lese | proben

billersLeseprobe_detail

kein biller-buch ohne arsch. hier: ebook-pixel, kontrastvergrößert

ich bin ein erklärter eBook-freund. ich lese lieber auf dem tablet als im buch zu blättern. aus vielen gründen. hier ein grund: wenn ich in der new york times oder bei democracy now eine buchbesprechung lese/sehe, die mich anspricht, lade ich mir nicht das buch, sondern nur einen ausschnitt daraus auf meinen tablet-computer. diese ausschnitte gibt es bei amazon und anderen anbietern zu praktisch jedem eBook. die 10 oder 20 oder manchmal auch noch mehr seiten geben selbstverständlich keinen umfassenden eindruck von dem gesamtwerk. aber mir haben sie gereicht, um bei vielleicht 30 büchern in letzter zeit 25 nach der leseprobe zu verwerfen und nur 5 zu kaufen. den rest behalte ich gern aus anschauungszwecken auf dem iPad, sie nehmen da kaum platz weg.

mein aktuellstes beispiel, gerade zu ende gelesen (die leseprobe): maxim billers epos “biografie”. ich hätte mich gar nicht um dieses buch gekümmert, wenn nicht meine kollegen vom büchermarkt im deutschlandfunk sich eine halbe sendung lang darum gekümmert hätten. sie taten das mit spitzen fingern. man lobte das buch irgendwie, aber keiner mochte es. die 800 oder wieviel seiten fanden die kollegen als zumutung.

ich mag schon die leseprobe nicht und frage mich, warum elfriede jelinek vorn im buch (und also der leseprobe) auftaucht und sagt, sie gratuliert, sie kenne nichts vergleichbares. liegt es an dieser feinsinnigen sprache, wo schon auf seite 2…

  • sex
  • arsch
  • el dick
  • unter der bettdecke
  • kommunismus

… um sich greifen und die nach 27 seiten so stark changiert, dass da völlig unerwartet …

  • schleim
  • ekelhaft
  • dilierend
  • fick meine frau, goldmann!

… auftauchen? die leseprobe trägt also ganz erheblich zur zeitökonomie bei. deswegen der tipp: aufs tablet die kindle-app laden und hurtig leseproben lesen. gibt kaum eine vielfältigere urlaubslektüre als 100 leseproben à 20 seiten. und man weiß danach viel besser bescheid, als wenn man in den feuilletons kollegen sich abstrampeln sieht, vor lauter respekt vor – ja, wovor eigentlich?

fischer gegen | spasski

bobbyFischerBauernopfer

film über die schillernde figur bobby fischer

kein hammer von → film, aber ein ordentlich gemachter streifen über das leben des bobby fischer. es beginnt in seiner kindheit in einer jüdischen-marxistischen familie. es endet im halben wahnsinn. der großteil des films dreht sich um das → jahrhundertmatch 1972 zwischen fischer und dem damaligen schachweltmeister boris spasski.

online bei | 30.000 fuß

norwegianInternetAccess_3

 

zunächst war es nur ein normal gebuchter flug. mit der norwegischen billig-airline von stockholm über oslo nach dublin:

stockholmDublinBoardingPasses

bordkarten

per SMS kam kurz vor dem einchecken die nachricht, dass es WiFi an bord geben wird. gab es:

norwegianInternetAccess

ein offenes WLAN über den wolken

die crew hat das WLAN einige minuten nach dem start, beim erreichen der angestrebten flughöhe aktiviert:

norwegianInternetAccess_2

einlandung zum surfen und filmegucken

die webseite gibt genaue fluginformationen, das wetter am zielort und vieles mehr.

simon fujiwara in | dublin

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plakat zum film “the humanizer“, der kein film ist

vorgestern im IMMA/dublin, vernissage zu simon fujiwaras installation zum irischen freiheitskämpfer → roger casement. simon erzählt in seiner rede davon, dass er vor fünf jahren die tagebücher von roger casement mit ihren homosexuellen einträgen entdeckt hat, aber jahrelang keine schlüssige idee hatte, das thema umzusetzen. das ist ihm jetzt, verspätet, gelungen.

 

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vernissage zum “humanizer”, dublin 19. mai 2016. foto: ms/dpa

 

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simon fujiwara im irish museum of modern art. foto: ms/dpa

guan | Xi

guanXi_wiki

guan Xi in der chinesischen wikipedia

ich hatte am sonntag eine bemerkenswerte begegung mit einem an der university of westminster arbeitenden chinesischen wissenschaftler. er hielt eine von drei keynote-reden auf der konferenz für informations- und wissensmanagement in london. bemerkenswert war zunächst, dass er bei seiner rede in schwer verständlichem, sehr schnell gesprochenem englisch mit starkem mandarin-akzent nach dem abfeuern einiger slides meinte, jetzt habe er keine slides mehr, könne aber seine arbeiten zeigen. dazu öffnete er umständlich ein pdf nach dem anderen und scrollte die dokumente seiner letzten veröffentlichungen rasant von oben nach unten durch. nichts davon war für das publikum lesbar, geschweige denn nachvollziehbar.

das zweite bemerkenswerte waren die inhalte seiner so lieblos präsentierten arbeiten. sie bestanden, soweit ich das in dieser halben stunde der beamer-folter beurteilen konnte, aus einer reinen ansammlung von buzz-words wie “maschine learning”, “agent systems”, “fuzzy logic”. statt zu sagen, wie er daten aus sozialen netzen im internet ziehen möchte, blieb er immer auf der ebene eben dieser buzzwords. nach gängigen konferenzregeln war das eine unverschämtheit. er bekam trotzdem, vor allem von den vielen asiaten im raum, applaus.

einige stunden später interviewte ich ihn → für den deutschlandfunk. er wusste schon tage vorher, dass ich kommen würde, und er wusste, dass ich der einzige journalist auf der tagung war. er wirkte nicht aufgeregt, aber in hohem erregungszustand, als ich mein mikrofon anschaltete. bevor ich aufnahm, entspann sich ein kurzer, heftiger dialog, in dem ich mich bewusst nicht auf das chinesische guan Xi einließ, also die art, mit kleinen geschenken freundschaften zu knüpfen:

ob er mir einen kaffee holen dürfe? fragte der wissenschaftler.

– nein danke, es war doch gerade kaffeepause.

– vielleicht einen tee?

– wozu einen tee, es war doch gerade kaffeepause?

– tee beruhigt.

– nein, danke. aber sagen Sie mal, wirke ich aufgeregt, dass ich einen tee brauche, der mich beruhigt?

– nein, Sie wirken ganz ruhig.

– wozu sollte ich dann einen tee trinken? wollen Sie vielleicht einen tee trinken?

– i’m fine, thank you.

er war etwas ratlos und griff dann in seine aktentasche, holte einen kuli heraus, auf dem “university of westminster” stand, und überreichte ihn mir mit einer größeren geste.

– university of westminster! sagte er.

ich dankte und steckte ihn ein. dieser erbärmliche stift war vermutlich der einzige weg, dass der arme mann aus dem geschenkzwang herauskam und dem guan Xi folgte.

auch das kurze interview selbst war ein ost-west-disaster. statt auf meine fragen zu antworten, proklamierte er lauthals. wenn ich ihm ins wort fiel und ihn bat, einen ausdruck zu wiederholen, weil ich ihn nicht verstanden hatte (sein englisch mit starkem mandarin-akzent war rasant schnell, business management klang wie büsche cent oder psi magent), wiederholte er den ausdruck mit derselben intonation und geschwindigkeit, statt zum beispiel zu verlangsamen oder mich zu fragen, was ich daran nicht verstünde.

als er zum x-ten mal “fuzzy logic” sagte, merkte ich an, das sei doch schnee von gestern, was er denn für neue ansätze zu bieten hätte, antwortete er, die systeme müssten (und jetzt komme noch ein buzzword:) hybrid sein, also fuzzy logic und agentensysteme und ähnliches.

er sprach, ohne dass ich ihn danach gefragt hatte, von firmen, die versuchen, eine marke über soziale medien bekannt zu machen:

– das kann über nacht scheitern, wenn die kommentare negativ sind.

– klar, sagte ich, was schlagen Sie also vor, wie soll eine firma vorgehen, damit das nicht passiert?

– sie muss die marke viral machen.

– wie soll das gehen, was kann man da empfehlen?

– bessere produktqualität, besserer service.

das war so trival und führte leider zu nichts. als wir uns verabschiedeten, verbeugte er sich mehrmals tief, und als ich ihm später paarmal über den weg lief, kam dieses verbeugen wieder.

in china ist das anders, weil dort viele so sind (ich kannte chinesen, die nicht so waren). aber dieser experte lehrte an einer britischen universität, er forschte für die tonne, und sein vortrag erinnerte mich an das, was man von den parteitagen in beijing so hört: stundenlanges, für niemanden nachvollziehbares blah.

ich weiß nicht, ob’s okay war, dass ich den roten westminster-kuli bei alison in london gelassen hatte, statt ihn in einer hülle nach köln nach hause zu transportieren.