männerstamm | tisch

… schreibt kollegin güzin kar im schweizer tagesanzeiger. kein wunder ist, dass trump und brexit die nationalpatriotische rechte in allen möglichen ländern stärken. womit ich aber nicht gerechnet hätte, ist die aktuelle frauendiskussion. trump hat sie quasi persönlich durch sein pussy-grabbing-video initiiert, und ihm wäre es natürlich sehr lieb, wenn die frauen ihn spätestens jetzt als präsident toll fänden. stattdessen reihenweise artikel und postings wie diese hier, wo etwas sehr laut gesagt wird, was schon immer da war.

auch dies macht zur zeit die runde:

dazu passend, zeitungsfoto 1970er jahre:

monica lewinskys schwache | thesen

monica-lewinsky-–-TED-talkmonica lewinsky bei TED

monica lewinsky wurde 1998 schlagartig bekannt, weil sie eine liebesaffaire mit bill clinton im weißen haus in washington hatte. clinton, damals US-präsident, und kein schlechter präsident, dementierte die beziehung. das kostete ihn fast die präsidentschaft.

die diskussion damals verlief auf mehreren strängen. in europa war die tendenz so, dass das sexualleben eines politikers eigentlich keinen was anginge. aber selbst in diesen liberalen stimmen war niemand zu hören, der sich fragte, was wird eigentlich aus dieser damals 22jährigen frau? sie gehört (und ich habe das selbst in → diesem dramolett auf WDR 5 auf die schippe genommen) zu den scherben, die bei einem solchen riesenskandal anfallen. bill clinton hat die zerstörung dieser frau damals billigend in kauf genommen, um seine haut zu retten. erstaunlich, wie stoisch seine frau hillary das damals durchstand.

monica lewinsky tauchte unter, zog nach london, tauchte noch tiefer unter, gab keine interviews, litt unter depressionen, beging einen suizidversuch. jetzt sprach sie erstmals darüber. ich fragte mich, wie kann sie jetzt frei darüber reden, nach all den jahren der düsternis?

sie kann es nicht. vermutlich gibt es einen deal zwischen der clinton-familie und ihr, das thema nicht anzusprechen. in der 20minütigen rede nennt frau lewinsky keinen namen, sie verliert kein schlechtes wort über “den präsidenten”. sie beklagt ganz bitterlich das bashing durch die neuen medien, die diffamierungen, die sie vor allem übers damals gerade wichtig gewordene internet (noch vor facebook) erfuhr. lewinsky spricht von einer kultur der beschämung und empfiehlt, einen kodex für das online-verhalten einzuführen, der auf anstand beruht. sie spricht mit keinem wort von frauen – als sei es ein geschlechterneutrales problem, dem sie hier aufgesessen war. sie spricht auch mit keinem wort von machtpolitik, in deren rädern sie kam. und auch die prüderie, der puritanismus vieler amerikaner greift sie weder auf, noch an.

monica lewinsky bekam standing ovations, was beim TED-talk eher selten zu beobachten ist. für sie war das sicherlich ein persönlicher durchbruch, der welt half ihre rede nicht.

wenn wir schon bei TED und betroffenheit sind: → hier spricht vincent cochetel über seine einjährige gefangenschaft in einem absolut dunklen keller.