weißes | heroin

Bayer_Heroin_bottle

die US-politik bezüglich drogen, die nicht antidepressiva oder alkohol heißen, war seit jahren: zero tolerance. das heißt, wer mit heroin erschwischt wurde, kam ins gefängnis. heute ist das anders, und seit heute ganz besonders anders: die knäste amnestieren zahlreiche wegen drogenmissbrauchs verurteilte insassen, und beide präsidentschaftskandidatenparteien (speziell hillary clinton und jeb bush) machen sich stark dafür, mehr auf therapie zu schauen, statt die leute einfach wegzusperren.

der grund für diesen ungewöhnlichen wandel ist ganz einfach: 90% der heroin-einsteiger in den USA haben weiße hautfarbe; die meisten kommen aus normal verdienenden familien. die zahl der heroin-toten, eben vornehmlich weißen jungen leute, nahm in den letzten jahren erstaunlich zu. die eltern der opfer nehmen seit längerem das problem offensiv in die hand, weshalb zum beispiel die polizei in manchen bundesstaaten seit längerem zu einer therapie-bewussteren praxis überzugehen. wen ein heroinabhängiger mit seiner nadel in new hampshire in eine polizeistation geht und um hilfe bittet, weil er kein geld mehr hat, sich den nächsten schuss zu besorgen, wäre er vor einigen monaten sofort verhaftet und relativ schnell verurteilt worden. jetzt führt man ihn/sie der therapie zu. new hampshire und texas sind die beiden staaten mit den meisten toten wegen opiat-missbrauchs.

siehe dazu den etwas zähen artikel heute in der new york times: In Heroin Crisis, White Families Seek Gentler War on Drugs

bemerkenswertes buch über den US-geführten krieg gegen drogen (statt für menschlichkeit, bildung) – johann hari: Chasing the Scream (hier die rezension im guardian. das buch kann man auch prima als leseprobe auf den kindle-reader laden)

sound fx 1926 | im berliner radio

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titelblatt der Funk=Stunde von 1926

in der berliner staatsbibliothek unter den linden stieß ich auf diese mir bisher unbekannte zeitschrift von 1926. sie beschreibt mit zahlreichen fotos die ersten drei jahre des rundfunks in berlin. es gibt meines wissens keine veröffentlichung aus der frühzeit des radios in deutschland, die so kompakt und souverän die fortschritte und den stand des sendens beschreibt. die BBC war dem berliner rundfunk mit ihrem üppigen “year book” voraus. (es ist im wikipedia-artikel zur BBC zu sehen; ich habe fast alle ausgaben aus den 1920er jahren vor einiger zeit über ebay ersteigert oder in london antiquarisch gekauft.)

aus dem berliner jahrbuch ist auch das foto unten. es zeigt eine in die wand eingelassene badewanne, die am rand des größeren senderaums stand. sie diente dazu, regen, motorbootgeräusche und plätschern wiederzugeben. hörspiele hießen damals zwar auch manchmal schon hörspiele, meist aber “spiele” oder “sende-spiele”.

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wer die aufnahmen im berliner sender gemacht hat (ürigens alle in dem heft, ist nicht herauszufinden. “transocean” kommt auch in anderen zeitschriften der 1920er jahre oft vor, meit mit hervorragenden aufnahmen.

britischer propagandafilm | elendes deutschland 1946

britische dokumentation über die soeben besiegten deutschen…

… und was man mit ihnen machen soll. der 20 minütige film schildert ein “zurecht” auf den hund gekommenes deutschland. der britische kommentator lässt kein gutes haar an dem volk, das europa in schutt und asche gelegt hat. wir spüren, wie aufgeladen die lage unmittelbar nach dem sieg der allierten war. wir sehen (und hören) deutsche, die deutsche suchen, die verwahrlost aus den bunkern kommen. wehrmachtssoldaten werden vorgeführt und müssen zunächst zeigen, ob sie das SS-tattoo tragen, nämlich in der linken achselhöhle. die krupps, so der film, sind verhaftet. am schluss sieht man deutsche juristen, die für ihren dienst in der britisch besetzten zone zu richtern vereidigt werden.

schleichend drohnen | installiert

drohnen_closeupvier drohnen vor nagelneuen hangars. ready to kill.

viele geleakte dokumente braucht man nicht, um über die von google lizenzierten satellitenaufnahmen zwischen 2013 und heute zu sehen, dass sich da enorm etwas getan hat. die US airforce baute mitten in afrika ihr chabelley airfield in djibouti um. jetzt stehen da, schön aufgeräumt, fluggeräte mit verhältnismäßig schlankem rumpf und sehr langen flügeln. so sehen drohnen aus. unten die bauphasen zwischen anfang 2013 und anfang 2015. oben eine vergrößerung des rechten satellitenbilds.

Chabelley-Airfield---Djiboutidie amerikaner bauen einen drohnenstützpunkg in dijibouti (2013–2015)

hier der artikel dazu in → the intercept.

ein dackel am klavier | 1910

tierbilder und -filme sind ganz oben in der rangliste der geposteten videos und bilder. hier stieß ich auf ein sehr frühes, nämlich 105 jahre alt. ein maler namens “H. Frieg”, über den ich nichts herausfinden konnte, drapierte einen schwarzen dackel auf einem klavierhocker und ließ ihn in die tasten greifen (linke pranke: D). offenbar spielt er “ach, ich hab sie verloren” aus glucks tragischer oper orpheus und eurydice. erschienen ist diese reproduktion in einer der erfolgreichsten frühen deutschen zeitschriften überhaupt, nämlich dem “deutschen hausschatz“. weil es über den deutschen hausschatz keinen wikipedia-artikel gab, schrieb ich ihn gerade eben.

Frieks-musikalischer-Dackel---large

tief verschuldetes GB | 1915

dieser kommentar im Täglichen Cincinnatier Volksblatt vom 8. oktober 1915 erinnert an die aktuelle griechenlandverschuldungskrise. waren gegen anleihen (kredite). die billigen anleihen, mit denen nach Einführung des Euro vor allem deutsche banken griechenland überschüttet haben – und die griechen, die im gelddrausch blind alle arten von waren kauften, natürlich gern auch deutsche…. und dann das, großbritannien und die USA vor genau 100 jahren:

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Tägliches Cincinnatier Volksblatt 1915 über die tiefe Verschuldung der Briten

aufgeblasene stille | wikipedia katrin mcClean

vor zwei wochen wies mich jemand, den ich nicht kenne, auf einen artikel in der deutschen wikipedia hin, um den es streit gab. unterm strich war die sache so, dass sich die in hamburg lebende autorin katrin mcClean in dem wikipedia-artikel über sich selbst diskreditiert fühlte und einen langatmigen blogeintrag der entrüstung schrieb, um ihrem frust luft zu machen.

ich besuchte den artikel und stellte fest, dass er tatsächlich aufgeladen war und sich fast stündlich änderte. einige wenige wikipedia-autoren hatten sich daran festgebissen, frau mcClean wegen einiger durchaus umstrittenen (ich würde sagen: dummen) politischen auftritte zu kritisieren: sie nahm im ukraine-krieg position gegen deutsche leitmedien wie den spiegel ein und machte sich mit russia today und putin gemein; sie nannte die BRD einen vasallenstaat der USA; sie sagte, der faschismus in deutschland sei erst nach 1945 so richtig enstanden und zählte die toten bei bombenangriffen der amerikaner auf deutsche städte 1944/45 auf, ohne sie in einen kontext mit dem hitlerkrieg zu setzen; dasselbe mit israel und gaza. gefährliches, politisch schlüpfriges terrain.

es ist keine frage, ob sich eine enzyklopädie wie die wikipedia um solche randerscheinungen kümmern muss. sie muss nicht nur nicht, sie darf es nicht. wäre frau mcClean eine autorin herausragender bedeutung (und nicht die mitautorin der kinderhörspielserie “fünf freunde”) oder oben in der hierarchie einer landespartei angekommen, dann wäre die politische einschätzung sicher ein thema für die wikipedia. so aber überhöht man jede kleine person, indem man den wikipedia-artikel über sie mit großartigen einschätzungen ihres politischen blah-blahs würzt.

der artikel hatte ein weiteres manko, das auf seine von streits reiche geschichte zurückzuführen ist: die paar romane, die frau mcClean geschrieben hat, werden wie in einem metafeuilleton aufgeblasen. einzelne kritikerstimmen werden mit wörtlichen zitaten gegeneinander gestellt. dabei heißt die ansage, dass sich die wikipedia auf sekundärliteratur beschränken soll – die es natürlich für diese autorin nicht gibt (und vermutlich nicht geben wird). einzelne buchkritiken, noch dazu mit zitaten, aneinanderzureihen, ist nicht einmal bei großen personen der zeitgeschichte üblich. eine kleine person der zeitgeschichte wird dadurch nur komisch aufgebläht.

der artikel bestand (und besteht heute wieder) aus einem erbärmlich dünnen, groß daherkommenden literaturkritischen teil sowie einem ebenso erbärmlich aufgeputschten politischen teil.

ich sah, dass es in der diskussion um diesen artikel heiß herging. vermutlich schrieben auch frau mcClean und einige so genannte sockenpuppen selbst mit. ein heilloses durcheinander. jeder, der neu dazu kam, wurde fertig gemacht, wenn er sich “falsch” bezog usw. ich entschloss mich, das alles nicht durchzulesen, sondern mutig (eine grundansage der wikipedia: sei mutig!) den ganzen artikel aus dem gefecht zu ziehen und so drastisch einzukürzen, dass er der person angemessen war. mir wurde umgehend vandalismus vorgeworfen, außerdem, wenn ich mich recht erinnere (es ist schon paar tage her), politische blindheit, weil ich mich durch meine kürzungen quasi auf die seite von frau mcClean gestellt hätte.

verbrannte erde also.

nach ein paar weiteren hickhacks durch die üblichen verdächtigen wikipedia-autoren sperrte ein administator den artikel bis ende des jahres. ziemlich drastisches, unbegründetes eingreifen. jetzt jedenfalls herrscht da stille.

aber die diskussionen um diesen artikel gehen hurtig weiter. wenn frau mcClean in ihrem blog eine änderung vornimmt, wird das sofort von den einschlägigen wikipedia-menschen, die sich an ihr reiben, reflektiert. ich fragte ob dieser schreibintensität gestern an, ob sie denn einen publikationsminderwertigkeitskomplex hätten? blöde frage, ich weiß.

achso: so sieht der stillgelegte artikel heute aus.

und das war meine um die hälfte kürzere fassung von ende september.

 

massaker | passieren halt manchmal

der konservative US-präsidentschaftskandidat jeb bush meinte gestern zum amoklauf an einer schule in oregon mit vielen toten, sowas kann schon mal vorkommen:

“Look, stuff happens. There’s always a crisis, and the impulse is always to do something and it’s not always the right thing to do.”

worauf obama entgegnete:

“The American people should hear that and make their own judgments based on the fact that every couple of months, we have a mass shooting. They can decide whether they consider that ‘stuff happens.’ ”