die dunkle seite | des hellen

in anlehnung an die grafik mit dem zugenähten mund → eine etage tiefer ein weiteres spiel mit dem dunklen. dieses bild sieht düster und blutig aus, als wäre ein verbrechen passiert:

gabrielMetsu_bloodStainedfoto mit blut in gemälde von 1664 kopiert

dabei habe ich auch hier nur das foto einer wunde (wiki commons, foto einer vernähten wunde von carsten niehaus) mit dem befehl “ineinanderkopieren” auf ein an sich ganz harmloses, ja sonniges bild gelegt. es stammt von dem niederländischen “sittenmaler” gabriel metsu:

gabrielMetsu_womanReadingALetterdaniel metsu: dame beim lesen eines briefes, ca. 1664

seit es programme wie photoshop und ebenen gibt, um nicht-destruktiv zu arbeiten, haben bilder ihre autonomie verloren. [einige sagen, sie hatten sie noch nie, ihre autonomie, weil zum beispiel ein filmnegativ beliebig ausbelichtet werden konnte, hing von den chemischen substanzen und wartephasen ab.] ich habe das originalgemälde genommen, einige bereiche daraus ausgewählt und in eine ebene darüber gelegt. diese bereiche (die gesichter der beiden frauen und der brief in der hand) sind damit geschützt. eine eben drunter, das original, konnte ich nun mit zwei klicks a) abdunkeln, b) die farbsättigung verringern, um noch mehr leben aus dem bild zu nehmen. es wirkt nun völlig anders. das kam nach gefühlten 2 minuten dabei heraus:

gabrielMetsu_womanReadingALetterDarkdas bild von oben, mit geschützten hellen bereichen, der rest dunkler und farbloser

krimi | aus der 3 tage jungen new york times

vernaehteLippen_montagebeine gebrochen, mund zugenäht – trotzdem überführt er die täter.

also gut, da stirbt ein mann und hinterlässt frau und zwei kleine kinder. wenig später heiratet die witwe einen mann, das mädchen starb, und dann wurde der junge auch noch als vermisst gemeldet (lapidar, dafür nur einen nebensatz zu verwenden).

wir sind in amerika, genau genommen in der grafschaft morgan, missouri. also ermittelt nicht die polizei, sondern die nachbarschaft. sie findet es verdächtig, weil nach dem tod des manns der besitz an die kinder überschrieben wurde. also bildeten die nachbarn einen suchtrupp, um den jungen zu finden. sie fanden ihn im benachbarten wald, mit gebrochenen beinen und zugenähtem mund. er wurde gerettet, nannte seine mutter und seinen stiefvater als täter, erzählte auch, dass sie seiner schwester den schädel gebrochen hatten. die leiche wurde exhumiert, das pärchen war der taten überführt.

revoltingInhumanity_NYT_1851new york times vom 20. september 1851

so übernahm die erst drei (!) tage alte new york times einen artikel des “observer” aus boonville, ebenfalls missouri. übrigens, typisch für die zeit: tagesaktualität war ein hoher wert, konnte aber meist nicht geliefert werden. dieser artikel bezieht sich auf vorkommnisse “not long ago”.

das bild oben hat damit nichts zu tun, ich wollte nur mal gucken, ob ich schnell einen zugenähten mund herstellen konnte. ganz einfach: untere ebene ein foto einer vernähten wunde aus den creative commons von carsten niehaus, darüber das foto von einem jungen, ebenfalls aus creative commons (otto placik). ich musste die wunde nur um 90° drehen, denn sie stand vorher vertikal, und den jungen vergrößern. die überlagerung mit “ineinanderkopieren” brachte ohne weitere eingriffe das obige ergebnis. nebeneffekt: auch die haut des jungen nimmt kranke textur an. war für dieses verbrechen durchaus wünschenswert.

vernaehteLippen_setupzwei fotos aus wiki commons, zum ineinanderkopieren (siehe ganz oben)

tracker| und wie man sie los wird

trackingTheTagesspiegelLeser

eine neue webseite namens trackography.org versucht, die datenströme darzustellen, die wir verursachen, wenn wir zum beispiel den tagesspiegel lesen. [ich lese ihn praktisch nie, aber das heißt nichts.] damit sich die webseite (der zeitung) einigermaßen rechnet, muss sie werbung platzieren. dazu wird das surf-verhalten der besucher analysiert. das geht mit “trackern” – einer komplexen maschinerie, die in gang gesetzt wird, nur wenn wir eben mal einen artikel auf einer webseite lesen.

in der grafik oben, die trackography.org ausspuckt, wenn wir deutschland als start festlegen, sehen wir viele rote linien (die der tracker; fast alle gehen irgendwie auch über die USA ganz links)  und eine blaue linie: die zeigt an, wie wir von deutschland aus in die weite welt hinaussurfen, nämlich über einen “backbone” in den niederlanden. die tracker, die beim lesen des tagesspiegels im spiel sind, sind reich an der zahl. mich wundert, dass zwar adspirit und akamai dabei sind, aber nicht doubleclick. kann sein, dass das in den google-traffic eingerechnet wurde.

ausgesprochen bescheiden geht es beim NDR zu, um ein beispiel aus einer nicht-kommerziellen ecke zu wählen:

trackingNDR

auch hier sehen wir wieder den kontakt zum backbone (blau), und nur ein tracker ist – über dieselbe landesgrenze – im spiel, nämlich comscore. bei anderen ARD-sendern ist es ähnlich oder mehr.

trackography wird von einem internationalen team mit adresse in berlin betrieben, das sich dem thema des privaten surfens verschrieben hat: tactical technology collective. man empfiehlt als plug-in für den browser den “privacy badger” der ehrenwerten electronic frontier foundation. der badger (dachs, vielleicht der dachs, der die bremskabel abnagt?) unterbindet große teile von trackern. wenn das surfen dadurch beeinträchtigt wird, etwa beim nutzen der seite trackography.org (die ja trackerwege aufspürt, also tracken muss), kann man den privacy badger so trainieren, dass er bei bestimmten seiten stillhält. es gibt in den einstellungen sogar schieberegler, wie wichtig einem bestimmte tracker sind, damit die seite überhaupt funktioniert.

die tracking-diagnose ist kostenlos, aber hat ihren preis: das browsen wird deutlich langsamer.

kompromittierende | dating-mitgliederdaten

gestern wurde eine dating-webseite gehackt, ich vermute, es war whatsyourprice.com. dahinter steckt brendon wade, der eine dating-webseite nach der anderen in die welt setzt. ich hatte nie davon gehört, lese aber, dass wades ideen gern mit einer modernen form der prostitution in verbindung gebracht werden. man buhlt um den ausgeh-partner, indem man geld bietet, wie bei einer auktion. kann sein, dass es bestimmte leute genervt hat, wie hier mit liebe umgegangen wird. jedenfalls wurde eine seite mit “…your…com” auseinandergenommen, mittels eines alten tricks namens SQL-injection, also einem datenbankangriff. die gruppe, die das erledigt hat, nennt sich siph0n, anstelle des o eine null. so sieht der begrüßungstext des vorhin veröffentlichten hacks aus, mit der ankündigung, es werden weitere daten folgen:

siph0n-hack-datingWebsite

ich habe mal markiert, was hier geleakt wird: die mitgliedsnummer (rot), die email-adresse (in ocker), das passwort zum einloggen in die seite (in grüngelb) und der mitgliedername (grün). angeblich sind 23.647 namen ausgelesen worden; als beweis liefert die gruppe zwei seiten mit diesen empfindlichen daten, rund um den buchstaben l. die unkenntlichmachungen sind von mir; in den dokumenten ist alles schön klar zu lesen:

siph0n-hack-datingWebsite_details

mit diesen daten kann man sich versuchen, in die dating-seite einzuloggen; es würde mich allerdings wundern, wenn das ginge, denn sicher hat sie wind davon bekommen und die passwörter zurückgesetzt. man kann davon ausgehen, dass viele mitglieder dieselben passwörter auch für andere dienste nutzen, vielleicht für ebay oder online-banking. ich habe testweise eine email-adresse in den browser eingegeben und fand sofort ein bild der frau bei instagram. sie macht schulungen in skype und heißt bei dem dating-portal … [sag ich jetzt nicht]

folter sinnlos | THE TIMES 1785

folterInDerInquisitionfolterkammer zur zeit der inquisition in spanien/portugal. wiki commons

menschen foltern andere menschen, seit es menschen gibt. der holzstich oben zeigt eine folterkammer 1163, zu einer zeit, als überall in europa viel getötet, also auch gefoltert wurde. wenn wir heute an ISIS denken – damals waren es die christen, die auszogen zu töten. die weltbevölkerung war im spätmittelalter, als die inquisition ihren höhepunkt erlebte, wesentlich kleiner als heute, deswegen wirkt die zahl der von den katholiken päpstlich angestifteten morde noch monströser als sie sowieso schon ist: 10 millionen.

1785, als die aufklärung das mittelalter abgeschafft hat und die TIMES in london die aufklärung in form eines nüchternen journalismus auf papier lieferte, stand auf der dritten von vier seiten in einem juristischen artikel ein bemerkenswerter abschnitt über die folter. ein richter in lissabon hatte zweifel, ob die folter die wahrheit ans licht bringt. ihm taten die gefolterten so leid, dass er ein experiment unternahm. um es zu verstehen, muss man wissen, schreibt die TIMES, dass die tötung von pferden oder maultieren unter todesstrafe stand. das experiment ging so:

ein gutsherr ging, als die familie schlief, in den stall und schnitt einem pferd den schwanz ab, worauf dieses verblutete. man verdächtigte sofort den stallburschen, der die tat abstritt. man setzte ihn der folter aus, worauf er die folterer bat, ihn sterben zu lassen, und die tötung des tiers gestand. jetzt (erst) schritt der richter ein und ließ die sache auffliegen. sie hatte sofortige auswirkungen auf die gerichtsbarkeit in portugal: die folter wurde abgeschafft. [sie kam natürlich immer wieder, nicht zuletzt während der portugiesischen militärjunta.]

tortureInPortugal_1785

THE TIMES vom 4. januar 1783, ausgabe 3, s. 3

USA 1852

noch ein blick auf das erste auftauchen von “torture” in der new york times: in der ausgabe vom 18. februar 1852 findet sich ein artikel über folter in amerikanischen gefängnissen. da ging es offenbar nicht darum, geständnisse herauszupressen, sondern die gefangenen aus vermutlich disziplinarischen gründen zu quälen. speziell geht es um den gefängnisarzt von auburn, dr. fosgate. der kommentar zu diesem aus der zeitung (nachrichtenagentur?) exchange zitierten nachricht verurteilt die folter aufs schärfste und argumentiert unter anderem mit der verfassung: “cruel and unusual punishments shall not be inflicted”. er erwähnt auch einen fall, der weitere 100 jahre zurückliegt. bashford, ein wärter im newgate gefängnis, pflegte seine gefangenen zu foltern, indem er kopf und arme mit einem brett fixierte und am halsbereich schrauben anzog. der wärter kam vor gericht und wurde gehängt. oder, wie es in dem artikel lautet: “bashford departed his life, in consequence, at the end of a rope, on tyburn hill.”

tortureInAuburnPrison_1852

sony hack | den geleakten daten fehlt was

theInterviewPoster

und zwar wundern sich etwas tiefer wühlende menschen, warum sie den film the interview nicht finden. denn es wimmelt von daten aus dem sony pictures imperium incl. passwörtern, gehaltslisten, mutterschaftsanträgen, emails – aber wo ist der film, der angeblich das ganze ins rollen brachte, weil er den nordkoreanischen diktator auf “lustige” weise tötet?

sonyHack_woIstTheInteview

in dieser diskussion in einem hacker-forum des TOR-netzwerks dankt ein user für die download-links, fragt aber nach dem drehbuch von the interview. ein anderer antwortet, dass er 24 millionen zeilen code durchsucht hat, aber das drehbuch nicht fand, den film sowieso nicht. warum nicht: weil, so schreibt er, die nordkoreaner doch die verbreitung genau dieses films unterbinden wollten. “kann also gut sein, dass sie ihn aus dieser veröffentlichung herausgefiltert haben.”

“this release” – diese veröffentlichung ist übrigens datenmäßig üppigst. man spricht von etwa 100 terabyte, das ist ein zehnfaches der menge an daten, die die library of congress als text gespeichert hat.

der hack zeigt vor allem folgendes: dass ein weltweit operierender konzern allein auf seinem angelsächsischen rechnernetz so viele sensible bis hochsensible daten hat, dass er selbst fahrlässig handelt, sie nicht entsprechend zu schützen. das ist leicht gesagt angesichts der ausgebufftheit der black hats, die das system mit einem trojaner gehackt haben. die fahrlässigkeit bliebt als vorwurf im raum. wer goldbarren hortet, muss einige goldbarren dafür hergeben, einen guten zaun zu finanzieren.

nicht nervös sein | lieber CIA-agent

maintainCover_noMatterWhat

ein heute via → wikileaks veröffentlichtes geheimes papier gibt CIA-agenten ratschläge, wie sie unproblematisch grenzkontrollen durchlaufen und insbesondere “secondary screening” durchstehen. das dokument ist nur 15 seiten lang und listet diverse barrieren an internationalen flughäfen auf. sie unterscheiden sich demnach von land zu land.

eine ausführliche passage beschäftigt sich mit kameras und personal an bestimmten flughäfen, die speziell nach nervösen ankommenden passagieren ausschau halten. das papier gibt ratschläge, wie man sich im fall einer genaueren befragung verhalten soll, zum beispiel sich nicht auf die lippen beißen, keine unnötigen pausen oder “ähs” machen und schön konstistent bleiben.

das heißt speziell, dass die einreisebehörden gern namen und orte, die der ankommende nennt, mit seinen computer- und handydaten und mit google-suche im internet abgleichen. unter allen umständen, steht am ende eingerahmt da: egal was passiert, die wahre identität nicht auffliegen lassen!

gute idee. auch angesichts des IQs vieler aufgeflogener CIA-leute.

die US-medien | und die CIA-folter

CIA-saved-livesmit dieser webseite meldet sich die neokonservative seite zurück

oder: wie sich der meinungszirkus innerhalb einer woche völlig gedreht hat. gestern im deutschlandfunk/markt und medien; hier die längere version:


die US medien und die CIA folter, eine woche nach veröffentlichung des feinstein-reports

→ hier auch in der ARD mediathek. hintergründe und frühere recherchen finden sich reichhaltig weiter unten, hier in diesem blog.

1902waterboardingschon 1902 setzten us-scouts die wasserfolter ein. foto: wiki commons

mathe | für die familie

zwischendurch ne kleine matheaufgabe. wolf und ich stellten uns dieser tage die frage, wann er doppelt so alt wie seine tochter war. wolf fing an, auszuprobieren, scheiterte aber. er 100, sie 50? das kann nicht sein. mein vater ging mit leichter hand an die lösung. und zwar berechnete er die differenz der beiden alter und schrieb:

Wenn ich die Differenz mit 2 multipliziere, habe ich das Alter, das ich haben muss, um doppelt so alt wie Du zu sein, also war ich mit 56 Jahren doppelt so alt wie Du.

elegant! als ich ihn fragte, wie er das begründen würde, fiel ihm nichts ein, es war eben ganz natürlich, so zu rechnen.

die mathematik geht von klar definierten vorgaben aus, und die gleichung, die zum ergebnis führt, enthält nichts als diese vorgaben.

peterUndLaura

es gibt zwei voraussetzungen, aus denen wir in unsere gleichung formen. zunächst mal: das alter von laura soll doppelt so groß sein wie das alter von peter. das kann man so hinschreiben:

petersAlter mal 2 = laurasAlter

damit ist die erste bedingung in die gleichung eingeflossen. würden wir jetzt peter, der jetzt zum beispiel 18 ist, einsetzen, und laura, die zum beispiel 25 ist, bekämen wir einen widerspruch:

18 mal 2 ist nicht 25, sondern 36

woran liegt das? es liegt daran, dass wir ja nicht peters alter heute suchen, sondern in soundsovielen jahren. in wie vielen jahren, wissen wir noch nicht.

petersAlterDann mal 2 = laurasAlterDann

sehen wir uns mal die zahl der unbekannten an: wir kennen das heutige alter der beiden, wir haben die zahl 2, mit der wir rechnen können. was suchen wir? wir suchen das Dann in petersAlterDann und in laurasAlterDann. das Dann ist die zahl der jahre, die wir zum aktuellen alter addieren müssen. nennen wir diese zahl t. das machen die mathematiker gern, wegen tempus = die zeit.

(peterAlter + t jahre) * 2 = laurasAlter + t jahre

da steckt übrigens unsere zweite voraussetzung drin. sie scheint trivial, und er lautet: peter altert im gleichen tempo wie laura! sein alter bleibt nicht stehen, sie altert nicht schneller, es geht schön synchron. deswegen können wir zu beiden altern dasselbe t addieren. man kann jetzt die tatsächlichen alter der beiden einsetzen und das t ausrechnen. das machen mathematiker nicht gern, sie formen die gleichung lieber um wie in der handschriftlichen darstellung oben. dabei kommt heraus:

t = laurasAlter – 2 * petersAlter

angenommen, wie im beispiel oben, peter ist heute 18, laura 25, dann ist

t = 25 – 2 * 18 = 25 – 36 = – 11

die frage war: wann war peter halb so alt wie laura? die antwort lautet: vor 11 jahren. die probe: peter war da 7, laura 14; passt. wird peter jemals wieder halb so alt sein wie laura? nein, denn unsere gleichung hat nur eine lösung. es gibt andere gleichungen, die auch mehrere lösungen haben können, diese hier aber nicht.

schließlich noch ein besuch bei dem englischen mathematiker stephen wolfram. so sieht er aus:

stephen-wolfram---2008stephen wolfram. foto: stephen faust, wiki commons

wolfram ist der berühmteste visualisierungsexperte unserer zeit. sein weitgehend kostenlos nutzbares portal (gibt es auch als app) ist regelrecht gierig, uns die grafische lösung für unsere gleichung zu zeigen. man macht das dort mit dem befehl “plot”. gehen wir also zu wolframalpha.com, geben dort ein:

plot (18 + t) = 2(25 +t)

dann erkennt die webseite, wir haben links die funktion für eine gerade und rechts eine funktion für eine gerade, und zeichnet uns zwei geraden ein. die blaue ist die von peter, die lilafarbene die von laura:

wolframAlpha_plot

20 sek. waterboarding | war zu viel

jamesMitchell_FoxNewsjames mitchell, waterboarding-profi, bei fox news

fox news ist der stramm rechte fernsehkanal, dem der senats-report über CIA-folter nicht nur nicht schmeckt, sondern der von den für die folter verantwortlichen gern genutzt wird, um das blatt zu wenden: nicht mehr die CIA ist böse, sondern die, die die CIA mit diesen vorwürfen kompromittieren. beispielhaft dafür war das willfährige interview bei → fox news “insider” am 15. dezember. mitchell beschreibt seine angst, denn er fühlt sich plötzlich zum sündenbock gemacht. er beschreibt seinen patriotismus, denn er hat alles nur gemacht, weil er amerika schützen wollte. er diskreditiert den folter-report mit dem argument, man hätte ihn nicht befragt. und er gibt sich als milder folterer, der manche rahmenbedingungen zu drastisch fand, zum beispiel die des justizministeriums zum waterboarding.

bei diesen vorgaben steht nämlich drin, dass man den gefangenen jeweils 20 sekunden lang wasser auf das tuch über seinem kopf schütten darf. dann atmet der gequälte einmal durch, dann folgen die nächsten 20 sekunden. das geht dann maximal 20 minuten so weiter.

mitchell, von haus aus psychologe, der über solche techniken “geforscht” hat und sie vor ort in den geheimverstecken der CIA so oft anwendete, dass er sich laut interview nicht mehr an einzelheiten erinnert, brüstet sich nun in der sendung, die vorschriften gelockert zu haben: bei 20 sekunden-intervallen ersticke der patient, sagte mitchell, weswegen er zu 10 sekunden-intervallen übergegangen sei. in einer session wimmelte es also von 10 sekunden wasser, durchatmen, 10 sekunden wasser, plus, wie er nach reichlicher überlegung für praktisch gefunden hat, zweimal 20 sekunden und einmal 40 sekunden!

nur bei scheich mohammed, den mitchell als böse und arrogant bezeichnet, nützte das alles nichts. er gehöre, so mitchell, zu den gefangenen, die das talent hätten, beim waterboarding das wasser über die nase aufzunehmen und direkt über den mund auszuspucken.

zu mitchell und seinem 80 millionen dollar-vertrag siehe auch → das hier bei mir.

geburtstagsgrüße an | chelsea manning

MollyCrabapple_an_ChelseaManninggeburtstagskarte der grafikerin → molly crabapple an chelsea manning (detail)

chelsea, vormals bradley manning ist wegen hochverrats in einem US-gefängnis. im irak stationiert folgte er, vermutlich ohne groß nachzudenken, seinem bauchgefühl, dass das saubere amerika so viel blut an den händen hatte, dass man es hinausschreien muss. das nennt sich seitdem whistleblowing. das wort gab es vorher schon, aber durch den datentransfer von manning an wikileaks wurde es allen bekannt. chelsea manning hat morgen geburtstag, er/sie wird dann 27, und es schneien in seinem knast zahllose geburtstagskarten ein, unter anderem von einer isländischen parlamentarierin birgitta jónsdóttir. die vorsitzende der isländischen piratenpartei schrieb chelsea ein gedicht:

BirgittaJónsdóttir_anChelseaManningjónsdóttirs geburtstagsgedicht für manning

sie schließt mit den worten:

Her [Chelsea Manning’s] voice is everywhere
in the truth she exposed 
perverted justice
to lock her in a cell
in a body 
for exposing
what is in plain sight

noch paar mehr karten sind heute beim → guardian zu sehen. auch die von molly crabapple oben. die new yorker cartoon-künstlerin wünscht manning ein “presidential pardon”, was man als begnadigung und als entschuldigung lesen kann. beides zusammen eine gute idee. auch von meiner seite aus: hut ab vor dem, der dieses video publik machte:


dank manning und wikileaks veröffentlichtes “spaß”tötungsvideo. → hier der link (falls der browser streikt)

tolle idee | was wurde draus? (DLF)

vor 10 jahren startete → forschung aktuell im deutschlandfunk die reihe “tolle idee – was wurde draus?” anlass dafür war die  frage: wir berichten laufend über aktuelle forschungsvorhaben und eben auch ideen, die sich manchmal toll anhören. dann lass uns doch ab und zu mal später nachfragen, was aus den größeren versprechungen eigentlich wurde? viele sind natürlich in der prototyp-phase hängen geblieben oder gänzlich in der versenkung verschwunden, andere führen ein gediegenes dasein oder haben sich richtig etabliert.

die reihe wurde vom redaktionsleiter uli blumenthal initiiert. im januar 2015 startet forschung aktuell mit einer neuen – der vierten – staffel, und hier ist der trailer dafür, den ich heute fertiggestellt habe:


tolle idee – was wurde draus? trailer für 13. januar 2015

der trailer basiert auf dem sounddesign von 2004, aber die texte sind natürlich andere. es macht ungemein spaß, mit schauspielern zu arbeiten. hier zum beispiel mit ralf spengler, den ich nach der “normalen” textaufnahme bat, sich selbst paar einzelne worte herauszufischen und so tief er konnte zu sprechen.


outtake 1: ralf spengler nah am mikro und sehr tief

kaum war ralf aus dem studio zurück zu den nachrichten verschwunden, kam christoph wittelsbürger und bot stimmen an, die ich von ihm noch nicht kannte. er erzählte mir, er hätte ganz früher häufig comics vertont.


outtake 2: christoph wittelsbürger mit comic-stimmen

in dem trailer hört man das natürlich nicht deutlich, es soll ja ein feuerwerk der klänge und stimmen sein. allerdings, wenn ich mir den 2004er trailer anhöre, muss ich selbstkritisch sagen: zu komplex gemischt damals. immerhin setzt sich die hauptsprecherin gut durch:


tolle idee – was wurde draus? trailer vom april 2004

man kann sich fragen, ob man nach 10 jahren nicht das sounddesign, also die musik neu machen soll? das ist ein balanceakt. ich plädiere dafür, wenn die musik nicht völlig überholt ist, alles besser dabei belassen. denn es ist der wiedererkennungseffekt bei musik nicht zu unterschätzen. es gibt kollegen in der redaktion, die den trailer sogar singen, obwohl da gar nicht gesungen wird. die melodie gräbt sich ins gedächtnis ein. etwa 10 jahre lang lief in forschung aktuell ein jingle, der mit einem sägenden geräusch begann. dagegen gab es anfangs, so ca. 1998, kritische hörerpost. das sägegeräusch wurde aber zum markenzeichen. erst nach 10 jahren haben wir das sounddesign komplett ausgetauscht. siehe → hier.

ein beispiel, wie man mit sounddesign nicht umgehen sollte, ist das WDR zeitzeichen. das wurde jahrzehnte lang mit einem sehr markanten morse-design eingeleitet, bis beim ausbau von WDR 5 zum vollprogramm alles “aufgefrischt” wurde. der damals völlig neue jingle für die reihe hatte mit dem alten nichts mehr zu tun und war zudem so belanglos ins WDR 5-gefüge hineinkomponiert, dass er zahlreiche revisionen durchlief und heute noch belanglos klingt. in der werbeindustrie nennt man das “zerstörung einer marke”.

übrigens fand ich jetzt beim bauen des 2015er “tolle idee”-trailers zwar die bausteine des alten jingles von 2004 auf einer backup-DVD (siehe foto), nicht aber fand ich die bausteine der musikkomposition. die musik hieß irgendwie anders, ich weiß nicht mehr, wie, und ich müsste lange suchen, um das cubase-projekt dafür zu finden. was ich heraushöre: ich war damals im absynth-rausch – absynth ist ein software-synthesizer, den ich heute noch gern einsetze. das musikalische kernthema ist in c-Dur, denn wir wollen ja eine “tolle idee” feiern, und den rhythmus treibt ein arpeggio an. das arpeggio klingt heute noch sehr okay.

kompletteE_auf381backup-DVD von 2004. über eine katalogsoftware schnell zu finden. die 381 eben ;-)

foltern tun andere | cheney in “meet the press”

meetThePress_NBC_dickCheneyex-vizepräsident dick cheney bei NBC meet the press gestern.

eine der wichtigsten amerikanischen politischen magazine ist “meet the press” von NBC News. sie ist → hier komplett nachzugucken. gestern war da dick cheney gast; er ist, siehe z. b. → hier bei mir, gern gast, und auch hier sagte er wieder dasselbe:

  • der folter-report ist aus dem zusammenhang gerissen und bewusst einseitig angelegt, um die CIA zu diskreditieren, also wertlos. insbesondere hätte das kommittee niemanden aus der CIA befragt. [konnten sie nicht, weil die CIA den report lange blockert hat und die zeit dann drängte, 6 millionen seiten zu lesen. der report vergleicht primär aussagen der CIA mit fakten und deckt zahllose widersprüche auf.]
  • von folter kann keine rede sein. gefoltert haben die attentäter von 9/11 die amerikanische bevölkerung. die vietkongs haben amerikanische piloten gefoltert, die jetzt sagen, waterboarding war keine folter, da gab es schlimmeres. amerikanische behörden foltern nicht. [cheney verweist damit immer auf höhere zwecke, die seiner privaten interpretation gefallen, aber keine menschenrechtliche relevanz haben. man kann nicht einen vorgang mit dem anderen vergleichen. sein parteigenosse mcCain sagte, es sei unmoralisch, menschen zu foltern, auch wenn sie unsere feinde sind.]
  • auf die frage, dass ein viertel der “verhörten” personen unschuldig waren, bleibt cheney dabei: das kann schon mal passieren, wenn es darum geht, diese “bastards” von 9/11 los zu werden. er würde es jederzeit wieder tun, denn “wir sind noch immer im krieg mit denen”. [auch typische cheney-argumentation: er lenkt ab, geht besonders gern auf ISIS ein und sagt, viele, die sie, die CIA, hätte laufen lassen, kämpften heute bei ISIS mit. er rät damit implizit dazu, eine ganze bevölkerungsgruppe zu inhaftieren und auszupressen, nämlich jeden muslim, der gegen die USA vorbehalte habe.]
  • vorstöße von menschenrechtsorganisationen und der UN, die “täter”, also auch ihn, vor gericht zu stellen, wehrt cheney mit einem bemerkenswerten argument ab: man stelle sich vor, heutige CIA-beamte würden, mit rückendeckung des justizministeriums und präsidenten, gefährliche aktionen unternehmen und müssten fürchten, in 10 jahren vor gericht gestellt zu werden, weil irgendwelche leute darauf kämen, sie für diese aktionen anklagen zu wollen. dann, so cheney, könnten sie ja gar nichts mehr tun. [hier vergisst auch der interviewer, chuck todd, die einfache nachfrage zu stellen: wer nichts gesetzeswidriges tut, kann doch nicht vor gericht kommen, solange amerika eine einigermaßen unabhängige justiz hat. mit anderen worten legt cheney nahe, dass die CIA chronisch potenziell kriminelle tut und gern einen freibrief für alle zukunft hätte.] und die UN, so cheney in dem interview, sei sowieso nicht sein freund. [das ist eine typische haltung der neokonservativen, die ein starkes amerika wollen, das durch niemanden eingeschränkt wird. die USA machen ihr völkerrecht selbst.]

den rest der sendung kann man vergessen. bis auf die anmerkung eines der autoren des folterreports, ron wyden, der aktuelle CIA-chef john brennan sei nicht mehr tragbar, wenn er bei seinem statement letzter woche bliebe: brennan, ein vertrauter des präsidenten, hatte gesagt, man wolle das wort folter meiden und darauf achten, dass in zukunft so etwas nicht mehr vorkomme. damit, so wyden, erlaube er der CIA, so weiter zu machen wie bisher. brennans rede war mit obamas wortwahl abgestimmt. obama hatte schon zu beginn seiner ersten amtszeit gesagt, man werde zwar mit den missständen aufräumen, aber mit niemandem abrechnen. und er hatte gesagt, er lehne folter ab, ohne sich aber darauf festzulegen, die CIA habe gefoltert.

CIA saved lives | die täter schlagen zurück

CIA-saved-lives

erst paar tage alt ist die webseite www.ciasavedlives.com. dahinter versteckt sich, anonym, “a group of former CIA officials”. die new york times weiß es genauer und spricht vor allem von einem in jüngster zeit sehr pressescheu gewordenen george tenet und seinem immer pressefreundlicheren nachfolger michael hayden. tenet war bis 2004 CIA-chef und gilt als eine schlüsselfigur bei der einführung von folter gegen vermeintliche al qaida-terroristen. hayden sagte in mehreren interviews letzte woche, dass er zu beginn seiner amtszeit damit beschäftigt war, mit den “fehlern der frühen CIA-aktionen aufzuräumen”. zum beispiel sagt er, der tod eines inhaftierten sei ein problem schlecht ausgebildeter CIA-kollegen unmittelbar nach dem 11. september 2011 gewesen.

aber er deckt tenet. bei den interviews, etwa bei der BBC oder CNN, neigt er dazu, einfache erklärungen zu geben (rektale vergewaltigung = medizinisch sinnvolle zwangsernährung; waterboarding = doch nur bei drei leuten; gefangene gegen die wand schubsen = waren weiche wände, die nur einen mords lärm machten) und von allem anderen nichts zu wissen. haydens hauptargument gegen den folter-report ist, dass der untersuchungsausschuss gar nicht in der lage war, die 6 millionen dokumente durchzukämmen; das kommittee um dianne feinstein habe sich deswegen mit einem vorurteil an die arbeit gemacht und selektiv 6000 seiten verfasst, die mit den republikanern, der ära bush und der CIA abrechnen wollten.

“Authorized & Legal”

… nennt sich der zweite reiter von ciasavedlives.com: wir haben uns bei der CIA immer abgesichert und damit voll legal gehandelt.

die webseite dieser heute (nicht mit dem rücken an der wand, aber bisschen) dumm dastehenden ex-CIA-leute sagt das aus, was man erwarten konnte: alles im folterreport ist falsch, die autoren habe sich die bösen rosinen herausgepickt, um gezielt die CIA zu diskreditieren. das dokument sei damit eine politische waffe und zutiefst unmoralisch.

was aber eigentlich dahinter steckt, ist, die schuld auf den damaligen präsidenten zu schieben, also g. w. bush. auf der seite und den verlinkten dokumenten (zum beispiel dieses, ohne angabe von autoren, ohne überschrift, genannt bush.pdf) spielt das eine zentrale rolle. hier ein memo, das bush am 7. februar 2002 unterschrieben hat und mit dem das ganze debakel begann:

bushUnterschreibtAussetzenDerGenferKonvention

es ging darum, den vermeintlichen terroristen ihren status als kriegsgegner zu entziehen, um sich aus artikel 4 der genfer konvention herauszuschleichen. denn man hatte inzwischen den ersten “hochrangigen” gefangenen gemacht und wollte gern mehr aus ihm herauspressen. das hätte die genfer konvention nicht zugelassen; zudem hätte man dann dem roten kreuz zugang zu dem gefangenen geben müssen, und das war höchst unerwünscht. man wollte mit abu zubaydah (deutsch: abu subaida) ja dinge machen, die dem roten kreuz unappetitlich aufgefallen wären. deswegen unterschrieb bush, man betrachte die verhafteten talibans als gesetzlose kämpfer und nicht kriegsgefangene, weil die USA sich mit al qaeda nicht in einem anständigen krieg befänden.

die geschichte von abu zubaydah ist in dem folter-report besonders grausig zu lesen. ich schreibe in kürze was darüber.

das bush.pdf zeichnet eine einzige rechtfertigung aller jetzt bekannt gewordenen verhör-vorgänge. alles sie von der CIA nach oben abgesichert worden, sowohl übers justizministerium, als auch über bushs nationale sicherheitsberaterin condoleezza rice und den generalstaatsanwalt john ashcroft. rice sprach sich zum beispiel laut einem gesprächsprotokoll vom januar 2003 klar dafür aus, “humane” verhörmethoden beim militär zu lassen, die CIA dagegen könne schön weiter waterboarden.

die argumentation geht sehr ins detail. zum beispiel ist den CIA-leuten jetzt wichtig, einen schon von obama freigegebenen, ehemals streng geheimen brief des generalstaatsanwalts an den chefanwalt der CIA john rizzo vom 1. august 2002 in gänze als faksimile wiederzugeben. das dokument (unten ein ausschnitt) liest sich, als gäbe der generalstaatsanwalt einen freibrief für alle 10 “erweiterten verhörtechniken”. wenn man genauer hinliest, schreibt ashcroft das aber unter dem vorbehalt, dass die von der CIA abgegebenen informationen stimmen. zu diesen informationen gehörte unter anderem, dass der gefangene abu zubaydah eine zentrale figur bei der terrorplanung von al qaida war und garantiert noch für die nationale sicherheit wichtige dinge ausplaudern kann, die man mit bisher angewandten methoden nicht aus ihm herausgebracht hätte. waterboarding, so das memo, sei die letzte stufe in diesem prozess und sollte, wie alle methoden, möglichst nur einmal angewendet werden – weil sich der effekt sonst abnutzt.

ashcroftEITerlaubnisashcroft an rizzo 2002: “du darfst” (wenn alles stimmt, was du mir gesagt hast)

und was macht ashcroft heute? gospel songs singen und komponieren, zum beispiel “let the eagle soar” (lass den adler aufsteigen). rice spielt gern klavier in kammermusikstücken. tenet arbeitet in einer öffentlichkeitsscheuen investmentbank namens allen & company in new york. das gaben weder er, noch die bank bekannt, aber es wurde, wie so vieles heute, geleakt.

dick cheney | “steht nur mist drin”

dick cheney galt als mastermind der g. w. bush-regierungszeit, immerhin acht jahre. der blasse neoliberale, also stramm rechte politiker wäre nie zum präsidenten gewählt worden. er blieb immer im schatten des weniger scharfzüngigen, eher dümmlich anmutenden präsidenten aus der politischen öl-dynastie von texas. cheney bearbeitete bush im dreiklang mit paul wolfowitz und donald rumsfeld.

cheney gab vor wenigen tagen ein exklusiv-interview bei seinem lieblingssender, dem ebenfalls stramm rechten fox news channel. die zuschauer würden selbstverständlich fox news nicht gucken, wenn die moderatoren willfährige schleimer spielten. deswegen ist dieser 13-minüter durchaus illuster, und mit illuster meine ich auch, dass es gewisse dinge erhellt, vor allem: wie die vordenker und abnicker der CIA-folter mit dem letzte woche veröffentlichten senats-folterreport umgehen.

cheney nennt bereits zu beginn des interviews den report “crap”, also mist. später sagt er, er hat diesen mist gar nicht gelesen. er betont, auch auf nachfrage, mehrfach, dass bush von anfang an über jedes detail informiert war, auch wenn heute manche quellen nahelegen, dass man bush eine ganze weile lang heraushielt. cheney verweist, quasi als beweis, auf bushs autobiografie.

der moderator konfrontiert ihn mehrmals mit den brutalen schilderungen des berichts, worauf cheney immer zweierlei sagt: 1) er steht voll dahinter und 2) wie hätte man sonst mit den gefangenen umgehen können, die amerika verhöhnt haben! auch wenn der report zu dem schluss kommt, dass die folterungen falschaussagen oder längst bekanntes aus den gefangenen herauspressten, meinte cheney, ohne die folter, die er natürlich nur “enhanced interrogation” nennt (erweiterte verhöre), lägen die USA heute in trümmern.


dick cheney gesteht hemdsärmlig alles bei fox news.

weitere betrachtungen zu den ungeheuerlichkeiten, die dieser senats-bericht zutage brachten finden sich → hier und → hier bei mir.

gerade die schwächsten | brauchen datenschutz

Baerbel-Heide-Uhlbärbel heide uhl, datAct. foto: katrin buschmann

am donnerstag interviewte ich bärbel heide uhl, politikwissenschaftlerin und IT-datenschutzexpertin. sie koordiniert das projekt → datACT , wo es um den schutz der privatsphäre von opfern des → menschenhandels geht. sie schult auch andere NGOs im umgang mit daten. warum gerade bei opfern der modernen sklaverei der datenschutz wichtig ist, erklärte sie mir in diesem interview vom 11. dezember 2014. wir haben es zwei tage später in der → computersendung des deutschlandfunks in einer kürzeren version gesendet. meine erste frage an bärbel uhl war, ob die personen, denen sie helfen will, vor allem frauen sind?


bärbel heide uhl. interview über den hohen rang des datenschutzes bei opfern von menschenhandel

mr. sam & mr. spk | spamologie

spam-aktivitätenAufIhremKonto

ein offensichtlicher spam wie dieser, den ich heute bekam, hat einige kennzeichen, die man sich angucken und aus denen man schlüsse ziehen kann:

  • er kommt von einem vermeintlich mit datenschutz befassten adresse, die sich Group Data Protection Office Fiducia IT AG nennt.
  • die email-adresse ist fake und spielt für das funktionieren des spams vermutlich keine rolle. an dieser stelle kann man durch eine identitäts-verschleiernde mailing software praktisch alles eintragen. diese adresse zeigt auf eine domain in der türkei (.tr)
  • der betreff ist für heutige spams standard: gutes deutsch, typisches themengebiet, nämlich probleme mit dem online-banking.
  • die mail geht tatsächlich an meine emailadresse. weil diese öffentlich ist, war sie leicht zu ernten. es gibt zahlreiche “bots”, die laufend das internet nach mailadressen absuchen.
  • der text der mail ist auch standard. es ist keine reine text-mail, sondern sie nutzt html, was man zum beispiel an der roten überschrift in einem größeren schrifttypus sieht. es findet sich nur ein tippfehler, nämlich statt “Ihre Volksbank” “Ihr Volksbank”.
  • ansonsten fackelt der text nicht lange herum, sondern führt direkt zum kern des übels: “abbuchung von ihrem konto”. wer darauf klickt, öffnet seinen broswer, und der surft dann zu einer unterseite von vkinternational.net, die sich “plugins” nennt und dahinter einen code aufweist, der dem angreifer genau sagt, woher wir kommen, also: welcher adressat seines spams jetzt hier hin surft.

was genau passiert, wenn ich hier draufklicke, weiß ich nicht, denn ich werde den teufel tun, hier drauf zu klicken. aber ich kann relativ gefahrlos die oberseite ansurfen, denn sie ist das tarngesicht des betrugs. sie führt zu einem vermeintlichen reiseveranstalter, der in seinen “über uns”-seite neben worthülsen über marketing-expertise der beiden inhaber keine adresse und dgl. nennt. die inhaber der reise- und beratungsfirma vk international sind:

mr.sam webseite von vk international tours, dem harmlosen aushängeschild des betrugs

Mr.SAM & Mr.SRK sind die vermeintlichen personen, denen wir uns anvertrauen sollen. die webseite enthält nur wenige informationen, und an zwei stellen taucht eine telefonnummer in indien auf. registriert ist die seite, das zeigt das nachsehen in der whois-datenbank, in australien. ich vermute mal, wir haben es hier mit einem aus indien stammenden spammer zu tun, der seine domain in australien registriert hat, sich deutsche textbausteine besorgt hat und über eine türkische mailadresse sendet.

keine panik, einfach nur nicht auf den link klicken.

die psychologen | der CIA folter

swigertAndDunbar

diese beiden herren, heute etwas über 60 jahre alt, haben das “erweiterte befragungsprogramm” der CIA entwickelt und dafür 80 millionen dollar kassiert, plus einen quasi lebenslangen schutz der CIA, damit ihre identitäten nicht auffliegen. bloß, dass die identitäten längst aufgeflogen sind. grayson swigert heißt in wirklich james elmer mitchell und hat immerhin einen wikipedia-artikel in drei sprachen, → hier den englischen. mitchell hat es sich nicht nehmen lassen, neben abgabe seiner psychologischen expertise persönlich → khalid scheich mohammed zu foltern. von mitchell stammt die “theorie”, man müsse einen gefangenen in den zustand des “learned helplessness” bringen, damit er geheimnisse ausplaudert. diese angelernte hilflosigkeit zeigt sich darin, dass der gefangene deprimiert und apathisch ist. man bringt ihn diese situtation durch ein “menü” aus 20 erweiterten foltermethoden, zu denen all das gehört, was den report des senats so grausam macht.

230px-Sheikh_july2009scheich mohammed. foto des roten kreuzes, 2009

weil der CIA das ganze zu komplex wurde und mitchell vermutlich geschäftstüchtig genug, gründete er zusammen mit hammond dunbar, der in wirklichkeit john bruce jessen heißt (auch er hat jetzt einen → wikipedia-artikel) eine firma, die auch einen wikipedia-artikel hat, nämlich → mitchell jessen and associates.

SERE_training_camp,_Fort_Braggbruce jessen, psychologe und folterer (rechts). foto: wiki commons

CIA folterreport | zurück ins mittelalter

mahjidKahlndas ist majid kahn mit vollbart. als er in den USA studierte, trug er brille und einen gepflegten bart. beim besuch von verwandten in pakistan wurde er von der CIA festgenommen und landete schließlich nach diversen zwischenstationen im guantanamo-gefängnis, wo er sich bis zum heutigen tag befindet.

an majid kahn lässt sich gut festmachen, wie sich physische und psychische folter mischen. das ist neben einigen hundert weiteren seiten mit widerlichkeiten im → heute veröffentlichten folterreport nachzulesen. die CIA hat den mann auf die übliche weise geschlagen, in körperlich unnatürlichen positionen gefesselt und liegen gelassen usw. dazu kam die übliche psychische folter des schlafentzugs und des nackt vor den vernehmenden CIA-schergen stehens. was der report u. a. erstmals offenlegt, ist alles, was mit “rectal feeding” zusammenhängt. viele gefangene wurden opfer dieser prozedur, die sich in den zitaten der CIA-angestellten nach einer lust an vergewaltigung anhört (“lass ihn tief runterbeugen, dann schieb das ding hinten rein, musst keinen druck ausüben, die schwerkraft tut den rest”). hier eine passage aus dem report:

rectalFeeding_CIAmajid kahn war in den hungerstreik getreten, worauf man ihn zwangsernährte, durch “nasogastritische” und “intravenöse” methoden. majid kahn muss so darunter gelitten haben, dass er sich die flüssigkeiten freiwillig selbst über die künstlichen wege zuführte. “ohne groß reden zu müssen” führten die vernehmer dann die zwangsernährung durch den po ein. zwei flaschen des nahrungskonzentrats ensure am vormittag. mittags brachte man dem gefangenen (übrigens einem US-staatsbürger) ein tablett mit dem lunch: hummus (kichererbsenpaste), nudeln mit sauce, nüsse und rosinen. statt es ihm zum essen zu geben, pürierte man alles zu einem brei und führte ihm das ganze rektal ein. der report beschreibt an mehreren stellen, dass diese methode der zwangsernährung nicht indiziert war, sondern der CIA dazu dienen sollte, totale kontrolle über den gefangenen zu bekommen.

majid kahn versuchte sich mehrfach umzubringen, durch aufschlitzen der pulsadern, sich in den ellenbogen zu beißen, eine vene auf der fußoberseite zu öffnen und anderes mehr.

dass der US-senat den report jetzt herausbrachte, hat ganz simple gründe: nach den letzten abgeordetenwahlen wird der senat mehrheitlich republikanisch besetzt sein, und die republikaner versuchten von anfang an, eine aufklärung der CIA-foltervorwürfe zu verhindern.

noch ein beispiel. hassan ghul wurde von der CIA 2004 im irak festgenommen. er hatte verbindungen zu bin laden und “sang like a tweetie bird”. trotzdem brachte man ihn in ein “black site” – also geheimes gefängnis/versteck, rasierte dort seinen kopf kahl, fesselte und hängte ihn in “stress positions” auf (typischerweise die füße an die decke), entzog ihm drei tage lang den schlaf.

das resultat war, dass er dabei “keine brauchbaren bedrohungsinformationen lieferte”. hassan ghul aber ging es schlecht. er bekam, laut internem bericht, “milde lähmungen”, halluzinierte, entwickelte spasmen und herzrhythmusstörungen.

die CIA hatte mehrere, ebenfalls hier dokumentierte meetings, um das problem zu diskutieren: wenn die systematischen menschenrechtsverstöße herauskämen, müsse man beweise vorlegen, dass die folter amerika geschützt hätte, unter anderem beim aufspüren bin ladens. durch diesen report bricht auch dieser fromme wunsch wie ein kartenhaus zusammen.

die mittelalterlichen folterprozesse, nicht nur gegen hexen, gingen ähnlich “geordnet” zu. bevor man die daumenschrauben weiter zuzog, wurden das gericht und natürlich die geistlichkeit angerufen, ob das jetzt angesagt sei. im fall dieser schauderhaften CIA-reports sind g. w. bush, tenet, cheney und rumsfeld direkt dafür verantwortlich. die menschenrechtsorganisation ACLU kommentiert heute in der new york times, dass es utopisch sei, dass eine US-administration eine andere vor gericht bringe. deswegen wäre es ein armseliger, aber immerhin ein sieg der gerechtigkeit und menschlichkeit, wenn die obama-regierung die täter von damals “begnadigen” würde. das wäre nämlich ein eingeständnis ihrer schuld aus aktueller sicht.