trump mit | 25

wenn man die donald trump-diktion verfolgt, gibt es häufig vorhersehbare reaktionen. wenn ein romanautor ihn als miesen betrüger in seinen text einbaut, tweetet trump zurück, der autor sei a) völlig unbedeutend, b) total unbegabt. ähnlich reagierte er auf die rede von meryl streep mit der aussage, sie sei eine “überschätzte” schauspielerin.

“Meryl Streep, one of the most over-rated actresses in Hollywood.” (tweet vom 9. januar 2017)

trump charged. new york times, 16. oktober 1973

ich ging jetzt mal ins new york times archiv und suchte nach den frühesten erwähnungen donald trumps in dieser zeitung: 1971 taucht er das erste mal auf. er war damals 25 und hatte das immobilienimperium seines vaters übernommen, mit damals 14.000 wohnungen in und um manhattan. die staatsanwaltschaft ging gegen trump vor, weil der verdacht im raum stand, dass er mietverträge nach “race and color” abschloss.

das ist nicht verwunderlich und deckt sich mit der agenda des neuen US-präsidenten. was aber auch interessant ist, ist die diktion von trump damals. er antwortete, haargenau im stil, wie er das heute tun würde: die anschuldigungen sind “absolut lächerlich. wir haben nie jemanden diskriminiert und würden es nie tun. es gab eine ganze reihe kleiner aktionen gegen uns, die wir alle gewonnen haben. wir wurden wegen rassendiskriminierung angeklagt und haben vor gericht immer gewonnen.”

wenn sich in 45 jahren nichts geändert hat, wird sich auch in den nächsten 4 nichts ändern.

krimi | aus der 3 tage jungen new york times

vernaehteLippen_montagebeine gebrochen, mund zugenäht – trotzdem überführt er die täter.

also gut, da stirbt ein mann und hinterlässt frau und zwei kleine kinder. wenig später heiratet die witwe einen mann, das mädchen starb, und dann wurde der junge auch noch als vermisst gemeldet (lapidar, dafür nur einen nebensatz zu verwenden).

wir sind in amerika, genau genommen in der grafschaft morgan, missouri. also ermittelt nicht die polizei, sondern die nachbarschaft. sie findet es verdächtig, weil nach dem tod des manns der besitz an die kinder überschrieben wurde. also bildeten die nachbarn einen suchtrupp, um den jungen zu finden. sie fanden ihn im benachbarten wald, mit gebrochenen beinen und zugenähtem mund. er wurde gerettet, nannte seine mutter und seinen stiefvater als täter, erzählte auch, dass sie seiner schwester den schädel gebrochen hatten. die leiche wurde exhumiert, das pärchen war der taten überführt.

revoltingInhumanity_NYT_1851new york times vom 20. september 1851

so übernahm die erst drei (!) tage alte new york times einen artikel des “observer” aus boonville, ebenfalls missouri. übrigens, typisch für die zeit: tagesaktualität war ein hoher wert, konnte aber meist nicht geliefert werden. dieser artikel bezieht sich auf vorkommnisse “not long ago”.

das bild oben hat damit nichts zu tun, ich wollte nur mal gucken, ob ich schnell einen zugenähten mund herstellen konnte. ganz einfach: untere ebene ein foto einer vernähten wunde aus den creative commons von carsten niehaus, darüber das foto von einem jungen, ebenfalls aus creative commons (otto placik). ich musste die wunde nur um 90° drehen, denn sie stand vorher vertikal, und den jungen vergrößern. die überlagerung mit “ineinanderkopieren” brachte ohne weitere eingriffe das obige ergebnis. nebeneffekt: auch die haut des jungen nimmt kranke textur an. war für dieses verbrechen durchaus wünschenswert.

vernaehteLippen_setupzwei fotos aus wiki commons, zum ineinanderkopieren (siehe ganz oben)

new york times | interne zahlen

in einem geleakten (oder sagen wir besser: nach außen gedrungenen) dokument aus dem intranet der new york times vom märz 2014 sind einige interessante fakten zu lesen. man kann ihnen trauen, weil die times da selbst gar nicht gut abschneidet. der “Full New York Times Innovation Report” zeigt zum beispiel eine (sicherlich nicht geheime, aber branchen-interne) statistik über die leserschaft:

newYorkTimes_internalStatistics_2014statistik der leserzahl von sechs zeitschriften in den USA

nach dieser aufstellung führt die huffington post seit anfang 2013, buzzfeed ist etwa auf einem niveau mit der times (rund 50 millionen leser). an der tiefroten kurve (eben die der new york times) ist auch bemerkenswert, das sie anfang 2013 etwa auf dem niveau von heute war, wobei es ein tief im august 2013 gab (40 millionen leser). außerdem ist die summe der leserschaft ingesamt seit einem jahr drastisch gestiegen. wenn man alle sechs kurvenwerte im april 2013 aufsummiert, kommt man auf etwa 240 millionen leser, im januar 2014 auf 310 millionen. das kann mehrere gründe haben. der naheliegendste wäre, dass mehr menschen zeitungen lesen, vor allem im internet. es kann aber auch bedeuten, dass den anderen publikationen die leserschaft wegbricht und wir hier nur die sechs großen player sehen, die entsprechend hinzugewinnen.

das interne papier beschreibt die aktuelle lage des internets als “cluttered”, also verzettelt/chaotisch, und die smartphonekultur als “distracted mobile world” (mobile welt der ewigen ablenkungen). zwei negative konnotationen also: “cluttered” und “distracted”. interessante ausgangsposition für die interne debatte, die dann damit weitergeht, dass angesichts dieses online-durcheinanders ein erfahrener nachrichtenredakteur sich nur um leser-acquise kümmern soll.

NYT_abos_2014zahl der leser der new york times über verschiedene verbreitungswege (2014)

auch diese (von mir visualisierten) zahlen sind interessant. sie betreffen nur die new york times. leider sehen wir hier keine zeitliche dynamik, sondern einen status quo von vermutlich anfang 2014. 30 millionen amerikaner (also mit US-IP-adressen) besuchen die webseite der times pro monat, 20 millionen tun es über die apps auf ihren tablet-computern und smartphones. die print-abos fallen dagegen ins marginale ab. ich schätze, sie waren vor einigen jahren viel viel mehr.

eine für die marketing-abteilung der zeitung besonders wichtige zahl ist die ganz oben: 760.000 abonnenten für die digitale new york times ist eine sicherlich wachsende, aber erstaunlich geringe zahl. sie besagt: nur 1,5 % aller leser der online-zeitung haben sie abonniert. mit diesem thema beschäftigen sich zurzeit alle printmedien. im grunde kämpfen sie damit, die kleine zahl nach oben zu bringen. die new york times macht das durch eine doppelstrategie: einerseits beschränkt sie die zahl der artikel, die man kostenlos online lesen kann (zurzeit auf 12 pro monat; es gibt tricks, darum herum zu kommen), andererseits lockt sie registrierte leser mit abonnements, die teilweise sehr preisgünstig sind. ich habe zurzeit eins, mit dem ich für drei monate $ 1 zahle. danach würde es viel mehr kosten, aber ich habe bereits gekündigt, sodass diese option nach drei monaten endet.

ich hielt vor einigen wochen auf dem dokumentarfestival in münchen einen vortrag über öffentlich-rechtliches senden und archive, worin auch das buhlen um hörer (und zuschauer) thema war. eine am rand gesetzte these möchte ich hier wiederholen: ein gutes programm wird von den hörern gefunden. man muss sich als radiomacher nicht anbiedern, wie die kommerziellen medien es tun müssen.

achso, der new york times-interne report ist → hier zu finden, also ausgerechnet beim onlinekonkurrenten buzzfeed. im →  wikipedia-artikel über buzzfeed sieht man die personelle verknüpfung zwischen buzzfeed und der online alles dominierenden huffington post.

hitler tot | new york times 1945

nazichef adolf hitler brachte sich bekanntlich am 30. april 1945 in seinem bunker in berlin um, ließ seine leiche verbrennen. wenn man die ausgaben der zeitungen an und nach diesem tag liest, gibt es den punkt, wo die nachricht wie eine bombe landet, dann kommen tage der gerüchteküchen, und irgendwann später konsolidiert sich das bild, und die volle wahrheit kommt ans licht.

NYT-Timesmachine-3_Mai_1945vorbildlicher aufbau der new york times-webseite mit der neuen timesmachine (ausgabe vom 3. mai)

ich nutzte wie im screenshot oben die von der new york times-online-redaktion erst kürzlich eingerichtete timesmachine, wo man die zeitungen lesen, aber nicht darin suchen kann. einige inhalte sind frei verfügbar, für andere braucht man ein abonnement.

am 30. april 1945 titelt die zeitung: “russen ziehen gürtel um berlins herz enger; mailand und venedig gewonnen; mussolini getötet.”

1. mai: “russen setzen siegesflagge auf dem reichstag; 7. us-armee nimmt münchen ein, fährt richtung brenner; widerstand in italen gebrochen; tito gefolgsleute in triest.”

2.mai: “hitler tot in reichskanzlei, sagen nazis; nachfolger dönitz befiehlt, krieg geht weiter; berlin fast eingenommen.”

die nazis begannen in ihrer ohnmacht stümperhaft am mythos hitler zu bauen und ließen über karl dönitz über den reichssender hamburg verkünden, dass hitler “tapfer im kampf an seinem kommandoposten in der reichskanzlei gefallen” ist. himmler, der sich den alliierten gestellt hatte, sprach allerdings von einer hirnblutung, an der hitler gestorben sei. als dönitz am abend des 1. mai im rundfunk vom heldentod hitlers sprach, mischte sich eine stimme dazwischen und rief in die laufende sendung “das ist eine lüge!” als der admiral hitler einen der größten helden der geschichte nannte, sprach die geisterstimme: “der größte faschist!” die bbc schloss daraus, sich vorläufig der weniger heldenhaften hirnblutungs-theorie anzuschließen. im rundfunk lief dazu wagners götterdämmerung und bruckners 7. symphonie.

NYT-2_Mai_1945_Ghost-radio-voicenew york times, 2. mai 1945: geisterstimme im radio

3. mai: “berlin fällt an die russen, 70.000 ergeben sich; 1.000.000 geben in italien und österreich auf; hamburg gibt auf.”

die große meldung war die einnahme berlins. aber ebenfalls auf der titelseite (siehe screenshot vom ipad ganz oben) befindet sich ein artikel “goebbels and fuehrer died by own hands, aide says”. damit steht der suizid-vorwurf im raum. in den folgenden tagen nähert sich der 2. weltkrieg seinem ende, die nachrichten überstürzen sich, hitlers todesumstände spielen angesichts dessen keine große rolle mehr.