohin das zündfunk-urgestein ingeborg schober fremd ging (ich übernahm anfang der 1980er jahre ihre sendung im “club 16“). wir sahen ohne neid die B3-wäschekörbe mit hörerpost, die meisten waren musikwünsche oder antworten auf gewinnspiele. wir zündfunk-moderatorInnen bekamen genug briefe von hörerInnen, oft sehr ausführliche sendekritik. ich habe noch viele davon in einem schrank.

es gab drei sekretärinnen, auf zwei räume verteilt, und drei, später nur zwei redakteure und redakteurinnen. das büro, in dem das foto oben entstand, war das von judith schnaubelt, wie sie mir schrieb. kann sein, dass sie das foto aufgenommen hat.

nirgends standen zur zeit der aufnahme computer herum. es gab schreibmaschinen, die auf massiven metallhebelarmen von einer schreibtischseite zur anderen hinüber geschwenkt werden konnten. einer der drei redakteure der 1980er jahre, klaus kastan, merkte an, dass der BR die ersten PCs testweise ende der 1980er jahre in der wirtschaftsredaktion einführte. als klaus 1995 von london, wo er korrespondent war, zurück kam, hatten alle redaktionen computer. das bedeutet, dass das bild oben auf 1994 umdatiert werden muss.

wir freien mitarbeiterInnen hatten keinen eigenen schreibtisch, sondern einen etwas armseligen raum, in dem ich selten war, aber öfter kollegen wie jo angerer, lorenz schröter, roderich fabian antraf, die fleißig auf schreibmaschinen tippten und telefonierten. telefonieren war in der zeit noch sehr teuer, und um recherchen durchzuführen kamen wir gern ins funkhaus. denn wozu sollten wir unsere private telefonrechnung damit belasten! ejo eckerle, der das mitarbeiterzimmer gut kannte, weiß noch details, die ich vergessen habe: es war eine umfunktionierte besenkammer mit einem kieselgrauen wählscheibentelefon, drei schreibtischen und ein oder zwei ausrangierten mechanischen schreibmaschinen. lorenz “lorenz“ schröter erinnerte mich jetzt an den namen des mitarbeiterzimmers: miezi. und an ein skelett, das mir gehörte und im besenschrank stand, bis ich‘s zur live-sendung mit hochnahm. ich war selten im miezi.

im hintersten redaktionsraum, dem büro des redaktionsleiters, stand zwar eine (ton)bandmaschine, aber die sendungen vorbereitet haben wir mit meist weiblichen tontechnikerinnen im 7. stock des „studiobaus“ in so genannten tonbearbeitungsräumen. die tontechnikerinnen waren meister der tonbandakrobatik: sie spulten, schnitten, markierten und klebten sehr schnell. die kleber waren meist blau.

als ich mir diese expertise angeeignet hatte, war es schon fast zu spät: ich sendete damals (1995) schon mit selbstgebrannten CDs, also ohne tonbänder.

abhörraum mit steuergerät und lautsprecher

dieses foto ist ein zeitdokument besonderer art. es zeigt einen so genannten abhörraum. er befand sich ebenfalls im 7. stock, direkt neben dem schallarchiv. ich verbrachte viel zeit in diesen kargen räumen, um o-töne aus dem archiv zu hören. ein kollege im schallarchiv legte in seinem arbeitsbereich (genannt ZÜTR) ein von mir bestelltes tonband auf und leitete das signal zu mir in den abhörraum auf den hervorragend klingenden mono-lautsprecher. hier konnte ich mit dem kruden grauen kasten von ferne aus auf die bandmaschine zugreifen, also spulen und anhalten. wichtig war der lautstärkeregler, und unverzichtbar das (im bild nicht sichtbare) telefon. ich rief immer wieder im ZÜTR an, zum beispiel um zu sagen, das band ist gleich zu ende, man möge mir bitte das nächste auflegen. dieser raum war an erbärmlichkeit kaum zu überbieten, aber er war in diesen analogen zeiten sehr effektiv.