pixar betreibt | hirnforschung

pixarInsideOutPressPosterdie fünf grundgemüter im hirn unserer hauptdarstellerin. foto: pixar

vor unglaublichen 13 jahren (time flies) brachte pixar seinen zweiten computeranimierten kinofilm heraus, die monster AG. pete docter, der dabei seine erste regie führte, kam nach münchen, und ich flog auch dahin, und → wir sprachen eine halbe stunde lang sehr entspannt über diesen film. inside out ist sein neuester film, er kam im juni in die amerikanischen, im oktober kommt er in die deutschen kinos. der deutsche titel ist bisschen arm, mir fiele aber auch kein besserer ein: alles steht kopf.

ich sah den film gestern zusammen mit regina im pressepreview und sage: es ist ein durchaus sehenswerter, skurriler versuch, unseren menschlichen verstand, die seele und den geist in personen zu fassen und mit gedächtniskugeln in riesigen datenspeichern herumagieren zu lassen. was pixar noch nie konnte und auch hier nicht: mal ruhe einkehren lassen, auf die stärke der bilder vertrauen. der komplette film wird zugequatscht, mit zum großen teil durchaus munteren dialogen. aber ich hatte mal wieder das gefühl, ich habe einen sehr dichten, komischen, teilweise tiefsinnigen vortrag ohne verschnaufpause gehört – und keinen film gesehen, mit bildern, die ich mit nach hause nehme.

das heißt, paar bilder nahm ich schon mit nach hause, zum beispiel die schlittschuhfahrt der tochter mit ihren eltern, die reise nach san francisco und die durchaus attraktive (für die filmemacher aber offenbar grausig versiffte) neue unterkunft in san francisco und vor allem den von millionen von schwarzen kugeln geprägten raum des vergessens.

pixar wäre nicht pixar, wenn wir beim betreten des “unterbewusstseins” (ein raum, der von zwei debilen polizisten bewacht wird, die sich über ihre hüte streiten, denn in beiden hüten steht nur “mein hut”) auf tatsächliche traumata stießen. die kindheit des mädchens (riley; oben nicht abgebildet, sie spielt nur eine untergeordnete rolle; wir sehen oben die fünf grundstimmungen ihres charakters, in der mitte “joy, rechts die wunderbare “sadness”) verlief bilderbuchmäßig, sie ist der einkindfamilie von pete docter nachempfunden, und das einzig schlimme, was das mit ungebrochener liebe grundausgestattete kind erlebt, ist der umzug von der provinz minnesotas in die neue stadt. hätte schlimmer kommen können; muss ja nicht unbedingt ein onkel sein, der ein irak-kriegstrauma hat, säuft und ihr auflauert. aber zumindest mal ins wintereis hätte sie beim schlittschuhfahren schon fallen können.

der film wird erfolgreich starten und in wenigen jahren auf langstreckenflügen zu sehen sein, ungekürzt. regina fragte, was wohl die zielgruppe sein mag, mit diesen quietschbunten comicfiguren und diesem teilweise irre wirkenden gehirnkabinett? würde sagen, ein familienfilm eben. ab 4.

noch paar technische details: im bild oben sieht man joy (die mittlere figur) leuchten. dieses innere licht wirft keinen schatten auf die anderen, aber es leuchtet sie an. die rechte figur (sadness) leuchtet in einem kühlen blau. joys leuchten ist, wenn man sie im film agieren sieht, technisch sehr aufwändig, denn um sie herum schweben die ganze zeit winzige leuchtpartikel, die manchmal wie härchen wirken, bei schnellen bewegungen einen leuchtenden partikelschweif hinter sich herziehen. vom standpunkt der computeranimation her ist das kein problem, nur, um es durch den ganzen film zu ziehen und mit dem rest der szenen homogen zu → rendern, musste pixar ein eigenes plug-in für seine render-software (renderman) programmieren. ich habe meine zweifel, ob sich der aufwand lohnt, und ich fand, dass der “glow” der figur keinen wirklich freundlichen mehrwert bringt. es gibt andere stilmittel, joy in die figur zu bringen.

nach pixars armen CARS nun arme PLANES (film)

der film stellt – zusammen mit cars 2 – einen wendepunkt dar, von exquisit zu auslaufmodell. nur die traktoren in indien, die zum himmel sich wandten, wie heilige kühe, bleiben mir von planes in munterer erinnerung.

nachdem pixar mit toy story, finding nemo, the incredibles, wall-e , up (oben) filmgeschichte geschrieben hat, ist planes ein zeichen der einfallslosigkeit. sie betrifft vor allem das drehbuch. es folgt dem totgetrampelten hollywood-konzept des übertalentierten schwachen, der sich gegen die stärkeren durchsetzt und selbst verwirklicht. flankierend, und das liefert der film sicher wie das amen in der kirche, gibt es traumatisierte, aber im herzen gute gesellen, paar komische nebencharaktere, sich zum guten wandelnde böse figuren und ewig böse bleibende figuren, die am ende ihre gerechte strafe bekommen. die dialoge sind in diesem film so platt, als hätte man das standard-drehbuchrezept 1:1 übernommen: “i’m sorry” oder “ich danke dir” – “nein, ich hab dir zu danken!”

handlungen werden angedacht (etwa ein dialog des helden, einer einpropellermaschine, mit einem großen linienflugzeug im hangar, oder ein ausflug zum taj mahal – wozu eigentlich?), aber nicht zuende geführt. ein zentrales thema, die höhenangst des helden, verliert sich im laufe des films, wird am schluss wie zufällig noch einmal aufgegriffen. die örtlichkeiten (ist man in der US-provinz oder in shanghai, im himalaya oder in südbayern?) geraten durcheinander, die hilfsfiguren des helden tauchen mal da, mal dort auf. auch patriotische elemente enthält der film – ungewöhnlich für die unpolitische welt von pixar: eine verherrlichung der marine und der flugzeugträger.

auch ästhetisch ist der film reich an defekten: flugzeuge als langgestreckte objekte sprechen zu lassen, ist nicht trivial. aber die münder (mit zahnreihen) vorn in den unteren bereich einzusetzen, macht die flugzeuge zu haifischen. bei pixars cars klappte das noch einigermaßen; damals entschied man sich dagegen, die scheinwerfer zu augen zu machen. auch in planes sind die augen in den windschutzscheiben. die münder der hilfsfiguren (roboter) sind ebenfalls problematisch, sie wirken aufgesetzt. großartige szenen wie der absturz in die hohen wellen des atlantik oder der flug durch eis und schnee oder ein schwarm von vögeln in indien, die wie papierflugzeuge modelliert und animiert wurden – sie wirken isoliert und purzeln aus dem film heraus. die massenszenen beim start ins rennen erinnern an computerspiele – sinnlos vor sich hinwackelnde unmengen von pastellfarbenen autos und flugzeugen.

statt planes 2 anzukündigen wäre pause angesagt.