vorletzte woche erfuhr ich, dass bernd neumann gestorben ist, schon vor drei jahren. von beruf war er, glaube ich, krankenpfleger in bamberg. etwa jahrgang 1952. bernd war ein tragender pfeiler einer gruppe von jungen schriftstellern um 1975 herum. er studierte damals germanistik und geschichte an der universität erlangen. seine texte waren fast immer politische lyrik, und ich glaube, er schrieb die gedichte sehr schnell und oft nicht ganz nüchtern. sie gehörten zum aufregendsten, was wir damals in die “alternative literaturzeitschrift” → die gießkanne einfließen ließen, klaus morsch, günther hießleitner und ich.
hier ein typisches politisches gedicht von bernd neumann, geschrieben 1977, damals selbstverständlich noch auf schreibmaschine. veröffentlicht in gießkanne #6. und darunter ein zwei jahre früheres, kurzes, zum thema alkohol, gießkanne #3.
gang durch eine landschaft
komm ins freie
mein freund
ins offene
schußfeld und
laß uns
weiter
marschieren
unter einem mond
blässlich wie ein arsch
durch wälder / moore
voller nebel
spinnennetze und nebel
voller coladosen
und werwölfe
vielleicht
mein freund
stimmt die marschzahl
eingeritzt
in unsere hände
und wir erreichen
den fluß
mit seinem morgenrot
dahinter
oder die teufelsinsel
oder das lager dachau
oder das gelbe loch von bautzen
es ist fast einerlei
mein freund
komm
ins offene
ins freie
viel ist nicht mehr
zu verspielen
lotta continua
ich sitze
saufend
in der langen nacht
und
schenke ein
und denke dran
den korken
– morgen –
in der flasche
drinzulassen
und weiß
daß ich
verloren hab
für diese nacht