drei botschaften | wdr 3 feiert 50

wdr 3 feiert sich selbst. anlass im großen sendesaal des funkhauses am wallraffplatz war gestern in einer zweistündigen gala mit rundfunk-live-übertragung der 50. jahrestag des “dritten programms”.

WDR-3-feiert-50---20140329mit bigband und orgel (hier: bachs musikalisches opfer) feiert wdr 3 sein 50jähriges vollprogramm. foto: m.s.

nach einigen probeläufen in den 1950er jahren, im verbund mit dem ndr, baute der wdr ab 1964 sein drittes programm aus. dem offiziellen start des “vollprogramms” am 30. märz 1964 gingen wochen des reduzierten sendebetriebs voraus. wdr 3 trat an mit der mission, kultur in den unterhaltungsfunk zu bringen; das vorbild war das dritte programm der bbc (radio 3) mit “gehobener” – und das hieß damals vorwiegend “klassischer” –  musik. ins wdr 3-programm fügten sich die so genannten klangkörper (die wdr big band ist einer von vieren) ein, karlheinz stockhausen war auf der welle zuhause.

neben der musiklastigkeit spielten bereits zu beginn hörspiele und literarische sendungen eine zentrale rolle. das “anspruchsvolle wort” hatte in keiner wdr-hörfunkwelle sonst platz. es bildeten sich literatur-, nachrichten-, wissenschafts- und kommentarsendungen heraus, etwa am abend vorgestellt, gutenbergs welt, das kritische tagebuch. wdr 3 war eine hybridwelle mit einem hohen wortanteil sowie jazz und klassik (60% wort, 40% musik). im rahmen mehrerer programmschema-änderungen in den letzten jahren drehte sich das verhältnis um, leichtgängige klassiksendungen wie tonart entstanden, musikstrecken mit smooth-jazz, etwa in der sendung resonanzen, schlichen sich ein, in der morgen-kultursendung mosaik wurden die wortbeiträge kürzer und fanden nicht nach jedem, sondern nach jedem zweiten musiktitel statt.

die gestrige veranstaltung unterstrich den kurs: weg vom wort, hin zur musik. es war in den zwei stunden etwa eine halbe minute die rede vom wortprogramm. kultur wurde fast ausschließlich mit musik gleichgesetzt, und zum beispiel nicht mit hörspiel oder literatur.

eine zweite botschaft sprach aus dem jubiläumsfest: die gäste auf der bühne waren fast alle über bzw. weit über dem renteneintrittsalter (herrliches wort!)

WLAN-verschlüsselt-WDR-3während der veranstaltung sollte man offensiv twittern. ging aber nicht. kein netz, und alle router fest verschlüsselt.

die dritte botschaft sprach noch-hörfunkdirektor wolfgang schmitz zu beginn ins publikum: man möge die mobiltelefone stummschalten, aber nicht ausschalten; denn internet und twittern und facebooken sei ausdrücklich erwünscht. worauf einige ihre smartphones herausholten und den browser öffneten. der fand allerdings kein netz, denn (im screenshot oben rot umkringelt: edge mit null pegel) die mobilen funkmasten werden nicht in den sendesaal hineinverstärkt, man ist also in einem funkloch. hat wdr 3 also für ein schön starkes wlan gesorgt? ja! aber leider verschlüsselt.

die drei botschaften waren also:

  1. wir sind bei wdr 3 voll fürs soziale vernetzen, aber dass man dazu online sein muss, wussten wir nicht.
  2. wdr 3 ist ein kulturprogramm, und kultur bedeutet jetzt nur noch musik, nicht wort.
  3. und: bei wdr 3 sind wir 60-90jährigen unter uns.