super-injunction | australiens bigotte medienfreiheit

austrailian_indictment_wikileakskopf der super-verfügung, gegen australisches recht veröffentlicht von wikileaks

julian assange/wikileaks kündigten an, interne australische regierungs(?)-papiere zu veröffentlichen, in denen es um die bestechung hochrangiger indonesischer, malaysischer und vietnamischer politiker und ihrer verwandten im zusammenhang mit dem druck australischer banknoten geht. noch bevor wikileaks das publik machten, sprang ein hohes australisches gericht im bundesstaat victoria mit einer gerichtlichen verfügung in den ring, welche zweierlei besagt:

a) nichts von dem angekündigten darf veröffentlicht werden.

b) auch diese anordnung darf nicht veröffentlicht werden.

als begründung gaben die richter die gefährdung internationaler beziehungen und der nationalen sicherheit an.

wikileaks veröffentlichten zwar die bestechungsdokumente (noch) nicht, wohl aber die gerichtliche verfügung. damit macht sich julian assange schuldig; im droht die verhaftung, wenn er in australien einreist (was in absehbarer zeit eh nicht geht, weil er ja in der botschaft ecquadors in london festsitzt). assange rechtfertigt die veröffentlichung des richterlichen beschlusses damit, dass es nicht sein könne, dass ein gericht unter der pauschalen angabe der sicherheitsgefährdung eines staats die wahrheit unterdrückt.

dass in der → hier nachzulesenden verfügung bereits die namen der angeblich bestochenen politiker in aller ausführlichkeit genannt werden, ist bizarr. es darf nichts und niemand in zusammenhang mit diesen personen veröffentlicht werden: [ab hier zitat]

  • any current or former Prime Minister of Malaysia (including refereces to ‘PM’);
  • any current or former Deputy Prime Minister of Malaysia (including references to ‘DPM’);
  • any current or former Finance Minister of Malaysia (including references to ‘FM’);
  • Mohammad Najib Abdul Razak, currently Prime Minister (since 2009) and Finance Minister (since 2008) of Malaysia;
  • Abdullah Ahmad Badawi (also known as Pak Lah), a former Prime Minister (2003 – 2009) and Finance Minister (2003 – 2008) of Malaysia;
  • Puan Noni (also knows as Ms/Madame Noni, or Nonni), a sister-in-law of Abdullah Ahmad Badawi;
  • Mahathir Mohamed, a former Prime Minister (1981 – 2003) and Finance Minister (2001 – 2003) of Malaysia;
  • Daim Zainuddin, a former Finance Minister of Malaysia (1984 – 1991; 1999 – 2001);
  • Rafidah Aziz, a former Trade Minister of Malaysia (1987 – 2008);
  • Hamid Albar, a former Minister for Foreign Affairs (1999 – 2008) and Minister of Home Affairs (2008 – 2009) of Malaysia;
  • Susilo Bambang Yudhoyono (also known as SBY), currently President of Indonesia (since 2004);
  • Megawati Sukarnoputri (also known as Mega), a former President of Indonesia (2001 – 2004) and current leader of the PDI-P political party;
  • Laksamana Sukardi, a former Indonesian minister (2001 – 2004; in Megawati Sukarnoputri’s goverment);
  • Truong Tan San, currently President of Vietnam (since 2011);
  • Nguyen Tan Dung, currently Prime Minister of Vietnam (since 2006);
  • Le Duc Thuy, a Former Chairman of the National Financial Supervisory Committee (2007 – 2011) and a former Governor of the State Bank of Vietnam (1999 – 2007); and
  • Nong Duc Manh, a former General Secretary of the Communist Party of Vietnam (2001 – 2011)

eine solche maulkorb-verfügung gibt es im deutschen recht meines wissens nach nicht, sehr wohl aber im englischen, wo sie super-injunction heißt. diese ist dort erprobte rechtssprechung, um jemandem, der vermutlich die wahrheit kennt, aus “höheren” gründen den mund zu verbieten. in australien haben super-injunctions hochkonjunktur; insbesondere die gerichte im bundesstaat victoria haben sich, wie in diesem fall, hervorgetan: sie stellten in den letzten sechs jahren bereits 1500 solcher knebel-verfügungen aus.

das stinkt natürlich zum himmel und spricht bände über die abhängigkeit der australischen justiz von der politik, über eine mit korruption arbeitende staatsdiplomatie und einen willkürlichen umgang mit presse und anderen unabhängigen veröffentlichungsorganen.

einen tag nach dieser meldung, nämlich heute, setzte der russische präsident putin mit seiner parlamentarischen mehrheit im rücken ein gesetz in kraft, das regierungskritischen bloggern das handwerk legt. haben die blogs mehr als einige hundert zugriffe auf ihre seite, gelten sie als massenmedien und dürfen nur noch angemeldet arbeiten, keine anonymen kommentare zulassen und müssen auf wunsch der behörden jederzeit alle persönlichen daten der kommentatoren offenlegen. das betrifft auch blogger, die ihre homepage im ausland liegen haben.

whistleblowing bevor’s das wort gab (FBI 1971)

englischsprachiges video der new york times vom januar 2014 über den fall. hier ein FBI-phantombild.

die politischen umstände waren 1971 in den USA anders als nach 2001. damals war der feind innen, nämlich die revoltierenden studenten, die neue amerikanische linke. aber die methoden, menschen durch abhören, verunsichern unter kontrolle zu bekommen, ähneln sich. damals brachen linksgerichtete vietnamgegner in ein kleines FBI-büro bei philadelphia ein, und zwar gezielt an jenem abend, als frazer gegen ali boxte. sie stahlen tausende seiten geheimer dokumente und “leakten” sie an die washington post. der fall war damals ein skandal. in seiner ganzen dimension wird er aber erst jetzt bekannt, seit die damaligen aktivisten offen darüber reden, und die damalige washington post-journalistin medsger darüber jetzt das buch The Burglary veröffentlicht hat.