verrückte karten | afrika auf dem kopf

nikolaj-cyon---website-intronikolaj cyon’s webseiten-intro mit seiner afrikakarte

nikolaj georgii-hemming cyon ist grafiker und hat nach längerer recherche ein feines projekt abgeschlossen, wovon ich heute via twitter erfuhr. er stellte die → landkarte von afrika auf den kopf. genau genommen ging er der prämisse nach, was wohl gewesen wäre, wenn nicht mitte 19. jh. die herren der welt, vor allem zentraleuropas, damals beschlossen hätten, afrika gehört ihnen. cyon kam ins grübeln, als er die vielen gerade grenzlinien in afrikas landkarte von heute sah, verglich sie mit früher und noch früher und noch früher; er legte dann ethnische und stammesmäßige areale an, um zu sehen, wie die landkarte ausgesehen hätte, ohne “westlichen” imperialismus, aber mit einer art grenzen. um zu verdeutlichen, dass afrika dann der nabel der welt hätte sein können, drehte nikolaj cyon die karte um. das dekor, das er am schluss dazu tat, rundet diese besonderheit ab.

sehr gut eingeordnet findet sich das ganze beim erklärten kartenliebhaber → frank jacobs.

F.B.I. 1964 | drohbrief an martin luther king

FBI an KING -1964

seit langem ist bekannt, dass die US-polizei F.B.I. in den 1960er jahren den bürgerrechtler und friedensnobelpreisträger martin luther king bedrohte. jetzt kam dieser brief via die yale-professorin beverly gage und EFF an die öffentlichkeit, der aller wahrscheinlichkeit vom chef der obersten polizeibehörde (F.B.I.), j. edgar hoover 1964 an king geschickt wurde, ohne unterschrift. eine so plumpe drohung, dass man sich nicht mehr wundert, warum andere US-behörden wie die CIA staatschefs liquidierten usw.

der brief beginnt damit, dass man king für so minderwertig hält, dass man ihn nicht einmal mit “herr” oder gar “dr.” anreden möchte. stattdessen verhöhnt man seinen friedensnobelpreis und vergleicht ihn allenfalls mit dem frauenschlächter-könig heinrich VIII. warum? weil, und das ist die kern-unterstellung, man beweise habe, dass king als “zurückgebliebener” charakter “unzucht und unmoralischen verkehr unter dem niveau der tiere” betrieb. es folgt eine zeile, in der man sich als vertreter der schwarzen ausgibt, um die diffamierung noch weiter zu treiben: “king, schau in dein herz. du bist ein totaler betrüger und belastest uns neger all schwer.”

Martin Luther King - Marion S. Trikosko - 1964martin luther king, 1964. foto: marion s. trikosko

hintergrund: das FBI spionierte king auf anweisung der kennedy-brüder und lyndon b. Johnson von vorn bis hinten aus und hatte tonbänder an der hand, die zum beispiel king bei sexuellen kontakten mit anderen frauen festhielten. zur zermürbungsstrategie gehörte, kings ehe zu ruinieren, indem man seiner frau gezielt “fakten” über ihren mann zuspielte.

im dritten absatz beginnt die drohung: “king, wie bei allen betrügern ist dein ende nah.” man werde ihn, diesen “satan”, dieses “schmierige, schmutzige, böse, abnormale biest” zur strecke bringen, indem man ihn mit all den schmierigen unterstellungen vor gericht zerren würde, und zwar innerhalb exakt 34 tage. “king you are done.”

was sollte während der 34 tage passieren? er soll sich das leben nehmen (auch wenn es nicht so direkt gesagt wird, deutlich genug): “king, es gibt nur noch eine sache, die du tun kannst. du weißt, welche. du bist am ende.”

vier jahre später wurde martin luther king erschossen. man verurteilte einen einzeltäter, wie historisch üblich (siehe john f. kennedy-attentat, reichstagsbrand, oktoberfestattentat,  nagelbombenattentat) bei solchen aktionen, die sicherlich im sinne der “dienste” waren.

nachdem dieser brief jetzt ungeschwärzt veröffentlicht ist, kann man sich noch lebhafter vorstellen, wer die hintermänner waren, die king umbringen ließen.

kurzhörspiel | jobhierarchien 1930 bis heute

 

judith-jakob-copyright-by-yasmine-ghassemijudith jakob. foto: yasmine ghassemi

das ist die schauspielerin → judith jakob. sie spricht in dem stück “handlungsspielräume” (SWR 2 matinée, 16.11.2014) die weiblichen rollen. → daniel berger (unten) spricht die männer, ich ziehe mich auf die rolle des kommentators zurück. es war eine sehr feine aufnahme mit den beiden in einem studio des deutschlandfunks. mein text zeigt die hiearchieverhältnisse und handlungsspielräume zwischen angestellten eines betriebs. wir fangen mit einer “tippse” und ihrem chauvinistischen chef an, gefühlt 1930 und enden in einem von sachzwang dominierten, jegliche handlungsfreiheit ausschließenden 2014. dazwischen, 1970, die spät-68er, und 2008 silicon valley mit weiblichem chef.

in der ersten fassung hatte ich zwischen den einzelnen episoden eine art karneval-tusch komponiert und eingebaut. nach einiger diskussion mit der redaktion (georg brandl) komponierte ich dann was neutraleres. im hinteren teil sind seltsame perkussive geräusche zu vernehmen. die habe ich mit dem größten klavier der welt hergestellt, david klavins‘ (digitalisiertem) modell 370. digital nennt es sich → the giant. der kontrabass kommt von steinberg’s halion.


7-minuten-hörspiel “handlungsspielräume” vom 16. 11 2014, SWR 2

daniel berger. foto: manuel kubitza