BRD 1969 | mini-goebbels

quelle verlag fürth 1969

den bundesdeutschen mainstream der 1960er jahre kann man gut mit dem warenhaus quelle zusammenbringen. „die quelle“ und der „quellekatalog“ spiegelten das denken der bevölkerung, übrigens auch das in der DDR.

1969 brachte der quelle-verlag in lizenz (stauffacher pubishing, zürich) ein dickes, einbändiges lexikon heraus, das sich „das neue lexikon“ nannte. anders als die „68er“ mit ihren angriffen gegen ihre NS-geprägten eltern kochte dieses lexikon das „dritte reich“ auf kleiner flamme. hitler wird nur eine textspalte eingeräumt, goebbels gerade mal vier zeilen. als deckmäntelchen tauchen hier, eines lexikons völlig unwürdig, zwei, drei wertungen auf: im goebbels-eintrag wird er „skrupellos“ genannt; im hitler-artikel steht, er „entging am 20. 7. 1944 einem Attentat weitblickender Deutscher“.

besonders krass ist der zusammenhanglose und ziemlich frei erdichtete schlusssatz im hitler-artikel, er (hitler) habe sich „vom dtsch. Volk verraten“ gefühlt. das kommt einer reinwaschung der NS-nahen quelle-kundInnen gleich. quasi: selbst hitler sagte, das ganze volk sei im widerstand gegen ihn gewesen.

der artikel über auschwitz ist fünf zeilen lang und spricht von einem „ende des zweiten weltkriegs entdeckten“ konzentrationslager. quasi aus dem nichts entdeckt, und niemand im reich wusste davon.

das großversandhaus traute sich auch 8 jahre nach dem ersten auschwitz-prozess in der bundesrepublik nicht, mit den alt-nazis zu brechen. diese waren wichtige kunden.

carl-ludwig | reichert

anfang september 2023 starb → carl-ludwig reichert. er war eine halbe generation älter als ich. ihn habe ich das erste mal ca. 1975 erlebt, als er mit dem damaligen redaktionsleiter → walter schricker zur → pop sunday-sitzung ins studio nürnberg kam. carl-ludwig, damals um die 30, rauchte eine lange tonpfeife, hatte lange haare, eine dunklen taint mit leicht ins lila gehenden lippen und schaute spitzbübisch in die runde junger autoren.

ein paar jahre später, vielleicht 1978, ging ich auf eine seiner lesungen, irgendwo in der münchner türkenstraße, obere etage. ich war gerade nach münchen gezogen. wenn carl-ludwig las (oder den → club 16 im zündfunk moderierte), war er für mich oft nicht gut zu verstehen, wegen des sehr bayerischen tonfalls.

auftritten seiner band → sparifankal konnte ich nur schwer folgen, wegen der zutiefst bayerischen texte, die carl-ludwig mit seiner hohen singstimme zur gitarre ins mikro jammerte. rock-avantgarde, kompromisslos.

wir liefen uns oft über den weg, in der zündfunkredaktion des BR. und blieben auch, nachdem ich nach köln umzog, lose in kontakt. ein typischer 68er, nie eitel und immer sympathisch.

wie geht’s | Dir?

text-zu-bild KI

es gibt menschen, die andere so oft fragen, wie es ihnen geht, dass es aufdringlich wirkt. insbesondere, wenn auf die gegenfrage, wie es ihnen selbst geht, ausweichende antworten kommen. meistens aber ist es so, insbesondere auf dem land, dass die frage, wie es dem anderen geht, gar nicht erst aufkommt. so trifft man sich nach monaten auf einem familienfest, und auf dem heimweg denkt der ein oder andere: niemand hat sich dafür interessiert, wie’s mir eigentlich geht.

dahinter steckt möglicherweise die auffassung: wenn jemand was zu sagen hat, wird er/sie’s schon von selbst erzählen. das ist wishful thinking.

manchen menschen mag aber das “gen” fehlen, die frage nach dem “wie geht’s Dir?” überhaupt zu stellen. die frage fällt ihnen nicht ein. sie haben das nie geübt.

andere haben vielleicht angst, mit eventuell dramatischen antworten umgehen zu müssen. sie wollen nicht hören, dass es jemandem schlecht geht, oder er/sie einen wechsel in seinem leben anstellen möchte. weil die frage „wie geht’s Dir?“ nicht gestellt wird, bleibt das gespräch auf einem lauwarmen niveau.

eine richtig üble variante ist diese: man sitzt abends in einer gruppe zusammen, stundenlang. man kennt sich, hat sich aber länger nicht gesehen. dann geht eine person ins bett. plötzlich herrscht rege diskussion darüber, was diese person eigentlich so macht und wie es ihr geht. das muss kein tratschen sein; aber warum hat man die person nicht direkt gefragt, als sie noch da war?

im englischen sprachraum (wie in vielen anderen) gibt es die begrüßungsfloskel: how are you? darauf kommt meist die antwort: fine. und das gespräch geht in eine andere richtung. im deutschen ist “wie geht’s Dir, was machst Du?” eher ungewöhnlich.

dabei beruht kommunikation auf genau dem.

saure mutter | treibt

lievito madre (LM) heißt übersetzt „mutterhefe“, ist aber keine hefe, sondern ein weizensauerteig. ich backe damit meist helle weizenbrote, die die ersten zwei tage hervorragend schmecken und danach getoastet werden wollen.

um die haltbarkeit und das geschmackserlebnis zu verlängern, habe ich vorgestern einen teig angesetzt, der aus halbe halbe weizen und roggen bestand und ausschließlich LM als backtriebmittel benutzte. klappte prima, auch wenn ich am schluss den teig fünf minuten zu lang im ofen hatte, sodass er eine etwas heftig braune kruste entwickelte. ich führe meine brotteige gern über 2 tage und drei stufen, so auch hier. weiß nicht, ob das in dem fall nötig war.

4 track chorus | 1984

4 digitized analog tracks
chorus of a song from 1984

this is the chorus of a 4 track cassette recording i did in 1984. the cassette ran at double speed and only on one side. that meant that a 60 minute cassette could hold 15 minutes of 4 track recordings.

the first track contains the vocals. i don’t remember what kind of analog reverb i applied to my singing at that time. it sounds very retro these days.

the second track is even more retro. we did not have proper drum loops, and drum machines were expensive and hard to program. that’s why i used my → casiotone MT-40 keyboard’s automatic drum section for this track.

track 3 is pretty standard: → mini moog bass. i had learned to program that beautiful synth in 1983. and i loved to play monophonic bass lines on that keyboard.

on the fourth track i played brass-like chords on the legendary → yamaha DX7. lovely instrument.

safe login | yubikey

passkey inserted

logging into an account such as paypal, amazon, ebay, instagram, the train app, your employer’s intranet, cloud storage or your email client should be done with care. name and password is not enough any more. actually, it is careless to use one password, even if the password is unique and complex.

what we all should do instead is activate the so called 2 factor authentication (2FA). it basically means that you deliver your name (or email) and password to the site you’re logging into as usual, and in addition to that you provide a certification which is being produced locally.

the charm of this process is that if a hacker steals your email address and password (for example by getting access to an online game server or breaking into a social network site), he/she still cannot log into your account. the hacker needs to get “personal”: access to your phone, your home, your face (for facial recognition) or finger print.

the downside is that you need something to create the additional certification. in the old online banking days the TAN list did that job. it is an early example of 2FA: you had to log into your account with your password (first factor), but for actions like a money transfer you needed one number out of your personal TAN list (second factor) which you kept at home in a safe place.

there are basically to ways to create the second factor: by using an app on your smartphone. or a hardware key which you connect via NFC or USB to your computer or tablet or phone. the most used app for 2FA is google’s authenticator. it creates a six digit code which runs out within 60 seconds. in the app you store the sites you want to use 2FA for. the codes are being produced locally on your device. google does not know anything about it.

authenticator app

an even safer method is to use a hardware key such as the yubikey. it works by pressing a button on the key to create the 2nd access step. the problem is that you need to carry the key with you, for example on a business trip or on your vacation in italy. and it is tricky with some websites such as wordpress to activate the key as the 2FA tool.

good news is that if you activate two factor authentication with the key and the app, you have the choice when logging in. if you don’t have your key with you, you select the authenticator app instead. it is also pretty simple to deactivate either of the options. important, however, is that you stick to some kind of 2FA.

la luna | è un occhio

in 1983, i encountered two technical revolutions. the first one was the → C64 home computer. the second one was an analog tascam 4 track recording machine.

portaone ministudio (veradrive, wikicommons)

i got introduced to this cassette deck (which ran at double speed and only in one direction) by a friend. we recorded a pretty cool new wave song which you find → here. a few years later i had gotten so familiar with the exploitation of four audio tracks that i arranged songs which sounded like six or seven track recordings. the trick was bouncing two or more tracks onto a free one. the price was a noticeable loss of audio quality.

with the luxury of digital recording and abundant tracks it’s easy to forget those exciting times of affordable semi professional analog home recording. i dug out my fostex 150 four track machine and several cassettes from the 1980s and digitized them with the steinberg UA44c interface. here is a screenshot of what the four tracks of a song i recorded in 1987 looked like in cubase:

four analog tracks landed in cubase.

i had created a decent mix of the four tracks back in 1987. in my DAW (cubase) the raw recordings sounded very messy. the reason was track bouncing. for example parts of the vocals appear in tracks 1, 3 and 4. even the main rhythm and bass track 2 (→ casio MT40 and → mini moog, bounced into a single track) is not “clean”. there are additional bass slices in track 4. in order to mix this song i needed to cut parts of the tracks and open extra tracks. in the next screenshot you see the four tracks from above, distributed across eight tracks:

the four track song, fanned out for the mix.

when mixing old recordings i do not add modern digital effects. all i did here, apart from slicing things up, is some panning, i used a milde EQ to enhance the bass in track 8 and i let iZotope ozone master the song. here is the result. it sounds like 80s, and it is from the mid 80s. and thanks to bea who provided me with the hook line…

la luna è un occhio (GEMA)

berlin | august 2023

das alte ostberlin meets west design

ich war wieder fürs → archivradio im stasi-unterlagen-archiv.

der inzwischen pausierte offizielle podcast des archivs (“111 km Akten“) hat bereits über 250.000 zugriffe. die meisten hörerInnen hören die angeklickte folge komplett durch. ich sehe das als vollen erfolg. die neue recherche im archiv betrifft zwei strafprozesse der DDR gegen NS-kriegsverbrecher. der eine, → theodor oberländer, war nazi-ideologieprofessor und nahm 1941 als offizier an erschießungen beim → massaker von lwiw teil. der andere, der SS-leutnant → heinz barth dirigierte morde an bürgern unter anderen im → massaker der normandie-gemeinde oradour von 1944.

karina | 1991

vierspurcassette von 1991

9 jahre nach dem auf vier analogen spuren aufgenommenen song → “fünf nette jungs (ohne mädchen)” entstand diese auf vier analogen spuren aufgenommene schlagerparodie. ich habe den song damals innerhalb einer stunde eingespielt, und es war schön, ihn nun in die digitale welt zu übertragen. nicht wundern: der bass fehlt; für ihn hätte ich eine fünfte spur gebraucht. spuren waren extrem kostbar, damals.

dies ist kein remix des alten stücks, sondern einfach eine digitale version davon, für die ewigkeit:

karina

im rahmen dieser und anderer digitalisierungen ging ich meine ca. 1000 cassetten im regal durch und entsorgte viele in der gelben tonne:

entsorgte cassetten

5 nette jungs | ohne mädchen

demotape von ende 1982

1982 lernte ich eberhard kennen, der in einer kleinen wohnung in münchen einen großen flügel stehen hatte. er und ich nahmen ende des jahres zwei songs für ein demotape auf. wir haben das projekt nie beworben und traten auch damit nie auf.

anfang der 1980er jahre führte für professionelle aufnahmen kein weg an einem großen musikstudio vorbei. groß bedeutete: viele tausend DM teure mehrspurbandmaschinen, großes mischpult, mikrofone in akustisch trockenen räumen. das homerecording gab es praktisch noch nicht. die ersten homecomputer mit der möglichkeit digitaler mehrspuraufnahme (C-Lab) kamen erst einige jahre später auf den markt.

eberhard besaß ein cassettendeck, das auf doppelter geschwindigkeit aufnahm, und das mit 4 spuren. mit diesem teac-recorder konnten wir ziemlich gut klingende mehrspuraufnahmen anfertigen, die mit der qualität von großen studios fast mithalten konnten.

in meinem büro befindet sich ein ewige zeit unbenutztes vierspurgerät namens fostex 160. als ich es vor einigen tagen reaktivierte, stellte ich fest, dass die inzwischen 40 jahre alten cassetten darauf relativ ordentlich abgespielt werden können. als ich die einzelnen spuren, eine nach der anderen in cubase einspielte, stellte sich schnell heraus: die gleichlaufschwankungen des analogbands bringen alles durcheinander.

vierspurgerät, interface, DAW

die einfache lösung ist ein USB-interface mit vier audioeingängen. auf diese weise wurden heute die vier analogen spuren des songs “5 nette Jungs” zu vier spuren der digitalen welt. ich habe nur minimal neu gemischt, insbesondere den bass etwas angehoben, aber nichts geschnitten.

das stück ist klassischer new wave; übrigens mein erster “runder” song, bei dem text und musik gut zusammenpassten. eberhard programmierte den sehr teuren linn drum computer, den er geliehen hatte, und spielte den flügel. von mir kamen der gesang, der bass (monofon am minimoog gespielt) und der synthesizer (casiotone MT-40 minikeyboard).

5 nette jungs (ohne mädchen). 1982

kriegspropaganda mit papst | 1943

frankfurter zeitung vom 21. juli 1943

zu nazizeiten waren alle medien gleichgeschaltet. so auch die zuvor renommierte und weltweit gelesene → frankfurter zeitung. die anpassung an die NS-ideologie vollzog sich bei der frankfurter zeitung allerdings langsamer. propagandaminister goebbels ließ sie eine zeitlang gewähren, um dem ausland zu zeigen, wie liberal deutschland sei.

dieser artikel vom juli 1943 (drauf klicken vergrößert das bild) zeigt typische kriegspropaganda. zwei dinge fallen sofort auf:

  • es wird nicht erzählt, wer den krieg begonnen (und polen besetzt) hatte.
  • und: der papst wird groß herausgestellt. sinngemäß: wenn der papst die verwüstungen durch alliierte bomben schrecklich findet, müssen das alle deutschen katholiken ebenso verachtenswert finden.

die haltung von pius XII zum faschismus ist eine lange geschichte. jedenfalls hatte er nichts dagegen. die frankfurter zeitung wurde einen monat später verboten. sie hat nichts mit der frankfurter allgemeinen zeitung zu tun.

anfang 1933, unmittelbar vor der machtübernahme hitlers, zeigte sich die zeitung besorgt über den aufstieg der NSDAP, meinte aber, der frontalangriff auf die weimarer demokratie würde nicht gelingen.

ausgabe vom 1. märz 1933

als ende februar der reichstag brannte, druckte die frankfurter zeitung die stellungnahme der sozialdemokraten ab, die sich gegen ihr vierzehntägiges verbot wehrte, machte sich aber gleichzeitig die von den nazis schnell verbreitete these der alleintäterschaft zu eigen. die stimmung im reich schlug nach diesem großbrand, der möglicherweise von den nazis selbst gelegt wurde, gegen die sozialdemokratie und kommunisten um. ohne den brand wäre das zwei wochen später mit parlamentsmehrheit beschlossene ermächtigungsgesetz, das die demokratie mit einem schlag abschaffte, nicht möglich gewesen. hitlers rede im reichstag, die dem beschluss voranging, findet sich in der originallänge im archivradio. ich habe sie zusammen mit vielen vorhergegangenen reichstagsdebatten im deutschen rundfunkarchiv gefunden.

gorleben 2 | afd und grüne

KI stellt sich die grünen hinter gittern so vor.

ich hatte heute ein gespräch mit dem inhaber einer autoreparaturwerkstatt. er hat sich gerade einen benziner gekauft und nannte elektroautos “das heutige gorleben”. ich merkte an, dass das plutonium im endlager eine halbwertszeit von 25.000 jahren hat. der mann erwiderte: “und wie viele kinder sterben für elektroautos?” damit meinte er den kobalt- und lithium-abbau.

deutschland, meinte er, werde von den grünen regiert. die einstigen kriegsgegner sorgten heute für üppige lieferungen von waffen in die ukraine. man spreche jetzt schon von “aufbau” in der ukraine, während in deutschland “alles kaputt” gehe. als “deckmantel” setzten die grünen auf windkraft, ließen aber nicht über die von den turbinen getöteten vögel mit sich reden, die ehemaligen tierschützer.

der aufstieg der AFD sei also kein wunder, meinte der mann. es sei quatsch, die AFD als rechtsradikal einzustufen. das seien frustwähler, die die schnauze voll hätten.

er war kaum zu stoppen. das gespräch fing schon mit einem falschen vergleich an, eben mit kernkraft und kinderarbeit. er ging auf das schlagende argument der halbwertszeit, die wir uns mit den atommeilern aufhalsen, nicht ein, sondern lenkte auf ein völlig anderes problem um. die rechnung, die er mit den grünen aufmacht, stimmt auch nicht. wie zuvor beim thema gorleben wirft er windkraft mit vogelschutz und einen russischen angriffskrieg mit problemen im eigenen land in einen topf. das alles aufzudröseln ist zeitaufwändig. und unmöglich, wenn der gesprächspartner politisch schon auf 150 ist. wollen wir mal über das zerfallsprodukt von plutonium 239 sprechen, nämlich uran 235. das zwerfällt zur hälfte nach 700 millionen jahren. dann scheint sogar die sonne noch auf die erde. die kobalt-gewinnung im kongo befindet sich im umbruch. ähnlich wie beim kaffee geht es in richtung fairness.

gameboy | chef

gameboy 1

1992 habe ich zum zweiten mal minoru arakawa getroffen und interviewt. er war damals wegen des erfolgs der spielekonsole gameboy (mit tetris) amerika-chef von nintendo geworden. auch der erfolg in deutschland, so sagte er mir damals, habe zu der beförderung beigetragen. beim ersten interview, zwei jahre zuvor, hatte er mir den gameboy geschenkt; das gerät war damals gerade erst auf den markt gekommen. ich fragte ihn 1992, wie er in die firma in kyoto kam? über seinen schwiegervater hiroshi yamauchi, den präsidenten von nintendo. Sie haben also in die firma hineingeheiratet? – “ja”, antwortete minoru arakawa. hier noch ein ausschnitt aus dem sehr herzlichen gespräch (auch wenn es sich nicht so herzlich liest):

reisen Sie viel?

ja, ich verbringe meinen monat so: eine woche in japan, eine woche in europa, speziell in deutschland, und zwei wochen in den USA.

das ist nicht gut für Ihre gesundheit!

aber es macht spaß.

übernachten Sie meistens in hotels?

fast immer.

leiden Sie unter jetlag?

ja.

wie viel uhr ist es denn Ihrem gefühl nach im moment?

ich komme gerade aus seattle an der US-westküste. der zeitunterschied beträgt 10 stunden. ich werde mittags also müde und bin dafür um 3 uhr nachts hellwach.

was tun Sie denn dann nachts um 3?

ich versuche, wieder einzuschlafen. aber heute morgen ging es einfach nicht. ich habe angefangen zu lesen und anrufe in die USA und nach japan getätigt.

warum haben Sie stattdessen nicht gameboy gespielt?

das mache ich nur manchmal.

weil der bildschirm bei schlechten lichtverhältnissen unbrauchbar ist?

ja.

baader meinhof | ensslin

drei gefangene am 2. prozesstag 1975

die fotos finden sich im staatsarchiv ludwigsburg unter dieser signatur. wir sehen links andreas baader, damals anfang 30. in der mitte ulrike meinhof, damals 40 jahre alt. rechts gudrun ensslin, mitte 30. zusammen mit jan-carl raspe wurden sie am 5. juni 1975 in den eigens für sie gebauten gerichtssaal gefahren. die vier angeklagten waren auch am ersten prozesstag anwesend gewesen; im laufe des “stammheim-prozesses“, der sich lange hinzog, passierte das immer seltener.

baader, wie später auch ensslin, akzeptierten das gericht nicht. das wird an vielen stellen deutlich, etwa hier:

Angekl. B[aader]:

Wir hatten eigentlich nicht vor, auf die juristische Verpackung dieser Veranstaltung überhaupt einzugehen hier, sie ist sekundär. Und in der Entwicklung dieses Verfahrens, vermittelt es sich willkürlich selbst besser als jede Interpretation das könnte. Es ist auch, oder es war auch, wie sich gezeigt hat.

Vertr[eter] d[er] Bundesanwaltschaft:

Herr Vorsitzender, es ist nicht verständlich, was Herr Baader sagt.

Vors.:

Ich weiß nicht, ob dies an der Mikrophonanlage liegt, das bezweifle ich.

Angekl. B[aader]:

Also soll ich das nochmal wiederholen.

Vors.:

Vielleicht, Herr Baader, wenn Sie etwas größeren Abstand einhalten.

Angekl. B[aader]:

Also, wir hatten nicht vor, auf die juristische Verpackung dieser Veranstaltung hier überhaupt einzugehen …

ich bekam 30 jahre später den tipp von einem kollegen im SWR-archiv, dass jetzt tonbänder mit den mitschnitten mancher prozesstage aufgetaucht waren. mit diesen tönen, bei denen man die angeklagten erstmals in diesem kontext hörte, startete ich im SWR das → archivradio. daraus wurden dann eine sendung im WDR, ein hörbuch und mehrere podiumsdiskussionen.

der weg zum | rundfunk

diese 1922 in der US-satirezeitung judge veröffentlichte zeichnung machte die runde. nach heutigen standards ist sie, wie die meisten illustrationen der zeit, schwer verständlich. die damaligen leserInnen aber sahen genauer hin und erkannten die message. ich zitiere den erfinder lee de forest, der das bild eingerahmt in seinem büro hängen hatte:

Es zeigt eine kleine einsame Hütte, die in einem engen Tal im Mondschein steht. Vom nahegelegenen Baum führen kleine Antennendrähte zum Dach. Ein Licht scheint vom Fenster nach draußen, und in seinem Leuchten steht ein junger Mann ohne Hut, mit Kopfhörern auf den Ohren, deren Kabel ins offene Fenster führen. Er steht da mit offenem Mund, die Hände ausgestreckt in stummer Ekstase und Verwunderung blickt er hoch in den Sternenhimmel. In Tune with the Infinite ist der Titel des Bilds, und kein Künstler, der nicht selbst die Erregung gefühlt hatte, in einer ruhigen Nacht der ätherischen Musik eines entfernten Radiophons zu lauschen, hätte sich jemals so ein Bild ausdenken oder es so geschickt malen können.

de forest entwickelt wenige zeilen später in dem artikel die vision eines dichten radionetzes, das alle bürger erreicht. er vergleicht die entwicklung mit der des zeitungsdrucks. und er sagt, es dauert nicht mehr lange, bis es soweit ist. recht hatte er.

der rundfunk in den USA startete auf kleinem niveau im herbst 1921. in england mit dem sehr zögerlichen okay der post 1922, im deutschen reich 1923.

am 4. märz 1921 wurde der außerordentlich beliebte US-präsident warren g. harding vereidigt. seine antrittsrede war die erste, die über den rundfunk übertragen wurde. damals ausschließlich (und verpflichtend) von der navy. allein in philadelphia gab es damals einige tausend rundfunkempfänger. über eine antenne auf long island gelangte die rede quasi live auch nach europa.

fünf monate zuvor, im november 1920, hatte der sender in pittsburgh das wahlergebnis zwischen harding und cox verkündet. zwei jahre später hieß er KDKA. der englische wikipedia-artikel beschreibt die geschichte dieses ersten privatsenders der USA sehr ausführlich.

radio und telefonie. judge sept. 1922

am 1. april 1921 sendete kansas city ein “wirless telephone concert”, das eigentlich von new york aus geplant gewesen war. new york city musste wegen “statischer zustände in der luft” absagen. die quelle der sendung (to send wurde damals noch in anführungszeichen geschrieben) war eine schallplatte. die ausstrahlung erreichte etwa 75 hörer in einem radius von 60 meilen, also knapp 100 km.

mitte april 1921 gehörten amateursendungen zum alltag in urbanen zentren der USA. die philadelphia wireless school spielte typischerweise sechs schallplatten ab. der dulith news tribune in minnesota schreibt dazu am 17. april 1921:

Before the evening radio concert the performance starts with a few jokes and with a summary of the day’s news and the official weather report. Then the bank of audion tubes starts whirling the electrons around and cut loose via the antenna stop of the school, with the latest thin in jazz music and syncopation.

weil auch behörden das broadcasting nutzten, konnten funkamateure die polizei-kommunikation mithören. ein ehepaar in dallas übertrug im juni 1921 ab 19 uhr musikkonzerte, den wetterbericht und polizeimeldungen. zur gleichen zeit setzten sich quer über die USA “market reports” durch, also börsennachrichten.

am 6. november 1921, einem sonntag, sendete präsident harding eine friedensnachricht an alle welt, mit dem inhalt, dass der rundfunk nicht nur die völkerverständigung fördere, sondern auch wohlstand nach dem muster der USA in andere länder verbreiten könnte.

eichenlob | etudes

watercolour with hair. text-to-image AI

these are seven compositions with a series of etudes, most of them with an atmospheric, amorphous, maybe nervous background, classical european and african instruments and a single key melody in front. others with a chatty piano and orthodox strings. in eichenlob 04 the background is a slide guitar. in eichenlob 05 i play a few metal riffs. eichenlob 06 takes place in the staircase hall of my studio building. eichenlob 07 is set in the lobby of a big hospital.

eichenlob 01
eichenlob 02
eichenlob 03
eichenlob 04
eichenlob 05
eichenlob 06
eichenlob 07