Trump-IT | Deutschlandfunk

hans_brehm_trumpIT

trump-IT. illustriert von hans-jörg brehm

diese art von glossen auf bayerisch entstehen fast immer ohne manuskript. ich plappere so lange in mein mikro, meist mit geschlossenen augen, bis sich eine geschichte formt. zwar hatte ich hier den rahmen (die schweinefleisch spuckende trompete von donald trump gegen muslime) vorher im kopf, aber zum beispiel hat sich die virtual reality erst bei diesem ca. zehnminütigen aufnahmeprozess in die geschichte geschlichen. mein persönliches highlight schoss mir völlig unbewusst in die sinn, also mit null nachdenken: der junge schwarzenegger am pool-rand. im grunde ganz wenige sekunden kurze randnotiz, aber nicht ohne bedeutung, weil darin ein ganzes universum der denkhaltung des protagonisten steckt. angie’s VR lieferte dann schließlich auch die pointe, mit der ich nach gut 2 minuten enden konnte.

für die, die diese glossen nicht kennen: das digitale logbuch ist eine rubrik in der deutschlandfunk-sendung “computer und kommunikation”, von manfred kloiber und mir vor etwa 15 jahren entwickelt, um der an sich sehr faktennahen sendung einen kleinen gegenpol zu geben. die autoren des “logbuchs” haben über die lange zeit hinweg gewechselt, aber ein paar feste größen blieben. mein favorit ist achim killer. das setting der bayerischen digitalen logbücher ist so: eine roboterfabrik, in der am wochenende nichts los ist. zwei personen, der immer alles besser wissende ich-erzähler und die im grunde alles besser wissende angie. plus eine halle voller mehr oder weniger debiler roboter. und, diesmal zentral wichtig, der chefprogrammierer, herr singh aus indien. das war’s schon.


digitales logbuch – trump-IT, langfassung

lieber (?) | hörer

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werbung der berliner funk-stunde vom 26.2.1926

bei uns im rundfunk gibt es (wie in zeitungen und im TV) zwei fraktionen: die einen schätzen den hörer/leser/zuschauer als kreativen kritiker und damit mitgestalter des programms. die anderen tun so, als schätzten sie den hörer, können ihn aber zutiefst nicht leiden, weil sie sein ewiges nörgeln satt haben.

als der rundfunk anfing, gab es nur die erste fraktion, denn es fehlten den redaktionen die hörer. die 1926er werbung des vorvorvorvorvorgängers des RBB im bild oben zeigt auch zwei frühe formen von smileys, beide mit kopfhörer.

das ist eins von mehreren ausschnitten aus derselben funkzeitung, nämlich Der deutsche Rundfunk. Rundschau und Programm für alle Funkteilnehmer von vor genau 90 jahren, die eine befreundete kollegin für mich gemacht hat, als sie in ihrem archiv unterwegs war.

 

Werbung_Funk-Stunde-1926

werbung für neue hörer

Programm_Berlin_26_02_26

programm der berliner funk-stunde vor genau 90 jahren

Programm München 26_02_26

programm münchen vor genau 90 jahren

Programm_London_26_02_26

englische sender vor genau 90 jahren

literaturagentin | jammert

lianneKolfsWebseite

lianne kolf, nur noch an filmen interessiert

vorhin in deutschlandradio kultur die angeblich erste literaturagentin deutschlands, lianne kolf. ich bezweifle, dass sie die erste ist, kann das gegenteil aber nicht beweisen. würde mich wundern, wenn es hier zu lande erst seit den 1980er jahren agenten für autoren gab.

das gespräch war insofern interessant, als der umbruch im verlagswesen keine rolle spielte. die münchnerin lebt in einer romantischen welt, wo man als wenig erfahrener buchautor bei keinem verlag fuß fassen kann, also einen agenten braucht, der das werk gezielt einspeist und an die richtigen lektoren bringt. klassische lobbyarbeit also, aber in einem geschäftsfeld, was sich so umwälzt wie zuletzt die musikindustrie. es gibt heute für einsteiger wie fortgeschrittene autoren immer weniger argumente, sich mit so geringen tantiemen abspeisen zu lassen: typisch sind lächerliche 10% (oder weniger) vom händlernettopreis, davon gehen dann nochmal 20% agentenhonorar ab. bei einem buch, das im laden 15 € kostet, verdient der autor deutlich unter einem euro. der verlag verdient sich auch nicht dusselig daran. siehe zum beispiel → hier in dieser beispielrechung.

selbst im finanziell extremen fall, dass ein autor ein buch im selbstverlag herausbringt und alles (incl. cover, vielleicht layout, ISBN-nummer, einstellen bei amazon, iBooks etc.) aus der hand gibt, verdient er pro verkauftem buch noch etwa 20% der bruttopreises, den er für sein buch selbst festlegt. bei diesem “book on demand”-verfahren entfällt der agent.

dieses thema scheint lianne kolf nicht zu kennen. auf ihrer webseite feiert sie sowieso keine normalen bücher mehr, sondern die bücher, die zu filmen wurden. und dann beklagt sie sich, dass sie nicht teil des film-glamours ist. in der sendung jammert sie darüber, dass sie keine freikarte für die verleihung des filmpreises bekam, obwohl sie es war, die den autor des buchs “betreut” hat, das dann zum drehbuch und zu welchem film auch immer führte.

weil es auch an kritischen nachfragen fehlte, ist die halbstundensendung eine perle der rückschrittlichkeit des verlagswesens. gewesen.

DAB + | im zug

mitDAB_unterwegsImZug

mit DAB+ im zug; aber es klappt nur mäßig. foto: ms/dpa

ich fuhr silvester mit dem auto von köln nach frankfurt. wir hatten ein kleines DAB+-radio gekauft (76 €) und wollten es auf der fahrt erstmals ausprobieren. wir fuhren mit hervorragendem empfang los. aber etwa 20 minuten später, etwas südlich von königswinter, verließ uns das signal. das gerät empfing rein gar nichts mehr. kurz vor frankfurt kam dann wieder etwas herein, unter anderem die SWR-progamme.

eine ähnliche erfahrung hatte ich letzten donnerstag, als ich mit dem ICE von köln nach baden-baden fuhr (übrigens zu einer besprechung zum → archivradio). um 9.21 uhr hatte ich, wie man am foto oben sieht, noch guten empfang von deutschlandradio kultur. das war etwa bei bonn. ich hatte mich eigens dafür ans fenster gesetzt. wenige minuten später, etwas südlich von bonn, verschwand das signal – und tauchte nur noch sporadisch auf, etwa in mannheim beim umsteigen. in karlsruhe am bahnhof gab es keinen empfang; offenbar schirmte nicht nur der zug ab, sondern auch das bahnhofsgebäude. in baden-baden, aus dem zug ausgestiegen, in den bus gestiegen, war der empfang wieder hervorragend. wobei man sagen muss: DAB+ klingt entweder super oder gar nicht. es gibt kein unentschiedenes rauschen wie bei UKW.

#UKW: der empfang auf der strecke von köln nach süden ist auch mit UKW problematisch. der WDR verlässt einen mit all seinen wellen nach etwa einer halben stunde im auto; im zug hört man ihn auch mit ausgefahrener UKW bei dem kleinen gerät, gar nicht.

reinhardt deuscher von der progammverbreitung im deutschlandradio wies mich auf mehrere details hin, die den DAB+-empfang betreffen. man muss bei der abdeckung von DAB+ zwischen “indoor” und “outdoor” unterschieden. in meinem büro in köln habe ich einen hervorragenden “indoor”-empfang, der sich vom “outdoor”-empfang, wenn ich die straße entlang gehe, nicht unterscheidet. selbst in erdgeschosswohungen mit dicken wänden funktioniert der empfang, von paar ausnahmen abgesehen, hier in der stadt gut. herr deuscher meinte, auf etwa 70% der deutschen autobahnstrecken müsste man deutschlandfunk und seine schwesterprogramme empfangen, sogar 90%, wenn man einen eingebauten DAB+-empfänger (mit einer entsprechend guten außenantenne) hat. bis ende 2016 soll die autobahnabdeckung auf 85% respektive 97% steigen. das bedeutet, es lohnt sich, beim neuwagenkauf einen DAB+-empfänger zu kaufen. das tragbare gerät hatten wir nicht exponiert an die windschutzscheibe gestellt. für den großteil der strecke zwischen köln und frankfurt war es nutzlos.

reinhardt deuscher lieferte auch ein interessantes detail: in längeren tunneln für autos werden DAB+-antennen installiert. das wäre auch für züge reizvoll, zum beispiel für die bahnstrecke köln – frankfurt/flughafen. im zug gibt es übrigens ICE-WLAN. das erweist sich allerdings als weitgehend unbrauchbar: das netz ist meist nicht, und wenn doch, nur zum abschicken einer email zu gebrauchen. streaming von internet-radio klappt in aller regel nicht.

unter digitalradio.de findet sich der aktuelle versorgungsstand. eine seite darunter kann man dann zum beispiel auswählen, → welche gebiete man genauer betrachten möchte und wo die antennen stehen. diese seite könnte etwas besser navigierbar sein: wenn man oben rechts auf bundesland/multiplex klickt, kann man über ein pulldown-menü bundesländer oder deutschlandweit auswählen. über diese option habe ich mir mal angesehen, welche bundesweiten sender dort zu empfangen sind (praktisch keine), und welche NRW-spezifischen. auch da ist münster zurzeit schlecht bedient, wie der screenshot unten zeigt. die drei nächsten antennen sind über 20 km entfernt. noch schlimmer ist es um das sauerland bestellt.

doch geben wir DAB+ eine (zweite) chance.

DAB+-in-münster

DAB+ ist in münster schlecht zu empfangen.

CES: robert | in der wüste

hansJörgBrehmsHerbertInDerWüste

hans-jörg brehm’s 5-minuten-sketch vom roboter robert in der wüste

seit langem mal wieder ein “digitales logbuch” auf bayerisch aufgenommen. das digitale logbuch ist die glossen-rubrik in der computersendung des deutschlandfunks. bayerische digitale logbücher habe ich in den letzten jahren viele gesprochen. als franke, der 15 jahre in münchen gelebt hat, müsste das ungefähr passen. meine niederbayerische freundin i. jedenfalls segnet sie gelegentlich ab.

die stücke entstehen – anders als meine hochdeutschen texte – ohne vorheriges manuskript. ich plappere einfach ins mikro und schau’, was dabei rauskommt. oft klappt das sofort: in nur zwei, drei durchgängen verfestigt sich die story, die pointe kristallisiert sich heraus. in vielen fällen aber musste ich die idee kippen, weil die geschichte einfach nicht rund wurde. hier, glaube ich schon.

das setting ist immer gleich:

  • ein bayerischer erzähler, der am wochenende in einer roboterfabrik in bayern nach dem rechten sieht.
  • einziges personal außer ihm ist die bodenständige angie.
  • und eben die roboter, die meist am wochenende abgestaubt werden.

in der aktuellen folge beziehe ich mich auf die CES-computermesse in las vegas*. ich bat hans, eine fünfminutenskizze des roboters in der wüste von las vegas anzufertigen, und genau keine sekunde länger hat er für die feine grafik oben gebraucht. eins weiß ich: mein roboter robert sieht in meiner vorstellung völlig anders aus. ich sag aber nicht, wie.

hier das ist die langversion dessen, was am → samstag im deutschlandfunk gut 2 minuten lang lief: das digitale logbuch – robert in der wüste.


digitales logbuch – robert in der wüste (3 minuten fassung)


* die CES in las vegas kenne ich aus den späten 1980er jahren. damals zahlten die sender in deutschland noch für die langen reisen, solange längere berichte dabei heraussprangen. heute wird ein kollege in deutschland darauf angesetzt, die messe übers internet zu beobachten und dann so darüber zu berichten, als sei er da gewesen. selbst wenn diese berichte gut sind, sind sie mit dem vorort-bericht nicht zu vergleichen. diese qualitätseinbuße ist nicht zu unterschätzen.

so ca. 1989 war ich vermutlich der einzige deutsche journalist auf der messe und interviewte unter anderem → jerry pournelle, den kolumnisten des byte magazins. ich bewunderte ihn wegen der kolumne und seines tiefen wissens sehr, aber persönlich kam ich mit diesem cowboy gar nicht zurecht.)

soooo viel | musik

musikWieSandAmMeer

musik wie sand am meer. grafik: ms

aus einem facebook-dialog: zündfunkkollege ralf vermeldete

  • Ich habe in 2015 vermutlich jeden Tag 3 Alben gehört. Das macht ca 1.000 Alben im Jahr bzw ca 10.000 Lieder. Gleich im NACHTMIX / Bayern 2 von 23h05 bis 24h spiele ich meine 15 Lieblinge aus ´15

ein anderer kollege, matt, kommentierte:

  • Welche Nebenwirkungen treten bei diesem Musikkonsum auf?

ich erlaubte mir zu kommentieren:

  • ich hab 2015 vermutlich jeden tag 3 stunden radio und neue bands auf Youtube gehört. das macht ca. 1.000 stunden im jahr bzw. ca 8.000 lieder und 200 stunden moderation/beiträge. nebenwirkung? 90% von dem, was heute auf “alben” herauskommt, kann man knicken. die musik spielt längst woanders.

ralf kommentierte zurück:

  • Da hast du zu 50% recht. Diese Hälfte möchte ich nicht missen. Es gibt immer noch klasse Alben. Aber die Online-Only-Songs hab ich einfach mal nicht mit einberechnet, Max.

worauf ich dann ralf privat schrieb:

  • so seit ende meiner BR-zeit höre ich bei musikbedarf nur noch internetradio. wenn ich mal den zündfunk online einschalte, oder auch ein etwas anspruchsvolleres musikmagazin auf 1live abends, krieg ich kaum mehrwert gegenüber dem, was ich z.b. via youtube und WFMU höre. wenn ein musikmoderator sagt “seit vier jahren endlich wieder ein album von…” oder “der hat schon damals da und da mitgespielt, und endlich kommt das neue album”, denke ich mir: hä? kommt mir vor wie auf einem sandstrand EIN sandkorn aufheben und sagen: super! deswegen knicke ich auch gern charts und bestenlisten. verstehst, was ich meine? es gibt nicht ZU viel musik in der welt, aber SO viel wie sand am meer. und das ist auch gut so. wenn man ein sandkorn in die muffathalle einlädt, bleibt es ein sandkorn. die tage, wo die promo-tanten LPs und CDs in unsere DJ-postfächer legten und alles einigermaßen übersichtlich war, sind, glaube ich, ewig lang vorbei. für mich seit mindestens 15 jahren.

was ich damit unterm strich und durchaus ernst meine (und schon lange meine): musikjournalismus ist beliebigkeitskommentierung. der berufszweig ist weitgehend tot. und zwar seit der digitalen erzeugung und verbreitung von musik.

in der filmindustrie ist es ähnlich, wenn auch anders: ein großer film kostet für einen laien zu viel geld. ein kurzfilm dagegen nicht. deswegen sind die besten kurzfilme (mit oder ohne plot, selbst koch- und unboxingvideos sind kurzfilme) heute inflationär, eben wie sand am meer, auf youtube zu sehen. und was die fotos und literatur angeht, können wir ein ähnliches lied singen. alles, was digitalisierbar ist, hat diese metamorphonse in die public domain der mediendemokratisierung vollzogen und gesamte genres und berufsstände verwandelt bzw. abgeschafft. in 10 jahren wird es niemanden mehr geben, der sich ernsthaft “musikjournalist” nennt, allenfalls dezent “musikscout nach zufall”. oder eben plattenwechsler für gute stimmung, abgekürzt DJ.

WFMU 1987 | nachtmoderation


WFMU januar 1987

diesen mitschnitt einer langen moderation fand ich auf meiner cassette “new york → hongkong 3.1. -20.1.1987”. wer spricht, weiß ich nicht, aber es war eine ganz typische moderation gegen ende einer nachtschicht im unabhängigen, werbefreien rundfunksender → WFMU, der damals noch aus einem kleinen nebengebäude des → upsala college in new jersey sendete. dank des station managers → ken freedman, den ich gut kenne, wuchs WFMU zu einem der wichtigsten unabhängigen rundfunksender der USA heran. er strahlte damals schon kräftig auf manhattan rüber und war einer der ersten, die einen internet-stream des live-programms aufbauten. ken sagte mir, dass man von glück sprechen kann, dass die server-/streaming-kosten und die ASCAP-regelungen (musiksendelizenzen) so geklärt wurden, dass nicht alle kleinen sender in den USA kaputt gingen.

newYori1987Tape

ich selbst habe den moderationen und der musikauswahl vieler WFMU-DJs die einsicht zu verdanken, dass radio nicht radikal genug sein kann. meine sendungen nach rückkehr von der weltumrundung hörten sich völlig anders an als zuvor. WFMU stand im völligen kontrast zu allem, was sonst über UKW zu hören war.

heaven 17 über | copyright (1986)

heaven17_pleasureOne

pleasure one plattencover, 1986

ich fand eine cassette mit meinem dezember 1986er interview mit dem damals 30jährigen heaven 17-sänger und keyboard-spieler martyn ware. das interview fand in münchen statt; mitglieder der band waren da, um die neue LP “pleasure one” zu promoten. selbstverständlich war das interview für meine zündfunk-sendung bestimmt, die damals, glaube ich, noch am freitag stattfand und “club 16” hieß. das original ist 20 minuten lang.

heaven17_cassetteInterview

hier ein zweiminütiger ausschnitt, wo es um’s urheberrecht geht. martyn erzählte mir von seinem neuen keyboard, das 1500 samples enthielt, und ich fragte ihn, weil das thema damals in der luft lag, wie die band das copyright in sachen samples sieht. martyn erzählt dann, dass das eigentlich kein thema für die band sei. man nutze selbst samples vor allem von klassischer musik, und es sei nicht schlimm, wenn bands wie depeche mode oder hip hop-musiker sich der musik von heaven 17 bedienten.


martyn ware /heaven 17 über samples und copyright

ich hatte damals schon einige interview-erfahrung, aber zu der zeit fing ich damit an, stereo aufzunehmen, und das war noch nicht perfekt. man hört sehr viel raum bei dem interview, einfach deswegen, weil ich eine sony stereo 90° niere verwendet habe und viele leute im hintergrund reden. das aufnahmegerät war vermutlich ein vom BR geliehener sony walkman professional. aus der zeit gibt es zahllose stereointerviews, unter anderem eines mit den smiths in london vor einem springbrunnen. man hört den springbrunnen dabei bisschen sehr deutlich. andere geschichte…

jefferson’s computernächte | 1990

so um 1985 herum schrieb ich eine kurzgeschichte, die sich gut für das noch junge computermagazin im zündfunk → bit, byte, gebissen eignete: ein mann, der motorrad fuhr, auf einem bauernhof mit hühnern lebte (wichtigstes huhn: johanna, mit leicht metaphyischen, transzendenten eigenschaften), zusammen mit seiner (selbstverständlich wunderschönen) geliebten marlene. er, jefferson, programmierte nachts vor einer die komplett wand ausfüllenden bildwand, ging erst in den morgenstunden, wenn der hahn krähte, schlafen. gegen mittag weckte ihn dann marlene mit einer tasse earl grey tee. es folgte meist ein gespräch, in dem ein tiefsinniger traum marlenes eine rolle spielte, dessen inhalt sich mit jeffersons programmiervorhaben der nacht mischte. marlene war eine überaus warmherzige, in sich ruhende frau, während jefferson der getriebene war.

aus der ersten story wurde rasch eine lockere serie, die ich ohne großes nachdenken “jefferson’s computernächte” nannte. um nicht die einzige stimme in der computersendung zu sein, ließ ich die meist um die 6 minuten langen geschichten nach einigen jahren von einer schauspielerin sprechen. sie schrieben sich leicht, meist schrieb ich sie auf reisen, und sie waren leicht zu produzieren, denn es gab keine hörspielelemente. unter der nachtsession, mit der die geschichten begannen, lag ein orgelstück von cèsar franck. den morgen illustrierte dann ein stück aus john abercrombies erster LP auf ECM-records, “timeless”.

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jeffersons computernächte, manuskript auf atari ST, 1986

“jefferson’s computernächte” waren wenig kontrovers und bekamen deshalb relativ wenige hörerzuschriften, entwickelten sich aber im laufe der jahre zu einer marke. oft, wenn ich mit hörern sprach, kannten sie details aus diesen geschichten. etwa 1987 gewann ich einen hörer aus darmstadt hinzu, der damals in seinem frankfurter lieblingscafé die ein oder andere jefferson-folge als comic zeichnete.

hier seine 1990 entstandenen fünf blätter zu einer folge, die vermutlich “der mondstein” hieß. ich fand sie bei der hörerpost aus der zeit. mit ihm, dem grafiker, → hans-jörg brehm, bin ich seit langem befreundet. er illustrierte in letzter zeit andere serien, nicht nur meine, für den deutschlandfunk und den SWR. siehe

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hans-jörg brehms comic zu einer folge von “jefferson’s computernächten” 1990

der bedrohte | freiherr

killGravenreuth

günter freiherr von gravenreuth war eine schillernde figur. ich lernte ihn kennen, als ich mitte der 1980er jahre nach einem anwalt für mein frisch gestartetes computermagazin → “bit, byte, gebissen” suchte, der sich mit dem urheberrecht von software auskannte – damals ein juristisch völlig neues feld. gravenreuth gab mir gern ein interview und kam auch in den jahren danach noch ein-, zweimal in meinen sendungen vor.

eigentlich als “günter dörr” geboren gab er sich ein freiherrliches outfit mit feinen stoffen, krawatte und einer repräsentierbaren wohnung. seine kanzlei befand sich mitten in münchen. gravenreuth ging aus eigenem antrieb (und teilweise finanziert von einer damals sehr hektischen software-industrie) gegen junge leute vor, die computerprogramme raubkopierten und vertrieben. seine methoden erinnerten an detektivarbeit mit nicht ganz sauberen methoden.

nicht nur bei den frühen computerspielern, sondern auch in anderen bereichen der softwareszene hatte er einen sehr schlechten ruf, weil er zum beispiel in computerzeitschriften fallen in form von fingierten kleinanzeigen aufgab oder in computerläden jugendliche beim kopieren von disketten abfing und dann bis nach hause begleitete. in den 1990er jahren war er der deutsche abmahnanwalt. seine karriere, falls er je eine hatte, ging steil bergab, weil er sich kapriolen leistete, wie zum beispiel die beschlagnahmung der domain der taz, also von www.taz.de. die taz hatte ihm, völlig aufgeschreckt, abmahngebühren überwiesen, gravenreuth behauptete, wie in vielen anderen fällen, nie etwas bekommen zu haben. als man das geld (und andere angeblich nie erhaltene gelder) dann bei der durchsuchung seiner kanzlei fand, kam er wegen betrugs selbst vor gericht. sein desaströses handeln hörte damit nicht auf, es kann sein, dass ihm finanziell das wasser bis zum hals stand. jedenfalls machte sich gravenreuth erneut es betrugs schuldig und wurde zu über einem jahr freiheitsstrafe ohne bewährung verurteilt. er trat die haft nicht an, sondern erschoss sich vorher.

hier ein brief von gravenreuths kanzlei an mich, späte 1980er jahre. screenshots waren damals noch nicht möglich, also hatte er mit einer kleinbildkamera drei “screenshots” seines bildschirms aufgenommen. sie zeigen ein aus dem untergrund kommendes computerspiel, in dem der spieler gravenreuth umbringen soll. er, bzw. sein partner, → bernhard syndikus (auch eine schillernde figur), fanden das gar nicht komisch.

gravenreuthBedroht

gravenreuths schreiben an den zündfunk, mit “screenshots”

hier ein → fernsehmitschnitt von 1988, als gravenreuth sehr typisch jovial auftrat.

rundfunkrecherche | stabi berlin

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selfie im aufzug der staatsbibliothek. november 2015

wäre ich an einer promotion interessiert, es ließen sich allein aus den zeitschriften → hier in der berliner staatsbibliothek/preussischer kulturbesitz zahllose doktorarbeiten zur rundfunkgeschichte schreiben. allein schon die nur wenige jahre bestehende pommersche rundfunkzeitung ist ein schatz. wo sonst fände man einen aufruf “ordentlicher” rundfunkhändler, die windigen kollegen, die vom radioboom auch was abbekommen wollen, zu dissen?:

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kauft nicht bei ortsfremden händlern! dezember 1929

hier das deckblatt der zeitschrift:

pommerscheRundfunkzeitung_1929

pommersche rundfunk zeitung, erstausgabe dez. 1929

noch spannender sind die schlesischen wellen. hier das titelblatt der ausgabe vom 21. juni 1931. hörspiele sind beim gemeinen hörer unbeliebt, weil sie zu anspruchsvoll sind. lieber leichte unterhaltung mit musik (aus den charts, würde man heute sagen):

schlesische-wellen-1931

schlesische wellen 1931 beklagen den “hörspiel-überfluss”

smartphone-kamera | vs. spiegelreflex

kai-uwe waerner - portrait

kai-uwe waerner. foto: kuw

für den deutschlandfunk habe ich ein interview mit kai-uwe waerner geführt, einem langjährigen fotografen und bildredakteur bei der dpa/picturealliance in frankfurt am main. ich kenne kai-uwe seit einigen jahren. wir hatten unter anderem einmal damit zu tun, das dpa-portal mit videos zu bestücken – ein versuch, der im experimentalstadium steckenblieb. ich muss rückblickend sagen, ich hatte mich getäuscht, was die wichtigkeit von videoclips für die onlineportale von zum beispiel zeitungen oder auch für das fernsehen spielt: das bild (foto und illustration) hat einen boom erlebt, es ist so schön statisch; während jeder filmclip zunächst einmal nach werbung oder zumindest störung aussieht. wer die exquisiten videostrecken der new york times sehen will, klickt explizit auf sie, und die redaktion bemüht sich, alles bildmaterial selbst zu drehen, statt auf stock-videos zurückgreifen zu müssen.

egal. mit kai-uwe wärner sprach ich 20 minuten über digitale fotografie unter dem aspekt, dass die handys eine immer wichtigere stellung einnehmen. in der → sendung gestern lief das interview in einer vierminütigen fassung, kollege wolfgang noelke lieferte im anschluss dann → technische details zu sensoren und datenverabeitung in beiden systemen. hier das ungeschnittene interview (mit zwei, drei detailfehlern, die kein wunder sind, weil wir nichts vorbereitet hatten). kai-uwe ist zurzeit in thailand, wohin ich herzlich grüße!

 


kai-uwe waerner, komplettes interview, dezember 2015

die schönheit | von algorithmen

meine übernächste größere sendung im deutschlandfunk. wird vermutlich anfang januar laufen, in wissenschaft im brennpunkt:

Mazegeneration

visualisierung des prim-algorithmus. grafik: purpy pupple, wiki commons

anfang januar wird mein wissenschaftsfeature über die schönheit von algorithmen im deutschlandfunk laufen. hier eine art outtake, ein collage aus bruchstücken, die in der eigentlichen sendung nicht zu hören sein werden:

 


collage: algorithmen

am anfang war die | langeweile

langeWeileImRundfunk

in einem text von 1930 in der zeitschrift der querschnitt schreibt ein 34jähriger mann eine fundamentalkritik am rundfunk. er nennt beispiele wie das requiem von bertolt brecht, die sich den möglichkeiten des rundfunks gut “angepasst” hätten. aber ein eigenes genre – “Eigenkunstwerk” – hätten die sender auch nach 6 jahren noch nicht hervorgebracht. der “rein akustische Film”weekend von walter ruttmann aus dem jahr 1929 sei immerhin “ein kühner Versuch” gewesen.

“Im Anfang des Rundfunks war die Langeweile. […] Entsetzliche Dinge wurden damals getrieben. Das Musikprogramm wurde aus vermoderten Konzersälen bezogen, Literatur aus der ‘Gartenlaufbe’, der Vortragsteil legte Wert auf die Sitten und Gebräuche der Minnesänger (unter dem Titel ‘Volksbildung’), Legionen Gurken wurden eingelegt (‘Für die Hausfrau’)”

das habe sich gebessert, aber sei noch weit von allem entfernt, was er, der autor sich vorstelle.

wer traute sich so zu schreiben?

hans flesch, ein mediziner aus frankfurt, der ziemlich jung und frech den → ersten hessischen sender aufmischte, dann als intendant nach berlin wechselte, wo der sender “funk-stunde berlin AG” hieß. flesch war nicht nur radikaldemokratisch im umgang mit seinen autoren (brecht, benjamin, adorno) und komponisten (hindemith, sein schwager), sondern suchte besessen nach rundfunk-eigenen ausdrucksformen. seine kritik in der zeitschrift ist also auch eine selbstkritik.

RundfunkpioniereVorNazischergen

rundfunkpioniere in untersuchungshaft, 1933. foto: bundesarchiv

die steile karriere endete abrupt, als die nazis im januar 1933 die macht ergriffen. die liberalen rundfunkpioniere wurden im laufe des frühjahrs und sommers der reihe nach verhaftet. das foto oben aus dem bundesbildarchiv zeigt flesch als zweiten von rechts, neben kurt magnus im KZ oranienburg. ihm und den anderen wurde der prozess gemacht, jedoch ohne signifikante strafen. als halbjude überlebte flesch den nationalsozialismus nur, weil seine frau arbeiten durfte. am ende des kriegs meldete er sich freiwillig als arzt an die front, baute lazarette auf – und gilt seit april 1945 als verschollen. die amerikaner hätten ihn gern als ersten intendanten des RIAS eingesetzt, aber flesch war wohl längst tot.

tja, und → walter ruttmann, den flesch so lobt, weil er das tonkino gemacht hat, später hörspiel genannt? ruttmann arrangierte sich nicht nur mit den nazis, er produzierte für die UFA NS-filme. mit seinen ästhetischen vorstellungen war er leni riefenstahl ein vorbild. er wurde ihr berater in mehreren blut & boden-filmen. das hätte auch so weiter gehen können, wäre ruttmann nicht 1941 an einer embolie gestorben.

ein paar meiner robotersounds | kostenlos

syntheticSounds

für meine lieben kollegen, und von mir aus auch die weniger lieben, 23 kurze synthetische sounds, wie man sie in der rundfunkproduktion immer mal brauchen kann, wenn’s nach roboter klingen soll. sie sind komplett frei, denn ich habe sie mit wenig aufwand erstellt, meist nur durch drücken einer taste am keyboard. für die erste hälfte benutzte ich absynth (programmierer: brian clevinger), für die zweite hälfte reaktor (stephan schmitt).


23 sehr kurze, oft schrille synthetische klänge

erstellt habe ich diese klänge für die kurzhörspielserie “die autonomen” im deutschlandfunk, und wie immer in solchen fällen, wurde nur ein bruchteil davon verwendet.

weil ich mich bei produktionen ab und an bei → freesound.org bediene, wenn ich bestimmte sounds suche, spende ich dort immer wieder mal bisschen was. diesmal auch einen sound, nämlich → diesen, höher aufgelöst, als wav. enjoy!

DIE AUTONOMEN | minihörspielserie für den DLF

DIE-AUTONOMEN---GRAFIKgrafik: ms. unter verwendung eines fotos von hairygael (wiki commons)


trailer für die serie

DIE-AUTONOMEN-–-Skriptfoto

mehr wird noch nicht verraten, denn die serie ist gerade in produktion und startet erst am übernächsten samstag: “die autonomen”, in computer & kommunikation, jeden adventssamstag, 16.30 uhr.

hier ein wenig spektakulärer outtake:


anja jazeschann vor dem sprechen der dritten episode

sound fx 1926 | im berliner radio

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titelblatt der Funk=Stunde von 1926

in der berliner staatsbibliothek unter den linden stieß ich auf diese mir bisher unbekannte zeitschrift von 1926. sie beschreibt mit zahlreichen fotos die ersten drei jahre des rundfunks in berlin. es gibt meines wissens keine veröffentlichung aus der frühzeit des radios in deutschland, die so kompakt und souverän die fortschritte und den stand des sendens beschreibt. die BBC war dem berliner rundfunk mit ihrem üppigen “year book” voraus. (es ist im wikipedia-artikel zur BBC zu sehen; ich habe fast alle ausgaben aus den 1920er jahren vor einiger zeit über ebay ersteigert oder in london antiquarisch gekauft.)

aus dem berliner jahrbuch ist auch das foto unten. es zeigt eine in die wand eingelassene badewanne, die am rand des größeren senderaums stand. sie diente dazu, regen, motorbootgeräusche und plätschern wiederzugeben. hörspiele hießen damals zwar auch manchmal schon hörspiele, meist aber “spiele” oder “sende-spiele”.

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wer die aufnahmen im berliner sender gemacht hat (ürigens alle in dem heft, ist nicht herauszufinden. “transocean” kommt auch in anderen zeitschriften der 1920er jahre oft vor, meit mit hervorragenden aufnahmen.