wdr | eingeknickt

buhrow fühlt mit. (kölner stadtanzeiger, heute)

satire war schon immer ein delikates feld. den goebbels und erdogans gefielen die tucholskys und böhmermänner gar nicht. die satire, die ihnen gefiel, brachte aber niemanden zum lachen. von oben abgesegnete satire ist eh nie komisch. ich habe zusammen mit manfred kloiber vor so 20 jahren die glossen-rubrik “digitales logbuch” im deutschlandfunk erfunden. die reihe ist ein longrunner, sehr beliebt, und ab und zu bekommen wir durchaus post von hörerInnen, die den wahrheitsgehalt der glossen infrage stellen. leute, es sind glossen, also satire! die wahrheit steckt tiefer!

als am wochenende der WDR wegen seiner netten oma-ist-ne-umweltsau-kinderchornummer von rechtsgerichteten und rundfunkgebühren-ablehnenden menschen demomäßig kritisiert wurde, gab es zahlenmäßig haushoch überlegene gegendemos. siehe zum beispiel → hier. ausgelöst hatte die anti-WDR-stimmung, die dann auch in baden-baden in eine anti-SWR-stimmung überschlug, nicht die AfD, sondern der intendant des WDR. seine entschuldigung für die satire war wasser auf die mühlen der öff-rechtlichen-medienhasser. und sie fiel den hart arbeitenden und deutlich schlechter als ihr chef bezahlten redakteurInnen in den rücken. die hatten sich nunmal gedanken über den text gemacht.

oben ist ein ausschnitt aus dem kölner stadtanzeiger von heute zu sehen, in dem tom buhrow, der noch-intendant, nachlegt. abgesehen von der dreistigkeit, den kollegInnen im haus nochmal in den rücken zu fallen, ist bemerkenswert, was für ihn das schlagende argument ist: man will ältere hörerInnen nicht vergraulen. sie hätten sich verletzt gefühlt.

das ist ungefähr das erbärmlichste argument gegen eine satire. was würde tom buhrow wohl sagen, wenn in seinem haus die heute-show liefe, die laufend mit dem witz spielt, dass das fernsehpublikum halbtot ist? wer auf die idee kommt, satire müsse zielgruppen respektieren, lebt in einem anderen jahrhundert.

abgesehen davon, dass die vermeintliche kenntnis der hörerschaft ein trugschluss ist (aus hörerbriefen lässt sich keine statistik machen), wird sie gern als totschlagargument für handzahme programmgestaltung herangezogen. jeder schüler einer journalistenschule weiß, dass es “den hörer” nicht gibt, und dass es für öffentlich-rechtliche sender gift ist, den vermeintlichen hörer zu bedienen. das führt zu abstrusen ideen, für die ich selbst keinen cent rundfunkgebühren zahlen würde, etwa wenn helene fischer das programm prägt. unterhaltung ist im rundfunkstaatsvertrag eh nur ein unterpunkt. harte information über politik und kultur ist der auftrag, kein weichgekochtes zielgruppenanwanzen.

einige zeilen weiter zitieren die kollegen vom stadtanzeiger den chef von WDR 2, wo der kinderchor lief. auch rausch fällt seinen kollegInnen in der redaktion in den rücken, und auch sein argument gegen den hühnerstall-song ist unfassbar kurz gedacht:

WDR2 wellenchef feilt sprachlich. (stadtanzeiger)

“insbesondere einen Mangel an sprachlicher Feinheit in dem Liedtext” räumte jochen rausch ein. “insbesondere” bedeutet, da gäbe es noch weitere dinge zu kritisieren. dem liedtext, seinen autoren und den kindern, die ihn sangen, einen mangel an sprachlicher feinheit zu unterstellen, kann nicht sein ernst sein. vielleicht hilft dieses foto weiter: rechts rausch, im einklang mit seinem chef buhrow, fotografiert 2014 von meinem kollegen → superbass:

zwei satireexperten; buhrow und rausch. foto: superbass, wikimedia commons, cc-by-sa